Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon ganimed » Fr 6. Feb 2009, 12:49

In China sind ja jetzt einige Milch-Panscher zum Tode verurteilt worden.
Das erinnerte mich daran, dass ich zum Thema Todesstrafe noch keine richtige Meinung habe. Wirklich dagegen bin ich nicht. Ein wenig komisch komme ich mir dabei schon vor, weil ja hierzulande die Meinung doch mehrheitlich recht eindeutig gegen Todesstrafe ist. In nationalen und internationalen Menschenrechtskonventionen scheint das auch längst verankert zu sein. Mein moralisches Empfinden begehrt komischerweise aber nicht auf bei dem Gedanken an Todesstrafe. Bin ich da der einzige hierzulande? Stimmt was nicht mit mir? Welche Gründe gegen die Todesstrafe sehr ihr?

Bei der letzten Internetdiskussion zu dem Thema, an der ich teilgenommen habe, (in einer Star Trek Mailingliste) ging es unter anderem um zwei Argumente gegen die Todesstrafe:
1) Das Leben ist heilig. Nicht einmal die Justiz, hat jemals das Recht, dies kaltblütig zu nehmen.
2) Wenn man jemanden hinrichtet, kann man das für den Fall, dass sich später seine Unschuld erweist, nicht mehr rückgängig machen.

Beim Wort "heilig" kommt mir der erste Verdacht, dass das Argument (1) hier unter Atheisten vielleicht keine so große Rolle spielt?
Zu Punkt (2) habe ich seinerzeit argumentiert, dass man eine jahrelange Haftstrafe auch nicht wirklich ungeschehen machen kann, wenn man erst lange Zeit später merkt, dass der Insasse doch unschludig war. Justizirrtümer passieren nun mal, würde ich da sagen.

Wie sehen rationale Brights dieses Thema?
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon Mark » Fr 6. Feb 2009, 13:05

Rational betrachtet kann ein Mensch nicht eine solch grosse "Schuld" haben, daß man ihn deswegen töten müsste, um andere abzuschrecken. Ohnehin gibt es kein Argument welches schwerer wiegen darf als das Leben der Menschen. Nur zum Schutz anderer Unschuldiger darf man töten. Es ist ein fundamental wichtiges Signal für alle Mitmenschen, wenn das Leben der Menschen grundsätzlich IMMER respektiert und bewahrt wird. Man muss auch immer Hoffnung haben können für sich und seine Zukunft. Wer andere zum Tode verurteilt ist ein Populist und ein Mörder. Wer es duldet der duldet Populismus und Mord.

Ich könnte mich mit einer Gesellschaft welche Mord aus internen Regelwerken und historischem Usus heraus für praktisch und angebracht hält, nicht identifizieren. Das ist der rationale Knackpunkt... die Regeln müssen akzeptiert werden. Ich persönlich kann das mit meinem Hang zu Empathie nicht dulden. Wenn es die Mehrheit auch nicht kann, sind wir uns einig.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon Peter Janotta » Fr 6. Feb 2009, 13:16

Ein Hauptproblem mit der Todesstrafe sehe ich in der fehlenden Revisionsmöglichkeit.

Interessant ist auch, dass beim Thema Todesstrafe völkerrechtlich zwischen der Todesstrafe in Kriegs- und Friedenszeiten unterscheiden wird.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon stine » Fr 6. Feb 2009, 15:01

Beim Thema Todesstrafe scheiden sich auch in mir die Gefühle. Einerseits spielt Rache, als primitiv menschliches Gefühl eine große Rolle. Schließlich fragt ein Mörder sein Opfer auch nicht, ob es lieber weitergelebt hätte, wieso sollte der Rächer (Richter) dann danach fragen?

Angesichts der Greueltaten im zweiten Weltkrieg oder in anderen Kriegen fragt man sich als Unbeteiligter aber auch, warum kann jemand so aus der menschlichen Rolle fallen, nur weil die Zeiten andere sind? Steckt in jedem Kriegsverbrecher auch in zivilen Zeiten ein potentieller Mörder?

Und schließlich fragt man sich noch als Steuerzahler, warum muß ich einen Massenmörder bis an sein Lebensende durchfüttern?

Das Leben ist heilig, aber auch das der Opfer.

LG stine
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon Twilight » Fr 6. Feb 2009, 15:58

Ein Leben als Strafe zu beenden, halte ich für falsch. Das hat mehrere Gründe:

Die Todesstrafe ist absolut. Sollte im Nachhinein die Unschuld des Verurteilten bewiesen werden, ist es zu spät. Ein unschuldiger Gefängnisinsasse könnte zumindest theoretisch Kompensationsleistungen erhalten. Ich weiß nicht, wie so etwas hier geregelt wird.

