Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon Kurt » Fr 11. Feb 2011, 20:44

ganimed hat geschrieben:Es ist ja nicht irgend eine Versicherung sondern eine Sozialversicherung. In einem Sozialstaat heißt das: die Starken helfen den Schwachen und jeder zahlt gemäß seiner Möglichkeiten ein.


Das Sozialstaatsprinzip ist mir bekannt und es gibt auch nichts daran auszusetzen. Ich störe mich nur an dem Begriff der Versicherung. Schau dir mal die Rente an. Der Schadensfall tritt per definition mit 67 Jahren ein. Das ist doch eine perverse Verdrehung des Versicherungsprinzips.

Das Prinzip Versicherung funktioniert so: Ich zahle einen geringen Beitrag in die Versicherungskasse, und falls z.B. mein Häuschen niederbrennt, zahlt die Versicherung. Die kleinen Beiträge kann ich mir leisten, ein neues Häuschen hinstellen könnte ich mir im Schadensfall nicht leisten. Wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit 0,1% ist, darf die Versicherung legitimerweise dieses Promill vom Wert des Häuschens verlangen, plus ein bisschen Verwaltungsgebühr. Dann ist das Risiko auf viele Schultern gleichmäßig verteilt und alle sind glücklich.

Eine Steuer ist das Gegenteil. Jeder muss einzahlen, ob er nun was davon hat oder nicht. Ich zahle Einkommensteuer ohne direkte Gegenleistung, Mineralölsteuer, Umsatzsteuer, was weiß ich. Bei der Rente finde ich das System noch halbwegs fair, denn man kriegt proportional zu seinen Einzahlungen auch wieder Kohle heraus, wenn auch nicht mit der allerbesten Verzinsung.

Bei der Krankensteuer ist es total pervers. Von unten gehts los, dass man als Student quasi umsonst "versichert" wird, also pures Sozialprinzip. Nach oben hin muss man immer mehr zahlen, bis (glaub ich) ca 650 Euro inkl Arbeitgeberanteil. Zahlst du ein Jahr so viel, dann kostet es plötzlich nur noch lächerliche 200 Euro inkl Arbeitgeberanteil nach dem Versicherungsprinzip. Mit Fairness hat das nichts zu tun. Ein Sprung in einer Steuerfunktion ist immer ein Beleg, dass irgendwas nicht stimmt.

Ich bin für die Lösung, dass jeder Bundesbürger eine Grundversicherung von 200 Euro abschließen muss und dafür auch Anspruch auf eine Grundversorgung hat. Darüberhinaus kann sich jeder an Arzt- und Behandlungskosten leisten, was er will oder wie er sich versichern will.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 11. Feb 2011, 21:00

stine hat geschrieben:
musicman hat geschrieben:... die Perspektive für Arme scheint hierzulande also besser zu sein als für die Mitte.
Eben, aber es gibt immer noch Leute hier, die denken, es wäre andersrum.

Ach Kinder, wenn ihr einfach statt schlau zu reden euch mal schlau macht, wohin ein durchschnittlicher, deutscher Armer heute noch (sinnvoll!) auswandern könnte.
Kleiner Hinweis: Ein durchschnittlicher, deutscher Armer hat meisten keine gute Ausbildung - und wenig Geld, als Alternative :mg:
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon musicman » Sa 12. Feb 2011, 10:54

1von6,5Milliarden hat geschrieben:
stine hat geschrieben:
musicman hat geschrieben:... die Perspektive für Arme scheint hierzulande also besser zu sein als für die Mitte.
Eben, aber es gibt immer noch Leute hier, die denken, es wäre andersrum.

