Grundeinkommen

Re: Grundeinkommen

Beitragvon ostfriese » Fr 29. Feb 2008, 15:12

Nur eine kleine Bemerkung zur Finanzierbarkeit: Wir werden uns so einiges auf Dauer nicht leisten können. Dazu gehört zum Beispiel das, womit wir normalerweise unsere Ausgaben zu erwirtschaften hoffen: ökonomisches Wachstum. So lange wir keine Lösung des Energieproblems haben, leben wir alle in bedenklicher Weise auf Pump. Die gegenwärtige Praxis ist mindestens so undurchdacht wie die kühnsten Konzepte zum Grundeinkommen. Allerdings ist konventionsgemäß leider nicht in der Beweispflicht, wer einfach nur den Status Quo vertritt.

Und ob ein System funktioniert, misst sich natürlich ganz stark daran, welche ethischen Maßstäbe man anlegt. Wenn man gar keine anlegt, funktioniert jedes...
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon grauseldis » Fr 29. Feb 2008, 17:36

ostfriese hat geschrieben:Nur eine kleine Bemerkung zur Finanzierbarkeit: Wir werden uns so einiges auf Dauer nicht leisten können. Dazu gehört zum Beispiel das, womit wir normalerweise unsere Ausgaben zu erwirtschaften hoffen: ökonomisches Wachstum. So lange wir keine Lösung des Energieproblems haben, leben wir alle in bedenklicher Weise auf Pump. Die gegenwärtige Praxis ist mindestens so undurchdacht wie die kühnsten Konzepte zum Grundeinkommen. Allerdings ist konventionsgemäß leider nicht in der Beweispflicht, wer einfach nur den Status Quo vertritt.


Das jetztige System funktioniert. Und das schon länger als alle anderen, die wir vorher hatten. Ist das nicht Beweis genug?


Und ob ein System funktioniert, misst sich natürlich ganz stark daran, welche ethischen Maßstäbe man anlegt. Wenn man gar keine anlegt, funktioniert jedes...


Das System Grundeinkommen muss sich an den ethischen Maßstäben messen lassen, die es verspricht. Einige Zitate aus diesem Forum:

Ich halte das Grundeinkommen, kombiniert man es mit einem linearen Steuersatz (flat tax), für noch sozialer als die bestehende Regelung.


Das Grundeinkommen ist sehr einfach aufgebaut, sehr transparent, und sozial gerecht.


Oder am Werbeslogan: Bedingungsloses Grundeinkommen entspricht der Würde und Freiheit des Menschen

Und die Finanzierbarkeit solcher Forderungen:
Ich bin dafür, es sollten aber mindestens 800 Euro Grundeinkommen sein und zwar für jeden unterschiedslos ab Geburt, zusätzlich eine allgemeine Gesundheitsfürsorge, für alle verpflichtend, Abschaffung der Privaten, Abschaffung von staatlicher Rente, Bafög, Arbeitslosigkeitsversicherung, Beibehaltung der betrieblichen Unfallversicherung, Abschaffung auch des Kindergelds. Finanzierung weniger durch Steuern (die Lohnnebenkosten könnte man drastisch senken), sondern durch eine deutliche Erhöhung der Mehrwersteuer wie etwa in Schweden.


müsste bei einer ernsthaften Diskussion ebenfalls nachgewiesen werden. Sonst hat sie für mich was von einem Spaghettimonster.

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Re: Grundeinkommen

Beitragvon ostfriese » Fr 29. Feb 2008, 20:04

grauseldis hat geschrieben:Das jetztige System funktioniert. ... Ist das nicht Beweis genug?

Ein Rennwagen ohne Lenkung, der mit wachsender Geschwindigkeit auf eine Wand zurast, funktioniert auch. Beweis genug?

Im übrigen: Frag mal die Kids auf den Müllbergen von Manila oder Mexico City, wie gut das System funktioniert. Wie gesagt: alles eine Frage der Maßstäbe...
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon grauseldis » Sa 1. Mär 2008, 07:46

ostfriese hat geschrieben:Ein Rennwagen ohne Lenkung, der mit wachsender Geschwindigkeit auf eine Wand zurast, funktioniert auch. Beweis genug?


Im Falle unseres Wirtschaftssystems wird diese Wand schon seit den 1970iger Jahren vermutet. Durch ständige Kursänderungen ist sie bisher noch nicht aufgetaucht. Wo ist dein Beweis, dass das Grundeinkommen, so wie es propagiert wird, zumindest rechnerisch funktioniert?

