Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon stine » Fr 21. Jan 2011, 15:03

Dank solch gelungener Einzelbeispiele kann man nun aber nicht ein ganzes System in Frage stellen.
Man müsste sich nun auch die Erziehung der Mutter anschauen und das Umfeld, in dem beide leben.

Dass die Medien immer mehr Einfluss nehmen können, weil sie ein Vakuum auffüllen müsssen, das dürfte nicht zu leugnen sein.

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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 21. Jan 2011, 15:27

stine hat geschrieben:Dank solch gelungener Einzelbeispiele kann man nun aber nicht ein ganzes System in Frage stellen.
Man müsste sich nun auch die Erziehung der Mutter anschauen und das Umfeld, in dem beide leben.
Ach stine, laß es bitte.
Deinen verbohrten Fanatismus in diesem Bereich wirst du hier nicht loswerden, aber auch nicht anderen hier (zumindest den meisten) überstülpen können
Du hast hier eine feste Meinung(einen Glauben - und wir wissen, dass es so nicht ist. :mg:

stine hat geschrieben:Dass die Medien immer mehr Einfluss nehmen können, weil sie ein Vakuum auffüllen müsssen, das dürfte nicht zu leugnen sein.
Welches Vakuum müssen sie denn füllen?
Zwei Arten der Hervorhebung, denn dies sind für mich zwei Fragen. Solange du dies nicht klar definierst, leugne ich nicht, widerspreche dir nicht, stimme dir aber auch nicht zu.
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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon ganimed » Fr 21. Jan 2011, 15:30

Wegen eines Gleichnisses und der Erwähnung des Wortes "Talente" gilt bei dir "beruflicher Erfolg" als christlicher Wert? Das ist kühn und erheitert mich.

Was ist mit dem Kamelohr, durch das keine Nadel passt, will sagen, verschenket all euer Hab und Gut und folget mir nach. Baut keine Kornspeicher auf Sand, die ihr doch nicht mit in den Tod nehmen könnt. So oder so ähnlich. Aus diesen ganzen Geschichten könnte man dann doch dreimal den christlichen Wert der "Armut" ableiten (die Franziskaner machten das beispielsweise doch so). Soweit ich sehe, wird dieser christliche Wert von unserer ganzen Gesellschaft nicht nur nicht aktiv vermittelt, sondern sogar aktiv ins Gegenteil verkehrt, nämlich eben durch den Gegenwert "Erfolg im Beruf". Ich habe den Verdacht, dass hier völlig frei, bestimmte christliche Werte, welche unschön sind, unter den Teppich gekehrt werden und andere, eigentlich fremde Werte, als eigene vereinnahmt werden.

stine hat geschrieben:Aktiv vermitteltete christliche Werte wären zB die Rücksichtnahme und das gegeseitige Helfen.

Wie sieht die aktive Vermittlung aus? Wie vermittelt man "Rücksichtnahme" im Unterricht? Liest der Religionslehrer pro Stunde immer mal wieder gebetsmühlenartig vor: "ihr sollt Rücksicht nehmen und euch gegenseitig helfen!" in der Hoffnung, dass dieser Imperativ die Schüler positiv beeinflusst?

Und wieso werden diese Werte ohne Zweifel auch in chinesischen Schulen vermittelt? Die sind doch gar nicht christlich drauf? Wie genau kommst du also darauf, dass es sich um christliche Werte handelt?

stine hat geschrieben:Das Vorleben ist keine aktive, sondern eine passive Vermittlung. Aktive Vermittlung geschieht über lesen, schreiben, auswendig lernen.

Ich glaube das stimmt nicht. Klingt so als hättest du dir das passend als Argument zur Unterstützung einer in Seenot geratenen Position ausgedacht. Eine Erziehung durch Vorleben ist natürlich aktiv und dazu höchst effektiv. Und natürlich gehört zur aktiven Erziehung auch das Ermahnen und Loben. Machen das deine Religionslehrer auch? Ich finde es Unsinn anzunehmen, dass man Werte durch vorlesen (ob aktiv oder passiv) vermitteln könnte. Im Religionsunterricht wird Wissen um Werte vermittelt, sie werden möglicherweise anhand von biblischen Texten oder an aktuelleren Quellen illustriert. Aber sie werden dort nicht vermittelt.
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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon stine » Fr 21. Jan 2011, 16:14

