Wie genau lautet die Geschlechterfrage? (und VIELES mehr...)

Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 9. Okt 2013, 13:07

Nanna hat geschrieben:Man kann eine solche Ausrichtung der Sozialwissenschaften übrigens nur ablehnen und muss auch feststellen, dass das eine sehr kleine Minderheit ist, die so vorgeht. Es ist ja gerade die Orientierung am naturwissenschaftlich-empirischen Forschen, die die Sozialwissenschaften von den reinen Geisteswissenschaften abgrenzt.

Ach echt? Das kam in den Diskussionen hier aber etwas anders rüber! :cough:
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Nanna » Mi 9. Okt 2013, 13:20

Ja, weil wir relativ viel über Philosophie sprechen hier. Typische Diskussionen im Internet oder in der Studentenkneipe drehen sich ja meist auch mehr um qualitative philosophische Fragen und lebenspraktische Erfahrungen, weniger um die quanitativen Ergebnisse von Studien zu methodisch ausgefeilten Spezialthemen. Das wird in solchen Diskussionen allenfalls qualitativ rezipiert ("Amerikanische Studien haben ergeben, das..."). Ich nehme an, dass du mit anderen Biologen auch öfter über die Institutspolitik als über die statistischen Methoden eines neuerschienen Artikels diskutierst. Sowas arbeitest du wahrscheinlich auch eher im stillen Kämmerlein oder mit einer zielorientierten Arbeitsgruppe, wo die Diskussionen keinen socialising-Aspekt haben, durch.

Dazu kommt, dass es in den Sozialwissenschaften schon seit Jahrzehnten einen großen Richtungskampf zwischen Qualis und Quantis gibt, die beide sehr gute Argumente für ihre Seite haben. Die Sozialwissenschaften sind halt direkt in der Lücke zwischen Natur- und Geisteswissenschaften angesiedelt und deshalb öfter mal dem Vorwurf beider Seiten ausgesetzt, es "nicht richtig" zu machen. Den Nawis ist es häufig zu wenig empirisch, den Geistis zu unreflektierte Zahlengläubigkeit. Es gibt aber mit Methodentriangulation, z.B. Grounded Theory, mittlerweile ganz sinnvolle Ansätze, das beste aus beiden Welten zu vereinigen. Da ist aber noch lange nicht das letzte Wort gesprochen.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon xander1 » Mi 9. Okt 2013, 15:41

Gender-Studys-Leute sind ne Minderheit?
Kommt drauf an in welchem Bezugsrahmen!
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Nanna » Mi 9. Okt 2013, 17:35

Ich meinte vor allem, dass diejenigen, die Sozialwissenschaften so begreifen, dass sie aktiv die Gesellschaft verändern sollen (also den Menschen prägen / erziehen und nicht nur erforschen), eine Minderheit sind.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon xander1 » Mi 9. Okt 2013, 17:59

Kann schon sein, nur belegen wirst du das nicht können. Es klingt eher nach ner Beschwichtigung.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Nanna » Mi 9. Okt 2013, 19:05

Du kannst davon ausgehen, dass nicht wenige Sozialwissenschaftler emotional auf eine andere Weise in ihre Forschung involviert sind, als z.B. diejenigen Naturwissenschaftler, die sich mit toter Materie beschäftigen. Ich kann auch nicht gerade von mir behaupten, dass es einfach ist, über Konflikte im Nahen Osten zu schreiben, und so zu tun als berührten die Aufnahmen von Leuten, die erschossen oder vergast werden, meine Neutralität nicht. Insofern wird sicher der ein oder andere auch ganz unabsichtlich seine persönliche Agenda in seine Forschung einbringen, keine Frage. Da gibt es auch nichts zu beschönigen.
In dem Sinne, wie es im Video durchklang, dass diese Genderforscherin meinte, ihre Arbeit müsse gezielt gegen die Biologie gerichtet sein und das Denken der Menschen gezielt verändern, betrifft es meiner Erfahrung nach aber wirklich sehr, sehr wenige Wissenschaftler und die sammeln sich dann auch gerne mal an bestimmten Instituten oder Randfachbereichen, wo sie sich von übermäßiger Kritik abschirmen können. Ironischerweise sind die vielleicht auch weniger gefährlich, weil die so offensichtlich ideologiegetrieben sind, dass es jedem auffällt. Problematischer sind wahrscheinlich sogar eher die, die sich einreden, stockobjektiv zu sein, und bei denen die fragwürdigen impliziten Annahmen sich unter dem Radar in die Forschungsarbeiten mogeln.

Das Thema Genderforschung ist ein bisschen schwer durchschaubar für mich. Das ist ähnlich wie Sexualwissenschaft. Die Tabus sind gewaltig, die Emotionen schlagen schnell hoch und da jeder ein Geschlecht hat, fühlt sich auch jeder angesprochen. Man hat auch sehr schnell den Eindruck, dass von einem erwartet wird, eine Seite zu wählen und dann die Front gegen die Anderen (die "Sexisten" oder die "Gendertanten" und so) zu verstärken. Da ist es schwer, sich an einen Tisch zu setzen, ergebnisoffen Bilanz zu ziehen und die Empirie weder über- noch unterzubewerten.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Gandalf » Mi 9. Okt 2013, 19:40

Eine "Untersuchung" von Heike Diefenbach: Brauchen wir Genderforschung an Universitäten? http://sciencefiles.org/2013/08/09/brau ... chschulen/

Und hier nochmal der Komiker aus Norwegen, der dort das ganze Programm zu Fall gebracht hat:
http://www.dijg.de/blog/gender-mainstre ... nschaft-92
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon stine » Do 10. Okt 2013, 07:33

Zitat Andreas Unterberger: "Bewundern wir lieber den kühlen Intellekt der Nordmenschen. Sie erhöhen das Pensionsalter drastisch, wenn die Menschen immer älter werden. Sie sperren Forschungseinrichtungen einfach zu, wenn sie erkennen, dass dort nur Blödsinn, pardon: „Theorien“ produziert werden. Sie haben auch in den erdöllosen Ländern die Staatsschulden drastisch abgebaut, als sie die Brüchigkeit des einstigen Wohlfahrtsmodell erkannt haben. Man könnte absolut neidisch werden."
:up:
Ein Königreich für ein Königreich!

