Grundeinkommen

Re: Grundeinkommen

Beitragvon emporda » Sa 23. Feb 2008, 21:34

Andreas Müller hat geschrieben:Der große Vorteil des Grundeinkommens ist ja die Entbürokratisierung, die in Deutschland überfällig ist. Und 800 Euro pro Monat von der Wiege bis zur Bahre reichen absolut aus. Muss natürlich mit der Inflation steigen, das schon.

Auf die Finanzierung bin ich ja schon eingegangen. Vor allem durch Erhöhung der Mehrwertsteuer und den Wegfall sämtlicher aktueller Sozialsysteme.

Das ist schlicht eine utopische Spinnerei, allein dafür wären 700 Milliarden € notwendig. Das wären 62 % aller Bruttolöhne in Deutschland oder 75 % des Staatshaushaltes. Die Summe aller Steuern des Staates mit Mehrwersteuer, Lohnsteuern usw. belaufen sich auf etwa 480 Millionen €. Um Deinen Vorschlag zu finanzieren müßte man die Mehrwersteuer auf über 75% erhöhen. Damit ist noch unklar, wie der Staat die bisherigen Ausgaben finanziert, denn ohne Sozialleistungen stehen immerhin noch um die 600 Milliarden € an. Da braucht man schon eine Lohnsteuer von 105 % so wie damals in Schweden von Astrid Lindgren mit einem Roman über eine Hexe veralbert

Wer in der BRD wäre dann noch in der Lage etwas zu kaufen, denn Deine 800 €/Monat Grundeinkommen wären als Nettowert nicht einmal 400 € wert und reichten nicht für die Nahrungsmittel. Die Reihenfolge sollte sein - erst denken, dann schreiben
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon Kurt » Sa 23. Feb 2008, 22:23

Schau mal auf: http://www.tagesspiegel.de/politik/div/;art771,2158500

Die Kosten des Bürgergelds laut Althaus: 583 Milliarden Euro im Jahr. Das derzeitige Sozialbudget umfasse – mit Rente, Krankenversicherung, Arbeitsförderung, Kindergeld und Pflege – 735 Milliarden Euro.

... wobei das Modell mit der negativen Einkommensteuer deutlich günstiger sein dürfte, weil nicht jeder den vollen Betrag ausbezahlt bekommt.

Und bitte hör jetzt endlich auf, die anderen als Spinner zu bezeichnen. Wir wissen es jetzt. Deine arrogante Art geht mir langsam auf den Sack!
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon emporda » Sa 23. Feb 2008, 22:46

Kurt hat geschrieben:Schau mal auf: http://www.tagesspiegel.de/politik/div/;art771,2158500

Die Kosten des Bürgergelds laut Althaus: 583 Milliarden Euro im Jahr. Das derzeitige Sozialbudget umfasse – mit Rente, Krankenversicherung, Arbeitsförderung, Kindergeld und Pflege – 735 Milliarden Euro.

... wobei das Modell mit der negativen Einkommensteuer deutlich günstiger sein dürfte, weil nicht jeder den vollen Betrag ausbezahlt bekommt.

Und bitte hör jetzt endlich auf, die anderen als Spinner zu bezeichnen. Wir wissen es jetzt. Deine arrogante Art geht mir langsam auf den Sack!

Nach der neuen Statistik gerade bei Destatis erschienen betrugen die Einnahmen der öffentlichen Haushalte in 2006 526254 Millionen € (Seite 574), darin enthalten ist die Umsatzsteuer mit 111318 Millionen € und die Lohnsteuer mit 157727 Millionen € als größte Einzelpositionen. Auf Seite 584 gibt es Zahlen zur sozialen Sicherung für das Jahr 2004, die extrem von Deinen abweichen. Z.B. betragen die realen Ausgaben 2006 für Kindergeld, Mutterschutz und Wohngeld nur 10306 Millionen €, die Sozialleistungen nur 28913 Millionen €, wie kommt da jemand auf 735 Milliarden

Außerdem sind die Einnahmen der Rentenversicherung aus Beiträgen mit etwa 155 Milliarden € zweckgebunden durch das Umlageverfahren, der Zuschuß des Bundes mit 95 Milliarden ist notwendig zum Unterhalt der zu Frührentnern gemachten 6 Millionen Langzeitarbeitslosen, die keine ausreichende Betragsleistung haben.

