Atomenergie

Re: Atomenergie

Beitragvon ujmp » So 30. Aug 2009, 17:31

...ok, der Freund sagt:

"Mit den ersten Atomwaffentests in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts ließ sich eine messbare Zunahme der Radioaktivität in der Umwelt verzeichnen. Auch andere anthropogene Einflüsse, wie z. B. der Abbau von Uran, aber auch Störfälle, wie z. B. die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl (1986), förderten diesen Prozess. Aber insgesamt sind diese Auswirkungen im Vergleich zur natürlichen Radioaktivität gering (sie machen nur wenige Prozent aus). Die Äquivalentdosisleistung der natürlichen Radioaktivität liegt in Europa im Durchschnitt bei zwei Millisievert pro Jahr; in bestimmten Regionen der Erde kann sie aber auch auf 100 Millisievert pro Jahr ansteigen. Weder für den einen noch für den anderen Wert konnten bislang gesundheitliche Auswirkungen beim Menschen beobachtet werden. "


Alles Atomkraftlobby oder was?
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Re: Atomenergie

Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 30. Aug 2009, 18:15

ujmp hat geschrieben:Alles Atomkraftlobby oder was?
Kann sein, wird auch einen Einfluss haben, muss jetzt aber nicht direkt falsch sein.
Es kann außer bei punktuellen Belastungen (oder theoretisch bei extremer globaler Mehrbelastung) definitiv wohl niemals nachgewiesen werden, ob eine gesundheitliche Auswirkung tatsächlich durch die Erhöhung der Strahlenbelastung konkret eingetreten ist, allerdings aus wissenschaftlichen Erkenntnissen hochgerecht, muss quasi jede Steigerung der Strahlenbelastung auch eine Erhöhung der gesundheitlichen Auswirkungen nach sich ziehen. Nur ist diese konkret wohl tatsächlich nicht oder so gut wie nicht nachweisbar, weil (zu) viele Faktoren eine Rolle spielen oder spielen können.
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Re: Atomenergie

Beitragvon Twilight » So 30. Aug 2009, 19:26

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Twilights Rechnung, Strahlung würde in Wärme umgewandelt (was teilweise stimmt) und daher sänke die Strahlung sogar, kann ich nicht nachvollziehen.

Ich bezog mich eher auf den ersten Absatz des Wikipedia-Artikels zu Radioaktivität:
Radioaktivität [...] ist die Eigenschaft instabiler Atomkerne, sich spontan unter Energieabgabe umzuwandeln. Die freiwerdende Energie wird als ionisierende Strahlung, nämlich energiereiche Teilchen und/oder Gammastrahlung, abgegeben.

Irgendwann, nach genügend Zerfallsvorgängen bleibt etwas übrig, das stabil, also nicht mehr radioaktiv ist. Ich sagte auch nicht, die Strahlung sänke, sondern die Radioaktivität, womit ich eigentlich die Menge der radioaktiven Elemente meinte. Und ich bezog mich auf die globale Menge, nicht nur die in der Biosphäre.
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Re: Atomenergie

Beitragvon ujmp » So 30. Aug 2009, 19:41

Zu den Videos: Man erfährt leider nichts genaues. Zumindest nichts, was grundsätzlich gegen die friedliche Nutzung von Atomenergie spricht.
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Re: Atomenergie

