Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon HF******* » Di 22. Apr 2008, 12:24

Folgende Pressemitteilung des IBKA erreichte mich soeben:
Pressemitteilung vom 22.04.2008

Konfessionslosenverband gegen Sonderstellung kirchlicher Unternehmen

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten e.V. (IBKA) kritisiert die geltenden arbeitsrechtlichen Sonderregelungen für kirchliche Betriebe.

"Die Ablehnung eines Mindestlohns durch kirchliche Arbeitgeber zeigt, dass sie sich die Option von Dumpinglöhnen offenhalten wollen", erklärt René Hartmann, Zweiter Vorsitzender des IBKA. Beim zunehmenden Wettbewerb im Sozialbereich sei eine Verschlechterung der Bedingungen für kirchliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu befürchten. Dass kirchliche Unternehmen vom allgemein geltenden Arbeitsrecht ausgenommen seien, eröffne ihnen dabei Möglichkeiten, über die andere Arbeitgeber nicht verfügten.

Der IBKA fordert, dass kirchliche Betriebe, die keinen Verkündigungsauftrag haben, hinsichtlich des Arbeitsrechts anderen Betrieben gleichzustellen sind. Er sieht auch keine Rechtfertigung für die derzeit praktizierte Festlegung der Arbeitsbedingungen über ein kircheneigenes Verfahren anstelle von regulären Tarifverhandlungen, den sogenannten "dritten Weg".

Der IBKA sieht die Politik in der Verantwortung, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in kirchlichen Betrieben den vollen Schutz des Arbeits- und Tarifrechts zukommen zu lassen. Dabei dürfe sich die Politik nicht auf bloße Appelle an die Kirchen beschränken.

Hintergrund

Gegenüber der Frankfurter Rundschau kritisierte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt Arbeitgeber aus Diakonie und Caritas wegen deren Weigerung, im Pflegesektor einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen.

Das Betriebsverfassungsgesetz und das Personalvertretungsgesetz gelten in kirchlichen Unternehmen nicht (§ 118 II BetrVG, § 112 BPersVG).

Links zum Thema

Ulla Schmidt redet Kirchen ins Gewissen
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/ ... nt=1321394

Unter Gottes Dach - ver.di-Artikel über kirchliche Arbeitgeber
http://publik.verdi.de/2008/ausgabe_04/ ... seite_4/A0

Marburger-Bund-Umfrage: Christliche Fürsorge ihres Arbeitgebers spüren Klinikärzte an kirchlichen Krankenhäusern nur selten
http://www.marburger-bund.de/marburgerb ... mfrage.php
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Re: Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon stine » Di 22. Apr 2008, 15:33

HFRudolph hat geschrieben:Folgende Pressemitteilung des IBKA erreichte mich soeben:
Pressemitteilung vom 22.04.2008

Konfessionslosenverband gegen Sonderstellung kirchlicher Unternehmen

Hintergrund

Gegenüber der Frankfurter Rundschau kritisierte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt Arbeitgeber aus Diakonie und Caritas wegen deren Weigerung, im Pflegesektor einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen.

Das Betriebsverfassungsgesetz und das Personalvertretungsgesetz gelten in kirchlichen Unternehmen nicht (§ 118 II BetrVG, § 112 BPersVG).


Nach welchem Tarif Priester bezahlt werden entzieht sich meiner Kenntnis, aber ich bin sicher, dass wir uns da keine Sorgen machen müssen. Ansonsten werden ALLE Angestellten kirchlicher Einrichtungen nach TVöD bezahlt, das weiß ich zufällig aus erster Hand.
Sollte dies nicht dem Mindestlohngesetz entsprechen, dann müßte der Hebel woanders angesetzt werden.

