Friedensnobelpreis an Dawkins

Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon ostfriese » Fr 23. Nov 2007, 21:07

Manch ein Friedensnobelpreis wurde durchaus recht hektisch vergeben, um nicht in die Verlegenheit zu geraten, das Engagement des Preisträgers erst postum würdigen zu können. Wenn man warten will, bis die Stimme von Ayaan Hirsi Ali nirgends mehr zu überhören ist, könnte es zu spät sein. Es sei denn, sie zieht rechtzeitig zu Salman Rushdie aufs Land...

Mir wär's lieb, sie kriegte den Friedensnobelpreis so früh wie möglich, damit sich ihre Schriften (bereits erschienene und künftige) recht bald einer unaufhaltsamen Verbreitung erfreuen.

Übrigens ist sie die denkbar glaubwürdigste Kronzeugin für die Legitimation der säkularen Bewegung: "Causing dissonance" -- das sieht sie als den besten, wahrscheinlich einzigen Weg, Menschen aus der in so vielfältiger Weise inhumanen islamischen Knechtschaft zu befreien. Ayaan Hirsi Ali muss es wissen, sie hat es am eigenen Leib erfahren. Die von der Höllenangst Geheilten sind nicht nur legitimiert, sondern sogar verpflichtet, den Glaubensgefangenen durch Aufklärung die Tür zur individuellen Freiheit zu öffnen.

Ihr AAI-Vortrag hat mich bewegt und bestärkt -- wer ihn noch nicht kennt, dem sei er wämstens ans Herz gelegt (stine?): http://video.google.com/videoplay?docid=2606255929315924267
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Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon Baky86 » Fr 23. Nov 2007, 21:42

Ich weiß nicht, ob Ayaan Hirsi Ali wirklich den Friedensnobelpeis verdient hat. Sicherlich hat sie sehr oft recht, aber leider ist sie oft auch sehr radikal, wenn nicht sogar extrem, in ihren Aussagen im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Islam bzw. MUslimen. Auch die Kriegsforderungen gegenüber dem Iran sind nicht gerade einen Friedenspreis würdig.
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Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon ostfriese » Fr 23. Nov 2007, 23:12

Von "Kriegsforderungen" ihrerseits weiß ich nichts. Kannst Du das belegen?
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Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon Andreas Müller » Sa 24. Nov 2007, 02:01

Ich finde ja, es ist dem Frieden dienlich, Terrorcamps zu bombardieren. Absoluter Pazifismus ist unmoralisch.
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Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon Baky86 » Sa 24. Nov 2007, 12:14

Zugegeben ich musste lange suchen, aber irgendwo in meiner Erinnerung war es noch versteckt, dass sich Hirsi Ali für einen Präventivschlag gegen den Iran aussprach!
Im SPIEGEL 21/2006 (Seite 132) gibt es eine Reportage über Ayaan Hirsi Ali im Zusammenhang mit ihrer Ausreise in die USA. Titel des Artikels ist:
Kampf der Ideen
Hirsi Ali verlässt das
Polderland und sucht einen Neuanfang
in Washington –
als Symbolfigur der Neocons.


Dort wird sie mit folgendem Zitiert:
Ideologische Überschneidungen zwischen Hirsi Ali und dem AEI ("American Enterprise Institute - ThinkTank d. Neocons; Anmerk. von Baky) sind leicht zu erkennen – etwa in der Frage eines Präventivschlags gegen Iran. Da hält sie der alten Welt Schwäche vor: „Die Option ist doch nur noch: einen Krieg gegen einen Präsidenten Ahmadinedschad mit oder einen Krieg gegen Ahmadinedschad ohne eine Atombombe zu führen“, sagt sie. „Das hat in Europa aber niemand so richtig begriffen.“

[...]

Quelle: http://service.spiegel.de/digas/find?DID=47004635 (muss bezahl werden)

Sie mag damit gute Absichten haben, aber ich bezweifle, dass ein solches Handeln wirklich friedensfördernd gewesen wäre - wohl eher das Gegenteil wäre der Fall gewesen.

