Missionsland Deutschland

Missionsland Deutschland

Beitragvon HF******* » Mi 24. Sep 2008, 09:18

Der Vorsitzende der dt. Bischofskonferenz der Katholiken, Robert Zollitsch, erklärte am letzten Montag Deutschland zum Missionsland. Nun sollen die Gläubigen sich outen und anderen mit den Vorgaben der Kirchen auf die Nerven gehen. Er kritisierte, dass die Gläubigen sich ihre Glaubensinhalte willkürlich zusammen stellten, als „Potpourri an religiösen Vorstellungen“. Vermutlich hätte es der Herr wohl gerne, dass die Katholiken jetzt auch noch mit ihrer Kirchenmitgliedschaft hausierend von Tür zu Tür gehen.

Da die katholische Kirsche nun auch ihre Abweichler auf Linie bringen will und sie zum Missionieren anheuern will, müssen sich die Katholiken notgedrungen fragen, ob sie denn alle Dogmen anerkennen wollen, von der jungfräulichen Geburt Mariens über die reale Verwandlung von Oblate in echtes Jesusfleisch und den Verzehr des Menschenfleisches - real, nicht nur sinnbildlich. Für diejenigen, die bei ihrem Potpourri bleiben wollen oder denjenigen, die ohnehin eine eher rationale Auffassung vertreten, hilft wohl nur noch der Kirchenaustritt.

Da bleibt nur noch ein Hinweis zu geben: Es ist zwar Bestandteil der Grundrechte, andere Menschen missionieren zu dürfen. Dieses Grundrecht findet jedoch seine Schranken in den Grundrechten der Mitmenschen, die nicht missioniert werden wollen: Die Klare Aussage „Unterlassen Sie es, mich zu missionieren!“ muss ausreichen, um den Missionierungsversuch ohne Widerrede zu beenden. Ansonsten muss sich der Missionar die Frage stellen, ob er sich nicht in den Bereich strafbarer Nötigung begibt: Es muss sich schließlich niemand den religiösen Sermon anhören. Man braucht also keine Angst zu haben, den Zeugen Jehovas die Tür zu öffnen - oder demnächst vielleicht den Katholiken.

http://www.kirchenaustritt.de/
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Re: Missionsland Deutschland

Beitragvon ganimed » Mi 24. Sep 2008, 20:17

Ich habe seinerzeit, ist schon ein Weilchen her, den Zeugen Jehovas die Tür geöffnet. Als Student hatte ich damals noch genug Zeit. Und sie waren sehr nett und erwiesen sich als überaus unterhaltsame Diskussionspartner. Damals hatte ich noch kein Internet und kein Forum, um meine Diskussionswut genügend ausleben zu können.

Wenn man sich seiner eigenen Überzeugung recht sicher ist kann so ein Nachmittag mit den Zeugenjungs ne feine Sache sein.

Ansonsten erinnern mich die dargestellten Missionierungsregeln an die Einschränkungen für Telefonwerbung. Ist ja irgendwie auch so ähnlich. Ich warte nur darauf, dass endlich auch die Werbung im Radio und im Fernsehen (ach ja und im Internet) verboten wird. Mir geht der ganze Salat inzwischen ziemlich auf den Senkel (wenn ich es mal nicht schaffe, rechtzeitig umzuschalten oder ich das in Gesellschaft nicht darf). Die Werbeindustrie ist eine echte Geißel der Menschheit. Dagegen sind die Kirchen und die coolen Jehovazeugen irgendwie recht harmlos.
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Re: Missionsland Deutschland

Beitragvon folgsam » Mi 24. Sep 2008, 21:21

Seitdem ich mal als 8 jähriger Steppke unbedarft den Zeugen die Tür geöffnet habe und eine nett aussehende Frau ohne groß nachzudenken anfing was vom großen Elend in der Welt und von Feuersbrünsten zu erzählen, besuchen uns die Brüder irgendwie nicht mehr. :/

Hat vielleicht damit zu tun, dass mein Vater auf das aufgeschnappte Wort "Feuer" hin runtergerast kam und dann den Zeugen unmissverständlich klargemacht hat, dass man Kleinkinder nicht missionieren sollte :^^:
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Re: Missionsland Deutschland

Beitragvon Gernot Back » Mi 24. Sep 2008, 22:09

Hallo Ganimed!

ganimed hat geschrieben:Ich warte nur darauf, dass endlich auch die Werbung im Radio und im Fernsehen (ach ja und im Internet) verboten wird. Mir geht der ganze Salat inzwischen ziemlich auf den Senkel (wenn ich es mal nicht schaffe, rechtzeitig umzuschalten oder ich das in Gesellschaft nicht darf). Die Werbeindustrie ist eine echte Geißel der Menschheit. Dagegen sind die Kirchen und die coolen Jehovazeugen irgendwie recht harmlos.


Das kann man doch überhaupt nicht vergleichen! Ich habe gerade einen Mitschwulen aus den USA kennengelernt.

Er berichtete mir, dass er zusammen mit seiner Mutter und einem Bruder, mit denen er noch zusammen wohnt, aus dieser Sekte ausgetreten ist, als sein Vater verstorben war und er zeitnah danach sein Coming-Out als Schwuler hatte.

Jeden Kontakt zu seinen übrigen sieben Geschwistern und seinen insgesamt 39 Neffen und Nichten hat er darüber verloren, weil die, wenn sie nicht die Kraft finden, sich ebenfalls von den Zeugen loszusagen, abtrünnige Familienangehörige komplett meiden müssen.

Derlei "Sippenhaft" bei Psycho-Sekten ist beileibe nicht harmlos oder cool, selbst im Vergleich zu einem Entzug von Alkohol und/oder Nikotin nicht, für die in Deutschland leider auch immer noch geworben werden darf, - von der durch Werbung nur eingebildeten Abhängigkeit von bestimmten Markenprodukten mal ganz zu schweigen.