Wie man bei 526 Millionen € Einnahmen 735 Milliarden € Ausgaben tätigen will und im Schuldenkriterium von 3% bleibt, das ist eine völlig neue Mathematik, da habe ich gerade gefehlt. Wenn 111 Milliarden € 19% Umsatzsteuer entsprechen, dann wären 700 Milliarden € Aufwand an Grundeinkommen nur durch 120 % Umsatzsteuer zu finanzieren. 800 € Grundeinkommen im Monat hätten dann eine reale Kaufkraft von nur 360 €, das ist der heutige Sozialhilfesatz und man hat außer einer irrsinnigen Inflation nichts gewonnen.

Was nicht verdient wird, das kann auch niemand verteilen.
Zuletzt geändert von emporda am Sa 23. Feb 2008, 23:25, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon Kurt » Sa 23. Feb 2008, 23:24

emporda hat geschrieben:Wie man bei 526 Millionen € Einnahmen 735 Milliarden € Ausgaben tätigen will und im Schuldenkriterium von 3% bleibt, das ist eine völlig neue Mathematik, da habe ich gerade gefehlt


Die Lösung ist sehr einfach. Erstens solltest du nicht Millionen und Milliarden verwechseln, zweitens nicht Einnahmen und Steuereinnahmen. Wir sind uns doch einig, dass die Rente durch das Grundeinkommen/negative Steuer ersetzt werden würde, daher darfst du die Renteneinnahmen ruhig mit einrechnen. Die richtigen Zahlen findest du auf Seite 568 Statistisches Jahrbuch 2007:
Einnahmen: 987.884 Mio Euro, Ausgaben 1.003.095 Mio Euro. D.h. wir haben ein Defizit von ca 1,5%.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon emporda » Sa 23. Feb 2008, 23:34

Kurt hat geschrieben:
emporda hat geschrieben:Wie man bei 526 Millionen € Einnahmen 735 Milliarden € Ausgaben tätigen will und im Schuldenkriterium von 3% bleibt, das ist eine völlig neue Mathematik, da habe ich gerade gefehlt


Die Lösung ist sehr einfach. Erstens solltest du nicht Millionen und Milliarden verwechseln, zweitens nicht Einnahmen und Steuereinnahmen. Wir sind uns doch einig, dass die Rente durch das Grundeinkommen/negative Steuer ersetzt werden würde, daher darfst du die Renteneinnahmen ruhig mit einrechnen. Die richtigen Zahlen findest du auf Seite 568 Statistisches Jahrbuch 2007:
Einnahmen: 987.884 Mio Euro, Ausgaben 1.003.095 Mio Euro. D.h. wir haben ein Defizit von ca 1,5%.

Ich habe keine Milliarden und Millionen verwechselt

Allerdings passen die Zahlen der Seiten nicht zusammen, zumal der Leistungsumfang auf Seite 568 von 562 Milliarden in 2004 ohne Krankenhäuser, Hochschulkliniken und Zusatzversorgungskassen unklar bleibt.
Dagegen sind die anderen Angaben eindeutig wie etwa Einnahmen von Umsatzsteuer und Lohnsteuer.

In den 562 Milliarden € sind auch Arbeitslosenversicherung enthalten (vom Arbeitnehmer finanziert), dann gehören dazu Energie und Wasserwirtschaft, Straßenbau, Straßenreinigung usw., das hat alles mit Sozial nichts zu tun. Oder ist etwa vorgesehen alle diese Dienste einzustellen und vom Grundeinkommen durch Mautgebühren zu bezahlen
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon AAy » So 24. Feb 2008, 01:16

1von6,5Milliarden hat geschrieben:@ Andreas Müller: Lerne bitte mal ordentlich zu zitieren, in deinem Alter sollte man dies schon und noch schaffen :mg: Also bitte mit Namen des Zitierten zitieren, Danke. :up:
Andreas Müller hat geschrieben:
In teuren Gebieten wie München, Stuttgart, Frankfurt würde es gerade für eine Kaltmiete ohne Essen ausreichen

Tja, dann soll man halt arbeiten gehen. Welchen Grund gibt es sonst, in solche Städte zu ziehen?
Schon mal auf die Idee gekommen, dass jemand dort schon wohnt? Muss als staatlich Zwangsmaßnahme man jetzt seinen Wohnsitz und seinen Lebensmittelpunkt aufgeben, will man überleben?
Arbeistlose raus aus Südbayern und ab in den Norden? Zwangsverschickung System Andreas Müller?


Das klingt zwar vordergründig nicht schlecht, aber dann würden sich die ganzen Idioten im Osten ansammeln, das wäre nicht gut. Außerdem wird das Wohlgeld von den Kommunen bezahlt.