@Andreas
Ich rede auch nicht von Pazifismus, manchmal ist auch militärisches Eingreifen notwendig, ganz klar. Aber im Falle Iran ist dies sicherlich nicht der Fall, weil dies wohl mehr Leid schaffen würde, als verhindern, aber das ist ein anderes Thema. Von daher zweifle ich an den Ambitionen Hirsi Alis für den Friedensnobelpreis.

Mal ganz davon abgesehen, welche Terrorcamps meinst du? Die sind wohl eher in Pakistan zu finden.
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Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon ostfriese » Sa 24. Nov 2007, 13:17

Zunächst mal respektiere ich die Auffassungen von Hitchens und Hirsi Ali in dieser Frage, auch wenn ich sie nicht teile. Wenn die beiden mit ihrer Analyse Recht hätten (was ich bezweifle), dann wäre -- nach Versagen aller diplomatischen Mittel -- ein Präventivschlag tatsächlich der einzig gangbare Weg. Allerdings muss das ja noch keinen ausgedehnten Krieg bedeuten. Dass Ahmadinedschad seine Truppen gegen den Irak und dessen Besatzer marschieren ließe, glaube ich nicht, denn das wäre in der Bevölkerung einigermaßen unpopulär. Und sich, konventionelle Raketen abschießend, mit Israel anzulegen, wäre Harakiri.

Also, ich glaube nicht, dass man jemandem, der aus einer gewissenhaften Analyse heraus militärische Präventivschläge fordert, die Humanität absprechen darf.

Bei vielen Neocons aber liegen schon die Motive ganz woanders, und von gewissenhafter Analyse kann gar keine Rede sein (siehe Irak). Humanität ist auch nicht gerade das Leitbild der Konservativen. Wie kommt es zu der Spiegel-Unterstellung, Hirsi Ali ließe sich von den Neocons vereinnahmen? Reicht es, dass sie in einem Punkt deren Meinung teilt (wenngleich aus anderen Motiven)? Oder lässt sie sich von Cheney und Konsorten als Gewährsfrau rumreichen? In dem Fall zöge ich tatsächlich meine Befürwortung des Friedensnobelpreises zurück...
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Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon Max » Sa 24. Nov 2007, 13:38

Bei den Ansichten von Ali und den Neocons bezüglich eines Krieges gegen den Iran handelt es sich um keine "ideologischen Überschneidungen". Erstens huldigt Ali keiner Ideologie, sondern vertritt politische Ansichten aufgrund rationaler Argumente. Es ist nicht eine politische Ideologie, die sie zu ihrer Meinung verleitet, sondern die Argumente, die sie dazu vorbringt. Zweitens sind die ethischen Grundsätze, auf denen die Ansichten von beiden aufbauen, grundverschieden. Wenn man etwas als Ideoloige bezeichnen könnte, dann das: die basalen Werthaltungen und Überzeugungen. Es ist jedoch falsch, eine spezielle politische Ansicht als "ideologische Überzeugung" zu bezeichnen. Wenn überhaupt, resultiert diese Ansicht aus der Ideologie.

Zu einem möglichen Iran-Krieg: Neben der Frage, ob das sinnvoll wäre, stellt sich die Frage, in wie weit das Ziel, das man mit einem solchen Krieg verfolgt, überhaup realisierbar ist. Wenn das Ziel lautet, die iranische Bevölkerung zu befreien, ist es sehr unwahrscheinlich, dieses Ziel zu realisieren. Die iranische Armee ist die dritt- oder viertgrößte der Welt. Es ist möglich, auf feindlichem Gebiet, eine solch große Armee zu besiegen, vor allem nicht, wenn große Teile der Bevölkerung hinter der Staatsideologe stehen oder von der Propaganda geleitet werden. Wenn das Ziel nur darin besteht, zu verhindern, dass der Iran in den Besitz einer Atom-Bombe kommt, ist ein Krieg wohl das schlechteste Mittel. Sanktionen, Attentate und Kopfgelder für iranische Politiker sind hierfür weit effektiver. Durch Kriegsdrohungen oder einen tatsächlichen Angriff dürfte sich der Iran bestärkt sehen in seinem Anliegen, über eine Atom-Bombe zu verfügen. Durch einen Angriff der USA kann man den ungebildeten Massen wahr machen, dass es für den Staat notwendig ist, eine Atom-Bombe aufzubauen, um sich so zu verteidigen.
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Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon Baky86 » Sa 24. Nov 2007, 13:40

