Ich bin erst heute wieder hier ins Forum gekommen, aber der Thread hat mich natürlich interessiert... Und einige Reizsätze, wie dieser, springen mich immer sofort an. Auch wenn ich dazu nicht viel Neues mehr beitragen kann, ich muss dann meinen Senf dazu geben... Ich denke, dass wird wohl auch durch mein ADS deutlich gefördert ...
spacetime hat geschrieben:Und ich finde es fahrlässig, Kinder mit Ritalin zu betäuben. Das verändert ihre Persönlichkeit für immer, von den körperlichen Langzeitwirkungen ganz abgesehen.
Ok. Solche Sätze zeigen wirklich von Null komma Null Ahnung. Ich persönlich fühle mich eher im Zustand ohne Ritalin wie betäubt. Hypoaktive ADSlerInnen - oder auch die Mischtypen, die aber am meisten unter "Unaufmerksamkeit" leiden, beschreiben ihre Wahrnehmung der Realität - sprich, der Aussenwelt häufig so: Wie wenn man einen Film sieht, der auf einer mal mehr mal weniger entfernten Leinwand abläuft. Und wo dabei noch das Bild total unscharf ist.
ADS ist nachgewiesener Maßen sehr häufig verknüpft mit diversen Wahrnehmungs- und Wahrnehmungsverarbeitungsstörungen. Z.B. Auditive Wahrnehmungsstörung, visuelle Wahrnehmungsstörung, taktile Wahrnehmungsstörung oder tiefensensorische Wahrnehmungsstörung. Es ist toll, total auffällige Dinge zu sehen, aber nicht wahrnehmen zu können, sobald man nicht speziell darauf achtet. Es fühlt sich auch an, wie unter Drogen, wenn man nicht merkt, was man tut. Früher, als ich die Medikamente noch nicht hatte, haben mir andere, auch Freunde, oft gesagt, dass ich mich benehme, dass man denken könnte, ich stünde unter Drogen! Aber bestimmt nicht unter Aufputschmitteln

. Eher unter irgendwas, wo die Wahrnehmung total verzerrt ist: "Ja - ich habe das Gerät ausgemacht.", "Ja - ich habe es nochmal überprüft." In Wahrheit: Ich hatte nur Gedanken, dass Gerät ausmachen zu wollen und bin da sicher auch hingegangen. Aber dann habe ich was anderes gemacht. Oder den Knopf nicht in Richtung "Aus", sondern auf "Max" oder so gedreht. Und als ich es kontrolliert habe, habe ich "gesehen" (sprich: wahrgenommen), woran ich gedacht habe. Was natürlich extrem häufig nicht mit der tatsächlichen Realität überein gestimmt hat.
Und die "körperlichen Langzeitwirkungen", d.h. die motorische Koordinationsstörung, die von meinen ADS-Wahrnehmungsstörungen her leitet, die finde ich ganz und gar nicht zu vernachlässigen... Ich vermute fast, dass es mir lieber wäre, mit 50 Jahren Parkinson zu bekommen, als mich mein ganzes Leben lang nie richtig bewegen zu können. Schon als Kind hatte ich davon so "nette" Folgen, wie z.B. meine Haltungsschwäche, an der auch spezielles (und für mich sehr anstrengendes) Training nichts geändert hat...
Aber zu dem was ich hauptsächlich anmerken wollte, und was wohl v.a. an stine geht:
Mir ist sehr wichtig zu betonen, dass Medikamente in den seltesten Fällen der einzige Bestandteil einer sinnvollen Behandlung von AD(H)S sind. Die Schulmedizinischen Leitlinien zur Therapie von AD(H)S sprechen ein-eindeutig von einer multi-dimensionalen Therapie. Gerade bei Kindern scheint der Trend eher darin zu gehen, AD(H)S erst zu versuchen, andersherum eindimensional zu behandeln: Möglichst z.B. "nur" Ergotherapie oder "nur Elterntraining", es möglichst auch ohne Medikamente "schaffen"...
Immer wenn ich z.B. Dinge über "ADHS-Therapien" von Hüther & Co. lese, kriege ich auch deshalb auch soooo einen Hals, weil.... ja weil es eben das Bild sogeriert, als würden wir AD(H)Sler oder eben die Eltern von AD(H)S-Kindern eben nicht noch alles mögliche andere tun.
Gerade die Websiten von Gerald Hüther lesen sich für mich als Beleidigung für all die wirklich guten (Sonder-)Pädagoginnen, die mich in der Schule und auch als junge Erwachsene unterstützt, betreut, gelehrt und gefördert haben. Nach bestem Wissen und Gewissen, mit vielen guten Mitteln, mit viel Liebe, ganz ganz Geduld und ebensoviel Herzblut. Nur leider gegen AD(H)S-Symptome nahezu wirkungslos. Ausser natürlich, dass Frau W., mal wieder

, gold-richtig gelegen hat, und mich erfolgreich motiveiert hat, die Abklärung von einem Experten vornehmen zu lassen.
Frau W. z.B. leitet seit vielen Jahren erfolgreich eine sozialpädagogische Einrichtung, die sowohl Freizeittreff ist, als auch Beratung und Betreuung von jungen Menschen in allen erdenklichen Problemsituationen anbietet, als auch in der Familienbetreuung tätig ist. Und sie hat mit Sicherheit auch solide Grundkenntnisse in Trauma-Therapie. Wenn Menschen wie sie nicht genug von Pädagogik, Bewegung, Therapie oder Erziehung verstehen und andwenden, dann wohl niemand.
LG, PW_
Und es ist auch beleidigend für mich, wenn z.B. meine eigenen Problem-Schilderungen so eklatant missachtet oder sogar umgedeutet und umgemünzt werden.