Lohnpreisspirale

Lohnpreisspirale

Beitragvon stine » Mi 13. Feb 2008, 07:55

Eine Frage an die Wirtschaftskundigen unter euch.

In einem Land, wie dem unsrigen, wo die meisten ausreichend verdienen, kommt es mir ziemlich vermessen vor, wenn für ohnehin Gutverdienende plötzlich 8 oder 16% mehr Lohn gefordert wird. Die Arbeitsbedingungen sind, außer vielleicht für ein paar wenige Jobs, im Ländervergleich auch ziemlich gut. Steigende Lohnkosten - steigende Preise, in einer Zeit wo der globale Lohnvergleich für den Wirtschaftsstandort Deutschland immer brisanter wird.

Deshalb:
Machen Gewerkschaften heutzutage noch einen sinnvollen Job?

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mi 13. Feb 2008, 08:44

Ob Gewerkschaften einen sinnvollen Job machen ist wohl Ansichtssache, aber der Job wäre sinnvoll, könnte sinnvoll sein. Heißt: die Sache an sich ist richtig, sie wird aber nicht unbedingt immer richtig ausgeführt.

Ein Forderung jenseits von gut und böse gehört (leider) zum üblichen Dummgebrazel beider Seiten. Jedem ist klar dass so eine höhe nicht erreichbar und sinnvoll ist.

Den Forenzusammenhang musst du mir aber noch ein bisserl erklären.
Benutzeravatar
1von6,5Milliarden
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 5236
Registriert: Sa 25. Nov 2006, 15:47
Wohnort: Paranoia

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon stine » Mi 13. Feb 2008, 12:35

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Den Forenzusammenhang musst du mir aber noch ein bisserl erklären.


Vielleicht in Richtung Politik?

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mi 13. Feb 2008, 13:24

(rein private Meinung)
Ja schon Politik, aber wo ist der Zusammenhang "Weltanschauung"? Selbst im weiteren Sinn nicht gleich zu erfassen. :/
Nicht dass wir hier ein auf den Deckel bekommen.
Aber an sich kann man darüber diskutieren, weil es ein grundsätzliches Anliegen unserer Gesellschaft ist.
Benutzeravatar
1von6,5Milliarden
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 5236
Registriert: Sa 25. Nov 2006, 15:47
Wohnort: Paranoia

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon Twilight » Mi 13. Feb 2008, 13:41

Das Ziel dieses wechselseitigen Systems aus Lohn- und Preiserhöhungen habe ich auch nie so wirklich verstanden.

Meine bisherige Theorie ist die, dass dass die Schwankungen dazu dienen, sich um ein Gleichgewicht, in welchem alle Menschen von dem, was alle Menschen erarbeiten, gut leben könnten, kreisend herumzubewegen, da ein exakter Treffer praktisch nicht möglich ist, denn sobald jemand auch nur einen Penny unter der Matratze hortet, ist das Gleichgewicht gestört. Also müssen sich alle bewegen, wie zwei Kinder auf einer Wippe, die sich immer wieder für einen kurzen Moment auf einer gemeinsamen Höhe befinden.
In der Wirtschaft gibt es leider nur wenig auf und ab. Meist ist es nur ein "Hier auf - dort etwas mehr auf" - was zur Inflation führt.

Mir ist durchaus klar, dass diese Analogie etwas zu vereinfacht sein mag, aber Wirtschaft war noch nie meine Stärke.

Eine Alternative zum Geld, die ich mal ersponnen hatte, beschäftigt sich mehr mit Energie. Angenommen, ich würde an einem Arbeitstag 10 Kilowattstunden in produktive Arbeit (egal ob durch körperliche oder Geistige Aktivität) umsetzen, (inklusive Anfahrt und allen Extravaganzen, die normalerweise nicht bezahlt werden), dann stünden mir diese 10 KW/h (plus etwas mehr, da der Wirkungsgrad des Menschlichen Körpers wie der aller Maschinen kleiner ist, als eins) in Form anderer Energiequellen, wie Nahrung, Brennstoff für die Heizung, eine Unterkunft (Wohnung, Haus...) und etwas Luxus für die körperliche und mentale Entspannung zu.
Leider ist das exakte Messen dieses Wertes praktisch unmöglich und selbst theoretisch wird zur Anzeige eines Messergebnisses welcher Art auch immer, Energie benötigt die meinen persönlichen Wirkungsgrad wiederum senkt.

