provinzler hat geschrieben:Ein Spanischlehrer hat mir mal eine Note schlechter gegeben auf ein Referat, mit der Begründung, ich hätte mit meinem Sprachniveau den Kurs überfordert...
Ja, ähnliche Situationen kenne ich, auch wenn es eher Luxusprobleme waren: Eine Rezension eines darwinismuskritischen Buches in 15 min für Biologie, um 15 statt 14 Punkte zu bekommen. Am Ende wurden es sogar nur 13, weil der Lehrer das Buch selbst nicht gelesen hatte und mir den Vorwurf machte, dass das Buch so ein großer Mist wäre, was ich ihm aber die ganze Zeit als ich es lesen musste, sagte (welches er allerdings ausgesucht hatte, da ein Kollege es ihm empfahl - er jedoch keine Lust hatte, sich damit selbst zu beschäftigen). Diese Sozial-Abzüge kenne ich auch, wo es mal in Musik hieß, dass eine weitere sehr gute Note von mir die anderen schüler nur verärgern würde. Das hätte ich ja noch durchgehen lassen, wenn ich auch die besten Noten bekommen hätte, seltsamerweise war ich fast immer nur zweiter. Die besseren Noten des Besten haben offensichtlich nie jemanden gestört.
provinzler hat geschrieben:Und auch sonst gabs einige Noten, die schwer bis gar nicht nachvollziehbar waren. Ein oder zwei Noten runterkorrigieren geht immer, aber bei mehr wirds dann auch in Schwafelfächern schwerer.
Ha, da kenne ich anderes. Irgendwann zweifelt man fast schon an sich selbst und hört nur ein Jahr später in Wirtschaftspolitik, dass der Lehrer (einer, den meine politischen Ansichten, die nicht idealistisch-links sind, nicht störten) es nicht hätte besser formulieren können und steht von einer fast 4 wieder auf 1+. Irgendwann ist es lächerlich, wenn man merkt, dass eine Differenz von bis zu 3 Noten von Antipathie oder Sympathie abhängt (in den genannten Fächern).
provinzler hat geschrieben: Mir prophezeite seinerzeit der Rektor meiner Grundschule (der nie ein Gymnasium von innen gesehen hat), dass ich es nie zum Abitur bringen werde.
Genau das hatte ich auch, und hatte doch am Ende eine 1,5 vorzuweisen. Damals war es nicht üblich, dass man Schülern mit Migrationshintergrund eine Gymnasialempfehlung ausstellte.
provinzler hat geschrieben:Ich bin einfach nur froh, dass ich den Scheiß endgültig hinter mir habe. Da brauchen wir uns jetzt auch nicht drum streiten, wessen Schulzeit beschissener war...
Einverstanden, aber trotz der Erfahrungen bin ich für die staatlliche Regulierung. Die Ursache für unsere Misere sehe ich übrigens nicht darin, sondern im Föderalismus und der Idee, sich an den USA oder anderen "Erfolgsmodellen" zu orientieren (das Studium eingeschlossen: Neuerdings machte ich eine Betriebsbesichtigung einer Biotec-Firma, um die Chancen auszuloten und bin schockiert, wieweit die Ansprüche von der Realität, was Auslandssemester und Arbeitserfahrung betrifft, wegreicht. Knallhart wurde über 20 Studenten gesagt, dass man gearbeitet haben muss, im Ausland gewesen sein muss, englisch möglichst wie die eigene Muttersprache beherrschen muss - und das noch am besten in Regelstudienzeit. Als man denen sagte, dass man dafür schlichtweg keine Zeit und/oder kein Geld hat/oder die Module fast nie anerkannt bekommt, auch nicht teilweise, hat man in erstaunte Gesichter geblickt, die einem für diesen Mangel zwar nicht die Schuld gaben, aber dennoch sagten, dass sie dann "lieber einen aus Indien nehmen", obwohl bestätigt wurde, dass unsere Ausbildung - abgesehen von diesen wichtigen Punkten - deutlich besser als die in den USA oder Indien sei und zur Weltspitze gehöre. Es ist frustrierend, wenn man nicht auf die Industrie vorbereitet wird, sondern von den meisten Dozenten nur auf die fruchtlose Uniforschung beschränkt wird, die teilweise völlig gegensätzliche Forderungen stellen, Beispiel Paper (wissenschaftliche Veröffentlichungen): In der Uni ist das Motto: Je mehr desto besser; in der Wirtschaft: wenn man Lust hat, letztlich kommt es nur darauf an, dass man seinen Namen unter einem Patent stehen hat (was wesentlich einfacher ist), Paperveröffentlichungen werden eher ignoriert, es reicht bis sogar zur Betrachtung als "Spam"). Der Fehler liegt in der Abhängigkeit von den USA; der aktuelle deutsche Nobelpreisträger (ein Biochemiker) in Medizin wäre wohl auch nie beachtet worden, wenn nicht mindestens ein Amerikaner mitgearbeitet hätte. Naja, wenn ich auf Ruhm aus wäre, hätte ich die Politik gewählt.