Klar, dass meine Erklärungen auf Unverständnis treffen.
Es geht darum, festzustellen, dass unsere heutige (gestrige?) westliche Leitkultur (ich weiß, auch das ist ein Unwort) ein Relikt aus religiös, christlich geprägter Vergangenheit ist.
Die Leitkultur anderer Länder, östlicher oder fernöstlicher, ist ebenfalls auf deren religiöser oder staatskonformer Kultur aufgebaut. Die Werte , die eine Gesellschaft die ihren nennt, sind jeweils kulturell überliefert; von mir aus durch Vorleben und Märchen erzählen, ändert aber nichts an der Tatsache dass sie AKTIV beigebracht wurden. In unserem Kulturkreis ist das eben christlich und in China ist das wahrscheinlich maoistisch oder shintoistisch.

Ich stelle jetzt einfach mal die Gegenfrage: Woher stamnmt unsere westliche Leitkultur oder haben wir keine?

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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon ganimed » Fr 21. Jan 2011, 23:53

Unsere westliche Leitkultur stammt aus dem Christentum, da stimme ich dir zu. Aber unsere Kultur ist inzwischen nicht mehr nur christlich geprägt und ich meine die Werte sind es am wenigsten.

Du meinst, unsere Kultur entstammt dem Christentum und deshalb sind heute alle Werte christlich.
Ich würde sagen, unsere Kultur ist teilweise christlich geprägt und weist inzwischen aber zahlreiche andere Einflüsse auf, ist inzwischen praktisch säkular. Unsere Werte sind in ständigem Umbruch (du selbst beklagst ja den Verlust der alten Werte, von denen du meinst, sie seien christlich und würden uns fehlen). Mag sein, dass ein paar alte Werte durch christliche Traditionen gefördert wurden. Aber dasselbe kann man sicher von Humanismus und Aufklärung sagen, die ja auch eine lange Tradition in Europa haben (vielleicht nicht 2000 Jahre aber ein paar Jahrhunderte schon). Und spätestens seit den 68ern ist klar, dass unsere Werte ständig auf dem Prüfstand stehen und sich aber mal ganz schnell verändern können.

Die Frau, die dem Manne untertan sein und hauptsächlich viele Kinder gebären soll, ist beispielsweise noch am ehesten ein christliches Ideal. Glücklicherweise haben wir das größtenteils überwunden und das hätten wir nicht tun können, wenn deine Vereinfachungen stimmen würden, und wir alle christlichen Werte aktiv und erfolgreich vermitteln würden. Im Gegenteil, fast alle Neuerungen und Modernisierungen und Liberalisierungen der letzten Jahrhunderte entstanden dadurch, dass wir christliche, veraltete Werte über Bord geworfen haben (genau das meint ja die Aufklärung). Unseren heute erreichten Stand in Bezug auf die Werte "christlich" zu nennen, ist insofern eine Frechheit.
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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon stine » Sa 22. Jan 2011, 11:03

