Normalerweise halte ich solche Aktionen auch für kindisch und der Sache nicht dienlich. In diesem speziellen Fall sehe ich es aber anders.
In "Das Ende des Glaubens" gibt es ein Kapitel, das schildert, wie ganze Pogrome (meist gegen Juden) aufgrund der Idee der Kekshaftigkeit des Herrn entstanden sind. Man warf den Juden vor, sie hätten Hostien geschändet und das war Rechtfertigung für Maßnahmen wie Zersägung bei lebendigem Leib und natürlich Verbrennung (was eigentlich keine Verbrennung war, sondern langsame Verheizung). Würzburg, meine eigene Stadt, wird in Das Ende des Glaubens als Beispiel für die schlimmsten Ausschreitungen genannt. Am Ende hat es einfach jeden getroffen, auch Kinder wurden verbrannt. In dem Buch gibt es einen Auszug von einer Liste der Opfer. Die werde ich nie mehr vergessen.
http://de.wikisource.org/wiki/Verzeichn ... nnt_Worden1749 (!) war die letzte Verbrennung einer "Hexe" in Deutschland. Auch aufgrund des Würzburger Fürstbischofs:
http://www.oehring.net/hexenbruch/04.htmlAb 1298 dienten solche Legenden nur noch zur Rechtfertigung von Pogromen an Juden. Damals behauptete der verarmte Ritter Rintfleisch eine Hostienschändung im fränkischen Röttingen, was gleichlautende Vorwürfe u. a. in Iphofen, Lauda, Weikersheim, Möckmühl und Würzburg auslöste. Rintfleisch sah sich durch eine persönliche Botschaft vom Himmel zum Vernichter aller Juden ernannt und zog ein halbes Jahr lang mit einer Bande von Totschlägern durch über 140 fränkische und schwäbische Ortschaften. Sie vergewaltigten, folterten und verbrannten Tausende von Juden und Jüdinnen und töteten deren Kinder. Nur die Bürger von Augsburg und Regensburg schützten ihre jüdischen Einwohner. Auch konnte ein Anteil der Verfolgten nach Polen und Litauen fliehen.
http://de.wikipedia.org/wiki/HostienfrevelNoch 1960 schrieb Benektinerpater B. Braunmüller in seinen Geschichtlichen Nachrichten über die hl. Hostien in der Grabkirche zu Deggendorf:[1]
"Betrachtet man die vorgeführten Tatsachen, und wie ununterbrochen Groß und Klein, Hoch und Nieder, Geistlich und Weltlich aus der Nähe und Ferne dem in der Grabkirche aufbewahrten hl. Fronleichnam so mannigfach ihre Anbetung und Verehrung zollten, so ist der Wahnwitz derjenigen nicht leicht zu begreifen, welche in neuerer Zeit das hl. Mirakel als Unsinn und Schwindel verhöhnen, und die Andacht und Wallfahrt zu ihm als Verherrlichung des Judenmordes ausschreien."
Heute steht noch immer das Grabmahl eines Hexenverbrenners im Würzburger Dom. Ich habe es mir angesehen und habe keinerlei Distanzierung erkennen können:
http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_II._von_ScherenbergEigentlich hätte ich mich gar nicht wundern brauchen angesichts dieser Geschichte, dass bei unserer Kreuze-abhäng-Aktion einige Eltern meinen, man solle mich verbrennen. Die uns wohlbekannte Katholikenzeitung - die Tagespost - erscheint dann auch in Würzburg:
http://www.die-tagespost.de/Ich halte es für meine historische Pflicht, einzuschreiten, wenn dieser mittelalterliche Unfug wieder aufkommt, wenn es wieder zu Todesdrohungen gegen Hostienschänder kommt. Egal, ob das hier oder in den USA der Fall ist. Außerdem gab es einen solchen ähnlichen Fall vor kurzem auch in Deutschland:
Weil er die Hostie nicht korrekt in den Mund steckte: Mann von Dekan körperlich angegriffen.http://www.hr-online.de/website/rubrike ... ubrik=5710Der Staat ermittelte gegen das konfessionslose Opfer, den der Pfarrer verprügelt hatte ("Ich würde mich für eine Hostie umbringen lassen") - wegen "Störung der Religionsausübung". Das war 2007!
"Aber auch gegen den Kirchenbesucher wird nun ermittelt: Gegen ihn lägen von Amts wegen Anzeigen wegen Störung der Religionsausübung und versuchter Körperverletzung vor, berichtete Staatsanwalt Hartmut Ferse am Freitag."