Abgesehen davon würden all jene Schlipsträger in den obersten Positionen ziemlich alt aussehen, wenn herauskommt, dass sie ein Haufen Energie absorbieren, ohne diese wieder nutzbringend abzugeben.
(Den Wert bitte am Taillenumfang abschätzen :mg: )

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Ja schon Politik, aber wo ist der Zusammenhang "Weltanschauung"?

Ist der Versuch, komplexe Zusammenhänge zu erfassen und auf ein formulierbares Maß zu vereinfachen nicht eine Art von Weltanschauung? Und selbst wenn nicht, sollte es den Brights nicht um mehr als nur (A)religion gehen? Es geht doch allgemein um Vernunft, darum, konventionelle, kaum oder gar nicht hinterfragte "Fakten" zu hinterfragen, wenn möglich Alternativen anzubieten etc, oder nicht?
Benutzeravatar
Twilight
 
Beiträge: 663
Registriert: Do 20. Dez 2007, 15:40
Wohnort: Verstecke mich... unter deinem Bett!

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon emporda » Mi 13. Feb 2008, 15:09

Twilight hat geschrieben:Ist der Versuch, komplexe Zusammenhänge zu erfassen und auf ein formulierbares Maß zu vereinfachen nicht eine Art von Weltanschauung? Und selbst wenn nicht, sollte es den Brights nicht um mehr als nur (A)religion gehen? Es geht doch allgemein um Vernunft, darum, konventionelle, kaum oder gar nicht hinterfragte "Fakten" zu hinterfragen, wenn möglich Alternativen anzubieten etc, oder nicht?

Die ultima ratio der allgemeinen Vernunft der Massen war doch die 35 Stunden Woche, mit der Millionen Arbeitsplätze geschaffen wurden - so sagte man. Als aber nut 2 Millionen Arbeitslose rauskamen, weil die Produkte durch überhöhte Perosnalkosten im internationalen Wettbewerb zu teuer wurden, da hat man den größten organisierten Schreihälsen Redeverbot erteil und ist still und heimlich zurück gerudert.

In den Jahren um 1965 hat ein Ingenieur/Konstrukteur der höchsten Tarifgruppe T5 brutto etwa 1250 DM verdient, das reichte netto um in 4 1/2 Monaten sich ein einfaches Auro VW-Käfer zu kaufen (4500 DM). In den Jahren um 1995 hat ein Ingenieur/Konstrukteur der höchsten Tarifgruppe T6 brutto etwa 6000 DM verdient, das reichte netto um in 4 1/2 Montane sich ein einfaches Auro VW-Polo zu kaufen (18000 DM). Der Unteschied ist eine elektrische Tankreserveanzeige und etwa 450% Prozent Inflation. Um das zu erreichen hat der gutgläubige Idiot etwa den Wert von 1/2 Auto an Beiträgen in die Gewerkschaftskasse gezahlt.
Benutzeravatar
emporda
 
Beiträge: 1123
Registriert: Di 7. Aug 2007, 17:56
Wohnort: Begur-Spanien

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon Kurt » Mi 13. Feb 2008, 17:54

stine hat geschrieben:Eine Frage an die Wirtschaftskundigen unter euch.


Ich antworte trotzdem mal. ;-)

stine hat geschrieben:In einem Land, wie dem unsrigen, wo die meisten ausreichend verdienen, kommt es mir ziemlich vermessen vor, wenn für ohnehin Gutverdienende plötzlich 8 oder 16% mehr Lohn gefordert wird.


Regel Nummer eins in der Wirtschaft: Es geht nicht darum, wieviel man braucht oder bereits hat, es geht darum, wieviel die eigene Leistung wert ist.

stine hat geschrieben:Die Arbeitsbedingungen sind, außer vielleicht für ein paar wenige Jobs, im Ländervergleich auch ziemlich gut. Steigende Lohnkosten - steigende Preise, in einer Zeit wo der globale Lohnvergleich für den Wirtschaftsstandort Deutschland immer brisanter wird.