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Re: Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon pinkwoolf » Di 22. Apr 2008, 18:19

Man könnte auch sagen: Wenn den Betroffenen der Gotteslohn genügt, warum soll ich ihnen dann dreinreden? Sie verhungern allem Anschein nach nicht; und wenn sie es täten, müssten sie selbst auf die Barrikaden gehen. Dabei hätten sie mein Mitgefühl und – soweit meine weltanschaulichen Differenzen da keinen Riegel vorschieben – meine Solidarität.

:santagrin:
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Re: Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon Spaceman_Spiff » Di 22. Apr 2008, 18:51

Solässt sich gegen jeden Mindestlohn argumentieren, das problem ist ja, dass die Kirche dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber Konkurenten (Kindergärten, Schulen, Studios für Kinderpornographie und was die halt so alles betreiben) hätte und diese so vom Markt drängen würde.
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Re: Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon Jakob » Do 24. Apr 2008, 10:29

pinkwoolf hat geschrieben:Man könnte auch sagen: Wenn den Betroffenen der Gotteslohn genügt, warum soll ich ihnen dann dreinreden? Sie verhungern allem Anschein nach nicht; und wenn sie es täten, müssten sie selbst auf die Barrikaden gehen.

Das Problem ist, daß für kirchliche Einrichtungen das deutsche Arbeitsrecht nicht gilt. Das heißt, wenn Du Probleme machst, kannst Du gefeuert werden.
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Re: Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon stine » Do 24. Apr 2008, 10:37

Jakob hat geschrieben:Das Problem ist, daß für kirchliche Einrichtungen das deutsche Arbeitsrecht nicht gilt. Das heißt, wenn Du Probleme machst, kannst Du gefeuert werden.

Wo steht das? Selbst in der kleinsten Pfarrei gibt es sowas wie einen Betriebsrat.
Und welcher Arbeitgeber trennt sich nicht von Mitarbeitern die Probleme machen?

Spaceman_Spiff hat geschrieben:Solässt sich gegen jeden Mindestlohn argumentieren, das problem ist ja, dass die Kirche dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber Konkurenten (Kindergärten, Schulen, Studios für Kinderpornographie und was die halt so alles betreiben) hätte und diese so vom Markt drängen würde.
Welcher Vorteil wäre das?
Die Mitarbeiter der kirchlichen Einrichtungen werden genauso bezahlt, wie alle städtischen Angestellten auch.
Wieso sollte die Kirche für ihre Mitarbeiter einen Mindestlohn wollen, wo sie doch mehr bekommen?
Ich versteh das nicht.
Ich möchte mindestens einen Beweis dafür, dass kirchliche Mitarbeiter irgendwo unter Mindestlohn arbeiten müssen.

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Re: Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon Jakob » Fr 25. Apr 2008, 13:31

stine hat geschrieben:Wo steht das? Selbst in der kleinsten Pfarrei gibt es sowas wie einen Betriebsrat.


Ist durch das Reichskonkordat bedingt. Ich bringe morgen meine Arbeitsrechtunterlagen mit und nehme mir dann mal 'ne halbe Stunde Zeit. Dann kann ich Dir das genau darlegen.
Bis dann =)
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Re: Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon Jakob » Sa 26. Apr 2008, 11:28

OK, da bin ich wieder. Dann wollen wir mal:

Betriebsrat:

1. In kleinsten Pfarreien wird es schon deshalb keine Betriebsräte geben, weil ein solcher gem. § 1 I S.1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) erst in Betrieben mit mindestens fünf ständigen Arbeitnehmern eingerichtet werden müssen.

2. Auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen findet das BetrVG gem. § 118 II BetrVG keine Anwendung.

3. Für Religionsgemeinschaften bzw. deren Teile, die als öffentlich-rechtliche Körperschaften organisiert sind (verfaßte Kirche), gibt es eine sinngemäß gleiche Vorschrift, nämlich den § 112 BPersVG (Bundespersonalvertretungsgesetz).