Viele Grüße

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Re: Grundeinkommen

Beitragvon AAy » So 24. Feb 2008, 01:20

Kurt hat geschrieben:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:]Schon mal auf die Idee gekommen, dass jemand dort schon wohnt? Muss als staatlich Zwangsmaßnahme man jetzt seinen Wohnsitz und seinen Lebensmittelpunkt aufgeben, will man überleben?

Wir sind doch Menschen mit freiem Willen und freier Entscheidung. Jeder kann sich selbst überlegen, ob er lieber arbeitet und eine teure Wohnung hat oder mit einer billigen Wohnung (anderswo) zufrieden ist. Im Übrigen würde Wohnungssubvention nur die Mietpreise höher treiben.



Das scheint mir unlogisch. Die Mietpreise sollten vielmehr durch massiven Abriß in die Höhe getrieben werden. Immerhin wird sich die Bevölkerung stark reduzieren.

Viele Grüße

AAy
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon Kurt » So 24. Feb 2008, 01:25

AAy hat geschrieben:
Kurt hat geschrieben:Wir sind doch Menschen mit freiem Willen und freier Entscheidung. Jeder kann sich selbst überlegen, ob er lieber arbeitet und eine teure Wohnung hat oder mit einer billigen Wohnung (anderswo) zufrieden ist. Im Übrigen würde Wohnungssubvention nur die Mietpreise höher treiben.


Das scheint mir unlogisch. Die Mietpreise sollten vielmehr durch massiven Abriß in die Höhe getrieben werden. Immerhin wird sich die Bevölkerung stark reduzieren.


Versteh ich das richtig, du willst, dass die Mietpreise steigen? Ich bin eher für niedrige Preise. Und ich halte es für eine natürliche Marktreaktion, dass die Vermieter mehr verlangen, wenn der Staat dem Mieter beim Bezahlen hilft.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon Baky86 » So 24. Feb 2008, 12:33

Nehmen wir mal an, es wäre unter heutigen Einnahme/Ausgabeverhältnissen bezahlbar, so bleibt trotzdem noch die Frage, was danach passiert?
Schließlich verändert man das gesamte Wirtschaftsgefüge, wahrscheinlich noch radikaler als im Verhältnis zwischen Plan- und Marktwirtschaft.

Wenn wir annehmen, dass man mit dem gegebenen staatlichen Leistungen überleben kann, vielleicht innerhalb einer Lebensgemeinschaft auch ganz gut Leben kann, so stellt sich doch die Frage, wer das BSP erwirtschaften soll, von dem wir dann auch Leben???
Der Anteil derer Leute, die dann freiwillig arbeiten gehen, ist auf lange Sicht wahrscheinlich eher gering. Unsere heutige Generation ist es gewohnt zu arbeiten, sie wird es vllt auch weiterhin machen, wenn gleich auch weniger und unabhängiger. Aber was ist mit den folgenden Generationen? Die werden sich schon im Kindesalter denken, wozu irgendetwas machen, der Staat sorgt schon für mich später. Anders ist es ja zurzeit auch nicht in vielen Familien, die ihr Leben lang von Sozialhilfe leben, die Kinder nehmen sich die Eltern als Vorbild und ruhen sich auf der staatlichen Hängematte aus. (Ausnahmen bestätigen immer die Regel ;))

Wenn jedoch ein Großteil der Deutschen keine Motivation mehr hat zu arbeiten, wer übernimmt dann diese Arbeit? Ich sehe da drei Möglichkeiten:

1. Maschinen übernehmen den größten Teil aller anfallenden Arbeiten

- da stellt sich die Frage, ob sie das überhaupt können? Soldat/Polizist sein? vielleicht, in ferner Zukunft... Bürokraten sein? wahrscheinlich schlimmer als jeder Beamter^^...Pflegekraft/Arzt? eher unwahrscheinlich

2. Ausländer übernehmen viele Arbeiten:

da bleibt für mich das Problem, dass dann wieder einige nette Menschen kommen werden und fragen, warum dieses Sozialsystem nur Deutschen (oder EU-Bürgern???) vorbehalten sein soll? Warum Füttern wir nicht alle durch? schwierige moralische Debatten sind da zu führen.

3. Verlagerung großer Teile wirtschaftlicher Prozesse in andere Länder.

Was natürlich einem völligen Kollaps des ganzen Systems gleich kommt, da es eher unmöglich ist, dass man so ein System einzig und allein auf einer Konsumsteuer aufbauen kann.