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 31. Aug 2009, 12:57

Twilight hat geschrieben:Irgendwann, nach genügend Zerfallsvorgängen bleibt etwas übrig, das stabil, also nicht mehr radioaktiv ist. Ich sagte auch nicht, die Strahlung sänke, sondern die Radioaktivität, womit ich eigentlich die Menge der radioaktiven Elemente meinte. Und ich bezog mich auf die globale Menge, nicht nur die in der Biosphäre.
Egal ob beschränkt auf Biosphäre oder das ganze Weltall.
Es ging um die Frage ob die friedliche Nutzung der Atomkraft die Radioaktivität senkt - und implizierend natürlich im Vergleich dazu, wenn sie nicht genutzt würde.
Dein Verneinen ist und bleibt falsch, egal ob auf die Biosphäre beschränkt oder aufs Universum ausgedehnt und sogar ob du auf die Fragestellung
ujmp hat geschrieben:Vermehrt die Atomenergienutzung eigentlich die Radioaktivität auf der Erde?
eingehst oder nicht.
Ist Kernspaltung und Radioaktivität, stabile und instabile (radioaktive) Elemente bekannt?
Man kann (und macht dies auch) stabile Elemente durch Strahlenexposition in instabile Elemente aufspalten. Ebenso erzeugt radioaktiver Zerfall selbst isoliert betrachtet (also ohne Wechselwirkung mit anderen Atomen, keine Kettenreaktion, keine Spaltung anderer Atome - eben absolut isoliert) - wie er in Atomkraftwerken üblich ist - nicht zwei (oder mehr) stabile Elemente, sondern erzeugt weiterhin (auch) radioaktive Elemente, dies muss selbstverständlich nicht bei jedem radioaktiven Zerfall sein. (Und ohne jegliche Wechselwirkung und rein isoliert und labormäßig betrachtet, wird irgendwann in Jahren bis "extrem vielen" Jahren (je nach Auswahl des beliebigen Ausgangselements) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein beliebiges, (heute) radioaktives Element in nicht radioaktive (stabile) Elemente zerfallen sein.
Es ist aber eben für den "Beobachtungszeitraum" keine Verringerung, sondern eben sogar eine Erhöhung der Anzahl radioaktiven Elemente und vor allem auch eine Erhöhung der angefragten (und messbaren) Radioaktivität im Lebensbereich der Menschen.
Eine Verringerung im Vergleich zum "natürlichen" Ablauf ohne Atomkraftnutzung wäre aber wie gesagt eigentlich nicht möglich, denn selbst wenn das unmittelbare Folgeprodukt (was so nicht ist) einer Kernspaltung zwei stabile Elemente wäre, so wäre dies ja beim "natürlichen" Zerfall auch so.
Sobald aber irgendwie eine Kettenreaktion im Spiel ist (die "natürlich" nicht vorgekommen wäre) erhöht selbst die friedliche Nutzung der Atomkraft den Anteil der instabilen Elemente - vorübergehend - aber "vorübergehend" kann auch ein paar Milliarden Jahre sein.
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Re: Atomenergie

Beitragvon ujmp » Mo 31. Aug 2009, 13:47

Ich hab noch was konkretes aufgegabelt:

"Alle Nagasaki Bewohner, die eine Gesamtdosis von bis zu 200 mSv momentan erhielten,haben keine erhöhte Krebsneigung gezeigt. In einem modernen Kernkraftwerk z.B in direkter Nähe eines Castorbehälters misst man durchschnittlich 0,01 mSv, was der Strahlung am TV-Bildschirm entspricht. In einem Betonbau misst man 20-mal soviele mSv."
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Re: Atomenergie

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 31. Aug 2009, 14:09

Naja, IAVG:
Anmerkung: Auch wenn wir in der Endzeit leben und es so viel geistlichen "Schmutz" gibt, der uns oftmals gegen den Strich geht, lohnt es sich dagagen an zu gehen, insbesondere, wenn die dokumentierte Basis unseres Glaubens verfälscht wird. Wir begrüßen daher jede Initiative ion dieser Richtung, ob von Einzelnen oder von Gruppen.

Wenn Professor Steinacker der Auffassung ist, eine "Bibel in gerechter Sprache" sei notwendig, weil die Lutherübersetzung und andere wort‑ und sinngetreue Übersetzungen diese Bedingung nicht erfüllen, so bedeutet das, daß der hebräische und griechische Urtext nicht in gerechter Sprache verfaßt wurde. Also wurde der Urtext entweder nicht vom Heiligen Geist inspiriert oder der Heilige Geist ist nicht gerecht. Demnach weiß Professor Steinacker besser als der Heilige Geist, was gerecht ist.

Die weltanschauliche Grundlage des IAVG ist der Christusglaube im Sinne des Neuen Testaments.



