Finanz-/Wirtschaftssysteme

Finanz-/Wirtschaftssysteme

Beitragvon Mark » So 11. Jan 2009, 01:28

Aus aktuellem Anlass :
Welche Wirtschaftssysteme, die es in der Fachwelt zu einem akzeptablen Ruf gebracht haben, gibt es denn überhaupt ?
Durchlaufen Wirtschaftssysteme immer nur eine Art Kulturevolution oder könnte man mit heutigen Methoden (Wirtschaftswissenschaften... nich lachen, die halten was auf sich ;-) eine Art Gentechnik betreiben und die Kulturevolution in Menschenhand nehmen ?
Haben wir überhaupt komplett durchdachte / durchplante Alternativen für das gesamte Wirtschaftssystem oder auch nur für Teilbereiche wie das Finanzwesen ?
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Re: Finanz-/Wirtschaftssysteme

Beitragvon Falk » Sa 17. Jan 2009, 18:55

Hmm, schade, dass noch keiner geantwortet hat. Das ist so ein Thema, zu dem jeder eine Meinung hat, aber eigentlich niemand im Detail weiß, wovon er redet. Ein philosophischer Alptraum.

Man müsste also erstmal klären, was man mit Wirtschaftssystem meint. Gut, nehmen wir einfach die Wikipedia-Definition. Dann wäre es vielleicht sinnvoll, weniger von verschiedenen Wirtschaftssystemen zu sprechen als von einer Skala mit Regulierung am einen Ende, Freiheit am anderen. Fällt uns irgendetwas ein, das sich als Wirtschaftssystem bezeichnen ließe und nicht am besten über eine solche Skalierung beschrieben werden könnte? Wenn nein, könnte man die historische Entwicklung von Wirtschaftssystemen anhand dieser Skala für alle möglichen Wirtschaftsräume durchexerzieren und so feststellen, ob es sowas wie eine Kulturevolution gibt oder nicht. Ich vermute da eher ein ziemliches Hin und Her.

Soviel als Anfangsblabla - wer macht weiter? :kaffee2:
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Re: Finanz-/Wirtschaftssysteme

Beitragvon Ari » Sa 17. Jan 2009, 21:28

Nun ja, es gibt ja schon einige unterschiedliche Ideen zum Finanzsystem. Im Detail lässt sich ja schon beobachten wie ab und dan von Nachfrageorintierter zur Angebotsoriniterter Finanzpolitik und zurück gewechselt wird. Da wird Keynes verteufel, weil es zu sehr den freien Markt und die Wirtschaft behindern würde und Friedman gelobt. Dann wird Friedman fallen gelassen, da das System sich als zu gierig herausgestellt hätte und es mehr staatliche Kontrolle/Eingriff bräuchte und man holt daher Keynes raus. USW.

Das Problem ist vielleicht, das es keine Alternativlösung gibt die 100% perfekt ist oder die so einfach umsetzbar ist?

Ein Demurragesystem wie es Silvio Gesell vertrat ist schwer vorzustellen ohne die Weltwirtschaft und auch die Staaten 180 Grad zu drehen. Und selbst dann kommen fragne ob es überhaupt in heutiger Zeit (globalisierung usw.) funktionieren kann

System die alle Produktionsmittel in die Hände des Staats legen, haben schon gezeigt das sie nicht funktionieren.

Also ich denke, dass das bisherige System weiterläuft und es in Krisenfällen zu im 1. Absatz genannten wechseln den Finanzpolitik kommt liegt vorallem auch an der Ratlosigkeit der (Fach)welt. Man hat nichts schnell, simple und sicher umsetzbares in der Hand (weil das vielleicht garnicht geht?) und daher wurstelt man so weiter.....
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Re: Finanz-/Wirtschaftssysteme

Beitragvon stine » Sa 17. Jan 2009, 21:35

Lasst uns doch mal auf die Zwergstaaten schauen: Sie brauchen kein Militär bedienen, können deswegen die Lohn- und Kapitalertragssteuern so niedrig halten, dass sie weltweit die Großverdiener anlocken, haben, wenn man zB auf Monacco schaut, noch ein staatliches Spielcasino, das Zugunsten der Regierung Gewinne macht. Wer dort arm ist geht putzen, sitzt im Portiersquartier oder fährt Taxi. So hat also jeder sein Auskommen mit dem Einkommen und es braucht nicht einmal staatliche Unterstützung für Einkommenslose. Und wenn, dann ist das im verträglichen Maße.
Das beste Wirtschaftssystem ist also das, was die Leute im Lande hält und auch noch jene anlockt, die was zum Staatsvermögen beitragen und nicht solche, die sich davon nähren. Und funktionieren tuts solange, bis nicht jeder "gleich" sein möchte.
Sage ich mal so, als Laie.
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Re: Finanz-/Wirtschaftssysteme

Beitragvon Ari » So 18. Jan 2009, 21:02

Ich denke gerade Moncao ist ein schlechtes Beispiel.