Ich glaube, die Lohnkosten sind in den letzten Jahren gefallen, insbesondere die Nebenkosten und im Vergleich mit der Inflation. Das hat unsere Wettbewerbsfähigkeit wieder gestärkt. Mehr Leute sind in Billigjobs und Zeitarbeitsfirmen untergekommen und verdienen weniger als der direktangestellte Kollege. Aber grundsätzlich ist es schon so, dass wir uns einem verstärkten Wettbewerb mit dem europäischen Ausland zu stellen haben, besonders im Bereich der geringqualifizierten Arbeiter. Es braucht noch mehrere Nullrunden in D und einige Lohnsteigerungen in Tschechien/Polen/Rumänien bis das Niveau ausgeglichen ist und keine neuen Gastarbeiter mehr kommen bzw. keine Abwanderung ala Nokia mehr stattfindet. Als Ausgleich profitiert der Konsument, der das Handy billiger kaufen kann. Ich glaube aber, dass der größte Teil der outsourcing-Welle vorüber ist, die ausländischen Billigarbeiter sind alle beschäftigt und das Potenzial ist weitgehend ausgeschöpft.

stine hat geschrieben:Machen Gewerkschaften heutzutage noch einen sinnvollen Job?


Sie vertreten die Interessen ihrer Mitglieder auf Kosten der anderen Menschen. Das ist nunmal ihr Job. Ich bin froh, dass der Einfluss der Gewerkschaften in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen ist. Man hat ihnen durch das Ausnahmerecht, ein Kartell zu bilden (d.h. die Preise abzusprechen und einheitlich zu verhandeln) zugestanden und ihnen dadurch große Macht gegeben. Sie fügen mit dieser Macht unbeteiligten Menschen Schaden zu, indem sie wichtige Infrastrukturkomponenten lahmlegen, wie die Bahn oder Müllabfuhr. Sympathisch macht sie das aus meiner Sicht nicht. Außerdem riskieren sie durch zu hohe Lohnabschlüsse, dass die Firma pleite geht (Mindestlohn Post, BenQ) oder die Arbeitsstelle ausgelagert wird wie bei Nokia. Etwas weniger hohe Forderungen und Sicherheiten wären in diesen Fällen sicherlich auch für die Mitglieder vorteilhaft gewesen. Bei der Bahn kommts noch genauso, die teuren Schaffner werden durch tschechische Kollegen ersetzt oder durch einen Computer. Bevor man seine Lohnforderung stellt, sollte man sich sehr genau überlegen, wieviel man am Markt wert ist.
Kurt
 
Beiträge: 704
Registriert: Fr 19. Jan 2007, 16:55
Wohnort: Bayern

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon Klaus » Mi 13. Feb 2008, 18:15

Bevor man seine Lohnforderung stellt, sollte man sich sehr genau überlegen, wieviel man am Markt wert ist.

Wo hast du denn die Weisheiten her? Lohnsteigerungen müssen in der Firma erwirtschaftet werden, das hat mit dem Marktwert nichts zu tun.
BenQ ist in die Pleite gerutscht, weil das Management Kapitaltransfers nach Fernost getätigt hat und so die Kapitaldecke des Unternehmens um unter 50% reduziert hat, da musste man Insolvenz anmelden, am A... des Propheten waren die Malocher. Und die Post ist auch nicht Pleite gegangen, weil es zu hohe Lohnforderungen gegeben hat.
Ich komme nochmal auf die Lohnsteigerungen zurück. Hat das Unternehmen eine Rendite von sagen wir mal 3%, kann es maximal 2% an höheren Löhnen zahlen. Lohnforderungen der Gewerkschaften, die über die Rekapitalisierungsrate des Unternehmens gehen, sind ausgesprochener Blödsinn und lassen mich an der marktwirtschaftlichen Kompetenz der Gewerkschaftsbosse zweifeln.
Benutzeravatar
Klaus
 