:wink: stine
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Darth Nefarius » Do 10. Okt 2013, 13:51

Nanna hat geschrieben:Ja, weil wir relativ viel über Philosophie sprechen hier.

Ironischerweise ist mir das aber eher zu Themen, die die Biologie betreffen, aufgefallen.
Nanna hat geschrieben:Ich nehme an, dass du mit anderen Biologen auch öfter über die Institutspolitik als über die statistischen Methoden eines neuerschienen Artikels diskutierst.

Eigentlich nicht, wir finden sie einfach beschissen und haben beschlossen, unsere eigene Politik zu machen, indem wir uns der GBM (Gesellschaft für Biochemiker und Molekularbiologen) angeschlossen und einen Jugend-Ortsverein gründeten und selbst die nötigen Infos und Kontakte knüpfen. Gerade dadurch sind die Diskussionen fast immer fachlicher Natur. Anders als bei anderen "Wissenschaften" bringt einem jede neue Forschungsinfo neue eigene Ideen - da bemüht man sich nicht, über die Plausibilität der Ergebnisse eines anderen zu streiten, weil man ideologisch diese Ergebnisse nicht erträgt.
Deine Zusammenfassung der Lage ist interessant und plausiel, aber sie trägt nicht dazu bei, dass ich die Sozial-"wissenschaften" eher schätze.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Nanna » Do 10. Okt 2013, 23:21

Darth Nefarius hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Ja, weil wir relativ viel über Philosophie sprechen hier.

Ironischerweise ist mir das aber eher zu Themen, die die Biologie betreffen, aufgefallen.

Ich denke, dass wir uns da in einigen Punkten nicht ganz einig über die Deutungshoheit und Reichweite biologischer Erklärungen sind. Insofern werden auch diese Diskussionen häufig philosophische Grundsatzdiskussionen. Dass die Sozialwissenschaften sich aus positivistisch-naturwissenschaftlichen Ansätzen heraus entwickelt und damit mit den klassischen Naturwissenschaften gemeinsame Wurzeln haben, macht beide Wissenschaftsfamilien ja nicht identisch. Wenn man über Physik spricht, ist es leichter, so etwas wie einen neutralen Standpunkt zu bewahren. Je weiter man in die Gesellschaft hinein geht, desto stärker bemerkt man, dass wir Menschen immer aus einer Innenperspektive urteilen und desto mehr Subjektivismus und Grabenkämpfe verschiedener Schulen gibt es. Schon die Biologie ist da prekärer aufgestellt als die Physik, weil ihre Forschung häufiger ethische Fragestellungen berührt, die nicht mehr so leicht auf "objektive" Weise zu entscheiden sind. Und da reicht dann der Rückzug auf rein empirische Positionen nicht mehr aus, weil aus Empirie allein keine Schlussfolgerungen entstehen, sondern erst durch den Vorgang der Interpretation, und die ist, auch in der Biologie, immer meinungsgefärbt, weil abhängig von den impliziten Prämissen des Forschers. Wenn ich mich als Sozialwissenschaftler in Diskussionen einmische, die biologische Fragestellungen behandeln, dann ja meist genau deshalb, weil ich zu diesem Problem etwas sagen kann, weil ich ihm in meiner sozialwissenschaftlichen Arbeit tagtäglich begegne. Dass ich mich auch mit Statistik beschäftige, ist an der Stelle einfach irrelevant, deshalb kommt es hier vielleicht missverständlicherweise so rüber, als wären die Sozialwissenschaften empiriefrei und würden sich den ganzen Tag mit qualitativ-normativen Fragen beschäftigen (das, was du gerne (zu) unspezifisch als "Ideologie" bezeichnest).

Darth Nefarius hat geschrieben:Deine Zusammenfassung der Lage ist interessant und plausiel, aber sie trägt nicht dazu bei, dass ich die Sozial-"wissenschaften" eher schätze.

Keine Sorge, von DER Erwartung habe ich mich schon vor einer ganzen Weile verabschiedet. ;-)
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 11. Okt 2013, 13:32

Nanna hat geschrieben:Ich denke, dass wir uns da in einigen Punkten nicht ganz einig über die Deutungshoheit und Reichweite biologischer Erklärungen sind.[...] Je weiter man in die Gesellschaft hinein geht, desto stärker bemerkt man, dass wir Menschen immer aus einer Innenperspektive urteilen und desto mehr Subjektivismus und Grabenkämpfe verschiedener Schulen gibt es. Schon die Biologie ist da prekärer aufgestellt als die Physik, weil ihre Forschung häufiger ethische Fragestellungen berührt, die nicht mehr so leicht auf "objektive" Weise zu entscheiden sind. Und da reicht dann der Rückzug auf rein empirische Positionen nicht mehr aus, weil aus Empirie allein keine Schlussfolgerungen entstehen, sondern erst durch den Vorgang der Interpretation, und die ist, auch in der Biologie, immer meinungsgefärbt, weil abhängig von den impliziten Prämissen des Forschers.