ostfriese hat geschrieben:Also, ich glaube nicht, dass man jemandem, der aus einer gewissenhaften Analyse heraus militärische Präventivschläge fordert, die Humanität absprechen darf.


Die Frage ist ja: Ist es wirklich eine gewissenhafte Analyse oder Mittel zum Zweck, um dem Kampf gegen den Islam weiter zu fördern?

Bei vielen Neocons aber liegen schon die Motive ganz woanders, und von gewissenhafter Analyse kann gar keine Rede sein (siehe Irak). Humanität ist auch nicht gerade das Leitbild der Konservativen. Wie kommt es zu der Spiegel-Unterstellung, Hirsi Ali ließe sich von den Neocons vereinnahmen? Reicht es, dass sie in einem Punkt deren Meinung teilt (wenngleich aus anderen Motiven)? Oder lässt sie sich von Cheney und Konsorten als Gewährsfrau rumreichen? In dem Fall zöge ich tatsächlich meine Befürwortung des Friedensnobelpreises zurück...


Von "Vereinnahmen" war nie die Rede, hier noch ein wichtiger Ausschnitt aus dem Artikel für ein besseres Verständnis:

Sie wird Stipendiatin am American Enterprise Institute (AEI), dem berühmten Think-Tank, an dem die Neocons den Regimewechsel im Irak und Demokratie für den Nahen Osten vorgedacht haben. Sie will dort ein Buch schreiben, das den Weg zur Öffnung des Islam weisen soll. Das Exposé dazu hatte sie schon vor Monaten an Christopher DeMuth, den Chef des AEI, geschickt. Titel: "Eine Abkürzung zur Aufklärung".

Das soll kein trockenes politikwissenschaftliches Werk sein, sondern erzählerische Züge tragen. "Ich lasse den Propheten Mohammed in der New York Library wiederauferstehen", erzählt sie blitzenden Auges. "Dort soll er auf drei große Aufklärer treffen": auf Karl Popper, den Philosophen der offenen Gesellschaft, auf John Stuart Mill, der Freiheit als menschliche Grundtriebkraft beschrieb, und auf Friedrich August von Hayek, den Ökonomen, der den Wohlfahrtsstaat ablehnte und die Freiheit der Märkte pries.

Der Prophet und die westlichen Philosophen sollen einen Kampf der Ideen austragen. Denn sie, Hirsi Ali, will beide erreichen: die intellektuellen arabischen Dissidenten im Westen und die Gelehrten in den Ländern, die sich für eine Modernisierung und Öffnung der islamischen Gesellschaften einsetzen.

Hirsi Ali spricht schnell und bestimmt, sie lässt sich von ihrer Aufbruchstimmung mitreißen. "Die europäischen Intellektuellen werden mich dafür hassen, dass ich zum AEI gehe", sagt sie und fügt mit einem Schmunzeln hinzu, "aber die europäischen Appeasement-Politiker hassen mich ja sowieso schon."

Das AEI ist aus ihrer Sicht keineswegs die ideologische Speerspitze der republikanischen Partei und ihres Präsidenten, die den Krieg im Irak anheizte und die Rolle Amerikas als Weltmacht propagiert. "Am AEI werden Menschen mit verschiedenen Meinungen zusammengeführt und diskutieren miteinander", erklärt Hirsi Ali. "In Europa hingegen meiden sich die Intellektuellen, die gegensätzliche Meinungen haben." Sie habe vor den versammelten AEI-Gelehrten gesagt, sie habe "einen großen Mund", widerspreche gern und sei im Übrigen eine Atheistin. Sie konnte den Herren auch die Zusage entlocken, "Submission II" - den ersten Teil hatte der Filmemacher Theo van Gogh gedreht, den ein Islamist deshalb umbrachte - zu drehen, in dem es um das Verhältnis des Islam unter anderem zur Homosexualität gehe. Kein Problem, habe man gesagt.