ganimed hat geschrieben:Unseren heute erreichten Stand in Bezug auf die Werte "christlich" zu nennen, ist insofern eine Frechheit.
Nun übertreib mal nicht! :mg:
ganimed hat geschrieben:Die Frau, die dem Manne untertan sein und hauptsächlich viele Kinder gebären soll, ist beispielsweise noch am ehesten ein christliches Ideal.
Siehst du, genau das glaub ich gar nicht mal. Wo steht das genau?
Im alten oder im neuen Testament? Das NT wäre die Frohbotschaft für gläubige Christen.
Ich glaube, dass das dieses Bild aus einer Politära stammt, wo man froh war, wenigstens für alle Männer einen Arbeitsplatz bereitstellen zu könnnen. Wo die Männer für die fleißige Hausfrau noch die Waschmaschine erfinden durften und zu Hause dafür ein Leckeressen erwarten konnten.
ganimed hat geschrieben:Und spätestens seit den 68ern ist klar, dass unsere Werte ständig auf dem Prüfstand stehen und sich aber mal ganz schnell verändern können.
Werte , die sich ständig verändern, sind im Wesentlichen keine. Grundlegende Verhaltensweisen sind einfach nur notwendig, um das soziale Miteinander verträglich machen. Dass auch die sozialverträglichen Verhaltensweisen mehr und mehr aufgeweicht werden ist eben genau das Dilemma.
Und so nerv ich eben nochmal: Kinder aus konservativen Elternhäusern fallen hier weniger aus ihrer Rolle, als andere. Jugendliche aus konservativen Elternhäusern machen in der Regel ihren Schulabschluss und studieren oder machen eine Lehre.
Die 68er Generation war die erste, die Gott und die Religionen in Frage gestellt hat und das Wort Liebe auf einen ganz anderen Nenner herunter brach. Die antiautoritäre Erziehung folgte und den Menschen ist plötzlich nichts mehr heilig.
Akademiker wachsen wie Pilze aus dem Boden, die Wissenschaften werden hochgelobt und Bildung wird zur inflationären Ware. Um mal beim Threadtitel zu bleiben: Die Medien verbreiten genau das Beschriebene und das Volk, das vorher dem Pfarrer gehorchte, gehorcht nun den akademischen Marktschreiern, weil man möchte ja nicht als dumm gelten, nur weil man eine andere Sichtweise pflegt, als die überall propagierte.

Ich gebe dir natürlich recht darin, dass die christliche Kultur aufgeweicht wurde und die Aufklärung die Kirchenfürsten in ihre Schranken verwies, ich finde das auch richtig und wichtig. Ich bin mir nur nicht ganz darüber im Klaren, was passiert, wenn man den Menschen ihren Glauben und ihre Religion gänzlich nimmt. Ich denke, man erreicht damit das Gegenteil und schafft kleine fundamentalistische Zirkel. Ich bin mir auch nicht im Klaren darüber, ob das Verdammen der Religion und die völlige Trennung vom Staat nicht ganz neue ungewollte Verhaltensweisen hervorbringt. Den ethischen Einspruch der Kirchen in manche politische Debatte halte ich für das rechte Zünglein an der Waage.

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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon ganimed » Sa 22. Jan 2011, 23:59

stine hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Die Frau, die dem Manne untertan sein und hauptsächlich viele Kinder gebären soll, ist beispielsweise noch am ehesten ein christliches Ideal.

Siehst du, genau das glaub ich gar nicht mal. Wo steht das genau?

Das neunte Gebot beispielsweise: "Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib". Offenbar richten sich die Gebote also nur an Männer (und lesbische Frauen). Will sagen, Frauen kommen fast gar nicht vor. Kein Wunder, denn die Bibel wurde in einer sehr patriarchisch orientierten Kultur geschrieben.

Und du selber behauptest ja auch, dass unsere Kultur christlich begründet war. Und früher (eigentlich bis vor wenigen Jahrzehnten) war das mit der Frauenrolle am Herd hier im christlichen Abendland so. Was bringt dich auf die Idee, dass so ein wichtiges Merkmal unserer ehemaligen Kultur nun plötzlich nichts mit dem Christentum zu tun hätte?

Ich ahne, was dich auf diese Idee bringt: alle Werte, die du persönlich magst, definierst du als christlich und findest in diesem ewig dicken Bibelbuch sicher auch die eine oder andere Stelle, die das scheinbar rechtfertigt. Ein Wort "Talente" reicht ja praktisch schon. Und alle unangenehmen Aspekte, die in der Bibel kapitelweise behandelt werden, die aber heutzutage nicht mehr schick sind, streichst du geflissentlich als "altes Testament, wird heute ja gar nicht mehr so gesehen, ist kein christlicher Wert, wo steht das genau". Ja, ja, so baut sich jeder seine ganz eigene Welt.
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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon Lumen » So 23. Jan 2011, 05:25

