Wahlrecht für Kinder

Re: Wahlrecht für Kinder

Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 19. Feb 2012, 13:50

@ ujmp: Lass mich dich mal korrigieren - auch wenn du es vielleicht anders sehen könntest.
(auch wenn's jetzt so sehr technokratisch klingt.)

Ein menschliches Wesen ist nun mal so gebaut, dass es sich bis zu einer gewissen geistigen Reife sich extrem an Vorbildern orientiert und extrem leicht beeinflussbar ist und dies ist in der Regel bis zu einem gewissen Alter überwiegend so. Mancher Mensch erreicht diese Reife nie oder überdurchschnittlich spät, mancher überdurchschnittlich früh. Es ist durchaus vernünftig, das Alter zum Wahlrecht (für gesellschaftspolitisch wichtige Wahlen) an ein Alter (in Abwägung auch mit anderen Zielen, Gegebenheiten oder Interessen) zu koppeln, bei dem ein akzeptabel hoher Anteil der Gruppe diese Reife erreicht hat.
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Re: Wahlrecht für Kinder

Beitragvon ujmp » So 19. Feb 2012, 14:34

1von6,5Milliarden hat geschrieben:bei dem ein akzeptabel hoher Anteil der Gruppe diese Reife erreicht hat.

Haben wir - 18 Jahre.

...es dreht sich also um Fragen wie z.B. "Ab wann kann ein Kind eine kompetente Wahl über seine Bildung treffen" usw.
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Re: Wahlrecht für Kinder

Beitragvon Vegan33 » So 19. Feb 2012, 14:45

Nanna hat geschrieben:Für mich klingt das weit weniger bevormundend und gruselig, als du das hier darstellst


Trotzdem gab Ich dir die Antwort wo das der Fall ist...

Nanna hat geschrieben:Erkennst du den Widerspruch, der sich ergibt, wenn du einerseits die systematische Bevormundung von Kindern befürwortest (z.B. eben im Fall von Spülmittel) und ihnen andererseits weitreichende Entscheidungskompetenzen geben willst?


Das verstehe Ich nicht. Wie meinst du das? Kannst du es in einfachen Worten fassen..?

Nanna hat geschrieben:Letztlich bedeutet das, dass Kinder in komplexen Sachfragen nicht entscheidungsfähig sind, egal ob Pflichtschul-, Homeschooling- oder Unschoolingsystem.


Ja, aber Sie sollten entscheiden können mit welchem System sie aufwachsen. Wenn man davon ausgeht das Kinder dem Erwachsenen alles nachahmen, dann sollte man zumindest 15-Jährige Wählen lassen, denn diese Widersprechen ihren Eltern ständig.
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Re: Wahlrecht für Kinder

Beitragvon Nanna » So 19. Feb 2012, 16:25

Vegan33 hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Für mich klingt das weit weniger bevormundend und gruselig, als du das hier darstellst

Trotzdem gab Ich dir die Antwort wo das der Fall ist...

Ja, sicherlich, aber man muss sich schon die Details ansehen. Es ist ja nicht nur so, dass die Praxis, wie ich geschrieben habe, offenbar ganz anders aussieht als das, was das Gesetz theoretisch ermöglicht. Es ist auch so, dass man sich in Österreich in das Widerspruchsregister eintragen lassen kann, wenn man Ausländer ist. Wenn du also derart Angst hast, dass du in Österreich vom Berg fällst und dann deine Organe verwendet werden, kannst du dich einfach vor deinem Urlaub in die Datenbank aufnehmen lassen und deine Organe bleiben sicher unangetastet. Es ist also nicht so, dass der österreichische Staat da willkürlich über dich verfügen würde. Man muss vorsichtig mit solchen plakativen Behauptungen sein. Lieber erstmal genau die Faktenlage analysieren.

Vegan33 hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Erkennst du den Widerspruch, der sich ergibt, wenn du einerseits die systematische Bevormundung von Kindern befürwortest (z.B. eben im Fall von Spülmittel) und ihnen andererseits weitreichende Entscheidungskompetenzen geben willst?

Das verstehe Ich nicht. Wie meinst du das? Kannst du es in einfachen Worten fassen..?