Mal deine Argumente:

stine hat geschrieben:Die brauchen kein Militär bedienen, können deswegen die Lohn- und Kapitalertragssteuern so niedrig halten, dass sie weltweit die Großverdiener anlocken

Ja ich glaube das wir in gewissem Sinn ein Militär brauchen. Sicher nicht zur landesverteidigung, aber es gibt schon gründe worum man auf internationaler Ebene auch einmal eingreifen und nicht nur Drohen oder zuschauen muss. Für einen Zwergstaat wie Moncao gilt das eben nicht.

stine hat geschrieben:noch ein staatliches Spielcasino, das Zugunsten der Regierung Gewinne macht.

Ob die Förderung der Spielsucht ein Ausweg für Deutschland sein könnte? :mg: Wir haben ja auch Spielcasinos die Gewinn erwirtschaften, nur eben in Relation zu den Einwohnern mit weniger Besuchern.

stine hat geschrieben:Wer dort arm ist geht putzen, sitzt im Portiersquartier oder fährt Taxi. So hat also jeder sein Auskommen mit dem Einkommen und es braucht nicht einmal staatliche Unterstützung für Einkommenslose. Und wenn, dann ist das im verträglichen Maße.

Du meinst "jeder kann dort eine Arbeit bekommen"? Ja, aber nicht mit dem Geld das in Monaco erwirtschaftet/verdient wird, sondern mit Geld das in "Promis" im Ausland mit ihren Karrieren/Werbeverträgen verdient haben. So gesehen ist Moncao hochgradig davon abhängig, dass es bei uns auch wirtschaftlich gut läuft.

stine hat geschrieben:Das beste Wirtschaftssystem ist also das, was die Leute im Lande hält und auch noch jene anlockt, die was zum Staatsvermögen beitragen und nicht solche, die sich davon nähren. Und funktionieren tuts solange, bis nicht jeder "gleich" sein möchte.

Nein es funktioniert solange, bis das überdurchschnittlich hohe, im Ausland verdiente Vermögen im Inland verpulvert wird.

So gesehen kann es eben auch nicht hunderte von Monacos geben, da das System sonst zusammen bricht.

Man könnte es vergleichen mit den Fußbällen. warum ist ein Lederfußball so billig? Weil er (auch von Kindern) in Schwellenländern billigst und ohne Rücksicht auf Arbeitsschutz und Umweltverordnungen produziert wird. Ist das System dieser Länder deshalb für uns vorbildhaft? Ich denke nicht!
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Re: Finanz-/Wirtschaftssysteme

Beitragvon Mark » Mo 19. Jan 2009, 14:36

Ich hab mir oft gedacht : was müsste anders sein, damit die heutigen Probleme niemals hätten auftreten können ?
Es hätte totale Transparenz bei den Schulden benötigt, die ein einzelner Mensch (oder eine rechts-Person) haben kann.

Wenn es zB ein Gesetz gäbe, nachdem alle negativen Guthaben (blöder Ausdruck... Schulden halt..) eigentlich nicht bei der Bank gemacht werden, sondern nur beim Staat oder einer einzigen Zentralbank (staatlich) ?
Zu jedem Menschen / Rechtsperson wird genau ein Konto zentral geführt, von dem alle Anleihen gebucht werden, und jeder Mensch hat aufgrund seines Einkommens und staatlicher Konjunkturprogramme genaue Kreditrahmen und Rückzahlungskonditionen, und auch stets die Gewissheit welchen Kredit er noch bekommt und welchen nicht, aufgrund ganz klarer Regeln die für jeden verständlich sind.
Wenn das direkte gewerbliche Schuldenmachen verboten würde, müssten sich die Banken zB für Investitionskredite an die staatliche Zentralbank wenden, dort könnten sofort andere Institute elektronisch das Angebot öffentlich auslesen und binnen kurzer Frist ein Gegenangebot ausgeben, der Staat nimmt dann das günstigste und verleiht es mit Gewinn an den kreditnachfragenden Unternehmer...

