Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon sapere aude » Di 30. Sep 2008, 14:48

Soweit Heinz Riesenhuber, CDU-Politiker, von 1982 bis 1993 Bundesminister für Forschung und Technologie:

http://de.youtube.com/watch?v=I-ltWOfzrBg
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon pariparo » Di 30. Sep 2008, 17:22

Ausgerechnet der Hr. Riesenhuber... den hatte ich ja so gar nicht mehr auf dem Zettel. Lebt der noch? Der trug doch immer 'ne Fliege zum Anzug... :motz:
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon sapere aude » Di 30. Sep 2008, 17:24

pariparo hat geschrieben:Ausgerechnet der Hr. Riesenhuber... den hatte ich ja so gar nicht mehr auf dem Zettel. Lebt der noch? Der trug doch immer 'ne Fliege zum Anzug... :motz:


Trägt er immer noch. Sein Beitrag zur "Pro"-Reli-Debatte
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon pariparo » Di 30. Sep 2008, 17:25

Ah, ja... erst Video anschauen und dann posten :^^:
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon Myron » Di 30. Sep 2008, 19:27

Wer sagt denn, dass ein nichtreligiöser Ethikunterricht rein deskriptiv, d.h. frei von jeglichen normativen Aspekten sein soll?
Was Herr Riesenhuber nicht zu begreifen scheint, ist, dass eine schulische Werteerziehung sehr wohl auch ohne religiöse, supernaturalistische Grundlage praktizierbar ist.
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon stefan2 » Di 30. Sep 2008, 20:30

Das ist halt der übliche Unsinn: "Menschen ohne Religion fressen kleine Kinder" oder so ähnlich. Aber das bekommt man aus vielen Köpfen eben nicht raus. Und dass sich das auch hält, dafür wird ja immer reichlich gesorgt ...

Andererseits muss man sagen, dass im Religionsunterricht zumindest des Gymnasiums - die Erfahrung habe ich zumindest mit meinen Kindern gemacht - doch sehr "religonsarm" unterrichtet wurde - aus kirchlicher Sicht sicherlich manchmal schon ein Ärgernis ...

Stefan (2)

.
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon folgsam » Di 30. Sep 2008, 20:47

Ja, es wurden Mandalas gemalt oder Karten gespielt. Der langweiligste Unsinn den man sich vorstellen konnte. Hauptsächlich deswegen habe ich in der 10. Klasse in den Ethikunterricht gewechselt. Die beste Entscheidung meiner Schullaufbahn :^^:
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon Mark » Do 2. Okt 2008, 10:27

irgendwie glaube ich aber, daß Jesus auch keinen christlichen Religionsunterricht hatte.. ebenso die 12 Apostel (oder war einer davon wenigstens ein Rabbi mit christlicher Halbbildung ?)

warum neigen solch angeblich vernünftige Menschen trotzdem dazu sich so leichtfertig mit blödsinnigen Aussagen zu disqualifizieren ?
empfinden sie das als "Kavaliersdelikt" ?
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon Gernot Back » Do 2. Okt 2008, 20:56

Hallo Stefan!
stefan2 hat geschrieben:Andererseits muss man sagen, dass im Religionsunterricht zumindest des Gymnasiums - die Erfahrung habe ich zumindest mit meinen Kindern gemacht - doch sehr "religonsarm" unterrichtet wurde - aus kirchlicher Sicht sicherlich manchmal schon ein Ärgernis.

Falls du zum Zeitpunkt des Schulbesuchs deiner Kinder nicht nur Kindsvater, sondern auch deren Erziehungsberechtigter warst, stellt sich mir die Frage, warum du so unverantwortlich warst, deren mögliche religiöse Indoktrination in Kauf zu nehmen.