Was ich im Grunde damit sagen wollte ist, dass eine Diskussion über die Realisierung unter heutigen Ausgangspunkten, gesellschaftlicher wie finanzieller Art, zum größtenteils eher verfehlt ist, da sich mit diesem System die ganze Gesellschaft ändert, nicht nur die sozialen Rahmenbedingungen. Darüber wird eindeutig zu wenig diskutiert, was verständlich ist, da es eine sehr komplexe theoretisch-philosophische Diskussion ist.
Ich könnte natürlich auch völlig falsch liegen und die Welt bzw. der Mensch verändert sich zu einem sozialen Übermensch - aber die Geschichte belehrt mich da eines Besseren.

Wie schon gesagt, ich könnte mich auch irren.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 24. Feb 2008, 12:38

Andreas Müller hat geschrieben:Ich will niemanden zwangsumsiedeln und diese Nazi-Sprache kannst du dir ersparen.
...
Wo ist denn nun das Problem mit:
1. Dann soll er halt arbeiten gehen
2. Dann soll er halt wegziehen

Und wie nennst du es jemanden zu zwingen woanders hin umzusiedeln? Seine komplette soziale Umgebung verlassen, nur weil er/sie (vorübergehend) keine Arbeit bekommt?

Andreas Müller hat geschrieben:Der große Vorteil des Grundeinkommens ist ja die Entbürokratisierung, die in Deutschland überfällig ist.
Wäre der Vorteil, überfällig ist es schon. Aber ein Mindestmaß an Gerechtheit muss vorhanden sein.
Andreas Müller hat geschrieben:Und 800 Euro pro Monat von der Wiege bis zur Bahre reichen absolut aus.
Nein. Außer du würdest jedem auch noch (eventuell abzüglich) eine jeweils gleichwertige Wohnung und Grundversorgung (jeglicher Art) stellen.

Klaus hat geschrieben:Oja, wie in Dänemark, 25% MwSt. auf alles, 180% Luxussteuer auf alle Autos.
Warum nicht, ich persönlich plädierte allerdings auf ein Staffelung der Luxussteuer bei den Autos. "Sinnloser" Luxus soll kosten, "Gebrauchsfahrzeuge" günstiger. (Natürlich würden die Grenzen irgendwie willkürlich ausfallen und nicht jedem gerecht werden)
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon Andreas Müller » So 24. Feb 2008, 12:44

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Seine komplette soziale Umgebung verlassen, nur weil er/sie (vorübergehend) keine Arbeit bekommt?


Wie ist es denn heute? Bezahlt der Staat jemandem eine Wohnung, wenn ihm 800 Euro im Monat zur Verfügung stehen? Wenn er kurzzeitig keine Arbeit hat, kann er doch vom Gesparten leben, bis sich das wieder ändert. Außerdem bin ich ja nicht dogmatisch gegen die Idee, Leuten unter bestimmten Umständen einen Bonus zu zahlen, es führt halt schon wieder zur Bürokratisierung.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon Klaus » So 24. Feb 2008, 12:46

Und wie nennst du es jemanden zu zwingen woanders hin umzusiedeln? Seine komplette soziale Umgebung verlassen, nur weil er/sie (vorübergehend) keine Arbeit bekommt?

Ich übersetz das mal in die moderne Sprache. Das machen doch schon viele, im Zuge der Globalisierung ziehe doch etliche Menschen der Arbeit hinterher. Verlassen ihre angestammten Gebiete. Was meint ihr wieviele Deutsche in Skandinavien, der Schweiz und Österreich arbeiten, dass sind hunderttausende. Die Flexibilität der Menschen sollte endlich in eine Flexibilität der Politik umschlagen.
Wer zu Hause hocken bleibt, muss dann eben die Nachteile in Kauf nehmen.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon emporda » So 24. Feb 2008, 13:03

Klaus hat geschrieben:
Und wie nennst du es jemanden zu zwingen woanders hin umzusiedeln? Seine komplette soziale Umgebung verlassen, nur weil er/sie (vorübergehend) keine Arbeit bekommt?

Ich übersetz das mal in die moderne Sprache. Das machen doch schon viele, im Zuge der Globalisierung ziehe doch etliche Menschen der Arbeit hinterher. Verlassen ihre angestammten Gebiete. Was meint ihr wieviele Deutsche in Skandinavien, der Schweiz und Österreich arbeiten, dass sind hunderttausende. Die Flexibilität der Menschen sollte endlich in eine Flexibilität der Politik umschlagen.
Wer zu Hause hocken bleibt, muss dann eben die Nachteile in Kauf nehmen.