Kündigungsschutz:

1. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 III WRV (Weimarer Reichsverfassung; ja, die gilt in Teilen noch!) gewährt die sogenannte Kirchenautonomie. Das ist eine Selbstordnungs- und -verwaltungsgarantie. Diese erfaßt alle der Kirche in irgendeiner Weise zugeordneten Einrichtungen, soweit sie nach kirchlichem Selbstverständnis (!) berufen sind, einen Teil des Auftrags der Kirche wahrzunehmen.
Sowohl Selbstverständnis, als auch Auftrag der Kirche werden allerdings nicht vom Gesetzgeber definiert, sondern von der Kirche selbst, so daß sie die Kirchenautonomie beliebig (!) begrenzen oder erweitern kann. (BAG - Urt. v. 21. 09. 06; NZA 07, 438)

2. Diese Autonomie gilt nur "innerhalb der für alle geltenden Gesetze". Dazu gehört auch das KSchG (Kündigungsschutzgesetz). (BVerfG, NJW 86, 367) Allerdings dadurch völlig ausgehöhlt, daß die Zulässigkeit einer Kündigung nicht an den für alle geltenden Maßstäben gemessen wird. Ausschließlicher Maßstab sind die von der Kirche selbst gesetzten Kriterien! (BVerfG, NJW 86, 367) Der Arbeitgeber selbst entscheidet somit, nach welchen Maßstäben die Kündigung zu beurteilen ist!

3. Die Grenze des kirchlichen Selbstverwaltungsrechtes ist erst erreicht, wenn der Arbeitgeber "in Widerspruch zu Grundprinzipien der Rechtsordnung" tritt. Das wäre erst bei blanker Willkür oder ähnlichem der Fall.
Solange diese Grenze nicht überschritten ist, ist die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit uneingeschränkt (!) an das kirchliche Selbstverständnis gebunden. Sie darf dann nur den Sachverhalt feststellen und unter die kirchlichen Vorgaben subsumieren. (Weber, NJW 86, 370)

Liebe stine,
wie gezeigt gilt deutsches Arbeitsrecht für kirchliche Arbeitgeber nur eingeschränkt. Wenn in den Pfarreien, die Du kennst, so etwas ähnliches wie ein Betriebsrat existiert, dann ist das reine Kulanz des dortigen Chefs und rechtlich ohne Bedeutung. Aber immerhin nett.
Daß diese Zustände weder für Sekularisten, noch für jeden anderen gerecht denkenden Menschen hinnehmbar sind, wirst Du sicher einsehen. Vor allem, wenn man bedenkt, daß Caritas und Diakonie zu den größten Arbeitgebern in Deutschland gehören.
Das ist einer der Gründe, warum ich mich bei den Brights engagiere.

Grüße, jakob
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Re: Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon stine » Sa 26. Apr 2008, 13:48

Lieber Jakob, vielen Dank für deine Recherchen in den Gesetzesunterlagen.

Es ist trotzdem so, dass die Gehälter im kirchlichen und caritativen Einrichtungen nach TVöD geregelt sind.
Das gilt für Erzieherinnen, Kinderpflegerinnen, Köchinnen, Küchenhilfen, Putzfrauen, Kranken-und Altenpflegerinnen, Hausmeister, Messner uvm. die in kirchlichen Einrichtungen arbeiten. Dass es arbeitsrechtlich Sonderregelungen geben darf beweist noch nicht, dass diese auch so umgesetzt werden.
Ich meine, ich kann nicht beweisen, dass die Kirche an mancher Stelle unter Tarif bezahlt, aber ich weiß, daß dort wo ich persönlich Einblick habe nach Tarif bezahlt wird.

Die Anerkennung des Mindestlohngesetzes braucht die Kirchen als Arbeitgeber also nicht tangieren. Wenn sie es nicht anerkennen, dann wahrscheinlich aus dem Grund, weil sie ohenhin für die Einhaltung der Tarifverträge plädieren.

