stine hat geschrieben:Meine Sorge bleibt: Was machen wir, wenn der Strom ausfällt?
Mir ist gestern die Wasserleitung eingefroren, das war auch ein Spaß: Ein Sonntag ohne fließendes Wasser. Kaum vorstellbar, dass das vor 70 Jahren in vielen Dörfern noch normal war. Und als ich vorletztes Jahr den Sommer in Damaskus verbracht habe, ist jeden Mittag pünktlich um 13:00 oder 14:00 der Strom abgestellt worden, weil die absurderweise als Wüstenstaat ihre Energie großteils durch Wasserkraft aus dem Euphrat gewinnen. Dann gehen die Dieselgeneratoren auf den Straßen an und es stinkt zum Himmel. Mir ist also schon klar, was du meinst.
Wenn der Strom ausfällt, dann schauen wir halt doof aus der Wäsche, aber nicht so sehr, weil wir bei Wikipedia nicht mehr nachschlagen können, wie lange ein Ameisenbär lebt, sondern weil unsere gesamte Infrastruktur in irgendeiner Form auf Elektrizität basiert. Normalerweise ist so ein Stromausfall aber nicht von Dauer und je mehr sich Akkumulatoren durch Mobiltelefone, Tabletcomputer, Laptops und Elektroautos verbreiten und je kleinteiliger und dezentraler unser Stromnetz wird, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit großflächiger Stromausfälle. Mobilfunkmasten haben heute schon eine unabhängige Stromversorgung, deshalb kann man auch noch telefonieren, wenn man daheim im Dunkeln sitzt. Die Batterie eines Elektroautos würde sogar bis zu zwei Tage einen Haushalt mit Strom versorgen können (ein Grund, warum nach Fukushima in Japan das Interesse an Elektroautos rapide gestiegen ist).
Wenn du also mit Stromausfällen gegen die Elektrifizierung von Büchern argumentierst, solltest du dabei auch die anderen Änderungen, die mit dieser Epoche einhergehen, berücksichtigen, nicht nur Bezug auf den Kohlestromzentralismus des 20. Jahrhunderts nehmen.
stine hat geschrieben:Einmal im Supermarkt live erlebt: Die Tiefkühltruhen verschlossen noch schnell ihre empfindliche Ware vor dem Erwärmen, aber dann ging nichts mehr, Notbeleuchtung, keine Kasse, keine Türe, keine Schranke. Später wiederkommen war nicht, weil man den Supermarkt nicht einmal mehr verlassen konnte. Eine Tür konnte man früher von Hand öffen und ein Buch kann man auch bei Kerzenlicht lesen. Der 300bändige Brockhaus wäre zwar veraltet, aber er könnte doch immer noch darüber Auskunft geben, wer Konrad Zuse war.
Wenn ich mit zweihundert auftauenden Brathähnchen in einem dunklen Supermarkt gefangen bin - warum zur Hölle will ich dann wissen, wer Konrad Zuse war?
Celtic hat geschrieben:Stimmt: Wenn die alten Ägypter oder die Sumererer ihr Wissen elektronisch gespeichert hätten, wüßten wir heute nichts mehr über sie.
Das ist jetzt halt auch so ein Argument... wenn die alten Ägypter und Sumerer Elektrizität gehabt hätten, wären sie nicht die alten Ägypter und Sumerer gewesen. Man kann nicht einfach in völlig anachronistischer Weise bestimmte Einzelmerkmale einer Ära verbindungslos in eine andere transferieren und sich dann was-wäre-gewesen-wenn fragen. Übrigens, was heute das iPad ist, war im alten Rom die Wachstafel - von deren Inhalten ist heute auch nichts mehr übrig. Die meisten antiken Schriften wurden durch fortlaufende Umkopierungen auf neuere Datenträger ("Abschreiben") erhalten, das macht man heute mit Festplatten ja ganz ähnlich.