Stellungnahme zum Dalai Lama Besuch?

Re: Stellungnahme zum Dalai Lama Besuch?

Beitragvon pinkwoolf » Fr 16. Mai 2008, 19:51

Eine Religion ohne Gott ist schon eine harte Nuss. Was ist es denn, was den Buddhismus zu einer Religion macht?

Kurz und improvisiert:
- die Eschatologie, d.h. man hat Vorstellungen darüber, was nach dem Tod kommt;
- Gebete, die übrigens auch von windbetriebenen Gebetsmühlen ausgeführt werden können;
- der Dalai Lama als letzte Instanz der religiös-philosophischen Erkenntnis.

Da muss es noch mehr geben, was mir gerade nicht einfällt. Kulturell völlig unsensibel halte ich das alles für genauso bescheuert wie andere Religionen auch; allerdings deutlich weniger gefährlich.
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Re: Stellungnahme zum Dalai Lama Besuch?

Beitragvon Peter Janotta » Fr 16. Mai 2008, 19:58

Robert hat geschrieben:Christentum ist ursprünglich eine Philosophie, was aber die Menschen nicht davon abgehalten hat, in ihm eine Religion zu sehen.

Christentum war ursprünglich Judentum, bzw. eben dann eine Sekte des Judentums. Wo du da den philosophischen Ursprung siehst erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht.
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Re: Stellungnahme zum Dalai Lama Besuch?

Beitragvon Andreas Müller » Fr 16. Mai 2008, 20:16

Na ja, vielleicht wegen dem Neuplatonismus (Seele/Geist-Dualismus) des Christentums, welches dem Judentum fremd war.
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Re: Stellungnahme zum Dalai Lama Besuch?

Beitragvon emporda » Sa 17. Mai 2008, 09:07

Peter Janotta hat geschrieben:Christentum war ursprünglich Judentum, bzw. eben dann eine Sekte des Judentums. Wo du da den philosophischen Ursprung siehst erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht.
Wohl kaum - für das Judentum ist der Messias noch nicht gekommen, für das Christentum sehr wohl. Die Juden hätten jeden außer Landes gejagt, der Gegenteiliges behauptet hätte. Sie habe es mit den Römern um 68 n.C. versucht und furchtbar "eins aufs Maul" bekommen.

Auch gab keine ersten Christen in Palestina, sondern im fernen Rom so etwa ab 90 n.C. als die Geschichten um Jesus erfunden und als Märchen schriftlich fixiert wurden. Die Juden hatten in ihrer um 68 n.C. in Qumram gesicherten Bibliothek unter den 800 Schriften auf 15.000 Bruchstücken insgesamt 21 verschiedene Jesajatexte, die sich alle grundlegend widersprechen. Die Christen haben sie die passende unter den verfügbaren Versionen ausgesucht und Gottes ewige und einzige Wahrheit draus gemacht.

Die Nennung von Christen durch Tacitus um 68 n.C. ist eine späte Fälschung, die müßte er zum Tod Neros im Alter von 12 Jahren geschrieben haben - was der Autor als dummer Religionsfanatiker übersehen hat. Sofern Lug und Betrug zur Philosophie gehören, dann hatten die damals reichlich davon.
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Re: Stellungnahme zum Dalai Lama Besuch?

Beitragvon Sternsaphir » Sa 17. Mai 2008, 09:25

pinkwoolf hat geschrieben:Eine Religion ohne Gott ist schon eine harte Nuss. Was ist es denn, was den Buddhismus zu einer Religion macht?

Kurz und improvisiert:
- die Eschatologie, d.h. man hat Vorstellungen darüber, was nach dem Tod kommt;
- Gebete, die übrigens auch von windbetriebenen Gebetsmühlen ausgeführt werden können;
- der Dalai Lama als letzte Instanz der religiös-philosophischen Erkenntnis.