Ideologische Überschneidungen zwischen Hirsi Ali und dem AEI sind leicht zu erkennen - etwa in der Frage eines Präventivschlags gegen Iran. Da hält sie der alten Welt Schwäche vor: "Die Option ist doch nur noch: einen Krieg gegen einen Präsidenten Ahmadinedschad mit oder einen Krieg gegen Ahmadinedschad ohne eine Atombombe zu führen", sagt sie. "Das hat in Europa aber niemand so richtig begriffen."


Ob es nun eine Vereinnahmung gab, kann ich auch nicht sagen, aber zumindest gibt es keinerlei Unterstellungen seitens des SPIEGEL.
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Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon ostfriese » Sa 24. Nov 2007, 16:31

Danke, Baky86, für die Klarstellung. Aus dem Spiegel-Abschnitt geht für mich hervor, dass Ayaan Hirsi Ali in ihrem Denken unabhängig ist, sich von niemandem vereinnahmen lässt und sich um political correctness einen feuchten Kehricht schert. Bewundernswert -- nichts schätze ich an politisch wirkenden Menschen stärker als Wahrheitsliebe! Sich hier und da irren, das darf sie. Einen arroganten Eindruck macht sie auf mich jedenfalls nicht, im Gegenteil.
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Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon Klaus » Sa 24. Nov 2007, 16:49

Die Neocons haben sie ja dann auch mit Rückschein nach Holland geschickt, wo sie heute unbekannten Aufenthalts ist.
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Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon JustFrank » Di 27. Nov 2007, 14:52

Ich sehe auch nicht, dass sich die Verleiher des Nobelpreises irgendwo einschleimen müssten. Warum auch? Haben die das nötig?
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Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon Andreas Müller » Di 27. Nov 2007, 15:02

Zwar sollte man einen Krieg mit dem Iran vermeiden, sollte er aber wirklich eine Konstruktionsanlage für Atombomben bauen, dann wäre ich dafür, sie zu bombardieren.

Im Bezug auf den Irak finde ich, dass Europa ebenfalls Truppen hinschicken sollte. Damit wird der Irak dann umstellt und so lange Fanatiker umgelegt, bis sie einsehen, dass Gott nicht auf ihrer Seite ist und dass der Irak nicht ihre Spielwiese ist. Ferner könnte mit genug Soldaten eine funktionierende Polizei installiert werden und das Sicherheitempfinden der Bevölkerung sowie ihre Versorgung verstärkt werden. Die Grundlage für eine Demokratie. Eine solche Strategie wäre auch eine gewaltige Einschüchterung für andere Terroristen und für die Achse des Bösen.
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Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon [C]Arrowman » Mi 28. Nov 2007, 13:20

@ andreas

DAS sind ja mal ungewöhnliche Töne :joint:

ICh kann dem nicht zustimmen, den dann müssten wir in Afghanistan schon idealzustäne haben. Haben wir bernicht, di Taliban werden wieder stärker und Karsais macht reicht gerade mal soweit ie die UN-Truppen. Vom Mohnanbau ganz zu schweigen...
Ich bin nicht grundsätzlich gegen das was du sagts, aber man sollte sich keine Illusionen machen. Sowas kann nur funktionieren wenn die Soldaten als Befreier begrüßt wreden und nicht als Besatzer.
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Re: Friedensnobelpreis an Dawkins

Beitragvon ostfriese » Mi 28. Nov 2007, 17:03

[C]Arrowman hat geschrieben:Sowas kann nur funktionieren wenn die Soldaten als Befreier begrüßt wreden und nicht als Besatzer.

(...) und nicht als Besatzer ... zum Teufel gewünscht. (meintest Du vermutlich)
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