Gruß Gernot
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Re: Missionsland Deutschland

Beitragvon stine » Do 25. Sep 2008, 07:08

HFRudolph hat geschrieben:Der Vorsitzende der dt. Bischofskonferenz der Katholiken, Robert Zollitsch, erklärte am letzten Montag Deutschland zum Missionsland. Nun sollen die Gläubigen sich outen und anderen mit den Vorgaben der Kirchen auf die Nerven gehen. Er kritisierte, dass die Gläubigen sich ihre Glaubensinhalte willkürlich zusammen stellten, als „Potpourri an religiösen Vorstellungen“. Vermutlich hätte es der Herr wohl gerne, dass die Katholiken jetzt auch noch mit ihrer Kirchenmitgliedschaft hausierend von Tür zu Tür gehen.

Da die katholische Kirsche nun auch ihre Abweichler auf Linie bringen will und sie zum Missionieren anheuern will, müssen sich die Katholiken notgedrungen fragen, ob sie denn alle Dogmen anerkennen wollen, von der jungfräulichen Geburt Mariens über die reale Verwandlung von Oblate in echtes Jesusfleisch und den Verzehr des Menschenfleisches - real, nicht nur sinnbildlich. Für diejenigen, die bei ihrem Potpourri bleiben wollen oder denjenigen, die ohnehin eine eher rationale Auffassung vertreten, hilft wohl nur noch der Kirchenaustritt.

Ich habe das zwar nicht gelesen, aber deinem Post nach zu urteilen dürfte Zollitsch gar nicht so unrecht haben.
Die meisten Menschen sind zwar "irgendwie" gläubig, wissen aber gar nicht so genau, wieso und warum überhaupt, weil sie längst vergessen haben, dass das die Folge einer längst vergangenen religiösen Erziehung gewesen ist.
Und im schlimmsten Fall endet das in undefiniertem, esotherischen Aberglauben.

Der christliche Glaube sollte aber etwas anderes sein, nämlich so etwas wie die Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn. Man sollte die Regeln kennen und ob man sich dann daran hält oder nicht, bleibt der persönlichen Einstellung überlassen.
Die Botschaft zu überbringen heißt nicht zwangsläufig den anderen umerziehen zu wollen. Ich höre mir auch die atheistischen Reden an und lese religionskritische Bücher. Ich werde deshalb kein Atheist werden, aber wohl sehe ich vielleicht meinen eigenen Standpunkt dadurch kritischer. Und genau das sollte umgekehrt genauso sein.

Was die katholischen oder sonstigen religiösen Rituale angeht, so sehen Gläubige darin das äußere Symbol für ihre Zusammengehörigkeit. Das haben Atheisten auch, indem sie sich gegenseitig ketzerische Yutube-Videos zuspielen und garstig über die dummen Christen lachen :veg: .

LG stine
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Re: Missionsland Deutschland

Beitragvon pariparo » Do 25. Sep 2008, 13:03

stine hat geschrieben:Was die katholischen oder sonstigen religiösen Rituale angeht, so sehen Gläubige darin das äußere Symbol für ihre Zusammengehörigkeit. Das haben Atheisten auch, indem sie sich gegenseitig ketzerische Yutube-Videos zuspielen und garstig über die dummen Christen lachen :veg: .LG stine


"ketzerische YouTube-Videos"?? sofort auf den Bild und über "dumme Christen" wird schon gar nicht gelacht.
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Re: Missionsland Deutschland

Beitragvon ganimed » Do 25. Sep 2008, 19:19

Gernot Back hat geschrieben:Jeden Kontakt zu seinen übrigen sieben Geschwistern und seinen insgesamt 39 Neffen und Nichten hat er darüber verloren, weil die, wenn sie nicht die Kraft finden, sich ebenfalls von den Zeugen loszusagen, abtrünnige Familienangehörige komplett meiden müssen.

Klingt wirklich nicht besonders cool, zugegeben. Aber nach einem Coming-Out hat man wohl ganz allgemein, zumindest in konservativen Kreisen, evtl. ein paar Kontaktschwierigkeiten mit einem Teil der Familie, den Bekannten, wem auch immer. Um also verbohrte und engstirnige Menschen kennenzulernen muss man sicher nicht erst den Zeugen Jehovas beitreten, das kann man auch in jeder zweiten normalen Familie haben.

Ganz allgemein würde ich ja auch denken, dass es da in den USA wirklich ungemütliche Gegenden gibt, im Bible Belt, wo Weltoffenheit, Verständnis und Toleranz als Schimpfwörter gelten. Aber was wäre eigentlich, wenn man es schaffte, die alle zu Atheisten werden zu lassen? Würden die verbohrten Kleingeistigen dann wirklich liebenswürdiger? Ist die Religion dort nicht vielleicht nur eine austauschbare Bühne für deren menschliche Schwächen? Ohne Bildung und eine Kultur der Offenheit nützt Atheismus alleine auch nix und ergo sind die Religionen vielleicht auch gar nicht das Hauptübel. Der Mensch ist nunmal so. Nur mal so, laut gedacht.
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Re: Missionsland Deutschland

Beitragvon folgsam » Do 25. Sep 2008, 19:23

Bloßer Atheismus alleine reicht natürlich nicht und ist an sich auch kein Wert. Dazu müsste eine massive Bildungskampagne einhergehend mit einer Vermittlung rational-kritischen Denkens gestartet werden, damit sich wirklich was ändert.

Wobei ich jetzt mal einfach angenommen habe, dass im Bible Belt Bildung wie wir sie hier verstehen und kritisch-rationales Denken eher seltene Vögel sind =)
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