Wenn das so wäre, hätten wir nicht so oft ein Problem. Wenn es nur darum ginge, aus den Ergebnissen der Biologie abzuleiten, was man denn nun aus diesen Informationen macht, so hätten wir keinen Streit (abgesehen vielleicht vom Umgang mit den Informationen). Tatsächlich geht es vielen hier aber eher um die erwähnte "Deutungshoheit" - bei der immer vermittelt wird, dass die Biologen "kein Recht" darauf hätten, bestimmte Phänomene,Verhaltensweisen zu deuten - zufälligerweise immer dann, wenn die Ergebnisse dieser Beobachtungen denen der Soziologen widersprechen (wenn nicht, sind sie plötzlich Beweis für die eigene Kompetenz). Mit "impliziten Prämissen" meinst du wohl auch die klassischen Beispiele der Stammzellforschung von damals, wo man noch embryonale verwenden wollte/musste. Aber da sehe ich keine konkrete Prämisse, sondern nur die logische Gegenrechnung von einer Stammzelle ohne Bewusstsein gegen einen ausgewachsenen Organismus, der die Stammzelle benötigen könnte, um sich zu regenerieren. Das ist eine Kosten-Nutzen-Rechnung, die für mich keine idealistische/ideologische Prämisse darstellt. Eine Kosten-Nutzen-Rechnung ist für mich keine Meinung, sondern eine zu berücksichtigende Information. Fälschlicherweise wird soetwas immer als Meinung betrachtet - genauso wie die Akzeptanz des Darwinismus gleich als faschistoid betrachtet wird. Ich würde mir wünschen, dass die Geisteswissenschaftler nicht hinter jedem Busch ein Raubtier vermuten und die Informationen einfach zur Kenntnis nehmen, bevor sie sie bestreiten und die Gültigkeit dieser Informationen nur deswegen bestreiten, weil sie ihnen ideologisch nicht passen.
Nanna hat geschrieben: Wenn ich mich als Sozialwissenschaftler in Diskussionen einmische, die biologische Fragestellungen behandeln, dann ja meist genau deshalb, weil ich zu diesem Problem etwas sagen kann, weil ich ihm in meiner sozialwissenschaftlichen Arbeit tagtäglich begegne. Dass ich mich auch mit Statistik beschäftige, ist an der Stelle einfach irrelevant, deshalb kommt es hier vielleicht missverständlicherweise so rüber, als wären die Sozialwissenschaften empiriefrei und würden sich den ganzen Tag mit qualitativ-normativen Fragen beschäftigen (das, was du gerne (zu) unspezifisch als "Ideologie" bezeichnest).

Nein, nein, keine Sorge. Dass die Soziologie empiriefrei ist, sehe ich nicht und behaupte ich auch nicht. Aber den Umgang mit diesen Daten ( auch wenn sie mal von den Soziologen selbst kommen) oder die Art der Erhebung scheinen mir nicht selten unseriös. Diese Dinge halte ich für ideologiebehaftet - vor allem, wenn sie dazu führen, dass andere Daten einfach nicht berücksichtigt werden sollen. Es gibt ja auch in den Naturwissenschaften Fälle, wo man etwas weglassen kann, aber entsprechend der guten wissenschaftlichen Praxis, darf soetwas nicht mehr als "Kosmetik" sein (wenn mal ein Außreißer rausgenommen wird, der in der Grafik einfach unschön aussieht, aber den Braten nicht fett macht) und das Ergebnis am Ende nicht beeinflussen und muss auch immer erwähnt werden. Das sehe ich aber nicht bei den Soziologen, die bei Konflikt mit der Biologie eine Deutungshoheit beanspruchen. Sorry, aber so stellt sich noch nichtmal die Kirche an (nicht mehr)!
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Nanna » Fr 11. Okt 2013, 15:00

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber da sehe ich keine konkrete Prämisse, sondern nur die logische Gegenrechnung von einer Stammzelle ohne Bewusstsein gegen einen ausgewachsenen Organismus, der die Stammzelle benötigen könnte, um sich zu regenerieren. Das ist eine Kosten-Nutzen-Rechnung, die für mich keine idealistische/ideologische Prämisse darstellt. Eine Kosten-Nutzen-Rechnung ist für mich keine Meinung, sondern eine zu berücksichtigende Information.

Das ist sie definitiv. Nur ist eine Information für sich genommen ja aussagelos. Bedeutung entfaltet sie erst in einem Kontext. Beispielsweise ist der CO2-Ausstoß eines Fahrzeugs irrelevant für Leute, denen die Umwelt am Hintern vorbei geht. Die Zahl des CO2-Ausstoßes an sich ist die Information, aber ob dieser Ausstoß noch durch den Zweck des Fahrzeugs zu rechtfertigen ist, ist eine Meinungsfrage. Ob man die Stammzellen erforschen soll, ist auch insofern eine Meinungsfrage, als dass man diskutieren kann, ob medizinischer Fortschritt zu jedem Preis wünschenswert ist. Ich weiß, dass du das gerne versuchst, über Nutzenkalküle zu objektivieren und finde es auch wichtig, dass aus dieser Richtung argumentiert wird, aber trotzdem ist es halt so, dass Informationen in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich gewichtet werden. Bei einem Krankenwagen beispielsweise wären mir auch die Geschwindigkeit und das Drehmoment wichtiger als bei einem Stadtauto zum Pendeln. Ich weiß, auch das lässt sich über Nutzenkalküle betrachten, aber es schwingt auch eine moralische Bewertung mit, dass die 30 Sekunden, die man auf Kosten des CO2-Ausstoßes auf dem Weg zum Krankenhaus gewinnt, wichtiger sind als der Umweltschutz.