Beiträge: 4704
Registriert: Mo 11. Sep 2006, 21:43
Wohnort: get off the Net, I´ll meet you in the Streets

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mi 13. Feb 2008, 18:23

Ich kann dir ja teilweise zustimmen, aber
Kurt hat geschrieben:Außerdem riskieren sie durch zu hohe Lohnabschlüsse, dass die Firma pleite geht (Mindestlohn Post, BenQ) oder die Arbeitsstelle ausgelagert wird wie bei Nokia. Etwas weniger hohe Forderungen und Sicherheiten wären in diesen Fällen sicherlich auch für die Mitglieder vorteilhaft gewesen. Bei der Bahn kommts noch genauso, die teuren Schaffner werden durch tschechische Kollegen ersetzt oder durch einen Computer.

Wegen des Post-Mindestlohnes ist niemand Pleite gegangen. Springer hat nur in seiner ihm typischen Art und Weise versucht Meinung zu machen. Dass in der PIN-Group einige Teilbetriebe insovent wurden, wurde allerhöchstens etwas durch die Ankündigung des Mindestlohnes vorgezogen. Die PIN-Group ist ein Zusammenschluss vieler, vieler Dutzend Einzelunternehmen, die Redundanzen innerhalb des Gesamtunternehmens sind deshalb extrem und eine Teilinsolvenz miserabel geführter Einzelunternehmen der billigste Weg. Außerdem dies der Gewerkschaft alleine anzulasten, ist doch ziemlich lächerlich, Hauptinteressent war die Post, zugegeben, Herr Zumwinkel hätte natürlich auch "seine" Löhne halbieren können wollen. Aber Löhne sollten schon so hoch sein, dass ein Arbeitnehmer davon leben und wohnen kann.
Benq ist trotz öfterer Stammtischmeldung noch niemals Pleite geworden, wohl aber Benq Mobile. ;-) Und bei deren Pleite waren auch weniger Gewerkschaftsforderungen als (vermutlich) unsaubere Geldverschiebungen der Auslöser. (siehe Klaus)
Und auch einen tschechischen Schaffner wird die Bahn nicht billiger einstellen können, denn es gilt der deutsche Tarif. Sie könnte aber versuchen mit "unsauberen" Konstrukten, Strecken und damit das Personal auszulagern.
Benutzeravatar
1von6,5Milliarden
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 5236
Registriert: Sa 25. Nov 2006, 15:47
Wohnort: Paranoia

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon Kurt » Mi 13. Feb 2008, 18:28

Klaus hat geschrieben:
Bevor man seine Lohnforderung stellt, sollte man sich sehr genau überlegen, wieviel man am Markt wert ist.

Wo hast du denn die Weisheiten her? Lohnsteigerungen müssen in der Firma erwirtschaftet werden, das hat mit dem Marktwert nichts zu tun.


Der Spielraum des Unternehmens legt natürlich eine Obergrenze des möglichen Lohns fest, klar. Innerhalb dieses Spielraums wird sich der Arbeitgeber die günstigste Alternative auswählen, das ist es, was sich der Arbeitnehmer zu überlegen hat. Die Frage ist "was kostet die nächstgünstigere Alternative nach mir?". Das ist der Marktwert der Arbeitskraft.

Klaus hat geschrieben:Hat das Unternehmen eine Rendite von sagen wir mal 3%, kann es maximal 2% an höheren Löhnen zahlen. Lohnforderungen der Gewerkschaften, die über die Rekapitalisierungsrate des Unternehmens gehen, sind ausgesprochener Blödsinn und lassen mich an der marktwirtschaftlichen Kompetenz der Gewerkschaftsbosse zweifeln.


Ich zweifle zwar wie du an der marktwirtschaftlicher Kompetenz der Gewerkschafter, aber der Spielraum für die Lohnerhöhung ist eben gerade nicht der Gewinn des Unternehmens, sondern der Preis der nächstgünstigsten Alternative. Die Unternehmen lassen sich nicht ihren ganzen Gewinn aus der Tasche betteln. Siehe Nokia.