Im übrigen: Frag mal die Kids auf den Müllbergen von Manila oder Mexico City, wie gut das System funktioniert. Wie gesagt: alles eine Frage der Maßstäbe...


Wir können die Müllprobleme in Manila oder Mexico City gerne in einem anderen Thread diskutieren. Hier drängt sich mir der Eindruck auf, dass du vom Thema Grundeinkommen in Deutschland ablenken willst. Denn dieses hat rein garnichts mit den Müllbergen anderer Länder zu tun.

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Re: Grundeinkommen

Beitragvon emporda » Sa 1. Mär 2008, 10:06

grauseldis hat geschrieben:Im Falle unseres Wirtschaftssystems wird diese Wand schon seit den 1970iger Jahren vermutet. Durch ständige Kursänderungen ist sie bisher noch nicht aufgetaucht. Wo ist dein Beweis, dass das Grundeinkommen, so wie es propagiert wird, zumindest rechnerisch funktioniert?Grauseldis

Rechnerisch auf dem Papier hat der Kommunismus nach Karl Marx auch funktioniert.

Durch Praxis vielfach bewiesen überlebt kein System, in dem Lewistung und Ehrgeiz bestraft, dafür aber Faulheit und Abzockerei belohnt werden werden. Warum sind all die großen Weltreiche untergegangen, in denen man so prächtig das faule Leben genießen konnte mit dem Geld, das man Dritten abgepreßt und/oder gestohlen hat. Einmal gründlich korrumpiert kann man die Menschen nicht per Schalter wieder zurückstellen, sondern muß warten bis die verhunzte Generation ausstirbt.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon Klaus » Sa 1. Mär 2008, 10:37

Grauseldis hat geschrieben:Hier drängt sich mir der Eindruck auf, dass du vom Thema Grundeinkommen in Deutschland ablenken willst. Denn dieses hat rein garnichts mit den Müllbergen anderer Länder zu tun.

Das ist doch schonn sehr blauäugig zu nennen, oder naiv. Unser ganzer Sozialstaat ist doch, nicht nur, aber schon mit den Müllbergen anderer Länder aufgebaut. Der Reichtum des Westens ist begründet in der Kolonialpolitik vergangener Jahrhunderte. Je größer die Müllberge in der dritten Welt, um so besser geht es uns. Wir haben ganz einfach all die schmutzigen Probleme in andere Gebiete verlagert. Und wenn Deutschland Exportweltmeister ist, tut es sehr viel dazu, dass es anderen nicht so gut geht. Die Armut der dritten Welt ist historisch gewachsen. Mit dem Reichtum konnte man hier die Arbeitnehmer sozial korrumpieren, so dass Arbeitskämpfe sehr moderat ablaufen, Diese Mechanismen wirken seit Jahrzehnten. Auch wenn heute Ärzte streiken wie die Proleten, vor Jahren noch undenkbar, ist das ein Ausdruck matter sozialer Unzufriedenheit.
Es gibt genügend Modelle zur Finanzierung eines Grundeinkommens. Das ist aber ein gesamtgesellschaftliches Problem, z.B. warum leisten wir uns 16 Regierungen in Deutschland, mit allen strukturellen Notwendigkeiten, das kostet uns Millionen. Warum muss Bayern in Berlin eine Ländervertretung haben, jedes andere Bundesland hat das auch, aber die Kosten könnten durch eine Reform der Länderstruktur erheblich gesenkt werden. Nur welcher Politiker schafft sich schon selbst ab. 6 Bundesländer würden vollkommen genügen.
Wieviel kostet uns die Verwaltung der Arbeit und der Armut?
Brauchen wir eine kostenverschlingende Bundeswehr auf der Basis einer Wehrpflicht?
Brauchen wir ein Beamtentum, dass uns mehr schadet als nützt?

In der Weimarer Republik hatte das zuständige Bildungsministerium ungefähr 40 Beamte, die haben den ganzen Schulkram verwaltet, Deutschland war zu der Zeit bildungsmäßig unter den Top 10 weltweit. Heute haben wir über 3000 Beamte und Pisa.