Das ist übrigens auch ein Punkt, an dem wir häufig aneinander geraten, wenn es darum geht, wie Moral und Ethik zu betrachten sind. Da scheinst du häufig davon auszugehen, dass ethische Vorgaben und Empfehlungen eine Geschmacks- und Meinungsfrage wären, wohingegen ich sagen würde, dass das moralische Abwägen von wegen "was bringt dem Menschen mehr?" strukturell häufig gar nicht so weit weg von deinen Nutzenüberlegungen ist.

Darth Nefarius hat geschrieben:Fälschlicherweise wird soetwas immer als Meinung betrachtet - genauso wie die Akzeptanz des Darwinismus gleich als faschistoid betrachtet wird. Ich würde mir wünschen, dass die Geisteswissenschaftler nicht hinter jedem Busch ein Raubtier vermuten und die Informationen einfach zur Kenntnis nehmen, bevor sie sie bestreiten und die Gültigkeit dieser Informationen nur deswegen bestreiten, weil sie ihnen ideologisch nicht passen.

Es gibt Geisteswissenschaftler, wie beispielsweise o.g. Genderforscherin, die tatsächlich so vorgehen. Mit denen will ich nichts zu tun haben.

Problematisch wird es da, wo jemand glaubt, dass aus Informationen automatisch Sachen folgen würden. Beispielsweise folgt aus dem Darwinismus keinerlei Gesellschaftsordnung, weil wir als denkende Wesen diese auch selbst zu einem erheblichen Grad gestalten können. Natürlich begrenzen die Naturgesetze unsere Gestaltungsmöglichkeiten, und das muss man auch anerkennen.

Was ich mit impliziten Annahmen meinte, ist genau das, wenn also z.B. jemand annähme, dass aus dem Darwinismus automatisch folgen würde, dass auch in der Gesellschaft darwinistische Prinzipien gelten müssten und man sich "gegen die Natur" stellen würde, wenn man das nicht zulassen würde. Aber aus Informationen an sich folgt eben nichts, sondern erst wenn diese mithilfe einer logischen Regel mit anderen Informationen kontextualisiert werden lassen sich Schlussfolgerungen ableiten. Da gibt es eben auch manchmal sehr begeisterte Naturwissenschaftler, die meinen, aus ihren Entdeckungen würde für die Gesellschaft alles mögliche folgen und dabei übersehen, dass die Gesellschaft wieder ihren eigenen Informationsmetabolismus hat und vielleicht noch andere Sachen berücksichtigen möchte als reine Machbarkeit.

Darth Nefarius hat geschrieben:Dass die Soziologie empiriefrei ist, sehe ich nicht und behaupte ich auch nicht. Aber den Umgang mit diesen Daten ( auch wenn sie mal von den Soziologen selbst kommen) oder die Art der Erhebung scheinen mir nicht selten unseriös.

Das ist sie manchmal auch. Ein bisschen muss ich die Soziologie hier aber in Schutz nehmen, denn sie ist nicht so ganz alleine Schuld daran.
Das erste Problem ist, dass wir mit Menschen schlecht Experimente machen können. Anders als Physiker, die Teilchen durch den LHC schicken, können wir nicht zehntausend Menschen auf eine Insel auslagern und dann unter kontrollierten Bedingungen testen, wie sie z.B. auf verschiedene Propagandaeinflüsse reagieren. Wir müssen immer sagen in real-life-Situationen ansehen und da lassen sich einfach keine kontrollierten Bedingungen schaffen. Außerdem gibt es jede Menge Situationen, wo es verdammt schwer ist, überhaupt an Daten zu kommen. Sexualverhalten, Zustimmung zu tabuisierten Meinungen oder finanzielle Situation sind so Sachen, wo man von Leuten entweder keine oder häufig gelogene Angaben erhält. Es gibt ganze Bücher über statistische Kniffe, mit denen man die schlimmsten Verzerrungen rausrechnen kann, aber es bleibt ein ziemliches Gewurstel. Oder solche Fragen, dass man schon durch die Art eines Fragebogens die Antworten beeinflussen kann, etwa, indem man Suggestivfragen formuliert. Ein Atom lässt sich in seinem Verhalten nicht durch eine soziale Erwartungshaltung beeinflussen, aber Probanden in der Soziologie/Psychologie schon.

Dazu kommt, dass soziologische Erhebungen häufig mit wenig Geld realisiert werden müssen. Die Geistes- und Sozialwissenschaften erhalten halt nicht dieselben Drittmittel wie die MINT-Fächer. Das sieht man häufig ja auch an der Uni: bei uns in Erlangen ist z.B. derzeit ein Philosophisches Seminargebäude wegen Einsturzgefahr gesperrt, während Chemie und Mathematik gerade ihre ultramodernen Neubauten feiern.