So größten Teils stimme ich Deinen Ausführungen zu bis auf den letzten Punkt. Ich würde vorsichtig sein und den Buddhismus nicht mit dem Dalai Lama gleichsetzen. Der Lama ist ein religiöser Führer des tibetanischen Buddhismus, nicht des indischen, des Shintobeeinflussten Buddhismus oder gar des Zen-Buddhismus und es gibt noch mehr Richtungen. Da sind grundlegende Unterschiede! Ich glaube sogar, dass der tibetanische Buddhismus die einzige Richtung ist, die gar einen traditionell eingeführten religiösen Führer hat wenn man alle kleinen Mini-Sekten wegläßt. Der Papst ist schliesslich ich auch nicht für alle Christen zuständig, auch wenn er es gerne wäre ;-)
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Re: Stellungnahme zum Dalai Lama Besuch?

Beitragvon Robert » Sa 17. Mai 2008, 11:53

pinkwoolf hat geschrieben:Was ist es denn, was den Buddhismus zu einer Religion macht?


Eindeutig die Heilslehre.

Das Leben wird als Leiden angesehen und in welches man nach dem Tod wiederzurückkehrt, Reinkarnation, es sei denn, man erlangt Erleuchtung und gelangt ins Nirwana, womit man nicht wiedergeboren wird.

<Einschub>
Da Dalai Lama z.B. ist solch ein Erleuchteter, der aber absichtlich zurück ins Leben kommt, um den Menschen zu dienen. Die Lächerlichkeit solcher Unterfangen dürfte ja ersichtlich sein, denn die Mönche suchen nach ein Kind, was die Reinkarnation des Dalai Lamas sein soll.
<EInschub>

Zur Erleuchtung gelangt man, indem man die vier edlen Wahrheiten einhält und damit auch den edlen achtfachen Pfad. Wenn man sich diese beiden Dinge mal genauer anschaut, ist es nicht verwunderlich, wieso dem Buddhismus das Attribut Geistesschule vergeben wird. Doch ihn nur auf die Schulung des Geistes zu reduzieren, ist fatal, weil nämlich der Grund für solch Schulung verloren geht, die Losbrechung aus der Kette der Wiedergeburten.

pinkwoolf hat geschrieben:- der Dalai Lama als letzte Instanz der religiös-philosophischen Erkenntnis.


Wie Sternsaphir bereits gesagt hat, ist der Dalai Lama nur ein Phänomen des tibetischen Buddhismus, eigentlich von nur einer dortigen Schule. Generell würde ich nicht den Fehler begehen und den mystischen Buddhismus aus Tibet als den Buddhismus darzustellen.

@emporda
Solch eine Darstellung ist mir neu.
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Re: Stellungnahme zum Dalai Lama Besuch?

Beitragvon pinkwoolf » Sa 17. Mai 2008, 19:27

Dass ich den Dalai Lama ins Spiel gebracht habe, ist mir inzwischen schon peinlich. Ich fand nur, zwei Argumente dafür, dass der Buddhismus eine Religion ist, wären zu wenig, und suchte händeringend nach einem dritten.
Roberts Ausführungen untermauern die religiöse Natur des Buddhismus hinreichend, um den Dalai Lama obsolet zu machen.
Nach allem, was man hört, ist er ja ein angenehmer Zeitgenosse. Aber wäre sein Nachfolger das auch? Und möchte man die Geschicke eines Landes in den Händen eines Gebetsfreaks sehen, der sich mehr für das Jenseits interessiert als für das Diesseits?
:gott:
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Re: Stellungnahme zum Dalai Lama Besuch?

Beitragvon Klaus » Sa 17. Mai 2008, 19:32

Immerhin gab es bis 1959 mit diesem netten Menschen, Leibeigenschaft, Sklaverei und Lohnsklaverei in Tibet. Jetzt ist die Grinsebacke nur noch nett.
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Re: Stellungnahme zum Dalai Lama Besuch?

Beitragvon Robert » Sa 17. Mai 2008, 21:31

pinkwoolf hat geschrieben:Roberts Ausführungen untermauern die religiöse Natur des Buddhismus hinreichend


Ergänzend muss jedoch noch erwähnen, dass es auch Richtungen im Buddhismus gibt, wo die religiöse Natur kaum zu erkennen ist. So erging es mir zum Beispiel beim Lesen einer ZEN-Einführung, die von einem Westler verfasst worden ist.