Das klassische deutsche Arbeitsrecht fördert diese Enwicklung ganz intensiv und indirekt. Jemanden einstellen ist heute schlimmer als jemanden heiraten, man wird ihn fast nicht mehr los bzw. hat endlose Prozesse vor den Arbeitsgerichten.

Nun haben viele Industrien in kurz- und mittelfristigen Projekten diverser Arbeiten an oft entfernten Standorten Bedarf an erfahrenen Spezialisten. Solche Projekte dauern wenige Monate bis einige Jahre, ein genauer Zeitrahmen ist am Anfang kaum abzusehen. Da man für so kurze Zeit niemanden einstellen kann, bleibt nichts als jemanden für die entfernten Standorte zu suchen und den zusätzlichen Aufwand zu vergüten.

Ich hatte einen sehr lukrativen Vertrag für Antwerpen über 6 Monate. Nach Ablauf dieser Zeit hieß es nur, mache sie einfach ohne Vertrag weiter solange das Geld pünktlich kommt. Nach 2 Jahren wurde das Ende der Arbeit absehbar und mir wurde die Fahrerei von über 100.000 km/Jahr neben einem Fulltime-Job 9 Baustellen in 3 Ländern gleichzeitig zu überwachen einfach zu viel. In Antwerpen gibt es eine Kolonie solcher Vertragsspezialisten, die zwischen 500 bis 1000 Mann zählt. Alle profitieren davon, nur deutsche Firmen dürfen so etwas nicht machen - es sei denn über eine Niederlassung im Ausland und keiner hat etwas gewußt.
Zuletzt geändert von emporda am So 24. Feb 2008, 13:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 24. Feb 2008, 13:06

Andreas Müller hat geschrieben:Wie ist es denn heute? Bezahlt der Staat jemandem eine Wohnung, wenn ihm 800 Euro im Monat zur Verfügung stehen?
Ich kenne die gegenwärtigen "Tarife" nicht, ab wann es Wohngeld oder andere Zuschüsse gibt. Aber u.U. schon. Der absolute unterste zugestandene Grundsatz fürs Leben setzt sich zusammen aus ca.
€ 350,-
+ Wohnung (!) (wenn zu teuer muss nach gewisser Zeit umgezogen werde - am Ort(!) - wenn's nichts billigeres, zumutbares gibt muss die Komune diese bereitstellen (Sozialwohnung) oder eben mehr zahlen.
+ Heizung
+ diverse Zuschüsse für diverse Anschaffungen (Kleidung, Einrichtung, Washcmaschinen, Kühlschrank etc ...)

Klaus hat geschrieben:Die Flexibilität der Menschen sollte endlich in eine Flexibilität der Politik umschlagen.
Wer zu Hause hocken bleibt, muss dann eben die Nachteile in Kauf nehmen.
Dies ist schon richtig, nur jede "unfreiwillige Flexibilität", jede erzwungen Felxibilität ist eben eine Zwangsmaßnahme. Nur Politiker und Menschenverächter nennen Zwangsmaßnahmen halt gerne nicht beim Namen.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon emporda » So 24. Feb 2008, 13:14

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Ich kenne die gegenwärtigen "Tarife" nicht, ab wann es Wohngeld oder andere Zuschüsse gibt. Aber u.U. schon. Der absolute unterste zugestandene Grundsatz fürs Leben setzt sich zusammen aus ca.
€ 350,-
+ Wohnung (!) (wenn zu teuer muss nach gewisser Zeit umgezogen werde - am Ort(!) - wenn's nichts billigeres, zumutbares gibt muss die Komune diese bereitstellen (Sozialwohnung) oder eben mehr zahlen.
+ Heizung
+ diverse Zuschüsse für diverse Anschaffungen (Kleidung, Einrichtung, Washcmaschinen, Kühlschrank etc ...)