Gruß Gernot
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon folgsam » Do 2. Okt 2008, 22:50

Mit 14 wird man voll Religionsmündig. Du weisst nicht, ob die Kinder von stefan2 bereits das Alter erreicht haben, oder nicht. Wenn sie auf dem Gymnasium sind, ist die Chance nicht gering. Zudem interessieren die meisten pubertierenden Kinder solcherlei Dinge wenig, zumal der Religionsunterricht an vielen Schulen konstant gute Noten für praktisch keine Leistung verspricht. Dann in einen eventuell anspruchsvolleren Ethik-Unterricht zu wechseln, das werden sich viele überlegen. Auch ich habe erst mit 16 oder 17 gewechselt, als mein ehemaliger katholisch Lehrer das Fach Ethik übernahm. Nicht ganz freiwillig jedoch, der gute Mann war geschieden und durfte demnach nicht mehr als katholischer Religionslehrer arbeiten. Sein Respekt für die Kirche ist dadurch sicher nicht gestiegen. :^^:

Hier war nicht das Fach oder die gähnende Ödnis in den Relistunden der entscheidende Faktor, der Lehrer hat den Ausschla gegeben. Hervorragende Pädagogen und Menschen erkennt man eben auch, wenn sie ein bescheidenes Fach unterrichten :^^:
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon Gernot Back » Do 2. Okt 2008, 23:46

Hallo Folgsam,

folgsam hat geschrieben:Mit 14 wird man voll Religionsmündig.


Ja das ist mir bekannt und mit 16 (1979) habe ich davon ja auch Gebrauch gemacht, indem ich an einem hessischen Gymnasium gegen den Willen meiner Eltern aus dem katholischen Reliunterricht (mit Bet-Appellen, deren ich mich aber standhaft enthielt [musste zumindest dabei aufstehen] ) trotz Eins im Zeugnis austrat und dann zunächst ein halbes Jahr lang ersatzweise gar keinen Unterricht hatte.

Danach durfte ich zwischen ersatzweisem zusätzlichem Geschichts-, Sozial- oder Erdkundeunterricht wählen.

Das habe ich dann halbjahresweise alles einmal durchdekliniert, bevor ich im Abiturhalbjahr in den evangelischen Religionsunterricht wechselte, in dem das Thema dann "Atheismus" war.

Da wollte ich ja dann auch mal wieder ein Wörtchen mitreden und bekam auch endlich wieder eine Eins!
:2thumbs:

Ich persönlich plädiere ja sogar für die Religionsmündigkeit ab null Jahren!

Niemand außer mir selbst soll bestimmen dürfen, was ich glaube, genauso wenig, wie jemand anders als ich selbst bestimmen darf, wen (welchen Geschlechts) ich heirate oder ob ich mir aus religiösen, ästhetischen oder Geilheitsgründen ein Stück von meinem Geschlechtsteil abschneiden lasse.

Gruß Gernot
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon ganimed » Fr 3. Okt 2008, 02:33

Gernot hat geschrieben:Niemand außer mir selbst soll bestimmen dürfen, was ich glaube

Kann man denn selbst bestimmen, was man glaubt? Klingt für mich ein wenig naiv, diese Vorstellung. Es ist doch wohl eher so, dass wir als Kinder und dann nochmal als Jugendliche sehr beeinflussbar sind und diese Beeinflussung ja auch gar nicht vermieden werden kann. Ich frage mich also, was man gewinnt, wenn man sein Kind aus den lächerlichen 2 Stunden Reliunterricht pro Woche rausnimmt und stattdessen irgendwas anderes machen lässt. Werden die dadurch dann nicht beeinflusst und können sich plötzlich eine eigene, freie Meinung bilden?

Versuchen durch einen solchen Schritt nicht vielmehr auch die Eltern, das Kind zu beeinflussen und zu bestimmen, was es glauben soll?
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon Gernot Back » Fr 3. Okt 2008, 09:00

Hallo Ganimed!

Gernot hat geschrieben:Niemand außer mir selbst soll bestimmen dürfen, was ich glaube

Kann man denn selbst bestimmen, was man glaubt?

ganimed hat geschrieben:Klingt für mich ein wenig naiv, diese Vorstellung. Es ist doch wohl eher so, dass wir als Kinder und dann nochmal als Jugendliche sehr beeinflussbar sind und diese Beeinflussung ja auch gar nicht vermieden werden kann. Ich frage mich also, was man gewinnt, wenn man sein Kind aus den lächerlichen 2 Stunden Reliunterricht pro Woche rausnimmt und stattdessen irgendwas anderes machen lässt. Werden die dadurch dann nicht beeinflusst und können sich plötzlich eine eigene, freie Meinung bilden?

Versuchen durch einen solchen Schritt nicht vielmehr auch die Eltern, das Kind zu beeinflussen und zu bestimmen, was es glauben soll?