LG stine
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Re: Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon Jakob » Sa 26. Apr 2008, 15:16

OK, das war jetzt graue Theorie. Wie es in der Praxis aussieht, weiß ich nicht.

Wenn die Kirche hier auf ihre Privilegien verzichtet und tatsächlich 'richtig' handelt und das auch noch mit ihren Forderungen übereinstimmt... na, dann hat diesmal Deine Seite einen Punkt gemacht.
:respekt:

Grüße, Jakob
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Re: Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon Klaus » Do 8. Mai 2008, 19:29

@Stine, das stimmt nicht. Wie Jakob gesagt hat, die Kirchen haben weitestgehende Autonomie.
1. Verfassungsrechtliche Grundlagen

Staatskirchenrechtliche Grundlage für die eigenständige Gestaltung des Arbeitsrechts der Kirchen bildet Artikel 140 Grundgesetz, der in diesem Zusammenhang auf Artikel 137 Absatz 3 Satz 1 der Weimarer Reichsverfassung verweist. Danach ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze. Dieses verfassungsrechtliche Selbstbestimmungsrecht schafft den Kirchen gegenüber dem Staat einen unantastbaren Freiheitsbereich, der das Recht gewährt, die eigenen Angelegenheiten selbst zu regeln. Dies umfaßt auch die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (Individualarbeitsrecht) und die Beteiligungsrechte der Mitarbeiterschaft in Belangen der Einrichtung (Kollektives Arbeitsrecht). Insbesondere haben die Kirchen das Recht, das Arbeitsrecht nach ihren spezifischen Vorstellungen, also auf der Grundlage ihres Selbstverständnisses, ordnen zu können. Dazu gehört beispielsweise, daß sie dem kirchlichen Dienst das besondere Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft zugrunde legen.
2. Die Dienstgemeinschaft

Im kirchlichen Arbeitsrecht wird von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern statt von Angestellten oder Arbeitern, von Dienstgebern statt von Arbeitgebern und von einem Dienstverhältnis statt von einem Arbeitsverhältnis gesprochen. Damit kommt sprachlich der spezifische Charakter kirchlicher Arbeitsverhältnisse zum Ausdruck. Arbeit im caritativen Dienst der katholischen Kirche ist das Mitwirken an ihrer Sendung durch Jesus Christus, ist Religionsausübung. Denn zu den Grundaufgaben aller Christen gehört neben der Verkündigung des Glaubens und der Feier der Gottesdienste die Ausübung der Nächstenliebe.

Diese religiöse Dimension des kirchlichen Dienstes bestimmt die arbeitsrechtlichen Beziehungen in den caritativen Einrichtungen. Aus der gemeinsamen Verantwortung aller Gläubigen für den Auftrag der Kirche ergibt sich die gemeinsame Verantwortung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Dienstgebern für und in caritativen Einrichtungen. Die Beteiligten sind in gleicher Weise der religiösen Grundlage und Zielrichtung verpflichtet, weil sie als Mitglieder der Kirche an ihrer Sendung in gleicher Weise teilnehmen. Dies wird mit der Bezeichnung der Dienstgemeinschaft charakterisiert.

Eine solche Dienstgemeinschaft schließt das Bestehen unterschiedlicher Interessen bei der Gestaltung der arbeitsrechtlichen Beziehungen nicht aus. Mitarbeiter- und Dienstgeberseite sind aber verpflichtet, die religiöse Dimension in ihrem Handeln zu berücksichtigen und Wege der Einigung zu suchen. Dies stellt einen hohen Anspruch dar, der sich in der Praxis immer wieder bewähren muss.