Die heutige Strahlenbelastung in Nagasaki sagt eigentlich nur bedingt was aus, die Behauptung dass Personen die eine Gesamtstrahlenbelastung von "bis zu 200mSv" erhielten, keine erhöhte Krebsneigung gezeigt hätten ist ohne Zeitrahmen wertlos. Und es gibt keine geringste Strahlungsdosis, unterhalb der keine Erhöhung des Krebsrisikos vorhanden ist. Auch die kleinste Strahlungsexposition erhöht die Wahrscheinlichkeit, aber eben nur minimal.
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Re: Atomenergie

Beitragvon ujmp » Mo 31. Aug 2009, 14:22

Ja, ja, ich hab mir die Seite inzwischen auch genauer angesehen... :/ Immerhin mal was Konkretes.


Hier noch was:
"Das bedeutet, dass für 100 mSV das Krebsrisiko um 10 % steigt, für 200 mSV um 20 % usw. Selbst bei niedrigen Dosen, die weit unter den erlaubten Grenzwerten liegen, existiert also ein epidemiologisch nachweisbares erhöhtes Krebsrisiko."
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Re: Atomenergie

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 31. Aug 2009, 14:45

Eine schräge, tertiäre Quelle muss ja keine falschen Daten enthalten, ist aber keine Quelle für "konkrete" Argumente.
Es kann stimmen, aber sowohl die Schiefe der Quelle, als auch dass es nur eine tertiäre Quelle ist, die ihre "konkrete" Aussage nicht konkret belegt, keine wissenschaftliche Quellenangabe hat, beides macht die Aussage eher geringwertig. Wobei die Strahlen(mehr)belastung in Nagasaki und Hiroshima meines (nicht überprüften) Wissens nach, tatsächlich einfach gering ist. Es ging ja auch bei "Fat Man" und "Little Boy" um Sprengkraft und nicht um Strahlung (die war noch reiner Abfall).
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Re: Atomenergie

Beitragvon ujmp » Mo 31. Aug 2009, 16:02

Nu aber :

("Unterrichtung durch die Bundesregierung - Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahr 2006"):

"Die mittlere effektive Dosis der zivilisatorischen Strahlenexposition lag bei ca. 1,9 mSv pro Einwohner und Jahr. Der Beitrag der Strahlenexposition durch Atomkraftwerke und sonstige kerntechnische Anlagen, durch die Hinterlassenschaften des Uranerzbergbaus und deren Sanierung durch die Wismut GmbH in der Bundesrepublik Deutschland zur mittleren effektiven Dosis der Bevölkerung blieb auch im Jahr 2006 deutlich unter 1% der gesamten zivilisatorischen Strahlenexposition."
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Re: Atomenergie

Beitragvon smalonius » Mo 31. Aug 2009, 16:11

Könnte ihr euch noch an die Studie erinnern, die vor etwa anderthalb Jahren durch die Medien ging? Und zwar hat man herausgefunden, daß die Leukämierate erhöht ist in einem Umkreis von 5 km um Kernkraftwerke.

Die SZ hat damals die Reaktionen darauf mit ein bißchen Spott garniert.

Nachdem die Süddeutsche Zeitung am vergangenen Samstag von einer neuen Studie im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) berichtet hatte, in der ein erhöhtes Tumor-Risiko für Kleinkinder im Fünf-Kilometer-Radius von Kernkraftwerken beschrieben worden war, musste sich offenbar jeder bundesdeutsche Politiker sofort dazu äußern, auch wenn er in Mathe und Physik früher eine Fünf gehabt hatte.

...

Zunächst zum Aufbauschen und Abwiegeln. Die Zutaten sind schnell bei der Hand: Man nehme eine Steigerung um 20 zusätzliche Fälle kindlicher Leukämie.

Die ist in der Studie dokumentiert: Statt 17 Erkrankungen, die statistisch zu erwarten gewesen wären, wurden 37 Blutkrebsfälle in 23 Jahren beobachtet. Von 17 auf 37 macht eine Steigerung um 120 Prozent. So argumentierten die Grünen und die Ärzteinitiative gegen den Atomkrieg, IPPNW, die im Übrigen schon immer wussten, was jetzt endlich auch die industrieabhängige Wissenschaft herausgefunden hat. Klare Schlussfolgerung: Sofort abschalten, die Killer-Meiler! Die Wissenschaft hat es ja festgestellt.