Klar, ich versuch's:
In manchen Fällen bist du dafür, dass Kinder bevormundet werden, z.B. wenn sie Geschirrspülmittel trinken wollen oder auf die Straße laufen, ohne auf die Autos zu schauen. In anderen Fällen bist du dagegen dafür, die Kinder nicht zu bevormunden, z.B. wenn es um das Bildungssystem geht, in dem sie aufwachsen wollen. Klar, Geschirrspülmittel ist einerseits erstmal viel gefährlicher als die Frage, ob man in die Regel- oder Montessorischule geht. Andererseits ist es auch viel viel leichter zu verstehen, warum man kein Geschirrspülmittel trinken oder über die Straße laufen soll - trotzdem kommen Kinder nicht unbedingt von selber drauf. Die Entscheidung über ein Bildungssystem ist dagegen so unglaublich viel komplexer. Wenn Kinder schon Schwierigkeiten haben, die Pros und Contras von Alltagssituationen abzuwägen, wie viel schwerer werden sie sich tun, komplexe Fragen über Bildungssysteme zu bewerten. Und ein minimales Überblickswissen muss man nunmal haben, selbst wenn man nur entscheiden soll, in welche Richtung es ungefähr gehen soll.

Wenn ich an meine eigene Schulzeit zurückdenke und nur die, im Vergleich wirklich kleine, Entscheidung betrachte, als es darum ging, auf welches Gymnasium von den dreien in meiner Stadt ich gehen sollte, da sehe ich, wie unglaublich komplex das für einen Zehnjährigen schon ist. Und, wohlgemerkt, da ging es nicht um die große Frage nach dem Bildungssystem, sondern nach der Frage, ob Latein oder Englisch zuerst kommen soll, ob die Ausrichtung musisch, humanistisch oder naturwissenschaftlich sein sollt usw. Meine Mutter hat mich das selbst entscheiden lassen und ich habe keine schlechte Wahl getroffen. Im Nachhinein denke ich aber, dass sie u.U. die bessere Entscheidung getroffen hätte und viel genauer auf dem Schirm hatte, wo meine Stärken, Schwächen und Eigenheiten liegen als ich selbst das damals schon reflektieren konnte. Denn auch Selbstreflexion ist etwas, was man erstmal lernen muss. Kinder sind einfach keine kleinen Erwachsenen.

Vegan33 hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Letztlich bedeutet das, dass Kinder in komplexen Sachfragen nicht entscheidungsfähig sind, egal ob Pflichtschul-, Homeschooling- oder Unschoolingsystem.

Ja, aber Sie sollten entscheiden können mit welchem System sie aufwachsen. Wenn man davon ausgeht das Kinder dem Erwachsenen alles nachahmen, dann sollte man zumindest 15-Jährige Wählen lassen, denn diese Widersprechen ihren Eltern ständig.

Warum um alles in der Welt sollte man den unerfahrensten, ungebildetsten Mitgliedern unserer Gesellschaft mit dem eingeschränktesten Horizont und der größten Abhängigkeit von Anderen die Entscheidung über derart schwierige Fragen überlassen!? Kinder müssen das Entscheiden anhand von Situationen erlernen, die sie tatsächlich überblicken können. Je nach Alter sollte das die Frage sein, ob sie Tomaten- oder Käsesoße haben wollen, für was sie ihre 10€ Taschengeld ausgeben oder mit welchem anderen Kind sie ihren ersten Kuss wagen. Überfordere die Kinder mal nicht gleich mit dem großen Ganzen, wenn die erstmal ihren sozialen Mikrokosmos (Freunde, Familie, Schulkameraden, Vereinsleben etc.) ausreichend kennenlernen müssen, um überhaupt Dinge miteinander in Bezug setzen zu können.

15-jährige wählen lassen ist so eine Sache, wobei wir da eher ins Gespräch kommen, als wenn es um Achtjährige geht. Zuerstmal: Dass Pubertäre ihren Eltern dauernd widersprechen heißt nicht zwangsläufig, dass sie ihnen deshalb gut widersprechen. Vieles mit dem pubertären Protest hat auch einfach mit dem Austesten sozialer Grenzen zu tun und nicht zuletzt auch damit, dass das pubertierende Gehirn in einer Weise umgebaut wird, die zeitweise die Fähigkeit zur Risikoeinschätzung herabsetzt. Pubertierende sind einfach nicht derart gut darin, Konsequenzen zu berücksichtigen, wie biologisch Erwachsene. Gleichzeitig sind sie noch gar nicht so emanzipiert, wie sie immer gerne tun. In vielen Punkten ahmen sie nach wie vor Verhalten nach, das sie anderswo vorgelebt bekommen, vielleicht weniger bei den Eltern, dafür mehr bei bestimmten Idolen oder durch das, was sie im Freundeskreis erzählt bekommen.