Dieser Staat ist zu teuer und muss reformiert werden, ich habe keine Idee wie das gegen die politischen Widerstände aller Parteien gemacht werden soll. Wenn wir eine effiziente Verwaltung hätten, warum den Staat nicht ähnlich organisieren wie eine Aktiengesellschaft, die Politiker haften persönlich für ihr tun? Die Politiker sind dem Wähler rechenschaftspflichtig, nicht vor Gott.
Das ist ist nicht vollständig, nur Denkanstösse.
In den 60iger Jahren hatte man in sozialen Studien festgestellt, dass 20% der weltweit arbeitenden Menschen, den Rest der Menschheit versorgen könnten. Und, bis jetzt gibt es keine politischen Szenarien, Strategien, solchen massiven Arbeitsplatzverlusten entgegenzuwirken. Das Kapital befindet sich mit der Globalisierung im 3.Jahrtausend. Die national-staatliche Verwaltung noch im 19.ten Jahrhundert.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon stine » Sa 1. Mär 2008, 10:53

emporda hat geschrieben:Durch Praxis vielfach bewiesen überlebt kein System, in dem Leistung und Ehrgeiz bestraft, dafür aber Faulheit und Abzockerei belohnt werden werden. Warum sind all die großen Weltreiche untergegangen, in denen man so prächtig das faule Leben genießen konnte mit dem Geld, das man Dritten abgepreßt und/oder gestohlen hat. Einmal gründlich korrumpiert kann man die Menschen nicht per Schalter wieder zurückstellen, sondern muß warten bis die verhunzte Generation ausstirbt.


Du bist zwar, wie immer, knallhart, aber diesmal sprichst du mir aus dem Herzen, lieber emporda. :mg:

LG stine
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon grauseldis » Sa 1. Mär 2008, 11:03

emporda hat geschrieben:Rechnerisch auf dem Papier hat der Kommunismus nach Karl Marx auch funktioniert.


Hallo emporda,

das Grundeinkommen funktioniert noch nicht mal auf dem Papier. Wenn es die von mir schon zitierten Punkte erfüllen soll, mit denen geworben wird.

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Re: Grundeinkommen

Beitragvon grauseldis » Sa 1. Mär 2008, 11:08

Klaus hat geschrieben:Das ist doch schonn sehr blauäugig zu nennen, oder naiv. Unser ganzer Sozialstaat ist doch, nicht nur, aber schon mit den Müllbergen anderer Länder aufgebaut.


Was würde ein Grundeinkommen daran ändern?

Es gibt genügend Modelle zur Finanzierung eines Grundeinkommens.


Aber keines, das - wie propagiert - zu mehr sozialer Gerechtigkeit führt. Es sei denn, man versteht unter sozialer Gerechtigkeit das sozialverträgliche Frühableben derjenigen, die nicht (mehr) arbeiten können.

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Re: Grundeinkommen

Beitragvon emporda » Sa 1. Mär 2008, 12:06

Klaus hat geschrieben:In der Weimarer Republik hatte das zuständige Bildungsministerium ungefähr 40 Beamte, die haben den ganzen Schulkram verwaltet, Deutschland war zu der Zeit bildungsmäßig unter den Top 10 weltweit. Heute haben wir über 3000 Beamte und Pisa.

Das Amt für Wasser- und Binnenschiffahrt hat etwa 14.000 Beamte und es existieren noch rund 6000 Binnenschiffe. Zu jedem Partikulier gehören mehr staatliche Sesselfurzer als Basatzungmitglieder, deren risikofreien späteren Pensionsansprüche höher sind, als das was der Schiffseigner mit 16 h Arbeit pro Tag verdient.

Wer aber glaubt eine staatliche Drohnenkaste würde sich selber Leistung verschreiben oder gar teilweise abschaffen, der ist eigentlich reif für die Gummizelle um dort das Buch von Northcote Parkinson zu lesen
http://en.wikipedia.org/wiki/C._Northcote_Parkinson
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon Klaus » Sa 1. Mär 2008, 12:58

Wer aber glaubt eine staatliche Drohnenkaste würde sich selber Leistung verschreiben oder gar teilweise abschaffen, der ist eigentlich reif für die Gummizelle um dort das Buch von Northcote Parkinson zu lesen

So ist es emporda, alle wissen, dass wir uns so ein Monstrum von Staat nicht leisten können, aber alle reden schön drumherum.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon ostfriese » Sa 1. Mär 2008, 13:45

grauseldis, die beiden letzten Beiträge von emporda und Klaus beantworten Dir vielleicht die Frage, was die Fehler unseres Systems mit der Finanzierbarkeit eines Grundeinkommens zu tun haben.

Das Problem der Finanzierbarkeit ist jedenfalls für sich genommen kein Argument gegen das bedingungslose Grundeinkommen, die Mittel wären an anderer Stelle einsparbar. Gänzlich irrelevant und je nach Maßstab sogar falsch ist die Behauptung, das gegenwärtige System (welches nun mal ein globales, nicht auf Deutschland beschränktes ist) funktioniere. Viel gewichtiger ist das Argument der fehlenden Anreize, das emporda weiter oben ausgeführt und dem stine sich angeschlossen hat.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon emporda » Sa 1. Mär 2008, 14:05

ostfriese hat geschrieben:grauseldis, die beiden letzten Beiträge von emporda und Klaus beantworten Dir vielleicht die Frage, was die Fehler unseres Systems mit der Finanzierbarkeit eines Grundeinkommens zu tun haben.