Das Abwiegeln funktioniert so ähnlich, nur andersherum: Man nehme die absoluten Erkrankungszahlen und teile sie durch so viele Jahre Beobachtungszeit und Kernkraftwerke, bis nichts mehr übrig bleibt. 20 Krankheitsfälle in 23 Jahren, das ist weniger als ein Fall pro Jahr.

Dieser eine Fall wird dann noch auf die 16 untersuchten Kernkraftwerke verteilt - das entspricht weniger als 0,1 Fällen pro Jahr pro Kraftwerk. Das lässt sich nicht rechnen, denn halbe oder zehntel Kinder gibt es nicht. Ergo: Die Studie arbeitet mit zu geringen Fallzahlen.
...
Noch besser war Gabriels Aufforderung an die Forscher, sie müssten "jetzt die Kausalität beweisen". Ja, wie stellt er sich denn das vor? Soll man Kitas in den Vorgärten der Kernkraftwerke bauen und mit Kitas vergleichen, die mindestens 100 Kilometer vom nächsten KKW entfernt sind? Oder soll man Babys im Labor bestrahlen und verschiedene Dosierungen und Abstände ausprobieren? Das würde nicht mal die Ethikkommission in Nordkorea genehmigen.

http://www.sueddeutsche.de/wissen/608/427364/text/


Zum selben Thema schreibt das Ärzteblatt:

Die öffentliche Diskussion war – bei dieser Thematik nicht unerwartet – kontrovers und emotional. So besteht unterschiedliche Auffassung darüber, ob die Ergebnisse auf einen ursächlichen Zusammenhang mit der Exposition gegenüber ionisierender Strahlung durch Kernkraftwerke hinweisen.

Nach bisherigen Erkenntnissen der Strahlenforschung erscheint dies unplausibel, da die Strahlenexposition eines Kernkraftwerkes im Normalbetrieb mindestens um den Faktor 1 000 niedriger ist als die „Hintergrundstrahlung“, also die Exposition von 1,4 Millisievert, der ein Deutscher im Jahresdurchschnitt durch die natürliche Strahlenbelastung ausgesetzt ist. So wird in einem Bericht für die Europäische Union für eine in einem Fünfkilometerradius lebende 50 Jahre alte Person eine kumulative Lebenszeitexposition von 0,0003200 bis 0,0000019 Millisievert für die deutschen Kernkraftwerke angegeben, woraus sich der genannte Faktor im Vergleich zur durchschnittlichen Strahlenbelastung in Deutschland ergibt.

Die Autoren gehen bei der Interpretation ihrer Daten vom Normalbetrieb der Kernkraftwerke aus. Inwieweit möglicherweise Störfälle aufgetreten sind, wissen die Autoren nicht. Ein größerer Störfall ist in Deutschland nicht bekannt.

http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=61936
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Re: Atomenergie

Beitragvon ujmp » Mo 31. Aug 2009, 16:20

Hier sieht man, dass Rauchen 15 mal mehr Krebstote verursacht, als ionisierende Strahlung. Und: "Sitzender Lebensstil" führt 2,5 mal so oft zum Krebstod - tja, das Leben ist nun mal tödlich! :mg:
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Re: Atomenergie

Beitragvon Twilight » Mo 31. Aug 2009, 19:02

1von6,5Milliarden hat geschrieben:[...]


Ich dachte einfach, der Abbau ginge durch diese Art der Nutzung irgendwie schneller. Aber man lernt eben immer dazu.
^^ Danke!
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Re: Atomenergie

Beitragvon ujmp » Mo 31. Aug 2009, 20:18

Jetzt wissen wir immer noch nicht, wie gefährlich die friedliche Nutzung der Atomenergie objektiv ist.

Wenn man es an Krebstoten festmachen kann, dann ist Rauchen objektiv gefährlicher.