Nach ihm kann man durch die Meditation keine neue Erkenntnis erlangen, weshalb er über Meditationserlebnisse nur den Kopf schütteln kann. Es gibt nichts zu erkennen und genau dies soll das Ziel sein. Sich also immer weiter von allem lösen, wodurch man selbst zu einem Nichts wird, also nicht mehr existiert. Selbstverständlich ist dies nur eine grobe Darstellung des Werkes, jedoch gibt sie einem einen Einblick, zu was der Buddhismus auch noch fähig ist.

Dagegen wirken die Dämonen und sonstigen msystischen Figuren aus dem tibetischen Buddhismus einfach nur lächerlich.


Des Weiteren muss der Buddhismus nicht unbedingt zu solch theokratischen Verhältnissen wie im ehemaligen Tibet führen. Man muss sich einfach nur das chinesische Verständnis von Religion anschauen. Bei Heirat konsulitiert man Daoisten, bei Todesfällen Buddhisten und bei einem anderen Fall, den ich jetzt vergessen habe, Konfuzianer.

Aber der Buddhismus führte auch noch zu anderen Entwicklungen, wie z.B. in frühen Japan. Die Samurais waren zu einem sehr großen Teil praktizierende Buddhisten und fügten dennoch Menschen und Tiere Leid zu. Der japanische Kaiser wurde als Gottheit angesehen und es wurde ein Progrom gegenüber Christen abgehalten, wodurch viele gläubige Christen ums Leben kamen, da der Kaiser seine Macht bedroht fühlte.


Dies zeigt einem mal wieder, dass jede Religion zu allem Möglichem fähig ist, es hängt halt davon ab, was die Menschen daraus machen. Also nichts mit friedlichem Buddhismus und bösen Christentum, wie so machne denken.
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Re: Stellungnahme zum Dalai Lama Besuch?

Beitragvon pinkwoolf » So 18. Mai 2008, 00:22

Robert hat geschrieben:Man muss sich einfach nur das chinesische Verständnis von Religion anschauen. Bei Heirat konsulitiert man Daoisten, bei Todesfällen Buddhisten und bei einem anderen Fall, den ich jetzt vergessen habe, Konfuzianer.

Welch ein Unterschied zur Monomanie in der westlichen Hemisphäre. Nicht umsonst sind die Chinesen das älteste Kulturvolk auf Erden.
Mesopotamien und der fruchtbare Halbmond mögen noch etwas älter sein; aber die haben ihren Vorsprung spätestens mit Mohammed verkackt.
:kopfklatsch:
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Re: Stellungnahme zum Dalai Lama Besuch?

Beitragvon Ramon » So 18. Mai 2008, 08:08

pinkwoolf hat geschrieben:Dass ich den Dalai Lama ins Spiel gebracht habe, ist mir inzwischen schon peinlich. Ich fand nur, zwei Argumente dafür, dass der Buddhismus eine Religion ist, wären zu wenig, und suchte händeringend nach einem dritten.
Roberts Ausführungen untermauern die religiöse Natur des Buddhismus hinreichend, um den Dalai Lama obsolet zu machen.
Nach allem, was man hört, ist er ja ein angenehmer Zeitgenosse. Aber wäre sein Nachfolger das auch? Und möchte man die Geschicke eines Landes in den Händen eines Gebetsfreaks sehen, der sich mehr für das Jenseits interessiert als für das Diesseits?
:gott:


Sollten wir diese Entscheidung nicht dem tibetanischen Volk überlassen.
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Re: Stellungnahme zum Dalai Lama Besuch?

Beitragvon Robert » So 18. Mai 2008, 10:01

Ramon hat geschrieben:Sollten wir diese Entscheidung nicht dem tibetanischen Volk überlassen.


Dies sollten wir auf jeden Fall, weshalb im selben Atemzug, wie Tibet Autonomie gewährt wird, die Exilregierung aufgelöst wird und eine neue per demokratische Wahl gewählt werden. Der Dalai Lama kann sich dann wählen lassen, doch wer ihm in der Verfassung sogleich eine Sonderrolle geben will, vertilgt die Souveranität des tibetischen Volkes.
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