Nein, dadurch, dass Eltern ein Kind vor konfessionell organisierter Beeinflussung solange abschirmen, wie es bei Ex-Cathedra-Verkündetem nicht unterscheiden kann, was Glauben und was Wissen ist, gewährleisten sie lediglich, dass sich ihr Kind gesund entwickelt und zu einem freien, kritisch denkenden Menschen wird.

Im Hinblick auf dieses Ziel ist es sicher auch hilfreich, ein Kind zu Neugier zu animieren und auch dazu, Fragen nach dem Woher, Wohin und dem Warum des Lebens zu stellen. Einem Kind aber Fragen aufzudrängen und auch noch gleich zu beantworten, die es von sich aus gar nicht stellt, ist nicht hilfreich, wenn es sich dabei nicht um wirkliches Wissen handelt.

Zwar kann es sich auch bei religionskundlichem Unterricht um Wissensvermittlung handeln, die für das spätere Leben relevant ist. Ein solcher religionskundlicher Unterricht hat aber an staatlichen Schulen in jedem Fall weltanschaulch neutral zu erfolgen, und eben nicht nach dem Motto "Aufstehen zum Gebet", eher nach dem Motto: "Schaut mal Kinder, welch interessante Blüten Religiosität bei Menschen in verschiedenen Kulturen treibt".

Gruß Gernot
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon ganimed » Fr 3. Okt 2008, 09:48

Bei der Formulierung, dass Eltern die Kinder "abschirmen", läuft es mir schon kalt den Rücken runter. Klingt irgendwie danach, den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben. Wie soll bei so geplanter Einseitigkeit denn ein kritischer und frei denkender Mensch werden?
Würdest du deinem Kind, falls es erste Anzeichen zeigt, verbieten wollen, gläubig zu werden?

Gernot hat geschrieben:solcher religionskundlicher Unterricht hat aber an staatlichen Schulen in jedem Fall weltanschaulch neutral zu erfolgen

Und was macht dich so sicher, dass Erdkunde und Physik weltanschaulich neutral gelehrt werden? Wenn das mal nicht sehr viel stärker mit dem Lehrer und weniger mit dem Unterrichtsfach zu tun hat. Ich verstehe ja schon, worauf du hinaus willst. Aber der Ansatz, dass man Kinder mit so viel Aufwand vor diesen punktuellen 2 Stunden Religionsunterricht schützt steht in keinem Verhältnis zu den tausend anderen Quellen, wo Kinder unkontrolliert allen möglichen Weltanschauungen ausgesetzt werden (Fernsehen, Erdkundeunterricht, Mitschüler, ...).

Das Herauspicken des Religionsunterrichts ist, so mein Eindruck, wohl eher einer gewissen Religionsfeindlichkeit geschuldet. Ich vermute, aus Sicht des Kindes ist Religionsunterricht völlig ungefährlich, weil der Einfluss von so wenigen Schulstunden einfach vernachlässigbar gering ist. Ein bisschen mehr Vertrauen in die Urteilsfähigkeit von gesunden Kindern dürfen wir da schon haben. Und der einzige Weg zu einem frei denkenden Menschen ist sowieso, ihn eher an der langen, behutsamen Leine groß werden zu lassen, eigene Erfahrungen sammeln zu lassen und zu hoffen, dass möglichst umfassende, vielfältige Eindrücke und Erlebnisse ihn seinen Weg finden lassen. Die Vokabel "abschirmen" will mir dazu einfach nicht passen.

Ich stelle mir da auf der anderen Seite auch die kreationistischen Eltern vor, die ebenso argumentieren wie du und ihren Kindern verbieten, in den Biologieunterricht zu gehen, um sie vor 'schädlichem' Wissen abzuschirmen. Und atheistische Eltern sollen dasselbe mit dem Religionsunterricht tun? Das wäre keine Erziehung zur Freiheitlichkeit, sondern die Folge von kleingeistigen, ideologischen Grabenkämpfen.
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon Gernot Back » Fr 3. Okt 2008, 11:09

Hallo Ganimed!

ganimed hat geschrieben:Bei der Formulierung, dass Eltern die Kinder "abschirmen", läuft es mir schon kalt den Rücken runter. Klingt irgendwie danach, den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben. Wie soll bei so geplanter Einseitigkeit denn ein kritischer und frei denkender Mensch werden?
Würdest du deinem Kind, falls es erste Anzeichen zeigt, verbieten wollen, gläubig zu werden?