Aufklärung (WP) hat geschrieben:Historisch versteht man [unter der Aufklärung] vor allem politische, wissenschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in Europa und Nordamerika seit den Religionskriegen, deren Errungenschaften bereits im 18. Jahrhundert als epochal gewürdigt wurden […] Die zentralen Positionen, die im Lauf des 17. Jahrhunderts von „aufgeklärten“ Philosophen gegen Alleingültigkeitsansprüche einzelner Religionen in Anschlag gebracht werden, finden sich in der theologischen Kontroverse selbst vorbereitet: In der Reformation begegneten sich die Konfessionen wechselseitig mit Betrugsvorwürfen. […] Jurisprudenz, Staatstheorie. Die Kontroversen um Staat, Religion und individuelle Freiheit der Religionsausübung mit der Neuordnung Europas im Anschluss an Reformation, den Dreißigjährigen Krieg und die englischen Revolutionen von 1641/42 und 1688/89 ergaben, führten in eine gesamteuropäischen Staats- und Rechtsdiskussion.


Kurzum: unsere Werte und Rechtsauffassungen stammen nicht aus dem christlichen Mittelalter. Auch haben sich angebliche christliche Werte nicht bruchlos erhalten. Es ist schlicht Geschichtsrevisionismus, so zu tun als habe es eine saubere Gutmenschen-Tradition des Christentums gegeben, die sich bis heute erhalten haben. Dem ist einfach nicht so. Diese ganze Behauptung von christlichen Werten ist schlicht Blödsinn, oder Leute wie Christian Wulff beziehen sich auf andere Sachen (was aber aus ihrem Reden nicht ersichtlich wird).
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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon musicman » So 23. Jan 2011, 08:11

1von6,5Milliarden hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Dank solch gelungener Einzelbeispiele kann man nun aber nicht ein ganzes System in Frage stellen.
Man müsste sich nun auch die Erziehung der Mutter anschauen und das Umfeld, in dem beide leben.
Ach stine, laß es bitte.


Stine liegt hier schon richtig, gut möglich dass die oben zitierte Mutter (alleinerziehend?) aus einem bürgerlich Elternhaus mit christlichen Wurzeln stammt, sich davon emanzipierte, die tradierten Werte aber durch Erziehung verinnerlicht und somit weitergibt.

Es sind die alleinerziehenden Mütter aus Freiburg Wiehre - wer aus der Gegend ist weiß was ich meine - die sich am Sonntagmorgen in http://www.omas-kueche.de in der Hildastraße treffen, um beim Caffè macchiato die Emanzipation voran zu bringen, während sich eine staatl. anerkannte Erzieherin evtl. sogar ausgebildet in Montessori-Pädagokig um die Kleinen kümmert und der Lebensabschnittspartner zu Hause den Risotto anbrennen läßt.
Alternativ-akademisches Bildungsbürgertum mit hohem ethischem Anspruch, Abitur womöglich am
http://www.st-ursula-freiburg.de mit anschließendem Studium der Germanistik an der hiesigen, altehrwürdigen Albert-Ludwigs-Universität, Husserl läßt grüßen, oder Fachhochschule für Sozialpädagokik, einige auch mit einem Zwischenstop am Prenzlauer Berg um alternative Lebensformen zu erkunden.

Da funktioniert das mit dem Humanismus natürlich, fahren wir aber mit der Staßenbahn ein paar Meter weiter und steigen in Weingarten oder Haslach aus, wird es finster mit der Vermittlung humanistischer Ideale.
Der Humansimus als Institution der Wertevermittlung beschränkt sich mE auf den akademischen Mittelstand, den wir auch in Foren wie diesem vorwiegend antreffen, aber gesamtgesellschaftlich ist das verschwindend gering - man sehe sich nur einmal die Mitgliedszahlen hier im Forum an - und wird von den Mitgliedern dieses elitären Zirkels maßlos überschätzt.
Leute, das ist nicht das real life, das sollte man nicht vergessen und für den Normalverbraucher sind ein paar christliche Grundregeln wie nicht klauen ect. gar nicht mal so schlecht und wenn sie sich auch nur daran halten, weil sie Angst haben später in der Hölle zu braten, ich habe damit keine Probleme.

