Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon musicman » So 31. Okt 2010, 11:09

Lumen hat geschrieben:
stine hat geschrieben:]Das Übel steckt im Glauben selbst und ist damit fest verwoben. Ich sehe keine Möglichkeit die Rosinen herauszupicken. .


Was wäre also Dein Vorschlag ?

Der Glaube/Religion ist in einer Größenordnung existent, dass es mE wenig Sinn macht, ihm mit dem Begriffen gut und böse beikommen zu wollen, das ist als würde man sagen, der Rhein ist böse, weil er ab und zu Hochwasser hat. Die Frage ist für mich deshalb, wie geht man damit um und da halte ich es so, daß ich die Gläubigen, wenn es sich ergibt, rigoros damit konfrontiere, daß ihr Glaube eben Glaube ist und nicht eine allumfassenede für alle verbindliche Wahrheit/Erkenntnis.
Ich habe auch nichts gegen Gläubige, wenn sie das respektieren. Das der momentane Präsident das gerade uminterpretiert ist natürlich fatal und hat nichts mit Christ/Moslem zu tun, aber wenn man weiß aus welcher Ecke er kommt auch nicht weiter verwunderlich. Allerdings er befördert damit ein Klima, das dann oben genannte Rechtssprechung begünstigt und das ist mehr als ärgerlich und ein übler Tiefschlag unter die Gürtellinie der Nichtreligiösen.

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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon Lumen » So 31. Okt 2010, 15:51

Nanna hat geschrieben:Lieber Lumen, willkommen im Forum!

Ich denke, dass du hier eine gefährliche Simplifizierung begehst, indem du eine bestimmte Ausformung des christlichen Glaubens mit dem christlichen Glauben an sich gleichsetzt. [...] Sorry, ich mag einfach keine Pauschalisierungen. ;-)


Ich kann deine Argumentation nachvollziehen, bedient aber eher die politisch korrekte Einsicht, dass «Pauschalisierung» etwas schlechtes ist. Das ist allerdings eher ein Roter Hering.

Angenommen meine Behauptung wäre: Autorennen sind gefährlich und wirkten sich oft ungünstig für Umwelt und Gesundheit einiger Beteiligter aus. Diese Argumentation wird nicht dadurch widerlegt, indem man auf die Unterschiede zwischen verschiedenen Fahrzeugen aufmerksam macht. Man muss davon ausgehen dass die Fahrzeuge in Autorennen typischerweise vier Räder haben oder dass ein Zweck des Rennens darin besteht, schneller als die Kontrahenten zu fahren. Ohne eine bestimmte «Minimal-Pauschalisierung» wären Begriffe wie «Christentum» unsinnig und letzten Endes wäre Kommunikation nicht mehr möglich.

Also: Alles deutet sogar darauf hin, dass die Menschen sehr unterschiedliche, sehr bunt gemischte Vorstellungen ihrer Glaubenswelt hatten. Der christliche Glaube hatte aber eben nicht den Zweck, die Lebensbedingungen des irdischen Daseins zu verbessern. Das Leben auf Erden war, im Gegenteil, grundsätzlich als «Probephase» für ein Jenseits aufgebaut, ungeachtet aller individueller Glaubensansichten. Die im Christentum im Vordergrund stehenden Regeln sind ein Satz aus Verbotsregeln. Und dazu sind sie so beschaffen, dass sie im Kontext der Zeit wesentlich verantwortlich für das Elend waren. Das im Christentum angelegte Menschenbild ist nicht das des kritischen, engagierten Menschen. Das Christentum bemüht selbst Metaphern wie Schafherde und Hüter. Im Chrisentum wird das Böse von einem einzelnen auserwählten Helden besiegt, zu dem die «gemeinen» Menschen aufsehen sollen.

Als Christ ist die Erklärung: «Gott war's» hinreichend. Und so. Da kommen wir auf das Thema zurück: heute ist die Formel «Gott war's» zum Glück nur auf die Bereiche beschränkt, für die es noch keine befriedigende Erklärung gibt (oder nie geben wird). Aber das war früher nicht anders. Wo ist also der systematische Unterschied zwischen: Krankheit = Gott war's, sein Wille und Urknall = Gott war's, sein Wille?

Genau dieser Kern des Glaubens ist der gefährliche: nämlich die Annahme, dass alles was noch oder nie erklärt wird, automatisch durch ein höheres Wesen plausibel erklärbar ist. Aus diesem, dem Christentum eingebaute Eigenschaft (gepaart mit Schafherde-Mentalität) hat wesentlich mit den grausigen Zeiten zu tun, in denen unsere Vorfahren lebten.