Bei der Studie über Krebsursachen muss man noch fragen, ob sie eine durchschnittliche Strahlenbelastung annimmt. Vermutlich ja. Das bedeutet dann, das Rauchen nicht nur 15 mal sondern 1500 mal häufiger zu Krebstod führt, als die friedliche Nutzung der Atomenergie, deren Anteil an der Strahlentorte nämlich weniger als ein Prozent ausmacht.
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Re: Atomenergie

Beitragvon platon » Mi 2. Sep 2009, 20:35

Es geht doch überhaupt nicht um die objektive Gefährlichkeit der friedlichen Nutzung der Kernenergie, sondern darum, dass wir diese Technologie nicht beherrschen! Trotz 50-jähriger intensiver und unglaublich teurer Forschung haben wir die Endlagerung der gigantischen Müllmengen, die vor allem durch die Wiederaufbereitung entstehen, nicht einmal ansatzweise gelöst Und das gilt sowohl für den Standort eines Endlagers noch für die Form der Endlagerung des Materials. Wer beides bestreitet, soll mal einen Familienausflug zur Asse machen oder das echte Gutachten zu Gorleben lesen. Die kriminelle Energie, die da von seiten der Atomlobby wie auch der damaligen Regierung Kohl aufgebracht wurde, um die kommerziellen Interessen der Energiekonzerne durchzudrücken, lässt einem schon irgendwie den Atem stocken.
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Re: Atomenergie

Beitragvon Nanna » Do 3. Sep 2009, 21:29

Ich denke, Platon trifft den wichtigsten Punkt. Dabei geht es aber nichtmal nur um die Endlagerung, auch die vielen Störfälle, die in AKWs seit Jahrzehnten dokumentiert sind, darunter auch die ein oder andere Beinahe-Katastrophe) zeigen, dass die Technik selbst im laufenden Betrieb noch sehr gefährlich ist. Die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls mag gering sein, das tröstet aber im Ernstfall nur wenig darüber hinweg, dass die Katastrophe recht unwahrscheinlich war. Es mag viel wahrscheinlicher sein, selbst bei einem Flugzeugabsturz um's Leben zu kommen, als bei einem GAU, nur, bei allem Respekt für alle Flugtoten, kein abgestürztes Flugzeug verseucht ganze Landstriche für Generationen. Und wenn man sich die Anfälligkeit mancher AKWs für einen GAU im Falle eines Absturzes (Terroranschlag?) auf den Meiler ansieht, dann fragt man sich, ob es u.U. noch einen Unterschied macht, ob man im Flugzeug saß oder neben dem AKW wohnte.

Es sprechen außerdem auch ökonomische Überlegungen gegen eine intensive Weiternutzung (sukzessives Auslaufen finde ich ok): AKW-Strom hat einen nur sehr geringen Anteil an der Gesamtstrommenge. Als vor kurzem im Sommer eine große Anzahl von AKWs vom Netz ging, brach nicht, wie von Atomlobbyisten immer orakelt, die Grundstromversorgung zusammen. Uran ist ein zur Neige gehender Rohstoff und wird dank des weltweiten Atombooms in wenigen Jahrzehnten ausgebeutet sein. Dann haben wir jede Menge teurer Industrieruinen in der Landschaft stehen, die mit einem riesigen Aufwand zerlegt und entsorgt werden müssen - aber es ist ja beliebt bei uns, späteren Generationen die Zeche aufzuladen.
Zudem hat das Öko-Institut, natürlich eine klar positionierte Quelle, die daher mit Vorsicht zu genießen ist, ermittelt, dass das Weiterbetreiben der AKWs uns sogar teurer kommen könnte als das baldige Abschalten, weil die Energieversorger dann keinen Grund haben, ihren Kraftwerkspark zu modernisieren. Die Modernisierung ist zwar kurzfristig teurer, würde aber höchstwahrscheinlich hauptsächlich in einen Umstieg auf regenerative Energiequellen münden, deren Effizienz durch die nachfragebetriebene technische Entwicklung (mehr regenerative Technik wird nachgefragt = mehr Geld fließt in deren Weiterentwicklung) ansteigt. Bleibt dieser Umstieg aber aus, werden die neuen Energiequellen später konkurrenzfähig (=finanziell lohnend), zudem führt die steigende Nachfrage nach Uran auch bei den AKWs mittelfristig zu steigenden Preisen. Dasselbe gilt übrigens dann auch für Gas- Kohle- und Ölkraftwerke. Ob die Rechnung stimmt, weiß ich nicht, aber völlig von der Hand zu weisen ist die Überlegung wahrscheinlich nicht.
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Re: Atomenergie