Das Problem der Finanzierbarkeit ist jedenfalls für sich genommen kein Argument gegen das bedingungslose Grundeinkommen, die Mittel wären an anderer Stelle einsparbar. Gänzlich irrelevant und je nach Maßstab sogar falsch ist die Behauptung, das gegenwärtige System (welches nun mal ein globales, nicht auf Deutschland beschränktes ist) funktioniere. Viel gewichtiger ist das Argument der fehlenden Anreize, das emporda weiter oben ausgeführt und dem stine sich angeschlossen hat.

Die zuletzt auf Umverteilung basierenden und gescheiterten Systeme haben ihren Teilnehmern hemmunglos und entgegen jeglicher Fakten die Illusions vermittelt, man hätte den Stein der Weisen gefunden und gleich Übermorgen wäre das Paradies perfekt.

Die UDSSR hat gezielt über Jahrzehnte ihre Satelliten ausgebeutet und auf deren Kosten gelebt. Die Werften der DDR und Polen haben zu über 75% ihrer Kapazität Schiffe für die UDSSR gebaut, sie haben dafür Valutawerte bekommen, die etwa 60% des Markpreises deckten und nicht einmal ausreichten das Material voll zu bezhalen. Der jeweilige Staat mußte für die Differenz aufkommen. Bei der CSSR waren es Produkte der Schwerindustrie wie Lkws, Schienenfahrzeuge, Panzer usw., die Systematik war identisch und von Hundertausenden Soldaten der UDSSR gestützt.

Dank dieser Ausbeuterkultur hat Rusland es nicht nötig gehabt die eigene Industrie zu modernisieren bw. konurrenzfähig auf moderne Technik zu trimmen. Man konnte sich sinnlosen Verschleiß und extreme Mißwirtschaft leisten, alles eingebettet in eine irreale Ideologie. Als der Eigenbedarf der Satellitenstaaten größer wurde, deren Wirtschaftssystem aber mangels Investitionen immer mehr verrottete und urpoduktiv wurden, war das Ende unabwendbar.

Wer in Kenntnis solch geschichtlicher Fakten ein Grundeinkommen zur Mästung von Faulpelzen und Abzockern propagiert, dem sollte man einen kostenlosen Hinflug nach Nordkorea spendieren. Nur Druck und Leistungszwang hält ein System fit und konkurrenzfähig
Zuletzt geändert von emporda am Sa 1. Mär 2008, 14:55, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon ostfriese » Sa 1. Mär 2008, 14:26

Wenn man die irrelevanten Bemerkungen zum "real existierenden Sozialismus" subtrahiert, sind Deine Ausführungen eine Wiederholung des Anreiz-Arguments, dem ich bereits zugestimmt habe.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon grauseldis » Sa 1. Mär 2008, 16:34

ostfriese hat geschrieben:grauseldis, die beiden letzten Beiträge von emporda und Klaus beantworten Dir vielleicht die Frage, was die Fehler unseres Systems mit der Finanzierbarkeit eines Grundeinkommens zu tun haben. Das Problem der Finanzierbarkeit ist jedenfalls für sich genommen kein Argument gegen das bedingungslose Grundeinkommen, die Mittel wären an anderer Stelle einsparbar.


ostfriese, die Beiträge von Klaus und dir, nicht von emporda, verstehe ich so, dass ihr glaubt, dass das bedingungslose Grundeinkommen aus dem Wegfall der "überflüssigen Bürokratie" finanziert werden kann. Einen Beweis bleibt ihr schuldig. Genauso wie ihr nicht darüber nachdenkt, was der Wegfall dieser staatlichen Leistungen tatsächlich bedeutet. Staatsausgaben fallen nicht nur für angeblich sesselpupsende Wasserschifffahrtsbeamten an, sondern noch für viele andere Dinge. Dieser Glaube daran, dass es ohne Einschräkunkungen irgendwie machbar sei, ist mir schon bei anderen Diskussionen zum Thema begegenet. Mich wundert nur, dass es in diesem Forum auch so ist.