Ach Kinder, wenn ihr einfach statt schlau zu reden euch mal schlau macht, wohin ein durchschnittlicher, deutscher Armer heute noch (sinnvoll!) auswandern könnte.
Kleiner Hinweis: Ein durchschnittlicher, deutscher Armer hat meisten keine gute Ausbildung - und wenig Geld, als Alternative :mg:


Sag ich doch, er ist bei uns auf einem Level arm, daß er keinen Grund hat darüber nachzudenken. Global gesehen wandern Arme gerne nach Europa/USA aus, wirf mal den Blick über unseren Tellerrand, jenseits vom Mittelmeer stehen einige in den Starlöchern, die bezahlen sogar dafür ihr Leben in einer Nußschale zu riskieren, um hier arm sein zu dürfen. Die haben selbstverständlich alle eine gute Ausbildung und einen Sack voll Geld sonst möchten sie nicht auswandern. Nein, nein mein lieber 1von 6,5, bevor Du anderen durch die Blume unterstellst doof zu sein, zeig mir erst mal wo Du auf höherem Level arm sein kannst.
Wir leben hier global gesehen vom Harzer bis zum Banker wie die Made im Speck,
aber einigen reicht es noch immer nicht und sie schreien wie das Baby an der Mutterbrust mehr, mehr, mehr.
Armut ist hier kein Auswanderungsgrund, wenn aber Leute die gut ausgebildet sind auswandern, weil sie woanders von ihrer Arbeit leben können ohne staatl. Hilfe zu benötigen, sollte das Grund zum Nachdenken sein, sonst hat es irgendwann nicht mehr genug, bei denen man was holen kann.
Zugegebenermaßen ist das noch Zukunftsmusik, aber der Zug ist eindeutig in die falsche Richtung unterwegs.

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon ganimed » Mo 14. Feb 2011, 22:50

Kurt hat geschrieben:Ich störe mich nur an dem Begriff der Versicherung.

Ich glaube ich weiß was du meinst. Normalerweise würde ich unter Versicherung auch eher eine Risikoversicherung sehen, beispielsweise eine freiwillige Hausratsversicherung. Ich zahle kleine Raten ein, und wenn was passiert, dann kriege ich als Umlage aus dem großen Topf meinen Schaden bezahlt.
Aber offenbar ist das nur ein spezieller Fall von Versicherung. Wikipedia definiert "Versicherung" so:
    "Versicherung (Kollektiv), das Prinzip der Risikoabsicherung durch Einbringung des Risikos in ein Kollektiv"
Von Freiwilligkeit steht da nichts. Und von gerecht auch nicht. Eigentlich steht nur das Prinzip der Umlage im Vordergrund.
Je nach Kontext muss man sich also fragen, ob alle das gleiche einzahlen sollen, ob alle das gleiche ausgezahlt bekommen sollen, ob alle mitmachen müssen, etc.

Insofern finde ich beispielsweise das Rentensystem genau richtig. Alle jungen, die arbeiten und Geld verdienen, zahlen ein. Man bekommt, ein wenig leistungsbezogen, wieder raus, aber ansonsten kriegt jeder halbwegs genug. Und jeder bezahlt anteilsmäßig ein.
Und nun mag es ja sein, dass vor allem aus historischen Gründen, die Sache komplizierter ist und einige Ausnahmen bestehen. Aber wenn doch nun seit 20 Jahren diskutiert wird, wie man das Rentensystem aufrecht erhalten könnte, wo es doch vom demografischen Wandel bedroht ist, wieso baut man dann nicht konsequent an diesen historisch bedingten Ausnahmen herum? Wieso nutzt man nicht erstmal alle Einzahlungskapazitäten? Wieso räumt man ausgerechnet Reichen einen Freibetrag ein?

Ich sehe, auch nach den bisherigen Beiträgen hier, vor allem nur eine, sehr profane Antwort: weil den Reichen das so besser gefällt und sie mächtig genug sind, das auch so durchzusetzen.

Bis dahin verstehe ich ja hoffentlich halbwegs die Welt. Was ich aber nicht verstehe: wieso wählen auch nicht so reiche Leute FDP und CDU?
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon Kurt » Mo 14. Feb 2011, 23:17

ganimed hat geschrieben:Wieso nutzt man nicht erstmal alle Einzahlungskapazitäten? Wieso räumt man ausgerechnet Reichen einen Freibetrag ein?