Jenseits aller wilden Spekulationtn, Angaben dazu findet man beim paritätischen Wohlfahrtsverband
http://www.der-paritaetische.de/index.p ... tlichungen

In dem Beitrag "ZUM LEBEN ZU WENIG" ist auf den letzten Seiten detailliert aufgeschlüsselt, daß ein 1-Personenhaushalt im Jahr 1998 ein Einkommen von 755 €/Monat braucht, worin die Wohung mit 313 € beteiligt ist. Zu 2005 sind 108,5% Teuerung zu berücksichtigen sind. Für das Jahr 2008 sind 800 € noch eindeutig zu wenig, wobei jede Erhöhung der MwSt. direkt dazu zu addieren ist. Das wären dann 113% bis 114% Teuerung oder etwa 857 €/Monat. Das von der Gemeinde bezahlte Wohngeld richtet sich nach diesen Sätzen, wer eine zu große und/oder zu teure Wohung hat, der muß umziehen. Dafür genügen schon 2 m² über der Richtfläche.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon Vompf » Di 26. Feb 2008, 11:44

Wer hat gestern (Montag der 25.02.) WISO im ZDF gesehen?
Da war ein Beitrag über einen alleinerziehenden Vater, der als Arbeitsloser etwa 1500 € netto bekommt. Nimmt er jedoch eine Arbeit als Kraftfahrer an, so würden ihm und seinen Kindern nur noch etwa 850 € im Monat bleiben.
Grund: Als berufstätiger verliert er Zuschussleistungen für seine Kinder.

Fazit: Armes Deutschland!
Kein Wunder dass die Arbeitslosenquote so hoch ist.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon oxnzeam » Di 26. Feb 2008, 14:14

Wer sich für das Thema mit all seinen Facetten interessiert, sollte zu den Arbeiten des kürzlich verstorbenen Philosophen André Gorz greifen, der sich sein Leben lang mit den damit konnonierten wirtschaftswissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Problemen beschäftigt hat.
Auch Erich Fromm hat (u.A. in "Haben oder Sein") in Voraussicht einer Umwälzung unserer Arbeitswelt und Sozialgefüges schon vor Jahrzehnten für die Notwendigleit eines Grundeinkommens sehr einleuchtend plädiert.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon Andreas Müller » Di 26. Feb 2008, 17:14

Allerdings kann man sich auch Geld ansparen, das Grundeinkommen gibt es ja von Geburt an, notfalls kann man sich auch Zuschüsse überlegen. Einkommensteuer besteht ja weiterhin, Mehrwerststeuer ist nur ein Teil der Finanzierung.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon grauseldis » Fr 29. Feb 2008, 14:29

Mich wundert an dieser Diskussion in diesem Forum, wie wenig hier hinterfragt wird, wie das Grundeinkommen finanziert werden kann und wie die finanziellen und sozialen Auswirkungen sind. Die Aussage: "Der, dem das Grundeinkommen nicht reicht, kann sich ja was dazu verdienen." ist mir zu kurz gegriffen. Was ist mit den Alten, Kranken, Behinderten, Gering- und Unqualifizierten, Kindererziehenden und Pflegenden?

Meine Beschäftigung mit dem Thema festigte meine Meinung, dass es sich bei der Vorstellung, es könnte so etwas wie ein "bedingungsloses" Grundeinkommen geben, das das Existenzminimum eines Menschen sichert, um eine Utopie handelt. Durch nichts zu beweisen und leicht zu widerlegen. Falls jemand ein finanzierbares Modell, das das Existenzminimum auf heutigem ALG2- plus Sozialleistungsniveau für Benachteiligte sichert, kennt, bitte Info an mich. Ich suche schon länger danach.

LG Grauseldis
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon emporda » Fr 29. Feb 2008, 15:08

grauseldis hat geschrieben:Mich wundert an dieser Diskussion in diesem Forum, wie wenig hier hinterfragt wird, wie das Grundeinkommen finanziert werden kann und wie die finanziellen und sozialen Auswirkungen sind. Die Aussage: "Der, dem das Grundeinkommen nicht reicht, kann sich ja was dazu verdienen." ist mir zu kurz gegriffen. Was ist mit den Alten, Kranken, Behinderten, Gering- und Unqualifizierten, Kindererziehenden und Pflegenden?
Da stimme ich Dir zu, nur interessiert das wirklich keinen. Da gibt es dann die Aussage das Grundeinkommen wäre über eine erhöhte Mehrwertsteuer zu finanzieren. Um die jetzigen MwSt-Steuern von 115 Mrd. auf die erforderlichen 700 Mrd. zu bringen, braucht man eine MwSt. von über 120%. Dann sind aber 800 - 850 € Grundeinkommen real in Kaufkraft nur so wenig wie die heutige Sozialhilfe, man dreht sich im Kreis.

Sinnvolle Vorschläge dazu gibt es nicht, nur phantastische Spinnereien mit viel hätte, könnte, sollte und müßte
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