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Re: Grundeinkommen

Beitragvon Klaus » Sa 1. Mär 2008, 16:57

Ein Teil des Grundeinkommens kann aus wegfallender Bürokratie bezahlt werden. ebenso können wir nicht mehr mit deutlichen Steigerungsraten in der Wirtschaft kalkulieren. Hier ist ein Punkt erreicht, an den die Erde an ihre Grenzen kommt.
Schauen wir über den Gartenzaun, Dänemark hat die Staatsausgaben seit 6 JAhren eingefroren, das Land leistet sich z.B. eine Krankenkasse, wer Zusatzleistungen will muss das extra Bezahlen.
Finnland sichert Kindern einen Unterhalt bis zum 18 Lebensjahr durch die Eltern zu. Danach ist Schluß. Jugendliche werden über günstige Kredite durch den Staat finanziert, bis hin zur Eigentumswohnung und Haus, dieses Land hat auch noch die besten Ergebnisse in der PISA - Studie.
Norwegen benutzt seine immensen Devisenreserven, z.Zt. mehr als 60Mrd. US$ um die Rente der Menschen sicherzustellen.
Das bedeutet, Aufgabe einer Preispolitik in den Waren des täglichen Bedarfs die wie in Deutschland subventioniert daher kommt. Wir subventionieren Steinkohle auf Teufel komm raus.
Wir leben über unsere Verhältnisse, wie lange geht das noch gut?
Französische, hochwertige Nahrungsmittel sind in Deutschland billiger zu haben als< im Erzeugerland. Die Liste ließe sich fortsetzen.
Wenn man über ein funktionierendes Grundeinkommen dikutieren will, muss alles andere auch zur Disposition stellen, ohne dem geht das nicht.
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon ostfriese » Sa 1. Mär 2008, 17:02

grauseldis, Du forderst einen theoretischen "Beweis" ein, den selbstverständlich niemand erbringen kann. Ebenso wenig kann irgendjemand theoretisch oder praktisch "beweisen", dass wir uns das derzeitige globale sozioökonomische System leisten können. Deshalb ist Deine Forderung sinnlos und für sich genommen nicht geeignet, irgendwelche Argumente der Befürworter des Grundeinkommens zu entkräften.

emporda ist da einen Schritt weiter als Du. Wobei ich mir nicht anmaßen würde, dies auf die gehobene Diskussionskultur des Brights-Forums zurückzuführen... ;D
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon webe » Sa 1. Mär 2008, 22:28

Zu dem Thema Grundeinkommen hat der ehemalige Bundeskanzler Schmidt folgende Ansicht geäussert:

Ein gesichertes Grundeinhommen für Jedermann wäre durchaus machbar, nur nicht angebracht aus Gründen mit zu rechnender Verweigerung vieler Empfänger in Richtung Arbeitswilligkeit .
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Re: Grundeinkommen

Beitragvon stine » So 2. Mär 2008, 10:31

Da wir uns augenblicklich von der sozialen Marktwirtschaft so weit wegbewegen, wie nie zuvor seit Bundeskanzler Ludwig Erhard, ist ein Grundeinkommen sowieso in derart weite Ferne gerückt, dass jeder Gedanke daran sinnvoller gedacht werden könnte.
Wir können froh sein, wenn die jetzt üblichen Stützen erhalten werden können.

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Re: Grundeinkommen

Beitragvon oxnzeam » So 2. Mär 2008, 15:12

Ein m.E. wichtiger und praxisbezogener Aspekt wird in der öffentlichen Diskussion ziemlich vernachlässigt: Das Geben-Nehmen-Modell der Bürgerpartizipation an sozialen Grundsicherungssystemen. Weit über die bestehenden Leistungen von Zivildienst und 'Sozialem Jahr' bestehen Möglichkeiten und Notwendigkeiten, jeden (gesunden) Bürger mit künftigem Anspruch auf Grundeinkommen zu öffentlicher 'Bürgerarbeit' heranzuziehen; gerade in Bereichen, die bisher von Kommunen und Staat teuer finanziert werden müssen (kommunale Dienste, soziale Versorgungsleistungen, Verkehrs- und Umweltaufwendungen, Bildungswesen etc.)
Die weitere Veränderung der Arbeitswelt und der Alterspyramide wird das ohnehin erfordern.
Als Nebeneffekt würde wohl die bestehende Stigmatisierung durch 'niedrige' Tätigkeiten wie Müllabfuhr, Strassenfegen etc. verschwinden, da allgemeinverbindlich.
Wenn man die Rechnung (wir bitten die Wirtschaftsmathematiker um Auswurf!) unter diesem Aspekt neu aufmacht, bleibt vielleicht noch 'n fettes 'Trinkgeld' hängen... :^^:
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