Das Problem ist ein bisschen komplexer.
[wir leben in der Europäischen Union und hier gilt Freizügigkeit. Jeder kann dort leben und arbeiten, wo es ihm am (wirtschaftlich) sinnvollsten erscheint. Die Mitgliedsstaaten befinden sich in einem Steuerwettbewerb untereinander. Typischerweise sind auch noch die Gutverdienenden flexibler und oft auch örtlich unabhängiger. Ich bin z.b. Softwareentwickler und könnte mich ohne große Probleme in ein kleines Häuschen auf Malta setzen und von dort aus arbeiten und dort Steuern zahlen. Ergo hat die BRD einen Anreiz, die Gutverdiener nicht mit allzu hohen Steuern abzuschrecken.

Sind die Steuern hoch, steigt der Anreiz zur Schwarzarbeit. Wer will schon für den Staat arbeiten?

Sind die Steuern hoch, dann sinkt ganz allgemein der Anreiz zum Arbeiten. Wieso sollte man sich den Arsch aufreißen, wenn man mit einer Frau und drei Kids und Heizkostenzuschuss ganz ordentlich Hartz-IV kriegt?

In der Wirtschaft gibt es das Prinzip des abnehmenden Grenznutzens für alle Güter, auch für Geld. Wenn jemand 100.000 Euro verdient, dann sind die letzten 10.000 nicht so wichtig für ihn wie die ersten. Umgekehrt ist für jemanden Freizeit wertvoller, wenn er wenig davon hat. Der Anreiz, mehr Freizeit zu genießen und nicht mehr mehr zu verdienen, wächst, je gestresster man im Job (gemessen in Wochenarbeitsstunden) ist.

Selbstständige zahlen gar nicht in die staatliche Rentenkasse ein, sondern müssen sich selber um ihre Altersabsicherung kümmern. Würde es keine Obergrenze für die Rentenbeiträge geben, würde der Anreiz steigen, komplett aus dem System auszusteigen und die Rentenkasse hätte nichts davon. Umgekehrt ist es auch wenig praktikabel, Selbstständige zur Einzahlung in die staatliche Rentenkasse zu zwingen, weil sich a) ihr Einkommen monatlich nicht so einfach berechnen lässt, das geht ggf. erst nach einem Jahresabschluss und b) weil dann die Selbstständigen ihre Liquidität nicht dem Unternehmen zur Verfügung stellen könnten. Übrigens hat in Europa jedermann die Möglichkeit, sich selbstständig zu machen, das ist nicht einem elitären Kreis vorbehalten. Unter den Privatinsolventen Personen sind allerdings überproportional viele Selbstständige, ein Rezept zum Reichwerden ist das also auch nicht.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon stine » Di 15. Feb 2011, 07:28

ganimed hat geschrieben:Bis dahin verstehe ich ja hoffentlich halbwegs die Welt. Was ich aber nicht verstehe: wieso wählen auch nicht so reiche Leute FDP und CDU?
Vielleicht, damit das Boot nicht in die andere Richtung kippt?
Überleg mal: Was würde denn passieren, wenn die Linken alleine regieren könnten? (Mal abgesehen davon, dass sie personlle Probleme bekämen, es gibt ja im Wesentlichen nur ein paar Marktschreier).
Von der SPD brauchen wir erst gar nicht zu reden, denn die hatten ihre Chance schon mehrmals.
Wenn, dann bräuchte es eine neue Mittelstandspartei unter Merz und Co.
Ich denke nämlich, dass sich trotz unstabilieren Verhältnissen doch noch viele Menschen als "Mittelstand" fühlen, obgleich ihnen, wie du richtig feststellst, nicht mehr im Geldbeutel bleibt, als einem Hilfeempfänger.
Die CDU ist hierzulande eben die Konservative und die Menschen trauen dem noch mehr, als dem aufgeregten Aktionismus ihrer Oppositionen.

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon mat-in » Di 15. Feb 2011, 08:34

Ich möchte da mal fragen, wo die aktuelle "Armutsgrenze" liegt. Es gibt Leute die mit abgeschlossenem naturwissenschaftlichem Studium für 850€ p.M. eine 60h Woche schieben...

stine hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:wieso wählen auch nicht so reiche Leute FDP und CDU?
Vielleicht, damit das Boot nicht in die andere Richtung kippt?