Zur Erinnerung: Ich hatte das Abschirmen zeitlich befristet:
Gernot hat geschrieben:ein Kind vor konfessionell organisierter Beeinflussung solange abschirmen, wie es bei Ex-Cathedra-Verkündetem nicht unterscheiden kann, was Glauben und was Wissen ist,

Du würdest deinem Kind ja auch keine Pornographie unter die Nase reiben, zumindest solange nicht, bis es anfängt, sich von sich aus dafür zu interessieren.
:blush2:
Gernot hat geschrieben:solcher religionskundlicher Unterricht hat aber an staatlichen Schulen in jedem Fall weltanschaulch neutral zu erfolgen

ganimed hat geschrieben:Und was macht dich so sicher, dass Erdkunde und Physik weltanschaulich neutral gelehrt werden?

Ich gebe mich da keinen Illusionen hin, dass subjektive Weltanschauungen natürlich immer auch in Fächer einfließen, deren primäres Ziel es ist "objektives" Wissen zu vermitteln.

Ein von vornherin auf die Vermittlung von Weltanschauungen ausgerichteter "Unterricht" hat jedoch zu unterbleiben.
ganimed hat geschrieben:Das Herauspicken des Religionsunterrichts ist, so mein Eindruck, wohl eher einer gewissen Religionsfeindlichkeit geschuldet. Ich vermute, aus Sicht des Kindes ist Religionsunterricht völlig ungefährlich, weil der Einfluss von so wenigen Schulstunden einfach vernachlässigbar gering ist. Ein bisschen mehr Vertrauen in die Urteilsfähigkeit von gesunden Kindern dürfen wir da schon haben. Und der einzige Weg zu einem frei denkenden Menschen ist sowieso, ihn eher an der langen, behutsamen Leine groß werden zu lassen, eigene Erfahrungen sammeln zu lassen und zu hoffen, dass möglichst umfassende, vielfältige Eindrücke und Erlebnisse ihn seinen Weg finden lassen. Die Vokabel "abschirmen" will mir dazu einfach nicht passen.

Ich selbst habe da (noch als Kind!) andere Erfahrungen gemacht: Ich wurde von meinen Eltern nicht nur nicht vor Versuchen mich konfessionell zu indoktrinieren geschützt, sondern ihnen sogar mutwillig ausgesetzt. Ich brauchte z.B. noch lange, um mich von der insbesondere im Grundschul-Religions-"Unterricht" vermittelten Sexual- und Körperfeindlichkeit zu emanzipieren. (Aus dem sechsten Gebot "Du sollst nicht Ehe brechen" machte man zumindest zu meiner Zeit ja auch noch das "kindgerechte" "Du sollst nicht an dir rumfummeln".)

Mein bereits im Alter von sieben Jahren trotz Bestechungsversuchen mit avisierten Geschenken mehrfach explizit geäußerter Wille, nicht am kannibalistischen Ritual der Kommunion (inklusive vorausgehendem "Unterricht") teilnehmen zu wollen, wurde von meinen Eltern missachtet.

Ich wäre selbst viel lieber einer, dem Religion am Arsch vorbei geht, aber auf diese Weise bin ich eben zum Religionsfeind geworden.
Klaus Wowereit hat geschrieben:... und das ist auch gut so!

http://www.klaus-wowereit.de/zur_person/und_das_ist_auch_gut_so/

Gruß Gernot
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon ganimed » Fr 3. Okt 2008, 14:42

Deine schlechten Erfahrungen hören sich wirklich nicht sehr erfreulich an. Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass du da jetzt mit dem Grundschul-Religions-Unterricht den richtigen für verantwortlich machst. Ich glaube, der Religionsunterricht war es nicht.

Eine verklemmte Moral und Probleme mit dem eigenen Körper, das ist früher sicher sehr verbreitet gewesen, heute immer noch nicht selten, nehme ich an, und hängt doch nun wirklich nicht an den paar Stunden Religionsunterricht. Da wirkt doch das ganze Umfeld, die soziale Stimmung zusammen, frühkindliche Erfahrung bestimmt auch, was weiß ich. Und wenn man einen einzelnen Faktor herausheben könnte, dann doch wohl am ehesten die Eltern. Obwohl ja, soweit ich lese, der Einfluss der Eltern auf die Erziehung der Kinder auch schon immer überschätzt wird. Sagen wir also das "Umfeld" war schuld. Und davon macht der Religionsunterricht vielleicht mikrige x Prozent aus. Wie groß jetzt die Wichtung x bei dir war, wird wohl niemand mehr feststellen können. Meiner Meinung nach schätzt du dieses x aber um Größenordnungen zu hoch ein.