Beitragvon ujmp » Fr 4. Sep 2009, 07:36

Ich sags mal provokativ: Ihr wisst nicht wovon ihr redet, weil ihr weder Gefährlichkeit noch Kosten quantitativ beurteilen könnt, und scheinbar auch nicht wollt. Euer Problem ist nicht, das man Atomenergie nicht beherrschen kann, sondern, dass ihr es nicht könnt. Ihr habt Angst vor Atomen, weil ihr sie nicht sehen könnt. Ende der Provokation.

Ja, es ist gefährlich! Aber Rauchen ist auch gefährlich. Rauchen fordert offenbar ein Zigfaches mehr Todesopfer als Strahlenbelastung durch friedliche Nutzung der Atomenergie, und zwar inklusive der Auswirkungen des Super-GAU Tschernobyl.

Ja, es ist teurer, als ursprünglich angenommen. Aber "teuer" ist relativ. Teuer im Vergleich zu welcher Alternative?

Soweit ich weiß, bestreitet Frankreich 3/4 seines Strombedarfs mit Atomenergie. Deutschland 1/3.

Das mit dem Ökostrom könnt ihr vergessen, denn das Stromnetzt hat immer die gleiche Verbrauchsbilanz, egal woher der Strom kommt. Wenn ich ausschließlich Ökostrom aus dem Netz ziehe, wird der Atomstrom eben irgendwo anders verbraucht. Z.B. werben Ökostrom-Anbieter in Deutschland mit Strom aus Schweden, der mit Wasserkraftwerken produziert wurde. Aber dieser Strom fehlt dann in Schweden, und was machen sie? - Sie kaufen Atomstrom in Deutschland oder sonstwo ein.
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Re: Atomenergie

Beitragvon Nanna » Fr 4. Sep 2009, 10:49

ujmp hat geschrieben:Ich sags mal provokativ: Ihr wisst nicht wovon ihr redet, weil ihr weder Gefährlichkeit noch Kosten quantitativ beurteilen könnt, und scheinbar auch nicht wollt. Euer Problem ist nicht, das man Atomenergie nicht beherrschen kann, sondern, dass ihr es nicht könnt. Ihr habt Angst vor Atomen, weil ihr sie nicht sehen könnt. Ende der Provokation.


Ich glaube, ich habe durchaus in groben Zügen verstanden, wie Atomkraftwerke funktionieren. Ich glaube auch, dass Tschernobyl und alle weiteren Unfälle in kerntechnischen Anlagen keine Einbildung sind. Tatsache ist, dass schon mehr als einmal etwas passiert ist (Faktum) und dass im Falle eines GAUs die Auswirkungen enorm sind, nicht nur die Anzahl der Todesopfer und Folgerekrankungen, sondern auch die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und die psychologischen Folgen.
Was die Kosten angeht, weiß ich tatsächlich nicht, was quantitativ Sache ist, daraus folgt aber nicht automatisch, dass ich falsch liege oder du recht hast.

ujmp hat geschrieben:Ja, es ist gefährlich! Aber Rauchen ist auch gefährlich. Rauchen fordert offenbar ein Zigfaches mehr Todesopfer als Strahlenbelastung durch friedliche Nutzung der Atomenergie, und zwar inklusive der Auswirkungen des Super-GAU Tschernobyl.