Was auch noch ein Punkt ist, dass einfach zu wenige Sozialwissenschaftler eine harte mathematische Ausbildung haben. Soziobiologie und Soziophysik werden fast nur von Biologen und Physikern ausgeübt und die verstehen sich dann häufig schon sprachlich nicht mit den klassischen Soziologen. Das ist meines Erachtens tatsächlich ein selbstverschuldeter Mangel der Soziologie, der sehr viel an Erkenntnismöglichkeiten verbaut.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das sehe ich aber nicht bei den Soziologen, die bei Konflikt mit der Biologie eine Deutungshoheit beanspruchen. Sorry, aber so stellt sich noch nichtmal die Kirche an (nicht mehr)!

Ich glaube, dass der Konflikt zwischen Geistes- und Naturwissenschaften sich häufig mehr an qualitativen Fragen aufhängt. Der Klassiker ist dann, dass Biologen z.B. an embryonalen Stammzellen forschen wollen und von geisteswissenschaftlich-philosophischer Seite ethische Bedenken angemeldet werden. Da geht es dann gar nicht um Daten. Ich glaube sogar, dass Streit um empirische Methoden recht leicht beizulegen ist, weil man da recht neutral über die mathematisch-logische Schiene herangehen kann. Die empirisch orientierten Sozialwissenschaftler (Quantis) sind auch diejenigen, die am seltensten von solchen Konflikten betroffen sind. Die Genderforscherin, die wir da als Beispiel hatten, forschte z.B. offenbar rein qualitativ. Das wäre an sich nicht falsch gewesen, aber sie hätte ihre Thesen empirisch untermauern und die Thesen der biologisch orientierten Genderforschungskritiker methodisch sauber kritisieren müssen. Wer ausschließlich qualitativ arbeitet, läuft schnell Gefahr, sich in subjektiven Betrachtungen zu ergehen und den Realitätsbezug zu verlieren (wobei es äußerst interessante rein deduktiv-qualitative Theorien gibt, z.B. die Systemtheorie von Luhmann) und das ist dieser Forscherin recht eindrucksvoll gelungen.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 12. Okt 2013, 16:08

Nanna hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Aber da sehe ich keine konkrete Prämisse, sondern nur die logische Gegenrechnung von einer Stammzelle ohne Bewusstsein gegen einen ausgewachsenen Organismus, der die Stammzelle benötigen könnte, um sich zu regenerieren. Das ist eine Kosten-Nutzen-Rechnung, die für mich keine idealistische/ideologische Prämisse darstellt. Eine Kosten-Nutzen-Rechnung ist für mich keine Meinung, sondern eine zu berücksichtigende Information.

Das ist sie definitiv. Nur ist eine Information für sich genommen ja aussagelos.

Keineswegs, sie gibt alles her was du zur Entscheidungsfindung brauchst - der Rest ist subjektive Meinung. Du kannst diese Info berücksichiten oder auch nicht, es hängt von deiner persönlichen Gewichtung dieser Information ab und ob du irgendwelche irrationalen Bedenken, die halbgar formuliert sind, eher berücksichtigst. Es hängt von deinen Prioritäten ab: Handelst du pragmatisch oder nach irrationalen Befindlichkeiten und Ängsten?
Nanna hat geschrieben: Beispielsweise ist der CO2-Ausstoß eines Fahrzeugs irrelevant für Leute, denen die Umwelt am Hintern vorbei geht. Die Zahl des CO2-Ausstoßes an sich ist die Information, aber ob dieser Ausstoß noch durch den Zweck des Fahrzeugs zu rechtfertigen ist, ist eine Meinungsfrage.

Ob dies zu rechtfertigen ist, hängt wieder von anderen Informationen und deren Gewichtung ab. Es geht immer darum, welchen Preis du wofür zu bezahlen bereit bist.
Nanna hat geschrieben:Ob man die Stammzellen erforschen soll, ist auch insofern eine Meinungsfrage, als dass man diskutieren kann, ob medizinischer Fortschritt zu jedem Preis wünschenswert ist. Ich weiß, dass du das gerne versuchst, über Nutzenkalküle zu objektivieren und finde es auch wichtig, dass aus dieser Richtung argumentiert wird, aber trotzdem ist es halt so, dass Informationen in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich gewichtet werden.

Ist richtig; und was ich eben beobachte, ist die geringe Einstufung der biologischen Informationen durch Soziologen, wenn die einem gerade nicht passen. Und davor wird ein Faktum zu einer Meinung degradiert. Ich bitte deswegen um die konkrete Unterscheidung zwischen Info und Meinung - wenn diese Info schon nicht berücksichtig wird. Ihre Gültigkeit verliert diese dadurch ja nicht, sie macht es nur argumentativ leichter, sich mit ihr nicht auseinandersetzen zu müssen.
Nanna hat geschrieben:
Das ist übrigens auch ein Punkt, an dem wir häufig aneinander geraten, wenn es darum geht, wie Moral und Ethik zu betrachten sind. Da scheinst du häufig davon auszugehen, dass ethische Vorgaben und Empfehlungen eine Geschmacks- und Meinungsfrage wären, wohingegen ich sagen würde, dass das moralische Abwägen von wegen "was bringt dem Menschen mehr?" strukturell häufig gar nicht so weit weg von deinen Nutzenüberlegungen ist.