Die AVR haben das Wesen der Arbeit in caritativen Einrichtungen in ihrem § 1 Allgemeiner Teil wie folgt zusammengefaßt:
"Die Caritas ist eine Lebens- und Wesensäußerung der katholischen Kirche. Die dem Deutschen Caritasverband angeschlossenen Einrichtungen dienen dem gemeinsamen Werk christlicher Nächstenliebe. Dienstgeber und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bilden eine Dienstgemeinschaft und tragen gemeinsam zur Erfüllung der Aufgaben der Einrichtung bei. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben den ihnen anvertrauten Dienst in Treue und in Erfüllung der allgemeinen und besonderen Dienstpflichten zu leisten. Der Treue des Mitarbeiters muss von Seiten des Dienstgebers die Treue und Fürsorge gegenüber dem Mitarbeiter entsprechen. Auf dieser Grundlage regeln sich alle Beziehungen zwischen Dienstgeber und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern."

3. Die Grundordnung

Abgeleitet aus dem verfassungsrechtlichen Selbstbestimmungsrecht der Kirchen haben die katholischen Bischöfe in der Bundesrepublik Deutschland eine Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse verabschiedet, die seit 1. Januar 1994 in Kraft ist.

Diese Grundordnung stellt für alle caritativen Einrichtungen verbindliches Kirchenrecht dar. Die Zuordnung einer caritativen Einrichtung zur Kirche beruht auch auf der Anwendung der Grundordnung.

Nach Artikel 1 Grundordnung bildet das Leitbild der christlichen Dienstgemeinschaft die Grundlage aller Dienstverhältnisse in kirchlichen Einrichtungen.
Die Grundordnung wendet sich zunächst an die Träger und Leitungen der Einrichtungen und betont ihre Verantwortung für den kirchlichen Charakter. Dies ist auch bei der Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu berücksichtigen (Artikel 3 Grundordnung). Diese müssen die Eigenart des kirchlichen Dienstes bejahen.
Dabei geht die Grundordnung von unterschiedlichen Loyalitätsverpflichtungen ausgeht, je nachdem, ob es sich um katholische, andere christliche oder nichtchristliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter handelt (Artikel 4 und 5 Grundordnung). Bei Verstößen gegen diese Loyalitätsobliegenheiten sieht die Grundordnung differenzierte Reaktionen des Dienstgebers vor.
Außerdem erkennt die Grundordnung die Vereinigungsfreiheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im kirchlichen Dienst an (Artikel 6 Grundordnung). Der Grundsatz der Gestaltung der Arbeitsbedingungen durch paritätisch besetzte Kommissionen bildet die Grundlage für die Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen Caritasverbandes (Artikel 7 Grundordnung). Die Anwendung der Mitarbeitervertretungsordnung als kirchliche Betriebsverfassung schreibt Artikel 8 Grundordnung vor. Außerdem enthält die Grundordnung den Anspruch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Fort- und Weiterbildung (Artikel 9 Grundordnung) und auf gerichtlichen Rechtsschutz (Artikel 10 Grundordnung).
4. Der Dritte Weg

Um bei der Gestaltung des kirchlichen Arbeitsrechts einen Interessensausgleich zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Dienstgebern sicherzustellen und gleichzeitig die religiöse Dimension des kirchlichen Dienstes zu berücksichtigen, hat sich die katholische Kirche für den sogenannten Dritten Weg entschieden.

Danach werden die Arbeitsbedingungen für die einzelnen Dienstverhältnisse durch paritätisch besetzte Kommissionen nach kircheneigenen Ordnungen festgelegt. Für den Caritasbereich ist dies die Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen Caritasverbandes. Sie ist paritätisch mit Vertreterinnen und Vertretern der Mitarbeiter- und der Dienstgeberseite besetzt und beschließt das Arbeitsvertragsrecht in den caritativen Einrichtungen.

Der Dritte Weg geht von den Grundsätzen eines partnerschaftlichen und kooperativen Miteinanders von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und von Dienstgebern, einer gleichberechtigten und gleichgewichtigen Vertretung jeder Seite im Sinne einer Parität, einer fairen und verantwortlichen Konfliktlösung ohne Arbeitskampf und des im kirchlichen Recht verankerten Prinzips der Lohngerechtigkeit aus.