Ich trage mein Geld ja auch nicht in eine Bank, die mir 2% Zinsen verspricht, wenn nebenan eine andere Bank 6% bietet, nur weil ich mit 2% ja "immer noch Gewinn mache".
Kurt
 
Beiträge: 704
Registriert: Fr 19. Jan 2007, 16:55
Wohnort: Bayern

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon folgsam » Mi 13. Feb 2008, 18:35

Ziel jeder Wirtschaft sollte es in erster Linie sein, den Mitarbeitern die höchstmöglichen Löhne auszuzahlen. Das dabei die weitere wirtschaftlichkeit des Unternehmens gesichert werden muss bedarf keiner Erwähnung.
Benutzeravatar
folgsam
 
Beiträge: 1307
Registriert: Fr 28. Dez 2007, 16:18

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon Kurt » Mi 13. Feb 2008, 18:36

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Wegen des Post-Mindestlohnes ist niemand Pleite gegangen. Springer hat nur in seiner ihm typischen Art und Weise versucht Meinung zu machen. Dass in der PIN-Group einige Teilbetriebe insovent wurden, wurde allerhöchstens etwas durch die Ankündigung des Mindestlohnes vorgezogen. Die PIN-Group ist ein Zusammenschluss vieler, vieler Dutzend Einzelunternehmen, die Redundanzen innerhalb des Gesamtunternehmens sind deshalb extrem und eine Teilinsolvenz miserabel geführter Einzelunternehmen der billigste Weg. Außerdem dies der Gewerkschaft alleine anzulasten, ist doch ziemlich lächerlich, Hauptinteressent war die Post, zugegeben, Herr Zumwinkel hätte natürlich auch "seine" Löhne halbieren können wollen. Aber Löhne sollten schon so hoch sein, dass ein Arbeitnehmer davon leben und wohnen kann.


Die eigentliche Schweinerei bei der Postgeschichte ist ja, dass die Post von der Umsatzsteuer befreit ist und die Konkurrenz zahlen muss. Dadurch wird das Monopol künstlich aufrechterhalten, der Kunde zahlt die Rechnung. Zum Glück ist man nicht auf das Angebot der Post beschränkt, es gibt schließlich Fax und Email. Ich verlange ja gar nicht, dass Zumwinkel seine Löhne senkt, aber wenn Wettbewerb, dann bitte fair.

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Und auch einen tschechischen Schaffner wird die Bahn nicht billiger einstellen können, denn es gilt der deutsche Tarif. Sie könnte aber versuchen mit "unsauberen" Konstrukten, Strecken und damit das Personal auszulagern.


Es hindert den tschechischen Schaffner doch keiner daran, außertariflich zu arbeiten, oder bin ich da falsch informiert? Zumindest grundsätzlich ist das möglich, kann aber sein, dass die deutsche Gewerkschaft Knebelvereinbarungen mit der Bahn getroffen hat.
Kurt
 
Beiträge: 704
Registriert: Fr 19. Jan 2007, 16:55
Wohnort: Bayern

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon emporda » Mi 13. Feb 2008, 18:38

Kurt hat geschrieben:Ich glaube, die Lohnkosten sind in den letzten Jahren gefallen, insbesondere die Nebenkosten und im Vergleich mit der Inflation. Das hat unsere Wettbewerbsfähigkeit wieder gestärkt. Mehr Leute sind in Billigjobs und Zeitarbeitsfirmen untergekommen und verdienen weniger als der direktangestellte Kollege. Aber grundsätzlich ist es schon so, dass wir uns einem verstärkten Wettbewerb mit dem europäischen Ausland zu stellen haben, besonders im Bereich der geringqualifizierten Arbeiter. Es braucht noch mehrere Nullrunden in D und einige Lohnsteigerungen in Tschechien/Polen/Rumänien bis das Niveau ausgeglichen ist und keine neuen Gastarbeiter mehr kommen bzw. keine Abwanderung ala Nokia mehr stattfindet. Als Ausgleich profitiert der Konsument, der das Handy billiger kaufen kann. Ich glaube aber, dass der größte Teil der outsourcing-Welle vorüber ist, die ausländischen Billigarbeiter sind alle beschäftigt und das Potenzial ist weitgehend ausgeschöpft.