Und dein anderes Beispiel mit der Kommunion: das waren ja nun, laut deiner Worte, deine Eltern, die dich zur Teilnahme zwangen und nicht der Religionsunterricht.
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon Gernot Back » Fr 3. Okt 2008, 16:07

Hallo Ganimed!

ganimed hat geschrieben:Und dein anderes Beispiel mit der Kommunion: das waren ja nun, laut deiner Worte, deine Eltern, die dich zur Teilnahme zwangen und nicht der Religionsunterricht.

Ja, es waren auch meine Eltern, die veranlassten, dass ich getauft wurde und damit ohne weitere Rückfrage von seiten der Schulleitungen in den katholischen Religions-"Unterricht" gesteckt wurde. Für meinen tatsächlichen Glauben und dafür, was meine tatsächlichen Bedürfnisse waren, interessierte sich damals niemand, es wurde mir einfach übergestülpt.

Neben der Abschaffung der Kirchensteuer bedarf unser Grundgesetz in diesem Punkt auch dringend einer Reform, um endlich die vollkommene Trennung von Staat und Kirche zu verwirklichen:

Es ist eben nicht Sache der Eltern festzulegen,
  • was ihre Kinder glauben oder ob sie einer Religionsgemeinschaft angehören,
  • welchen Beruf sie später einmal ergreifen oder
  • welchen Ehepartner sie sich wählen.
Während sich diese Erkenntnis bei den beiden letztgenannten Punkten mittlerweile zumindest hierzulande nach langem Kampf endlich durchgesetzt hat, lässt sie bei der Religionsfreiheit des Kindes ab seiner Geburt, leider immer noch auf sich warten.

Warum ist eine Regelung zum Religions(kunde)unterricht, wie sie in Brandenburg praktiziert wird, eigentlich nur eine Ausnahme, verknüpft an die kuriose Bedingung, dass nur dort der Religions-"Unterrricht" kein ordentliches Schulfach sein müsse, wo "am 1. Januar 1949 eine andere landesrechtliche Regelung bestand"?
http://de.wikipedia.org/wiki/Bremer_Klausel

Der Normalfall sollte m. E. eher eine bundesweite Regelung sein, wie sie das Land Brandenburg mit dem Fach LER zuallererst plante, und die den Religionsunterricht an Schulen komplett entbehrlich gemacht hätte.
http://de.wikipedia.org/wiki/Lebensgest ... Geschichte

Wenn dann auch noch
  • die Kirchensteuer abgeschafft wird
  • religiöse Symbole nicht nur aus den Klassenzimmern,
  • sondern auch auch aus den Gerichtssälen aller Bundesländer verschwinden,
  • theologische Fakultäten und
  • (Militär-)Bischöfe nicht mehr vom Staat finanziert werden,
dann, erst dann können wir von der Verwirklichung einer Trennung von Staat und Kirche sprechen.

Gruß Gernot
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon ganimed » Fr 3. Okt 2008, 20:07

Könnte ein türkischer Gastarbeiter nicht eigentlich mit gleichem Recht die Trennung von Staat und westlicher Kultur fordern?
In allen Behörden laufen die Menschen nach westlichem Muster gekleidet herum. Keine Köpftücher, dafür Schlips und Hemd. In Schulen werden westliche Werte vermittelt. Im öffentlich rechtlichen Fernsehen kommen Auslandsproduktionen überwiegend aus USA und England. Englisch ist an Schulen ein Pflichtfach.

Solle nicht jedem selbst überlassen bleiben, welcher Weltanschauung er sich anschließen will?

Die Antwort ist wohl: eigentlich schon, aber in der Praxis lebt man nunmal in einer Kultur und der Staat ist von dieser Landeskultur nun einmal nicht zu trennen. Daher ist es ein wenig unrealistisch, finde ich, die wirklich saubere Trennung von Kirche und Staat zu fordern. Die christliche Kultur ist bisher nun einmal recht dominant gewesen. Völlig illusorisch, am Montag Atheist zu werden und für Mittwoch die christliche Kultur und Symbolik aus allen öffentlichen Räumen entfernen zu wollen.