"Was bringt dem Menschen mehr?" IST sogar eine Nutzenüberlegung (noch keine primär egoistische, aber ein Anfang). Moral und Ethik fragt jedoch danach, was "richtig/gut" ist, und geht deswegen oft völlig ins Leere. Bei soetwas kommt auch übervorsichtiger Tierschutz raus, der nicht selten keinen Nutzen für den Menschen hat, außer, dass er sich dann besser fühlt (zumindest einige). Vegetarismus und Tierschutz haben fasst nie einen Nutzen für die Menschheit und sind nur Produkte einer wildgewordenen Moral. es gibt noch andere Beispiele, die völlig vom Nutzen entkoppelt sind und an pragmatischem Nutzenkalkül vorbeigehen, aber dieses reicht bereits aus, um zu zeigen, dass dies tatsächlich nur eine Geschmacks- und Meinungsfrage ist.
Nanna hat geschrieben:Es gibt Geisteswissenschaftler, wie beispielsweise o.g. Genderforscherin, die tatsächlich so vorgehen. Mit denen will ich nichts zu tun haben.

Meine Beschuldigung ist auch nicht aus der Luft gegriffen, immerhin siehst du diesen Punkt auch ein.
Nanna hat geschrieben:Problematisch wird es da, wo jemand glaubt, dass aus Informationen automatisch Sachen folgen würden.

Ist richtig, jedoch legen bei klarem Verstand gewisse Sachverhalte gewisse Handlungsweisen auch nahe. Das kann man aber leider nicht voraussetzen. Wie z.Bsp. die Akzeptanz eines Schmiergeldes bei Organtransplantationen, welches man gebrauchen könnte, um wichtige Geräte zu kaufen, die die Überlebenschancen vieler Menschen begünstigen könnte, anstatt stur nach Vorschrift vorzugehen. Das war bis vor kurzem ja auch noch gängige Realität - etwas, das ich davor im Philosophieunterricht mal prognostiziert habe, was aber abgelehnt wurde. Wenn unterm Strich mehr Leute überleben, war die Handlung gerechtfertigt. Ich kenne da auch diese dämlichen Moralszenarien, wo man einen Fettsack eine brücke runterschubsen könne, um einen fahrenden Zug mit mehreren Leuten zu retten, oder zuzusehen, wie der Zug entgleist und die Leute sterben. Die meisten entscheiden sich für die letztere Variante - völlig unsinnig und eindeutig der Beweis, dass Moral eine Geschmacksfrage ist und kein Nutzenkalkül.
Nanna hat geschrieben: Beispielsweise folgt aus dem Darwinismus keinerlei Gesellschaftsordnung, weil wir als denkende Wesen diese auch selbst zu einem erheblichen Grad gestalten können. Natürlich begrenzen die Naturgesetze unsere Gestaltungsmöglichkeiten, und das muss man auch anerkennen.

Mich würde wundern, wenn deine Kollegen so einsichtig wären wie du. Aber sobald man mit Darwin argumentiert, ist man bei den meisten Nicht-Naturwissenschaftlern unten durch. Das wäre auch nicht so schlimm, wenn sie nicht in der Überzahl wären und einem nicht permanent das Leben erschwerten mit ihren Sabotagen.
Nanna hat geschrieben:Was ich mit impliziten Annahmen meinte, ist genau das, wenn also z.B. jemand annähme, dass aus dem Darwinismus automatisch folgen würde, dass auch in der Gesellschaft darwinistische Prinzipien gelten müssten und man sich "gegen die Natur" stellen würde, wenn man das nicht zulassen würde.

Genau; allerdings steht neben dem Darwinismus auch noch eine weitere implizite Annahme bei solchen dämlichen Gedanken: Der Darwinismus würde ohne Zutun des Menschen gar nicht gelten. Vielleicht ist das jetzt missverständlich, kurz: Wenn die implizite Annahme besagt, dass diese Regeln in der Gesellschaft gelten "müssten", nimmt man auch an, dass sie es noch gar nicht tun oder es nicht automatisch tun.
Klar, das meintest du so nicht und du denkst auch nicht, dass es so ist (wobei du die diversen Selektionsarten ignorierst wie die sexuellen Selektionen), aber das sollte nur ein Hinweis auf die widersprüchlichen Annahmen bei solchen Leuten zeigen.
Nanna hat geschrieben:Ein bisschen muss ich die Soziologie hier aber in Schutz nehmen, denn sie ist nicht so ganz alleine Schuld daran.
Das erste Problem ist, dass wir mit Menschen schlecht Experimente machen können. Anders als Physiker, die Teilchen durch den LHC schicken, können wir nicht zehntausend Menschen auf eine Insel auslagern und dann unter kontrollierten Bedingungen testen, wie sie z.B. auf verschiedene Propagandaeinflüsse reagieren. Wir müssen immer sagen in real-life-Situationen ansehen und da lassen sich einfach keine kontrollierten Bedingungen schaffen.

Das Problem kennt in geringerem maße auch die Biologie. Die Lösung ist dann, dass man größere und unterschiedliche Gruppen miteinander vergleicht, um Unwägbarkeiten hauptsächlich auszuschließen (wie die kulturellen Einflüsse oder irgendwelche anderen lokalen Besonderheiten. Eine wichtige irrationale Komponente kann der Experimentator selbst sein, der vielleicht sogar unbeabsichtigt, zusätzliche Faktoren in die Sache mitreinbringt). Wenn es aber um irgendwelche "Umfragen" von 40 Leuten aus NRW geht und man daraus irgendetwas für ganz Europa oder ein Geschlecht oder einen Bildungs-/Berufsstand ableitet, kann ich nur den Kopf schütteln.
Nanna hat geschrieben: Außerdem gibt es jede Menge Situationen, wo es verdammt schwer ist, überhaupt an Daten zu kommen. Sexualverhalten, Zustimmung zu tabuisierten Meinungen oder finanzielle Situation sind so Sachen, wo man von Leuten entweder keine oder häufig gelogene Angaben erhält.