Ich habe in Polen viele Westfirmen gesehen, für viele Projekte angeboten und manches davon auf den Weg gebraucht ohne es nach dem Angebot weiter zu betreuen. Es waren bereits 1995 fast alle da, sei es Stollwerk, Opel (Werk in Gleiwitz mit vielen Zulieferern), Ikea, Walther-Möbel, Hit, Real, Rewe mit Minimal usw., aber auch Billa (Supermarkt Österreich), Carrefour, Geant (Supermärkte Frankreich) sowie englische Supermarktketten, belgische Filtertütenhersteller usw., alle großen Baufirmen wie Hochtief, Bilfinger, Walther, W&F, Beton-Fertigteilhersteller usw. In der Summe waren bereits damals allein nach Polen mndesten 200.000 Arbeitplätze ausgelagert. So ein Fertigteilhersteller aus Dorsten hat nahe Legnica produziert, auf den Fertigtreppen und Brüstungen stand "Made in Germany, deutsche Wertarbeit". Immerhin war der Werksleiter als einiger aus Deutschland, sicher dewegen.

Den gewerkschaflichen Wahnsinn des Lohn-Preis Karrusells dokumentiert eine Regelung in Belgien aus den 60er Jahren. Es gab einen staatlichen Preisindex, der in allen Arbeitsverträgen, Mietvertragen, Leistungsverträgen usw. verankert war. Wenn im April die Regierung auf 4% Teuerung erkannte, dann stiegen die Löhne um 4%, im Monat drauf die Preise in den Läden, die Treibstoffe, Heizöl, Gas und Strom, im Monat drauf die Mieten alles um etwa 4%. So im Juli war an der internationalen Börse der Belgische Franc um 4% abgewertet, alles war wie vorher nur mit anderen Zahlen.

Nachdem in 2 Jahrzenten der Belgische Franc von 1 DM = 7 BFR abgerutscht war auf 1 DM = 23 BFR, hat man den gesetzlich geregelten Selbstmord beendet.

Nokia zahlte in Bochum etwa 1500 - 2000 € Monat, dazu kamen die deutschen Lohnnebenkosten mit etwa 2000 €/Monat bei rund 2500 Angestellten. In Rumänien zahlt Nokia 200 €/Monat mit 50 € Nebenkosten bei etwa 3000 Angestellten . Alles zusammen sind das im Jahr 800 Millionen bis 1 Milliarden € an Einsparung bei den Personalkosten, im Vergleich dazu ist die neue Fabrik für 100 Millionen € abzüglich Fördermitteln geradezu ein Betrag aus der Portokasse.

Sicher kann bei den Lebenshaltungskosten der bRD niemand für 200 €/Monat arbeiten. Aber Lohnforderungen von 8% oder gar 31% und Warnstreiks beinahe jede Woche irgendwo in der BRD zwingen jeden Unternehmer neue Standorte oder Alternativen zu suchen. Wenn dann ein Bahnchef erklärt, der hohe Abschluß einer kleinen egoistischen Gruppe bedingt Preiserhöhungen und Personalreduzierung, dann wird er öffenlicht zerrissen. Als ob ein Unternehmer im Keller eine Maschine hat, um das Geld für die Gewerkschaftsforderungen selber zu drucken. Das müssen die Kunden bezahlen aus ihren erhöhten Einkommen und der sinnlose Kreis schließt sich schon wieder. Dabei gewinnt einzig allein der Staat mit erhöhten Steuereinahmen aus den Löhnen und der MwSt aus den Preisen, offenbar läßt man deswegen das Abzockerkartell der Gewerkschaften weiter wursteln.