nur so eine Spinnerei, und viele toben da wohl wegen dem Datenschutz... aber gibt es dergleiche Überlegungen für kontrollierte Geldkreisläufe schon ? Oder zumindest für das "Schuldenmachen" ?
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Re: Finanz-/Wirtschaftssysteme

Beitragvon stine » Mo 19. Jan 2009, 16:44

Wer Bundesschatzbriefe oder ahnliche Staatsanleihen besitzt ist direkter Profiteur der Staatsverschuldung. Offensichtlich gibt es noch genügend, die solche Papiere haben wollen. Sollen angeblich eine sichere Anlageform sein :mg:
Ich frage mich, was wäre, wenn alle ihre Papiere jetzt verkaufen würden...:(
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Re: Finanz-/Wirtschaftssysteme

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 19. Jan 2009, 17:49

Mark hat geschrieben:Zu jedem Menschen / Rechtsperson wird genau ein Konto zentral geführt,
Schäuble arbeitet dran
Mark hat geschrieben: von dem alle Anleihen gebucht werden, und jeder Mensch hat aufgrund seines Einkommens und staatlicher Konjunkturprogramme genaue Kreditrahmen und Rückzahlungskonditionen, und auch stets die Gewissheit welchen Kredit er noch bekommt und welchen nicht, aufgrund ganz klarer Regeln die für jeden verständlich sind.
Du meinst also staatlicher Dirigismus in Reinstkultur.
Mark hat geschrieben:nur so eine Spinnerei, und viele toben da wohl wegen dem Datenschutz...
Datenschutz ist da noch ein kleineres Problem, diesbezüglich ist ja die Realität (persönliche lebenslange Finanzamtsnummer u.ä.) ja nicht mehr weit. Aber deine "Spinnerei" knallt da noch mehr Grundsubstanz des GG gleich weg.
Mark hat geschrieben:Oder zumindest für das "Schuldenmachen" ?
Schufa?
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Re: Finanz-/Wirtschaftssysteme

Beitragvon Ari » Mi 21. Jan 2009, 19:28

mark hat geschrieben:Zu jedem Menschen / Rechtsperson wird genau ein Konto zentral geführt, von dem alle Anleihen gebucht werden, und jeder Mensch hat aufgrund seines Einkommens und staatlicher Konjunkturprogramme genaue Kreditrahmen und Rückzahlungskonditionen, und auch stets die Gewissheit welchen Kredit er noch bekommt und welchen nicht, aufgrund ganz klarer Regeln die für jeden verständlich sind.

Das hiesse aber ja auch, dass man keinen Freunden Geld leihen darf?

ICh stell mir das praktisch kaum machbar und auch nicht sehr sinnvoll vor
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Re: Finanz-/Wirtschaftssysteme

Beitragvon Mark » Fr 23. Jan 2009, 13:07

Ey, war nur eine Spinnerei um aufzuzeigen was ich mit der Frage meine : gibt es denn ähnliche Spinnereien, die irgendwie kreativ neue Wege vorschlagen ?
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Re: Finanz-/Wirtschaftssysteme

Beitragvon Ari » Sa 24. Jan 2009, 18:38

Demurrage Geldsystem ist eben so eine "Spinnerei", wobei es das tatsächlich mal gab.

Aber das Problem ist, dass man heute kaum die Folgen jeglicher VEränderung abschätzen kann. Das bremst auch vieles aus, denn Angst ist immer ein Argument....
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Wirtschaftspolitik --- Re: Finanz-/Wirtschaftssysteme

Beitragvon Gegen_Herrschaft » Di 26. Mai 2009, 23:07

Es gibt kein sachlich perfektes Wirtschaftssystem.

Die Wirtschaftssysteme sind Teil der Wirtschaftspolitik.

Politik ist immer eine Frage der Verteilung.
The winner takes it all nach neoliberaler Auffassung oder Wohlstand für alle nach sozialistischer Auffassung.

Das jetzige Wirtschaftssystem dient denjenigen, die daran festhalten. Und wenn sie auch mal in der im Kapitalismus üblichen Wirtschaftskrisen größere Schäden flicken müssen.

Eine Abänderung in Richtung Wohlstand für alle wäre z.B. das Existenzmaximum als Ergänzung zum Existenzminimum.
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