Da kommen wir auch zu einem weiteren Problem der Soziologen: Der angemessene Aufwand, um ordentliche Ergebnisse zu bekommen, ist häufig das Ergebnis nicht wert. Warum zur Hölle muss ein Soziologe mein Sexualverhalten wissen? Was will er bitte daraus ableiten? Oder prägnanter: Soziologie hat selten einen Nutzen, wenn sie das menschliche Verhalten so erforschen würde, wie sie es eigentlich müsste. Umfragen taugen schonmal gar nichts, da sie (beim Nicht-offensichtlichen) den Wahrheitsgehalt nicht abschätzen lässt und einen wichtigen Grundsatz verletzt: Die möglichst geringe Beeinflussung des beobachteten Systems, damit die Verfälschung gering bleibt.
Nanna hat geschrieben:Dazu kommt, dass soziologische Erhebungen häufig mit wenig Geld realisiert werden müssen. Die Geistes- und Sozialwissenschaften erhalten halt nicht dieselben Drittmittel wie die MINT-Fächer. Das sieht man häufig ja auch an der Uni: bei uns in Erlangen ist z.B. derzeit ein Philosophisches Seminargebäude wegen Einsturzgefahr gesperrt, während Chemie und Mathematik gerade ihre ultramodernen Neubauten feiern.

Ha! da stehen wir noch vergleichsweise schlecht dar, wenn man die unsinnigen Ausgaben mit den Jurastundenten in Teilen vergleicht. Ich habe gehört, dass es bei denen üblich ist, bei den öffentlichen Büchern die Seiten rauszureißen. Aber die Investitionen sollten auch den potentiellen Nutzen widerspiegeln, und da schuldet man den Naturwissenschaften bei weitem mehr.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon stine » So 13. Okt 2013, 11:01

Die Geschlechterfrage ist im biologischen Sinne überhaupt keine Frage. Die Frage stellt sich ausschließlich im Bezug auf kulturelle Sozialisierung.
Ich habe das Thema in der letzten Zeit in meinem Bekannten- und Freundeskreis mehrfach diskutiert und es herrscht zu annähernd 90% die Meinung, dass auch Frauen sich nur über ihren Beruf definieren und ihren daraus resultierenden Stand in der Gesellschaft. So hat die Frauenärztin das höhere Ansehen, als die Putzfrau und die angestellte Erzieherin noch mehr, als die Hausfrau und Mutter. Das Wesen der Person bleibt dabei zweitrangig. (Die Lüge mit den "inneren Werten" lässt grüßen!) Dass heute ein Mädchen die Schule verlässt ohne die Frage beantworten zu können: Und in welchen Beruf willst du jetzt einsteigen? ist undenkbar. Beruf, Fachhochschule oder Studium sind für alle Mädchen und junge Frauen ein absolutes Muss. Es wurde auch angesprochen, dass es für Frauen heute keine Garantie mehr auf lebenslange Bindung gäbe und alleine schon deswegen die Frau gezwungen ist, sich selbst zu versorgen - notfalls auch ihre Kinder alleine durchzubringen hätte.

Ich denke, die Geschlechterfrage resultiert aus der Tatsache, dass sich die westeuropäische Gesellschaft radikal verändert hat. Die selbstständige Frau verlangt nach Anerkennung und Gleichstellung ohne dabei zu bedenken, dass sie sich biologisch nicht verändert hat. Eine innere Zerissenheit zwischen Anlehnungsbedürfnis, dem Wunsch auf KInder und Familie und der Tatsache taff und selbstständig sein zu wollen (weil man will, was man muss) ist die Folge. Der Anspruch an die Frauen, einerseits liebevoll und geduldig, andererseits aber auch partnerschaftlich auf Augenhöhe zu sein, ist gewaltig. Die Folge ist, dass auch Frauen, die ihren Mann im Beruf stehen sehr oft ebenfalls illusionäre Ansprüche an ihre männlichen Partner haben.
Hier entsteht eine Lohn-/Preisspirale in Bezug auf Gefühl und Anerkennung.

Ob man nun sprachlich die Geschlechter vereinheitlicht oder gesetzlich die Gleichstellung organisiert ist nicht der Punkt.
Der Punkt ist die erzieherische Sozialisierzung der Geschlechter. Frauen und Männer werden sich langfristig damit abfinden müssen, dass die gefühlte Geschlechterrolle Schnee von gestern ist. Und ob das geht, weiß ich nicht.

LG stine
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Darth Nefarius » So 13. Okt 2013, 13:29

stine hat geschrieben: Das Wesen der Person bleibt dabei zweitrangig. (Die Lüge mit den "inneren Werten" lässt grüßen!)

Kommt drauf an, wie man "innere Werte" definiert. Kann Zielstrebigkeit und das Verlangen nach Macht und Einfluss keinen subjektiven Wert darstellen? Macht ist sexy.
stine hat geschrieben: Dass heute ein Mädchen die Schule verlässt ohne die Frage beantworten zu können: Und in welchen Beruf willst du jetzt einsteigen? ist undenkbar.