Die Gewerkschaften werden erst Ruhe geben, wenn die Mehrheit ihrer Mitglieder arbeitslos ist und ausgetreten sind. Die Gewerkschaftsbonzen haben dann ausgesorgt, der Herr Sommer bekommt bei RWE für 6 Sitzungen des Aufsichtsrates im Jahr etwa 280.000 €, ein Stundenlohn von über 5.000 €.
Benutzeravatar
emporda
 
Beiträge: 1123
Registriert: Di 7. Aug 2007, 17:56
Wohnort: Begur-Spanien

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon stine » Mi 13. Feb 2008, 21:05

Ich glaube, dass die Gewerkschaften schon längst ausgedient hätten, würde ihnen nicht seitens der Regierung ganz selbstverständlich die Stange gehalten. Eine Vielzahl sozialdemokratischer Parteimitglieder spielt nämlich immer noch im selben Verein.
Statt den Unternehmern zugunsten der Arbeiter zu schaden, hat sich nun der Spieß umgedreht.

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mi 13. Feb 2008, 22:09

Kurt hat geschrieben:Es hindert den tschechischen Schaffner doch keiner daran, außertariflich zu arbeiten, oder bin ich da falsch informiert? Zumindest grundsätzlich ist das möglich, kann aber sein, dass die deutsche Gewerkschaft Knebelvereinbarungen mit der Bahn getroffen hat.
Du bist da sehr falsch informiert. Ein Tarifvertrag ist ein Vertrag der für alle gilt, alle(!) Angestellten. Dies ist keine Knebelvereinbarung, sondern ganz normal. Tarifvertrag eben. (Habe ich aber noch nie genossen)
Benutzeravatar
1von6,5Milliarden
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 5236
Registriert: Sa 25. Nov 2006, 15:47
Wohnort: Paranoia

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon emporda » Mi 13. Feb 2008, 22:18

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Du bist da sehr falsch informiert. Ein Tarifvertrag ist ein Vertrag der für alle gilt, alle(!) Angestellten. Dies ist keine Knebelvereinbarung, sondern ganz normal. Tarifvertrag eben. (Habe ich aber noch nie genossen)

Das stimmt mal wieder nicht, aber in Bayern ist eben alles möglich. Viele Unternehmer sind deswegen aus dem Arbeitgeberverband ausgeschieden. Dann versuchen die Betriebsräte der Firma den Abschluß eines Firmentarifs mit allen Mitteln zu verhindern und überziehen den Unternehmer oft mit endlosen Klagen. Mein letzter Anstellungsvertrag, in dem das Wort Tarif noch vorkam, das war 1964 oder 2 Jahre nach dem ersten Job. Allerdings kann ein Malocher am Fließband oder im Lager schlecht einen freien Vertrag aushandeln, der Arbeitgeber sagt Du bekommst soviel und basta.

http://de.wikipedia.org/wiki/Tarifvertrag
Der gesetzliche Rahmen ist in Deutschland im Tarifvertragsgesetz, kurz TVG, vom 9. April 1949 festgelegt.

Ein Tarifvertrag ist nur dann auf ein Arbeitsverhältnis anwendbar (Tarifbindung), wenn der Betrieb in den fachlichen und regionalen Bereich des Tarifvertrages fällt und wenn beide Vertragsparteien Mitglied eines tarifschließenden Verbandes sind (der Arbeitgeber also im Arbeitgeberverband, der Arbeitnehmer in der entsprechenden Gewerkschaft). Dann gilt er aber „unmittelbar“ (also ohne dass seine Geltung noch vertraglich vereinbart werden müsste) und „zwingend“ (mit der Folge, dass vertragliche Abweichungen zum Nachteil des Arbeitnehmers unwirksam sind). Unabhängig davon kann jederzeit einzelvertraglich die Geltung eines Tarifvertrags oder einer bestimmten Tarifregelung vereinbart werden
Benutzeravatar
emporda
 
Beiträge: 1123
Registriert: Di 7. Aug 2007, 17:56
Wohnort: Begur-Spanien

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mi 13. Feb 2008, 22:57

emporda hat geschrieben:Das stimmt mal wieder nicht, aber in Bayern ist eben alles möglich.
Quatsch einfach keinen Unsinn. Schaffst du dies bitte mal? Schön zusehen, dass du wie immer irgendwas passendes, meistens weniger passendes irgendwo aus dem Web kopieren kannst.
emporda hat geschrieben:Dann versuchen die Betriebsräte der Firma den Abschluß eines Firmentarifs mit allen Mitteln zu verhindern und überziehen den Unternehmer oft mit endlosen Klagen.
Auch ein "Firmentarifvertrag" (korrekter ein Unternehmenstarifvertrag, auch Haustarifvertrag) ist ein Tarifvertrag. Ich habe nirgends mich auf Flächentarifverträge eingeschränkt, ich habe mich auf die Bahn (Deutsche Bahn AG) beschränkt, weil Kurts Frage darauf gezielt hat.