Es sterben auch mehr Opfer im Straßenverkehr als am Terrorismus, trotzdem haben wir die Totalüberwachung der Flughäfen und nicht der Straßen. Natürlich werden Gefahren psychisch unterschiedlich bewertet und nicht nur nach der quantitativen Wahrscheinlichkeit, betroffen zu sein. Die Frage ist nur, ob sich das hier als Argument anführen lässt. Erstens ist es logisch völlig inkonsisten zu sagen, dass andere Sachen noch viel gefährlicher seien. Einem Kind, das bei rot über die Ampel gehen will, sagst du auch nicht "Mach mal, Soldat in Afghanistan zu sein ist noch viel gefährlicher, solange die Bundeswehr noch dort ist, kannst du guten Gewissens bei rot über die Ampel gehen, erst, wenn die Ampelüberquerung bei rot eine der gefährlichsten Tätigkeiten geworden ist, die wir kennen, kümmern wir uns darum". Das ist genauso ein rein psychologisierendes Argument, wie das, was du mir/uns vorwirfst. Zweitens ist es, im Gegensatz zum Rauchen, nicht Sache des Einzelnen, ob er sich der Gefahr aussetzen will. Der GAU passiert und wenn man nicht sehr weit weg wohnt ist man betroffen. Drittens: GAUs kommen selten, dann aber mit viel katastrophaleren Auswirkungen. Eine Gesellschaft steckt die permanente Grundbelastung von Toten durch Rauchen oder im Straßenverkehr wahrscheinlich wesentlich besser weg, als ein unvorhergesehenes Ereignis mit katastrophalen Auswirkungen auf so ziemlich jeden Teil des zivilen Lebens. Die Folgekosten von Tschernobyl belaufen sich auf viele Milliarden US-Dollar (andauernd), 1,5% der Landesfläche sind nach wie vor verseucht - und zwar 1,5% der Fläche der Russischen Förderation, nicht der Ukraine. Viertens ist das überhaupt nicht das wichtigste Problem; denn während die Technik im laufenden Betrieb unter'm Strich wohl bei entsprechenden und auch eingehaltenen Sicherheitsstandards einigermaßen beherrschbar ist, ist das Endlagerungsproblem noch weit von einer tragfähigen Lösung entfernt. Wir sitzen auf hunderten Tonnen radioaktiven Materials. In einer Doku eines öffentlich-rechtlichen Senders habe ich vor einigen Jahren die Aussage eines zuständigen Amts gehört, das angab, man halte es für ausreichend, wenn das Wissen um die Endlagerstandorte für mindestens vierhundert Jahre gesichert sei. Ich darf erinnern, das Zeug strahlt teilweise hunderttausend Jahre lang. Niemand kann abschätzen, was während dieser Zeit damit passiert und zu was für Zwecken das Zeug mal verwendet werden wird, falls es jemand wieder ausbuddelt. Ich bin der Meinung, für das bisschen Energie (16% der Stromerzeugung der Welt, 6,5% der gesamten Energieerzeugung) laden wir den nächsten paar hundert Generationen eine ziemlich hohe Hypothek auf.

ujmp hat geschrieben:Ja, es ist teurer, als ursprünglich angenommen. Aber "teuer" ist relativ. Teuer im Vergleich zu welcher Alternative?

Auch solarthermische Anlagen sind in etwa so teuer wie ein AKW bei der Anschaffung. Sie haben aber den Vorteil, relativ einfach gestrickt zu sein, endlos Energie zu liefern und keine Unfälle und Emissionen zu produzieren. Zudem gibt es keine Folgerisiken und keine Folgekosten, denn wenn das Ding erstmal steht, ist die Wartung verglichen zu einem AKW weitaus einfacher. Stichwort wäre hier Desertec. Der Spiegel behauptet weiterhin, AKWs würden unsere Stromrechnung um sagenhafte 50ct im Monat senken. Da kauf ich mir doch lieber eine Energiesparlampe und betreibe die mit EE-Strom.

ujmp hat geschrieben:Soweit ich weiß, bestreitet Frankreich 3/4 seines Strombedarfs mit Atomenergie. Deutschland 1/3.