Leider doch, aber bei beiden Geschlechtern. Hier können es sich die meisten erlauben, erstmal ins Ausland zu gehen, oder irgendeinen sozialen Mist zu machen. Nur wenn man die Kohle nicht hat, muss man schon in der Grundschule wissen, was man eigentlich will. Und plötzlich ist man Im Studium mit Leuten, die fast allesamt 3-7 Jahre älter als du sind und schon zwischendurch auch mal ein anderes Studium abbrachen oder sonstwas gemacht haben. Widerlich, dass es da keinen Druck gibt.
stine hat geschrieben:Ich denke, die Geschlechterfrage resultiert aus der Tatsache, dass sich die westeuropäische Gesellschaft radikal verändert hat. Die selbstständige Frau verlangt nach Anerkennung und Gleichstellung ohne dabei zu bedenken, dass sie sich biologisch nicht verändert hat. Eine innere Zerissenheit zwischen Anlehnungsbedürfnis, dem Wunsch auf KInder und Familie und der Tatsache taff und selbstständig sein zu wollen (weil man will, was man muss) ist die Folge.

Das gibt es nicht nur bei den Frauen. Ich erlebe selbst, dass es mir beinahe wertlos zu sein scheint, dass ich meinen Zielen immer näher komme - in so kurzer Zeit. Dieses Verlangen muss auch eine signifikante Gruppe Männer besitzen, damit biologisch die Möglichkeit zur Paarbildung überhaupt besteht.
Und so kann man diese Frage wiedereinmal reflektieren: Sind die Bedürfnisse der Geschlechter wirklich so unterschiedlich? Ich denke nicht.
stine hat geschrieben:Der Anspruch an die Frauen, einerseits liebevoll und geduldig, andererseits aber auch partnerschaftlich auf Augenhöhe zu sein, ist gewaltig. Die Folge ist, dass auch Frauen, die ihren Mann im Beruf stehen sehr oft ebenfalls illusionäre Ansprüche an ihre männlichen Partner haben.
Hier entsteht eine Lohn-/Preisspirale in Bezug auf Gefühl und Anerkennung.

Unabhängig vom Geschlecht, stellt man selbst an seinen (langfristigen) Partner mindestens die Erwartungen, die man für sich selbst hat.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon stine » So 13. Okt 2013, 14:45

Darth Nefarius hat geschrieben:Unabhängig vom Geschlecht, stellt man selbst an seinen (langfristigen) Partner mindestens die Erwartungen, die man für sich selbst hat.
Und Frauen setzen meist noch eins drauf: Sie suchen eben nicht auf Augenhöhe, sondern immer noch ein Stück drüber!

LG stine
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon xander1 » So 13. Okt 2013, 22:19

stine hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Unabhängig vom Geschlecht, stellt man selbst an seinen (langfristigen) Partner mindestens die Erwartungen, die man für sich selbst hat.
Und Frauen setzen meist noch eins drauf: Sie suchen eben nicht auf Augenhöhe, sondern immer noch ein Stück drüber!


Und wenn es dann ne Emanzipation der Frau gibt und die Frauen dann immernoch über ihrer Augenhöhe suchen?
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon ujmp » Mo 14. Okt 2013, 06:51

Darth Nefarius hat geschrieben:Unabhängig vom Geschlecht, stellt man selbst an seinen (langfristigen) Partner mindestens die Erwartungen, die man für sich selbst hat.

Ok, ich kenne aber Beispiele, wo das nicht so ist und prima funktioniert. Das Zauberwort heißt da "Partnerschaft" und nicht "Ebenbürtigkeit". Die Psychologie lehrt auch, dass sich Gegensätze anziehen, wobei es darauf ankommt, welcher Art die Gegensätze sind, manche stoßen sich auch ab. Es ist die Frage, ob man sich gegenseitig ergänzt.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon provinzler » Mo 14. Okt 2013, 10:14

xander1 hat geschrieben:
stine hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Unabhängig vom Geschlecht, stellt man selbst an seinen (langfristigen) Partner mindestens die Erwartungen, die man für sich selbst hat.
Und Frauen setzen meist noch eins drauf: Sie suchen eben nicht auf Augenhöhe, sondern immer noch ein Stück drüber!


Und wenn es dann ne Emanzipation der Frau gibt und die Frauen dann immernoch über ihrer Augenhöhe suchen?


Dann bleibt einer progressiven Gesellschaft nur eine Möglichkeit. Sie muss die vorhandene Sexualität sozial gerecht verteilen!

http://www.make-love-not-law.com/kolumn ... itaet.html

Kann ja nicht angehen, dass manche in ihrer unersättlichen Gier täglich Sex haben, während er andren vorenthalten wird...
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon stine » Mo 14. Okt 2013, 10:42

xander1 hat geschrieben:
stine hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Unabhängig vom Geschlecht, stellt man selbst an seinen (langfristigen) Partner mindestens die Erwartungen, die man für sich selbst hat.
Und Frauen setzen meist noch eins drauf: Sie suchen eben nicht auf Augenhöhe, sondern immer noch ein Stück drüber!


Und wenn es dann ne Emanzipation der Frau gibt und die Frauen dann immernoch über ihrer Augenhöhe suchen?
Drum bleiben ja soviele taffe junge Frauen alleine. Für sie gibt es einfach keine Traumprinzen mehr...
Es suchen auch nicht alle Männer in Augenhöhe. Oftmals wollen sie schon ganz gerne dominieren oder beschützen. Das ist das selbe Problem von der anderen Seite.

Ich habe mal gehört, dass Frauen sich eher unter- und Männer sich eher überschätzen, das hätte dann wenigstens den Effekt, dass sich die Paare dann doch auf Augenhöhe finden. Vielleicht ist das von der Natur so eingerichtet.

LG stine
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