Er erfolgt in Abgrenzung zu einem denkbaren ersten Weg, in dem der Inhalt der Dienstverhältnisse einseitig durch Leitungsorgane festgelegt wird. Die Kirche schließt aber auch die Gestaltung der Dienstverhältnisse auf einem zweiten Weg durch den Abschluß von Tarifverträgen aus. Im kirchlichen Dienst bestehen keine widerstreitenden Interessen von Kapital und Arbeit. Arbeitskämpfe mit der Möglichkeit von Streiks und Aussperrungen als Funktionsvoraussetzungen des Tarifvertragssystems sind mit dem Wesen des kirchlichen Dienstes, der gemeinsamen Verantwortung für den Auftrag der Kirche, nicht zu vereinbaren.
5. Die Mitarbeitervertretungsordnung
Grundsätze

Zu der Verfassungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gehört auch die Entscheidung der Kirche, in welcher Weise die kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Angelegenheiten der Einrichtung, die ihre Interessen berühren, mitwirken und mitbestimmen. Deshalb gelten für die Kirchen und damit auch für die caritativen Einrichtungen weder das Betriebsverfassungsgesetz noch die Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder. Paragraph 118 Absatz 2 Betriebsverfassungsgesetz und Paragraph 112 Bundespersonalvertretungsgesetz und die entsprechenden Personalvertretungsgesetze der Länder nehmen die Religionsgemeinschaften und ihre caritativen Einrichtungen ohne Rücksicht auf deren Rechtsform ausdrücklich von der Anwendung dieser Gesetze aus.

Die Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den caritativen Einrichtungen richtet sich nach der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO). Diese MAVO wird zunächst als Rahmenordnung für ein einheitliches Mitbestimmungsrecht von den deutschen Bischöfen verabschiedet; die derzeit gültige Fassung beruht auf einen grundlegenden Beschluß vom 20. November 1995, modifiziert durch Beschluß vom 21. Juni 1999. Auf dieser Grundlage wird die Rahmenordnung mit geringen Änderungen dann in allen Bistümern der Bundesrepublik Deutschland durch den jeweiligen Bischof als kirchlichem Gesetzgeber in Kraft gesetzt . Diese jeweilige MAVO des Bistums ist kirchenrechtlich verbindlich und stellt das kirchliche Mitbestimmungsrecht für die kirchlichen und caritativen Einrichtungen eines Bistums dar.
Die Mitarbeitervertretung

Nach der MAVO ist in jeder Einrichtung vom Träger und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sicherzustellen, daß eine Mitarbeitervertretung gebildet wird (Paragraph 1a MAVO), soweit die Voraussetzungen dafür vorliegen (Paragraphen 6ff MAVO). Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind jedenfalls alle Personen, die bei einem Dienstgeber (Paragraph 2 MAVO) auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses tätig sind (Paragraph 3 MAVO).

Die Durchführung der Wahl zur Mitarbeitervertretung richtet sich nach den Bestimmungen der Paragraphen 9 bis 11 MAVO. Stellung und Organisation der Mitarbeitervertretung sind in den Paragraphen 13 bis 20 MAVO geregelt. Mindestens einmal im Jahr findet eine Mitarbeiterversammlung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Einrichtung statt (Paragraphen 4, 21, 22 MAVO). Für spezielle Mitarbeitergruppen enthält die MAVO besondere Bestimmungen zur Sicherung ihrer Interessensvertretung.
Die Beteiligungsrechte