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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon ganimed » So 23. Jan 2011, 20:04

Zu der Behauptung, dass das Gebot "du sollst nicht stehlen" ein christlicher Wert ist, würde Christopher Hitchens Standardrede gut passen (noch ein paar Dutzend Videos und ich begreife mich als Hitchens-Experte). Er sagt so ungefähr: soll man im Ernst glauben, dass damals beim jüdischen Volk, bevor es zum Berg Sinai kam, auf der langen Wanderung dorthin, Mord, Diebstahl und Vergewaltigung an der Tagesordnung war? Und erst als die Steintafeln empfangen wurden ein Raunen durch die Masse ging: ach so, das darf man alles nicht?
Die goldene Regel (was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andren zu) und grundlegende Formen von Sitte und Anstand waren auch damals schon absolut unverzichtbar für gesellschaftliches Zusammenleben und gehörten von Anfang an zum modernen Menschen, lange bevor im nahen Osten bestimmte Ausprägungen der Religion ihren Anfang nahmen. Stehlen ist in jeder Kultur verboten. Kann also nichts mit dem Christentum zu tun haben.

Dass unser Abitur-Blickwinkel hier im Forum sehr eingeschränkt ist und breite Schichten und Millieus um uns herum ganz anders ticken, ist sicher richtig. Grundlegende Ethik und Moral ist aber zum Glück überall verbreitet. Was vermutlich in sozial schwachen Kreisen fehlt, ist einfach die Erziehung, zumal gute. Daran ändert aber auch das Christentum nichts.
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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon musicman » Mo 24. Jan 2011, 07:31

ganimed hat geschrieben:Zu der Behauptung, dass das Gebot "du sollst nicht stehlen" ein christlicher Wert ist, würde Christopher Hitchens Standardrede gut passen (noch ein paar Dutzend Videos und ich begreife mich als Hitchens-Experte). Er sagt so ungefähr: soll man im Ernst glauben, dass damals beim jüdischen Volk, bevor es zum Berg Sinai kam, auf der langen Wanderung dorthin, Mord, Diebstahl und Vergewaltigung an der Tagesordnung war? Und erst als die Steintafeln empfangen wurden ein Raunen durch die Masse ging: ach so, das darf man alles nicht?


Hitchens tappt wie auch Dawkins (und die meisten populärwissenschaftlichen Atheisten) in die selbe Falle, sie argumentiern aus einem fundamentalistischen Blickwinkel auf die Bibel, gerade so als hätten sie die letzen 200 Jahre nicht mitbekommen und noch nie etwas von Intratextualität oder Exegese gehört. Sie begeben sich somit unnötig auf die Ebene von unterbelichteten Evangelikalen mit einem IQ von unter 80. Das Ergebnis ist bekannt u.a. durch die Diskussion bei Kerner, wo Dawkins von Heiner Geissler gnadenlos an die Wand genagelt wurde. Das war keine gute Werbung für den Atheismus und hätte Dawkins sogar mit dem Hausmeister unseres Jesuiten Kollegs passieren können. Etwas mehr darf es dann schon sein.

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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon stine » Mo 24. Jan 2011, 07:48

ganimed hat geschrieben: Und erst als die Steintafeln empfangen wurden ein Raunen durch die Masse ging: ach so, das darf man alles nicht?
Sinngenäß war genau das der Sprung von der passiven Wertevermittlung hin zur aktiven. Ab da war es niedergeschrieben, was man soll und alles nicht darf. Es hat sich einer die Mühe gemacht, ein Protokoll zu schreiben aus allen beobachtbaren Fakten die zum Allgemeinwohl beitragen.
Was glaubst du, was Menschen heute so alles tun würden, wenn es nicht gesetzlich niedergeschrieben wäre, dass es verboten ist und manche tun es sogar OBWOHL sie wissen, dass es verboten ist. Diverse Skandale zeigen das täglich. Es wird schon notwendig gewesen sein, die Gebote schriftlich zu verbreiten. So wie es heute auch noch notwendig ist, den Kindern gutes Verhalten einzuprägen.
Und nicht jeder liest seinen Kindern täglich Auszüge aus dem BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) vor.
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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon ganimed » Mo 24. Jan 2011, 08:55

Es mag ja sein, dass das Erfinden von Schrift und die Nutzung derselben eine gute Idee war. Aber würdest du wegen dieser Steintafeln die kulturelle Fertigkeit des Schreibens als "christlich" bezeichnen?