Auf staatlicher Ebene wird natürlich immer das abfärben, was die überwiegende Mehrheit vertritt. Und solange die Atheisten hierzulande so deutlich in der Minderheit sind, finde ich die angeprangerte Restverknüpfung zwischen Staat und Kirche durchaus nachvollziehbar, nicht wünschenswert aber wohl nicht zu ändern.
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon Gernot Back » Sa 4. Okt 2008, 15:29

Haloo Ganimed,

ganimed hat geschrieben:Könnte ein türkischer Gastarbeiter nicht eigentlich mit gleichem Recht die Trennung von Staat und westlicher Kultur fordern?


Nein, der Mitbürger mit Migrationshintergrund aus der Türkei kommt u.a. ja gerade hierher nach Deutschland, weil er seine Töchter hier in der Schule und in der Universität -anders als in der Türkei- nötigen kann, Kopftuch zu tragen.

ganimed hat geschrieben:Solle nicht jedem selbst überlassen bleiben, welcher Weltanschauung er sich anschließen will?


Ja unbedingt, und gegen einen Peer-Pressure-Kopftuchzwang und -Markenklamottenfetischismus hülfe da wohl am effizientsten eine Schuluniform.

ganimed hat geschrieben:Die Antwort ist wohl: eigentlich schon, aber in der Praxis lebt man nunmal in einer Kultur und der Staat ist von dieser Landeskultur nun einmal nicht zu trennen. Daher ist es ein wenig unrealistisch, finde ich, die wirklich saubere Trennung von Kirche und Staat zu fordern. Die christliche Kultur ist bisher nun einmal recht dominant gewesen.


Dominant war die katholische Kirche ursprünglich auch in Frankreich, insbesondere unter den "allerchristlichsten" Majestäten, dennoch sind Staat und Kirche dort seit 1905 strikt voneinander getrennt.

Das hatte also gar nicht mal so direkt etwas mit der Französischen Revolution zu tun, die uns über den Code Napoléon ja auch in Deutschland zahlreiche Bürgerrechte erstmals bescherte, die wir heute nicht mehr missen wollen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Trennung_v ... .C3.BCrkei
http://de.wikipedia.org/wiki/Code_Civil

Warum sollte so etwas, was uns Frankreich seit mehr als 100 Jahren vormacht, verdammt nochmal nicht endlich auch bei uns in Deutschland möglich sein?

Gruß Gernot
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Re: Menschen ohne Religionsunterricht haben keine Werte

Beitragvon ganimed » Sa 4. Okt 2008, 20:14

Gernot hat geschrieben:Nein, der Mitbürger mit Migrationshintergrund aus der Türkei kommt u.a. ja gerade hierher nach Deutschland, weil er seine Töchter hier in der Schule und in der Universität -anders als in der Türkei- nötigen kann, Kopftuch zu tragen.

Wenn ich das zurück übersetze in die Frage mit dem Religionsunterricht: der atheistische Vater kann seine Kinder ja trotz Religionsunterricht auch zum Atheismus erziehen. Das türkische Mädchen wird möglicherweise verwirrt fragen: "und wieso trägt in der Behörde niemand sonst ein Kopftuch?" genau wie das Kind des Atheisten fragt: "und wieso lerne ich in der Schule etwas von Gott, wenn es ihn nicht gibt?". Haben beide, Atheist und Türke, ein Recht darauf, dass sich die Öffentlichkeit völlig neutral verhält und die Kinder nicht verwirrt? Im Prinzip ja, würde ich sagen, aber in der Praxis ist das völlig unmöglich. Irgendwie beeinflussen tut man immer.

Gernot hat geschrieben:Dominant war die katholische Kirche ursprünglich auch in Frankreich, insbesondere unter den "allerchristlichsten" Majestäten, dennoch sind Staat und Kirche dort seit 1905 strikt voneinander getrennt.

Das muss dann wohl einer der Unterschiede zwischen der deutschen und der französischen Kultur sein. Unsere ist kirchlicher und in Frankreich hat es eben mehr Atheismus wie ja übrigens auch mehr Kommunismus gegeben. Ich finde, auch daran sieht man, dass es mehr ein Kulturproblem ist. Man kann den Staat nicht von der Landeskultur entkoppeln.
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