Pubertierende sind sogar häufig ganz besonders angepasst. Es wirkt nur häufig nicht so, weil die Anpassung sich eben auf einmal an anderen Vorgaben orientiert als an denen der Eltern. Dadurch entsteht vordergründig der Eindruck, Jugendliche wären plötzlich ganz unabhängig und unkontrollierbar. Unsinn, jeder Marketingexperte kann dir sagen, mit welchen billigen Tricks man die meisten Jugendlichen zu völlig dämlichen Entscheidungen verführt (funktioniert ja sogar bei den meisten Erwachsenen ziemlich gut).

Wusstest du außerdem, dass aus Ländern, in denen Jugendliche schon mit 16 wählen dürfen, bekannt ist, dass diese ganz besonders häufig konservativ wählen, sich also gegen Veränderungen des Systems entscheiden? In Österreich hat dies zum Rechtsruck des Parlaments beigetragen, als 2008 der Nationalrat gewählt wurde (2007 wurde das Wahlalter auf 16 gesenkt). Jugendliche sehnen sich eben auch nach Orientierung, Konstanten und einem stabilen Umfeld. Erst wenn sie sich in der großen Welt so langsam ein wenig eingelebt haben, wenn viele mit Anfang 20 an die Uni gehen, mit neuen Ideen, Kulturen und noch mehr großer weiter Welt konfrontiert werden, steigt die Zustimmung zu progressiven politischen Ideen rapide.
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Re: Wahlrecht für Kinder

Beitragvon Vegan33 » So 19. Feb 2012, 17:01

Nanna hat geschrieben:Ja, sicherlich, aber man muss sich schon die Details ansehen. Es ist ja nicht nur so, dass die Praxis, wie ich geschrieben habe, offenbar ganz anders aussieht als das, was das Gesetz theoretisch ermöglicht.


Genau, aber so wie Ich werden auch andere Menschen nicht wissen was Sie dort erwartet, weil man eben nicht alles durchsuchen kann bevor man in den Urlaub fährt. In diesem Fall sollte der Staat immer das am wenigsten problematische verfahren bevorzugen, die Organe nicht zu nehmen.

Nanna hat geschrieben:Im Nachhinein denke ich aber, dass sie u.U. die bessere Entscheidung getroffen hätte und viel genauer auf dem Schirm hatte, wo meine Stärken, Schwächen und Eigenheiten liegen als ich selbst das damals schon reflektieren konnte. Denn auch Selbstreflexion ist etwas, was man erstmal lernen muss. Kinder sind einfach keine kleinen Erwachsenen.


Siehst du, da widersprichst du dir selber weil du Denkst das du eine schlechtere Entscheidung getroffen hast, allerdings wärst du heute nicht der welcher du bist wenn du damals nicht die Entscheidung getroffen hättest und wahrscheinlich ( kläre mich auf wenn Ich falsch liege ) bist du glücklich mit dem was du heute bist...

Nanna hat geschrieben:In vielen Punkten ahmen sie nach wie vor Verhalten nach, das sie anderswo vorgelebt bekommen, vielleicht weniger bei den Eltern, dafür mehr bei bestimmten Idolen oder durch das, was sie im Freundeskreis erzählt bekommen.


Äh, du weißt aber schon das es Statistisch mehr Atheistische Jugendliche gibt als Erwachsene, was heißt das?

Eben, aber Erwachsene sind das Endprodukt jahrelanger Nachahmung Ihrer Eltern. Jugendliche mögen nachahmen, aber Sie sind Offen für vieles und haben mehr Möglichkeiten weil Sie eben nicht auf das hören was Zwei Personen ihnen sagen, sondern verbinden was eine ganze Gesellschaft, Außenseiter, Blogs, Internet-Seiten usw. Ihnen sagen.
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Re: Wahlrecht für Kinder

Beitragvon Nanna » So 19. Feb 2012, 17:21

Vegan33 hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Im Nachhinein denke ich aber, dass sie u.U. die bessere Entscheidung getroffen hätte und viel genauer auf dem Schirm hatte, wo meine Stärken, Schwächen und Eigenheiten liegen als ich selbst das damals schon reflektieren konnte. Denn auch Selbstreflexion ist etwas, was man erstmal lernen muss. Kinder sind einfach keine kleinen Erwachsenen.