Wikipedia schreibt zu "Codex Hammurapi"
    "Der Codex Hammurapi, eine Rechtssammlung König Hammurapis von Babylon (* 1810 v. Chr.; † 1750 v. Chr.), ist eine der ältesten Gesetzessammlungen der Welt und zugleich eines der besterhaltenen Exemplare der Literatur aus Mesopotamien.
Müssten wir deiner Logik nach also fortan "babylonische Werte" sagen, wenn jemand aktiv darauf hinweist, dass Stehlen nicht erlaubt ist?

stine hat geschrieben:Es wird schon notwendig gewesen sein, die Gebote schriftlich zu verbreiten. So wie es heute auch noch notwendig ist, den Kindern gutes Verhalten einzuprägen.

Ganz genau. Und praktisch jeder auf der Welt tut das auch. Und Christen bilden sich ein, sie hätten das erfunden? Oder ein besonderes Copyright auf die Idee? Oder eine besonders effektive Art, es zu tun? Das ist fast so abgefahren als wenn Christen behaupteten die Atmung erfunden zu haben und jeder Atemvorgang wäre im Grunde christlich, zumindest jeder aktive Atemvorgang. :mg:
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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon Arathas » Mo 24. Jan 2011, 10:23

Mal ne Frage an stine: Wie kommt es eigentlich, dass es Kulturen gibt, die garantiert nichts mit dem Christentum am Hut haben und noch nie hatten und dennoch "vollwertige Menschen" hervorbringen statt asoziale Gefühlskrüppel? Telepathische christliche Indoktrination durch Ätherwellen?

Oder aber ... gibt es außer Christen (auch wenn sich diese mittlerweile Atheisten nennen sollten und nur nicht wissen, dass sie eigentlich nach christlichen Werten handeln) vielleicht gar keine vollwertigen und guten Menschen auf der Welt? :erschreckt:
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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon stine » Mo 24. Jan 2011, 13:44

Ihr wollt das nicht verstehen, gell? :mocken:
Na gut, dann für euch mal in ein paar kurzen prägnanten Sätzen:

Sozialverträgliche Gesetze gleichen sich. Warum? Weil sie eben sozialverträglich sind, sonst wären sie sozial unverträglich.
Nicht stehlen zu dürfen ist ein sozialverträgliches Gesetz, stimmts?
Bei uns ist das mit der christlichen Kultur überliefert.
Bei musicmans Frau ist das mit der afrikanischen dingsbums Kultur überliefert.
In Babylonien wurde das mit dem Codex Hammurapi überliefert.
Und die Muslime stehlen nicht, weil sie sonst die Hand abgehackt bekommen.

Also: Du sollst nichts nehmen, was dir nicht gehört, aber alles in der jeweiligen Landeskultur.
Und bei uns ist diese christlichen Ursprungs.

Noch heute wird in traditionellen Familien, wo Kinder den Religionsunterricht besuchen, dieses Gebot als eines der 10 Gebote gelehrt. Es ist also nicht nur so, weil Mutti das sagt und Papi sonst wütend wird, sondern weil auch der Lehrer in der Schule das sagt und weil er dafür Geschichten aus der Bibel zitieren kann. Altes Buch mit immer noch gültigem Inhalt. :cough:

Und deshalb ist das bei uns immer noch ein christlicher Wert und kein Codex Hammurapi, zB.
Ich hoffe ich konnte meine Sichtweise verständlich machen.

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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon Arathas » Mo 24. Jan 2011, 13:52

Verständlich hast du dich jetzt gemacht, ja. Aber deine Argumentation ist doch "unsere Gesellschaft braucht christliche Werte, ohne geht es nicht" - und jetzt sagst du, dass "christliche Werte" überhaupt nicht notwendig sind, sondern lediglich die Werte an sich, völlig egal, ob sie durch die christliche Kultur zustande kamen oder wodurch auch immer.

Ist es dann dieser Logik folgend nicht völlig OK, wenn christliche Werte humanistische Werte werden? Hauptsache ist doch, die Werte bleiben erhalten. Das Drumherum ist, wie du selbst sagst, egal.
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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon stine » Mo 24. Jan 2011, 14:26

Es wäre völlig O.K., wenn diese Werte auch als humanistische Werte kulturell Bestand hätten. Aber man muss sie irgendwie "an den Mann" bringen. Ohne Religion kümmert sich niemand um einen Verhaltenskodex, Charakterbildung, psychische (seelische) Betreuung, philosophische Weltbetrachtung, Sensibilisierung auf das Wesentliche, das alles ist bisher in der Hand der Theologen und der Religionen.
Wer macht das dann?