Dazu kann ich nur sagen: Aus unreflektierter Dummheit. Ich kenne Leute die FDP wählen, dann nach ihrer Ausbildung nicht übernommen werden, sondern bei dem Unternehmen, bei dem sie Ausbildung gemacht haben über eine Zeitarbeitsfirma angestellt wurden (2/3 Gehalt, quasi kein Kündigungsschutz für die gleiche Arbeit), denen die Kopfpauschale in der Krankenversicherung weh tut, usw. und die bei der nächsten Wahl wieder FDP oder auch mal CDU ankreuzen werden. Denn was da oben passiert hat nichts mit ihrer Stimme zu tun. Eine Partei wählt man, weil Papa die auch wählt und die da oben machen eh was sie wollen. Scheint ein ähnlich nachwachsendes Phänomen zu sein wie Religion.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon stine » Di 15. Feb 2011, 09:02

mat-in hat geschrieben:Ich möchte da mal fragen, wo die aktuelle "Armutsgrenze" liegt. Es gibt Leute die mit abgeschlossenem naturwissenschaftlichem Studium für 850€ p.M. eine 60h Woche schieben...

Sie gelten als arm.
Dagegen:
Diese Berechnung basiert auf einem Vier-Personen Haushalt.

Aber der "Mittelstand lässt sich nicht unterkriegen und arbeitet auch weiter, wenn es sich nicht mehr lohnt...
Um das gehobene Jammergesetz auszuhebeln, müssten ALLE ihre Arbeit niederlegen und auf Hartz4 gehen.

http://www.forium.de/alg2/output Du kannst deine monatliche Aufwendungen auch beliebig erhöhen, dann sieht das unterm Strich noch besser aus.

Arm sind in Deutschland die, die sich für Geld abarbeiten, das Nichtarbeiter sowieso bekommen. Sie verdienen unseren ganzen Respekt!

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon musicman » Di 15. Feb 2011, 09:40

stine hat geschrieben:http://www.forium.de/alg2/output Du kannst deine monatliche Aufwendungen auch beliebig erhöhen, dann sieht das unterm Strich noch besser aus.
LG stine


Verstehe ich das jetzt richtig, man schreibt hin was man will und bekommt das dann auch?

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon mat-in » Di 15. Feb 2011, 10:13

krass. ich sollte AlgII beantragen! Der Rechner sagt:
Anspruch Arbeitslosengeld-II: 205 €
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon stine » Di 15. Feb 2011, 12:27

musicman hat geschrieben:Verstehe ich das jetzt richtig, man schreibt hin was man will und bekommt das dann auch?
Sicherlich wird ein Beamter die Eintragungen prüfen - aber so siehts aus!
http://www.forium.de/rechner-hartz-4.html

LG stine
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon Zappa » Di 15. Feb 2011, 17:33

ganimed hat geschrieben: Insofern finde ich beispielsweise das Rentensystem genau richtig.


Falls Du unter 50 -60 Jahre alt bist, wirst Du diese Meinung noch gehörig ändern müssen, weil Du entweder kaum Rente bekommst, enorme Abgaben an die Rentenversicherung wirst leisten müssen oder beides. Denn wenn man schon so ein Umlagesystem plant, muss man auch an zukünftige Entwicklungen denken (Stichwort: Bevölkerungsentwicklung). Dazu sind Bürokratien aber prinzipiell ungeeignet, wenn dazu noch Politiker kommen die in Legislaturperioden denken (müssen?) crasht das System unweigerlich.