Kernstück der Ordnung sind die Aufgaben und Rechte der Mitarbeitervertretung gemäß den Paragraphen 26 bis 38 MAVO. Im Hinblick auf die religiöse Dimension des kirchlichen Dienstes sind Dienstgeber und Mitarbeitervertretung verpflichtet, im Rahmen der Aufgaben einer Einrichtung vertrauensvoll und partnerschaftlich zusammenzuarbeiten (Paragraph 26 MAVO). Sie sollen sich über alle Angelegenheiten der Dienstgemeinschaft gegenseitig informieren (Paragraph 27 MAVO) und halten dazu mindestens einmal jährlich eine gemeinsame Sitzung ab (Paragraph 39 MAVO).
Die Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung gliedern sich, je nach Regelungsgegenstand, in das Recht der Anhörung und Mitberatung bei allgemeinen personellen Angelegenheiten (Paragraph 29 MAVO) sowie bei der ordentlichen (Paragraph 30 MAVO) und der außerordentlichen (Paragraph 31 MAVO) Kündigung nach Ablauf der Probezeit, in ein Vorschlagsrecht bei allgemeinen personellen Angelegenheiten (Paragraph 32 MAVO), einem Zustimmungsrecht bei der Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (Paragraph 34 MAVO), bei persönlichen Angelegenheiten einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Paragraph 35 MAVO) sowie bei organisatorischen und sozialen Angelegenheiten der Einrichtung (Paragraph 36 MAVO), und einem Antragsrecht der Mitarbeitervertretung (Paragraph 37 MAVO) in organisatorischen und sozialen Angelegenheiten. Außerdem können Einrichtungsleitung und Mitarbeitervertretung gemäß Paragraph 38 MAVODienstvereinbarungen abschließen, die unmittelbar und zwingend auf die einzelnen Dienstverhältnisse in der Einrichtung einwirken.
Das Streitverfahren

In Streitfällen findet eine Schlichtung als kirchliches Gerichtsverfahren statt. Eine Anrufung staatlicher Arbeitsgerichte ist im Bereich der MAVO nicht möglich, da es sich bei der Ordnung um innerkirchliches Recht handelt und die kirchlichen Schlichtungsstellen rechtsstaatlichen Anforderungen genügen.





Das ist das geltende kirchliche Arbeitsrecht, vom Deutschen Caritas Verband, entsprechend Mitarbeiter Verordnung können noch nicht mal staatliche Arbeitsgerichte befragt werden, geschweige denn agieren. Diese ganze Kirche ist ein Staat im Staate und gehört institutionell abgeschafft, ohne wenn und aber.
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Re: Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon stine » Fr 9. Mai 2008, 07:44

Klaus hat geschrieben:entsprechend Mitarbeiter Verordnung können noch nicht mal staatliche Arbeitsgerichte befragt werden, geschweige denn agieren. Diese ganze Kirche ist ein Staat im Staate und gehört institutionell abgeschafft, ohne wenn und aber.
Naja, vielleicht hast du recht. Ich will das gar nicht abstreiten. Inzwischen habe ich viel zu viel Einblick und bin im Großen und Ganzen ziemlich frustriert. Wenn meine Restfamilie nicht so abergläubisch wäre, würde ich ein zweites Mal aus der Kirche austreten, dann wäre ich auch meinen Job los, den ich so nicht kündigen kann, weil er umsonst ist.

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Re: Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon Klaus » Fr 9. Mai 2008, 08:04

stine hat geschrieben:Wenn meine Restfamilie nicht so abergläubisch wäre, würde ich ein zweites Mal aus der Kirche austreten, dann wäre ich auch meinen Job los, den ich so nicht kündigen kann, weil er umsonst ist.

Das verlangt niemand, eine kritische Sicht auf die Problematik sollte aber möglich sein. :^^:
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Re: Mindestlohn in krichlichen Einrichtungen

Beitragvon stine » Fr 9. Mai 2008, 08:09

Du kannst mir wirklich glauben, dass ich hier ziemlich kritisch hinschaue. Aber ich kann viele Dinge trotzdem nicht ändern und das ärgert mich. Am meisten ärgert mich, dass die Leute die umsonst tun, wirklich ausgenutzt werden. Und im Endeffekt geht auch alles nur ums Geld. Genau wie überall!

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