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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon Arathas » Mo 24. Jan 2011, 14:42

stine hat geschrieben:Verhaltenskodex, Charakterbildung, psychische (seelische) Betreuung, philosophische Weltbetrachtung, Sensibilisierung auf das Wesentliche, das alles ist bisher in der Hand der Theologen.
Wer macht das dann?LG stine


Verhaltenskodex: Den lehrt die Gesellschaft dadurch, dass sie einigermaßen funktioniert und der Mensch ein soziales Wesen ist, der soziale Strukturen zu verstehen imstande ist. Dass Stehlen nicht in Ordnung ist, mag zwar eins der 10 Gebote sein, aber effektiv lernen werden Kinder das wohl schon im Sandkasten, wenn sie einem anderen Kind den Eimer wegnehmen, das dann zu weinen anfängt und die Mutter es belehrt. Bis das Kind mal in der Schule ist und die 10 Gebote im Reli-Unterricht vorgelesen bekommt, hat es bereits den Großteil seines Verhaltenskodex intus.

Charakterbildung: Die beeinflusst wohl kein Mensch tatsächlich aktiv, bzw. der komplette soziale Kontakt trägt zur Charakterbildung bei. Also alle Menschen, die man so trifft. Das auf einen Theologen runterzubrechen ... genausogut könnt ich die Behauptung aufstellen, Astronauten würden hauptsächlich zur Charakterbildung junger Menschen beitragen. :irre:

Psychische/Seelische Betreuung: Seelsorger und Psychologen sind inwiefern schlechter für den Job geeignet als Theologen?

Philosophische Weltbetrachtung: Wie wär's hierfür mit Philosophen?

Sensibilisierung auf das Wesentliche: Was ist denn "das Wesentliche"? Ich würde mal meinen, dass das für jeden Menschen etwas anderes ist. Und dass das jeder Mensch für sich herausfinden muss. Garantiert aber kann kein Theologe mal eben so sagen, was "das Wesentliche" im Leben eines anderen Menschen ist. Das kann der Theologe höchstens für sich selbst beantworten.
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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon stine » Mo 24. Jan 2011, 15:08

Arathas hat geschrieben:Charakterbildung: Die beeinflusst wohl kein Mensch tatsächlich aktiv, bzw. der komplette soziale Kontakt trägt zur Charakterbildung bei.
Gut, dann kommen wir mal wieder auf die verschiedenen Schulzweige zurück und schauen uns an, wie "automatische" Charakterbildung an den Schulen funktioniert.
Ich hatte schon zwei Schulzweige genannt, die gänzlich verschieden sind, um den Unterschied so deutlich wie nur geht darzustellen.

Arathas hat geschrieben:Psychische/Seelische Betreuung: Seelsorger und Psychologen sind inwiefern schlechter für den Job geeignet als Theologen?
Seelsorger sind Priester und Pfarrer, ich kenne keine anderen.
Ja klar, Psychologen kann man schon als Ersatz hernehmen, aber zahlt die Betreuung dann die AOK? Wird jede seelische Betreuung zum Krankheitsfall?

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Re: Kritik der Beeinflussung durch unsere Medien

Beitragvon Arathas » Mo 24. Jan 2011, 18:47

stine hat geschrieben:Seelsorger sind Priester und Pfarrer, ich kenne keine anderen.


Oh, laut Wikipedia ist das Wort tatsächlich sehr religiös behaftet. Ich hatte diese Auffassung des Begriffs:

Wikipedia hat geschrieben:Im allgemeinen Sprachgebrauch wird davon ausgegangen, dass sich ein Seelsorger primär um das geistige-seelische Wohlbefinden anderer kümmert.


Also dafür ausgebildete Leute vom Roten Kreuz zum Beispiel, oder jegliche andere dafür geschulte Helfer, zu welcher profit- oder non-profit-orientierten Organisation sie auch gehören mögen.
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