So toll kann ich das nicht finden. Da wäre mir ein persönliches Vorsorgesystem (= Versicherung) wesentlich lieber.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon mat-in » Di 15. Feb 2011, 17:44

Aber es heißt doch nur auf dem Papier "versicherung". Ich bin mir relativ sicher wesentlich weniger raus zu bekommen später als ich einzahle... wenn ich in 35 jahren überhaupt was zu sehen bekomme.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon Kurt » Di 15. Feb 2011, 20:40

mat-in hat geschrieben:Ich möchte da mal fragen, wo die aktuelle "Armutsgrenze" liegt. Es gibt Leute die mit abgeschlossenem naturwissenschaftlichem Studium für 850€ p.M. eine 60h Woche schieben...


Sorry, mein Arbeitgeber sucht händeringend Leute und ich kenne auch keinen Naturwissenschaftler, der so wenig verdient. Irgendwas müssen diese Leute falsch machen, falls es sie gibt.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon musicman » Di 15. Feb 2011, 20:42

mat-in hat geschrieben:krass. ich sollte AlgII beantragen! Der Rechner sagt:
Anspruch Arbeitslosengeld-II: 205 €


Das ist gemein, ich bekomm nichts. :(

Spaß beiseite, ich berichtete schon von meinen Bekannten Egon, der Hartz4 Anträge für Aufstocker bearbeitet, er sagte mir wenn man all die Leute bei der Arbeitslosenstatistik berücksichtigen würde, die ganz normal arbeiten und trotzdem aufstocken müssen, hätten wir eine 1 vor der 7 und zwar ohne Komma.
Outsourcing von Lohnkosten scheint immer mehr in Mode zu kommem, einerseits eine Sauerei, andererseits gibt es auch Unternehmen die nicht wettbewerbsfähig wären, würden sie höhere Löhne zahlen, die Leute wären arbeitslos, man sollte im Einzelfall genau schauen, wird Schindluder getrieben, die Allgemeinheit beschissen oder ist das gerechtfertigt.

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon Kurt » Di 15. Feb 2011, 20:52

musicman hat geschrieben:Outsourcing von Lohnkosten scheint immer mehr in Mode zu kommem, einerseits eine Sauerei, andererseits gibt es auch Unternehmen die nicht wettbewerbsfähig wären, würden sie höhere Löhne zahlen, die Leute wären arbeitslos, man sollte im Einzelfall genau schauen, wird Schindluder getrieben, die Allgemeinheit beschissen oder ist das gerechtfertigt.


Mittlerweile bin ich aus genau dem Grund für Mindestlöhne für Aufstocker. Es soll keine Unternehmen geben, die nur den halben Stundenlohn zahlen und den Rest dem Staat überlassen.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon musicman » Di 15. Feb 2011, 21:13

Kurt hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Ich möchte da mal fragen, wo die aktuelle "Armutsgrenze" liegt. Es gibt Leute die mit abgeschlossenem naturwissenschaftlichem Studium für 850€ p.M. eine 60h Woche schieben...


Sorry, mein Arbeitgeber sucht händeringend Leute und ich kenne auch keinen Naturwissenschaftler, der so wenig verdient. Irgendwas müssen diese Leute falsch machen, falls es sie gibt.


Einerseits schwer vorstellbar, das mit den 850 für den Naturwissenschaftler, evtl der Hivi vom Assistenten. Andererseits sind viele Leute sehr unflexibel in der Standortfrage, eine Bekannte arbeitet seit Jahren für unter H4, sie will einfach nicht von Freiburg weg. Da hat sie studiert, da gefällts ihr, da will sie bleiben, allerdings keine Naturwissenschaftlerin sondern Graphik Design, aber egal, hier hat es zwei solcher Fachhochschulen mit einem jährlichen Output von 80 Leuten, aber es gibt natürlich keinen Bedarf für dieses Angebot mit der Folge, dass die meisten für lau arbeiten, wenn sie was finden - Assistent auf Lebenszeit. Sie hätte schon manch gut dotierten Job haben können in Berlin, in Meck Pom sogar, aber nein sie rührt sich nicht vom Ort.
Ist vielleicht auch eine Mentalitätsfrage, viele Deutsche wechseln nicht gern den Wohnort, aber egal Naturwissenschaftler für 850 bei einer 60 Stunden Woche erscheint mir sehr dubios, der Betreffende sollte unbedingt über einen Standortwechsel nachdenken. Ich bin nicht vom Fach, aber die Zeitung lese ich auch und hier im Südwesten werden wirklich dringend Maschinenbau Ing, Physiker, ect gesucht, das sollte kein Problem sein einen Job zu finden der mit einem Honorar weit jenseits von H4 ausgestattet ist.
Tip noch, ein paar Meter über der Grenze in Basel suchen sie händeringend Biologen, Mediziner, Chemiker, einfach mal googeln, Novartis, HoffmannLaRoche ect