Siehst du, da widersprichst du dir selber weil du Denkst das du eine schlechtere Entscheidung getroffen hast, allerdings wärst du heute nicht der welcher du bist wenn du damals nicht die Entscheidung getroffen hättest und wahrscheinlich ( kläre mich auf wenn Ich falsch liege ) bist du glücklich mit dem was du heute bist...

Ich habe keine Ahnung, was passiert wäre, wenn damals Dinge anders gelaufen wären. Ja, ich bin zufrieden mit mir, das ist aber nicht der Punkt. Worum es mir ging, war, darzustellen, dass schon Entscheidungen mit begrenzter Reichweite ziemliche Herausforderungen für Kinder darstellen.

Vegan33 hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:In vielen Punkten ahmen sie nach wie vor Verhalten nach, das sie anderswo vorgelebt bekommen, vielleicht weniger bei den Eltern, dafür mehr bei bestimmten Idolen oder durch das, was sie im Freundeskreis erzählt bekommen.

Äh, du weißt aber schon das es Statistisch mehr Atheistische Jugendliche gibt als Erwachsene, was heißt das?

Dafür müsste man die statistischen Daten kennen (ich habe auf die Schnelle keine Quelle gefunden, die deine Behauptung stützt oder widerlegt). Generell gibt es in Deutschland eine Drift von der Religion zum Atheismus, von daher ist es eigentlich erwartbar, dass jüngere Menschen eher Atheisten sind als ältere, weil ältere Personen seltener ihre Meinung in solch grundsätzlichen Fragen ändern. Eine Querschnittsbetrachtung der Daten bringt hier aber wenig, man müsste den Längsschnitt, also die Entwicklung über größere Zeiträume nachverfolgen. Vor allem wäre interessant zu wissen, aus welchen soziokulturellen Milieus die atheistischen Jugendlichen kommen und ob sie Atheisten bleiben. Mehr als dass Jugendliche neuen Gedanken gegenüber aufgeschlossener sind als ältere Erwachsene lässt sich aus dieser Feststellung aber ohnehin nicht herauslesen.

Vegan33 hat geschrieben:Eben, aber Erwachsene sind das Endprodukt jahrelanger Nachahmung Ihrer Eltern. Jugendliche mögen nachahmen, aber Sie sind Offen für vieles und haben mehr Möglichkeiten weil Sie eben nicht auf das hören was Zwei Personen ihnen sagen, sondern verbinden was eine ganze Gesellschaft, Außenseiter, Blogs, Internet-Seiten usw. Ihnen sagen.

Das ist jetzt eine ziemlich komische Theorie: Jugendliche sind ganz und gar offen für äußere Einflüsse, wenden sich dann aber später wieder dem Einfluss der Eltern zu (obwohl sie häufig gar nicht mehr bei denen leben), verlernen trotz Ausbildung, Studium, Umzügen, Auslandsaufenthalten usw. wie man mit neuen Einflüssen umgeht, wie man Zeitungen oder Blogs liest und werden dann schließlich engstirnig. Sorry, aber das ist jetzt wirklich reines Wunschdenken um deine These zu untermauern, dass Jugendliche in komplexen Fragen entscheidungsfähig sind.
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Re: Wahlrecht für Kinder

Beitragvon Vegan33 » So 19. Feb 2012, 17:41

Nanna hat geschrieben:Jugendliche sind ganz und gar offen für äußere Einflüsse, wenden sich dann aber später wieder dem Einfluss der Eltern zu


Ja, genau darauf will Ich hinaus. In der Zeit als Jugendliche ( zwischen 15- 19 ) sind sie weltoffen und bereichern sich aus mehr Quellen als nur Eltern, deswegen sollten Sie zu diesem Zeitpunkt nach ihrer Meinung gefragt werden.

Nanna hat geschrieben:Worum es mir ging, war, darzustellen, dass schon Entscheidungen mit begrenzter Reichweite ziemliche Herausforderungen für Kinder darstellen.


Dem stimme Ich zu und mittlerweile solltest du gemerkt haben dass Ich gar nicht mehr das Recht des Kindes anspreche, sondern des Jugendlichen...
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