76% in Frankreich, 28% in Deutschland. Und weiter? Ich habe nicht den sofortigen Totalstopp gefordert, nur den sukzessiven Ausstieg, wie er schon praktiziert wird, unterstützt. Irgendwann müssen wir ohnehin auf Erneuerbare umschwenken, spätestens, wenn die Vorkommen ausgehen, dann lieber früher, als später, zumal wir am Export der Umwelttechnologie noch eine Menge verdienen können.

ujmp hat geschrieben:Das mit dem Ökostrom könnt ihr vergessen, denn das Stromnetzt hat immer die gleiche Verbrauchsbilanz, egal woher der Strom kommt. Wenn ich ausschließlich Ökostrom aus dem Netz ziehe, wird der Atomstrom eben irgendwo anders verbraucht. Z.B. werben Ökostrom-Anbieter in Deutschland mit Strom aus Schweden, der mit Wasserkraftwerken produziert wurde. Aber dieser Strom fehlt dann in Schweden, und was machen sie? - Sie kaufen Atomstrom in Deutschland oder sonstwo ein.

Ich traue auch den Schweden zu, dass sie in der Lage sind, sich zu entscheiden, welchen Strom sie kaufen wollen. Wenn viele Verbraucher nur noch Ökostrom haben wollen, zwingt das die Energiekonzerne ohnehin zum Umschwenken. Mir persönlich wäre das lieber als das Aussprechen von Verboten, aber ich finde, dass mit dem Auslaufenlassen der jetzigen Meiler ein guter Kompromiss gefunden ist. Es ging mir nicht um das sofortige Umsteigen auf EE, sondern um das ersetzen alter AKWs mit Kraftwerken, die regenerative Energien nutzen.
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Re: Atomenergie

Beitragvon ujmp » Fr 4. Sep 2009, 12:50

Nanna, du textest die von dir gefühlte Gefahr in vielen immer neuen Worten ohne dass du sie objektiv quantifizieren könntest.

Der Rückgriff auf Vergleiche wie ...
Nanna hat geschrieben:Einem Kind, das bei rot über die Ampel gehen will, sagst du auch nicht "Mach mal, Soldat in Afghanistan zu sein ist noch viel gefährlicher, solange die Bundeswehr noch dort ist, kannst du guten Gewissens bei rot über die Ampel gehen, erst, wenn die Ampelüberquerung bei rot eine der gefährlichsten Tätigkeiten geworden ist, die wir kennen, kümmern wir uns darum".

... scheinen meinen Verdacht zu bestätigen, dass Atomkraftgegner hauptsächlich heiße Luft in die Umwelt pusten. Denn wir halten den Straßenverkehr für sicher genug, dass wir Kindern erlauben, den Weg zur Schule alleine zu gehen und empfehlen ihnen natürlich nicht, gegen nützliche Sicherheitsvorschriften zu verstoßen.

Nanna hat geschrieben:Eine Gesellschaft steckt die permanente Grundbelastung von Toten durch Rauchen oder im Straßenverkehr wahrscheinlich wesentlich besser weg, als ein unvorhergesehenes Ereignis mit katastrophalen Auswirkungen auf so ziemlich jeden Teil des zivilen Lebens.

Du bestätigst mich: pure subjektive Angst!

Nanna hat geschrieben:Wenn viele Verbraucher nur noch Ökostrom haben wollen, zwingt das die Energiekonzerne ohnehin zum Umschwenken.

Warum sollten denn die Verbraucher nur Ökostrom haben wollen, wenn doch nichts objektiv gegen die Atomenergie spricht?

Schau dir mal das an: Atomkraft ist gefährlich. Ein schönes Beispiel für die informationslose Angsmache der Atomkraftgegner. Du wirst nichts erfahren, was interessant wäre. z.B. ob ein Flugzeugabsturz auf Isar 1 schlimmere Folgen Hätte, als der Anschlag auf das World Trade Center. Die Gefahr des letzteren nehmen wir mit breitem Konsenz in Kauf.
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Re: Atomenergie

Beitragvon ujmp » Sa 5. Sep 2009, 16:14

Bild

Hier sieht man schön, dass der Beitrag der Kernkraftwerke zur Strahlenbelastung ein Witz ist (0,3%).
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