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon mat-in » Di 15. Feb 2011, 22:47

Kurt hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Ich möchte da mal fragen, wo die aktuelle "Armutsgrenze" liegt. Es gibt Leute die mit abgeschlossenem naturwissenschaftlichem Studium für 850€ p.M. eine 60h Woche schieben...

Sorry, mein Arbeitgeber sucht händeringend Leute und ich kenne auch keinen Naturwissenschaftler, der so wenig verdient. Irgendwas müssen diese Leute falsch machen, falls es sie gibt.

Ich meld mich bei dir, wenn ich den nächsten Titel auf dem Visitenkärtchen habe...bis da hin werd ich wohl weiter so wenig verdienen.
Novartis hat mir vor einem halben jahr noch erzählt (Standort Höchst) sie brauchen in absehbarer Zeit niemanden, auch wenn ihnen meine Qualifikation gefällt und ich solle ruhig promovieren...

Ich verdiene in der Tat so wenig (HiWi Stelle, die maximal ausschüttbaren Stunden über einen solchen Vertrag). Ist Gang und Gebe, am Monatsende 1100-800 Euro zu bekommen, je nach Vertrag oder Stipendium und unter 50 Stunden war ich noch keine Woche im letzten Jahr, auch das scheint recht normal. Ich habe mich Europaweit beworben... Gut, in Wien wären mein Angebot über 1600 gewesen, aber mit ganz anderen Abzügen und in einer teureren Stadt... Ist ziemlich traurig, wenn man bedenkt, das man die innovative Triebkraft einer Gruppe ist und die am höchsten qualifizierte Arbeitskraft die tatsächlich noch im Labor was ausprobiert... aber man bekommt nirgend wo mehr für eine Promotion. :(
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon Kurt » Di 15. Feb 2011, 22:55

mat-in hat geschrieben:Ich verdiene in der Tat so wenig (HiWi Stelle, die maximal ausschüttbaren Stunden über einen solchen Vertrag). Ist gang und gebe, am Monatsende 1100-800 Euro zu bekommen, je nach Vertrag oder Stipendium und unter 50 Stunden war ich noch keine Woche im letzten Jahr, auch das scheint recht normal. Ist ziemlcih traurig, wenn man bedenkt, das man die innovative Triebkraft einer Gruppe ist und die am höchsten qualifizierte Arbeitskraft die tatsächlich noch im Labor was ausprobiert... aber man bekommt nirgend wo mehr für eine Promotion. Gut, in Wien wären mein Angebot über 1600 gewesen, aber mit ganz anderen Abzügen und in einer teureren Stadt...


Moment mal, in der akademischen Welt sieht das natürlich anders aus, da ist ja nicht die Kohle allein die Bezahlung, sondern eben auch der Titel. Das ist eine Investition, kein richtiger Job. Außerdem hat vor einem halben Jahr die Welt noch ein bisschen anders ausgesehen, da haben noch nicht alle Unternehmen auf Aufschwung eingeschwenkt.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon mat-in » Mi 16. Feb 2011, 08:17

Jaja... nach der unbezahlten Bachelorarbeit eine aus Gnade mit ein par HiWi-Stunden bezahlt Masterarbeit, dann eine Promotion mit weniger als einer halben Stelle und dann eine habilitation mit einer vollen stelle auf 6-monats oder 1-jahres Verträgen... man bekommt ja jedes mal nen Titel. Eigentlich sollten Professoren kostenlos arbeiten, ist doch auch ein schöner Titel den man mit dem Amt bekommt :applaus:
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