Aber auch sonst: Betseht ein Tarifvertrag, so ist dieser bindend. Ist vielleicht etwas schwer zu verstehen, aber in D sind Verträge nun mal beiderseits verbindlich, deshalb macht man sie.

Hier ging es um den Fall den Kurt angesprochen hat, ich darauf geantwortet.
Dass Unternehmen die KEINEN Tarifvertrag abgeschlossen haben (weder direkt noch indirekt über ihren Arbeitgeberverband), dann natürlich an keinen Tarifvertrag gebunden sind, sollte auch sich dir wohl selbst erschließen, entschuldige, dass ich diesen Fall nicht aufgeführt habe.
Haben sie einenTarifvertrag, dann sind sie daran gebunden und können nicht untertariflich (direkt) bezahlen. Leiharbeiter oder Ausgliederungen an "Subunternehmer" sind dafür aber eine Möglichkeit, soweit dies nicht durch einen Vertrag ausgeschlossen ist.

Wenn du auf Positionen angestellt warst, die außerhalb der Tarifvertragsregelung waren (dies ist üblicherweise ab sagen wir mal der mittleren Hierarchie) so, dann hat ganz einfach für dich kein Tarifvertrag gegolten. Wie gesagt, dies ist üblich.
Eine Einzelvertragliche Regelung ist nur (wenn der Tarifvertrag gilt) möglich, wenn dadurch keine Schlechterstellung des Arbeitnehmers entsteht.
Benutzeravatar
1von6,5Milliarden
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 5236
Registriert: Sa 25. Nov 2006, 15:47
Wohnort: Paranoia

Re: Lohnpreisspirale

Beitragvon Kurt » Mi 13. Feb 2008, 23:10

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Aber auch sonst: Betseht ein Tarifvertrag, so ist dieser bindend. Ist vielleicht etwas schwer zu verstehen, aber in D sind Verträge nun mal beiderseits verbindlich, deshalb macht man sie.


Hab mich jetzt mal selber schlau gemacht, Zitat aus http://www.info-arbeitsrecht.de/Arbeits ... recht.html

Die Tarifbindung beginnt mit dem Erwerb der Mitgliedschaft in der Tarifvertragspartei und endet grundsätzlich mit Beendigung der Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband oder der Gewerkschaft. Um Missbräuche zu verhindern, bleibt in einem solchen Fall die Tarifbindung jedoch bis zum Ende der Laufzeit des Tarifvertrags gesetzlich fingiert bestehen. Die Tarifbindung erlischt mit dem Ende des Tarifvertrags. Die Auflösung einer Tarifvertragspartei führt zum Wegfall der Tarifgebundenheit ihrer Mitglieder.

Eine Tarifbindung kann auch dadurch entstehen, dass ein Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt wird. Ein Verzeichnis der für allgemein verbindlich erklärten Tarifverträge wird beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit geführt. Durch die Allgemeinverbindlicherklärung soll Lohndumping und Wettbewerbsnachteilen für tarifgebundene Arbeitgeber entgegengewirkt werden.


D.h., der Tarifvertrag gilt für mich als Arbeitnehmer, wenn ich entweder Mitglied der Gewerkschaft bin, oder wenn in meinem Arbeitsvertrag steht, dass er gilt, oder wenn der Tarifvertrag allgemein verbindlich erklärt wurde. Wie es in den einzelnen Unternehmen gehandhabt wird, weiß ich nicht, aber ich nehme stark an, dass die "halbstaatlichen" Unternehmen allgemeinverbindliche Verträge haben.
Kurt
 
Beiträge: 704
Registriert: Fr 19. Jan 2007, 16:55
Wohnort: Bayern


Zurück zu Gesellschaft & Politik

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 13 Gäste

cron