stine hat geschrieben:Braucht es also einen Inzestparagraphen ... ?
Ich hätte wissen müssen, dass Menschen mit naturalistischem Weltbild hierzu keine Meinung haben können.
Es evolutioniert sich eh alles von selber, gell?
Arroganz sehe ich da zwar nicht drin, eher Verärgerung, aber unüberlegt mag sein.Ari hat geschrieben:Was ist das für eine arrogante und total unüberlegte Aussage?
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Im Prinzip brauchen wir m.E. kein extriges Gesetz.
Der Vizepräsident des Gerichts, Winfried Hassemer, stimmte gegen die Entscheidung seiner sieben Kollegen. Die Berücksichtigung "eugenischer Gesichtspunkte" - also des Risikos von Genschäden - sei von vornherein verfassungsrechtlich ausgeschlossen. Auch der Schutz der Familie werde mit der Norm nicht erreicht. "Es spricht viel dafür, dass die Vorschrift in der bestehenden Fassung lediglich Moralvorstellungen, nicht aber ein konkretes Rechtsgut im Auge hat."
Der konkrete Fall ist freilich sehr traurig und tragisch. Die beiden Geschwister wuchsen getrennt auf, weil der Junge adoptiert wurde. Sie lernten sich erst kurz vor dem plötzlichen Tod ihrer Mutter kennen. Es ist zu überlegen, ob hier nicht eine Begnadigung infrage kommt, damit die Kinder, die aus dieser Beziehung entstanden sind, ihren Vater nicht im Gefängnis besuchen müssen.
:explodieren: Soll in Konsequenz heißen: Der Staat darf nach Hassemers Meinung die Zeugung behinderter Kinder nicht verhindern.
BVerfGE 2 BvR 392/07:
cc) Der Gesetzgeber hat sich zusätzlich auf eugenische Gesichtspunkte gestützt und ist davon ausgegangen, dass bei Kindern, die aus einer inzestuösen Beziehung erwachsen, wegen der erhöhten Möglichkeit der Summierung rezessiver Erbanlagen die Gefahr erblicher Schädigungen nicht ausgeschlossen werden könne (vgl. BTDrucks VI/1552, S. 14; BTDrucks VI/3521, S. 17 f.). Die dagegen im strafrechtlichen Schrifttum wegen fehlender empirischer Validität dieser Begründung gerichteten Einwände (vgl. Roxin, a.a.O., S. 27; Dippel, a.a.O., Rn. 12; Ritscher, in: Münchener Kommentar, StGB, 2005, § 173 Rn. 3; Ellbogen, ZRP 2006, S. 190 <191>; Klöpper, Das Verhältnis von § 173 StGB zu Art. 6 Abs. 1 GG, 1995, S. 103 m.w.N.; Hörnle, a.a.O., S. 456; Stratenwerth, in: Festschrift für Hans Hinderling 1976, S. 303; Jung, a.a.O., S. 313 f. m.w.N.) greifen nicht durch. Im medizinischen und anthropologischen Schrifttum wird auf die besondere Gefahr des Entstehens von Erbschäden hingewiesen (vgl. Szibor, Rechtsmedizin, 2004, S. 387 ff. m.w.N.; Staudacher, a.a.O., S. 152 f.) und teilweise angenommen, diese sei bei Verbindungen zwischen Bruder und Schwester noch gravierender als bei Verbindungen zwischen Vater und Tochter (vgl. Staudacher, a.a.O., S. 153). Diese Erkenntnisse werden durch empirische Studien, von denen das im Auftrag des Senats erstellte Gutachten des Max-Planck-Instituts berichtet, gestützt. Vor diesem Hintergrund kann das strafbewehrte Inzestverbot auch unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von Erbschäden nicht als irrational angesehen werden (vgl. Schubarth, in: Festschrift für Gerald Grünwald 1999, S. 641 ff. mit Hinweis auf Untersuchungen von Eibl-Eibesfeld, Wickler und Bischof). Die ergänzende Heranziehung dieses Gesichtspunktes zur Rechtfertigung der Strafbarkeit des Inzests ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil er historisch für die Entrechtung von Menschen mit Erbkrankheiten und Behinderungen missbraucht worden ist.
HFRudolph hat geschrieben:Wie hoch ist denn nun die Gefahr?
stine hat geschrieben:Ist Inzest ein religiöses Tabu seit Martin Luther oder hat es eine soziale und gesellschaftliche Relevanz?
Innerhalb von Adelsfamilien oder in abgelegenen Bergdörfern waren Ehen unter Verwandten immer schon üblich. Einige Ergebnisse dürften hinlänglich bekannt sein.
Aber inzwischen gibt es viele Kinder, die durch Samenspenden gezeugt wurden. Sie wissen alle nicht, ob sie nicht mal später auf Halbgeschwister treffen und sich ineinander verlieben. Ganz zu schweigen von den vielen unehelich gezeugten Kindern, von denen der Vater auch nichts weiß oder die Geschwister nichts wissen.
Oft zieht sich ja gerade das Ähnliche an. Sind doch oft bei glücklichen Paaren die gleichen Gesichtsmerkmale besonders auffällig.
Braucht es also einen Inzestparagraphen oder kommt unter "normalen" Menschen so etwas ohnehin nicht vor?
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