Daher ist die scheinbare Rückkehr der Religion und der besondere Schutz der Formel «Gott war's! Und keiner darf es kritisieren!» eine gefährliche.
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon musicman » So 31. Okt 2010, 18:27

Lumen hat geschrieben:Der christliche Glaube hatte aber eben nicht den Zweck, die Lebensbedingungen des irdischen Daseins zu verbessern. Das Leben auf Erden war, im Gegenteil, grundsätzlich als «Probephase» für ein Jenseits aufgebaut, ungeachtet aller individueller Glaubensansichten. Die im Christentum im Vordergrund stehenden Regeln sind ein Satz aus Verbotsregeln. Und dazu sind sie so beschaffen, dass sie im Kontext der Zeit wesentlich verantwortlich für das Elend waren. Das im Christentum angelegte Menschenbild ist nicht das des kritischen, engagierten Menschen. Das Christentum bemüht selbst Metaphern wie Schafherde und Hüter. Im Chrisentum wird das Böse von einem einzelnen auserwählten Helden besiegt, zu dem die «gemeinen» Menschen aufsehen sollen.


Lumen,

das mußt Du eigentlich mit Christen diskutieren, ich nehme an, Du findes hier nicht viele, die Dir den Gefallen tun, jetzt mal so pro forma in die Rolle des Christen zu schlüpfen, nur damit Du deine
Argumentationstechnik verfeinern kannst.
Ich schrieb ja schon wie ich die Sache sehe, am liebsten wäre mir Religion auf dem Level eines Hobbys angesiedelt zu sehen, der eine mags der andere nicht, allerdings bin ich kein Befürworter der Prohibition, siehe Ausführungen letzter Beitrag.

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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durch EU

Beitragvon Lumen » So 31. Okt 2010, 23:23

Um Himmels Willen (:D), ich würde Religion auch nicht verbieten lassen. Im Gegenteil, es geht gerade um die Redefreiheit. Religion ist ein Gedanken- und Ideengebäude oder Weltbild, dass jeder natürlich hegen und pflegen kann, wie er lustig ist. Der Schutz der Religion ist meiner Meinung nach bereits durch die anderen Paragraphen, vor allem Redefreiheit geschützt.

Nur gefällt mir nicht, wie mildtätig der Blick auf die Rolle des Christentums in der Geschichte noch immer ist. Die wird ja nicht nur relativ neutral gesehen, also so wie durchschnittlich agierende Monarchen betrachtet werden, sondern offenbar geradezu verherrlicht. Vergleichbar ist es vielleicht mit Kindern, denen man Märchengeschichten erzählt, die sie für wahr halten. Es ist ein Unterschied ob die imaginäre Welt, die ich vermittle relativ positiv aufgeladen ist, oder ob sie von übelsten Schauergeschichten dominiert wird. Beispielsweise Waisenkindern zu erzählen, dass ihre Eltern momentan gerade qualvollst gefoltert werden würde man völlig zu Recht als Psychoterror bezeichnen. Diesen Psychoterror systematisch zu monetarisieren (Kirche) würde man in die Ecke organisierte Kriminalität im schwersten Fall einordnen. Wenn dazu Begleiterscheinungen wie Verbreitung von Krankheiten durch Unwissenheit usw kommt (und Verfall von Wissen und Lebensqualität), kann die Bewertung des christlichen Glaubens gar nicht vernichtender ausfallen.

Wenn Politiker dann nicht nur Sonderrechte hierfür einfordern und dabei christliche Nächstenliebe in jedem zweiten Satz bemühen, fühle ich meine letzte Mahlzeit in der Speiseröhre aufsteigen.

Mit fröhlichem Herzen verkünden!
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durc

Beitragvon Gernot Back » Sa 13. Nov 2010, 15:43

Ich denke, dieser Beitrag auf Youtube passt auch ganz gut zum Thema.



Gruß Gernot
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Re: Einschränkung der Redefreiheit gegenüber Religionen durc

Beitragvon Zappa » Sa 13. Nov 2010, 16:09

Wobei Pat Condell auch zunehmend in Positionen erstarrt. Ich fand ihn früher erfrischender. Allerdings sind seine Beiträge immer noch sehr hörenswert, alleine schon der Retorik wegen.
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