Der Abschreckungswert ist gleich Null. Ein Mörder denkt nicht an andere verurteilte Mörder. Er denkt an sich, sein Opfer und manchmal noch an das, was ihn zu dieser Tat treibt. Würde er mehr denken, würde er die Tat nicht begehen.

Todesurteile haben keinen Rachewert. Weder dürfen die Geschädigten selbst Hand anlegen, noch dürfen sie sich an den Qualen des Verurteilten ergötzen, da in den meisten "zivilisierten" Ländern die Todesstrafe möglichst "human" vollzogen werden muss. Anders in Saudi Arabien und Co.

Todesurteile sind unwirtschaftlich. Der Verurteilte sitzt eine Weile in Haft, wird mit allem, was er zum Überleben braucht, versorgt, nur um dann doch hingerichtet zu werden. Ein zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilter könnte zumindest noch arbeiten, seine Versorgung, vielleicht sogar kleine Extrazuwendungen verdienen.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon JustFrank » Fr 6. Feb 2009, 18:12

Die Fragestellung ist vollkommen falsch. Die Frage impliziert, dass Leben und Heiligkeit irgendwie zusammen hingen. Das ist (sorry) vollkommener Bullshit.

Leben ist ein biologischer Prozess. Die Zeit zwischen Kurz-vor-der-Geburt und Tod. Also nix Heiliges (was ist das überhaupt?), sondern schlichte Realität.

Ob die Todesstrafe ein geeignetes Mittel zur Rechtssprechung ist, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Ich lehne die Todesstrafe rundweg ab. Sie lässt, wie hier schon mehrfach festgestellt, keine Revision zu und nimmt unschuldig Verurteilten jede Chance. Die Todesstrafe ist auch ein Merkmal fundamentalistisch, primitiver Gesellschaften (Iran, Texas) oder diktatorischer Systeme (China, Nord-Korea). Sie missachtet das Recht auf Leben absolut und hat bislang kaum eine abschreckende Wirkung oder sonstwie positive Wirkung entfaltet.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon xander1 » Fr 6. Feb 2009, 19:36

Die Todesstrafe ist keine Strafe, weil Strafe impliziert einen Lernvorgang, der aus der Strafe hervorgeht. Der einzige Grund warum man sie als Strafe bezeichnen könnte, wäre weil sie abschreckend wirken kann. Ansonsten ist die Todesstrafe eigentlich eine Hinrichtung und keine Strafe.

Es gibt tatsächlich Menschen ohne jegliches Gewissen, die ohne andere Menschen gewissenlos qäulen oder töten würden. Ich glaube, dass wenn man in solche Hirne reinschauen könnte, man sich pro Hinrichtung entscheiden würde. Dass es solche Menschen gibt, kann vielleicht angeboren sein. Das weiß ich nicht. Die Gesellschaft hat darauf immer einen Einfluss wie sich Menschen entwickeln.

Besser als die Todesstrafe ist eine gesunde Gesellschaft. Gewissenlosigkeit könnte eine Krankheit sein. Das weiß ich nicht. Ich denke, dass man auch zur Gewissenlosigkeit beeinflusst werden kann und umgekehrt.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon stine » Sa 7. Feb 2009, 00:05

xander1 hat geschrieben:Besser als die Todesstrafe ist eine gesunde Gesellschaft.

Sehe ich auch so. Ich weiß nur nicht, wie das erreichbar wäre. Es hat sicherlich auch damit zu tun, dass die Unterschiedlichkeit der Menschen auch unterschiedliche Ziele im Auge hat und was ist dann "gesund"?
xander1 hat geschrieben:Gewissenlosigkeit könnte eine Krankheit sein.

Auch hier ist es so, dass die Unterschiedlichkeiten eigentlich in der Evolution vorgesehen sind. Streng genommen müßte man sagen, es setzt sich durch, was der Zeitgeist gerade fördert.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon Myron » Sa 7. Feb 2009, 00:25

stine hat geschrieben:Einerseits spielt Rache, als primitiv menschliches Gefühl eine große Rolle.


Fimtipp nebenbei: LADY VENGEANCE
Ein psychologisch komplexes Meisterwerk aus Südkorea, in dem es um das Thema Rache und dessen natürliche Ambivalenz geht.
Vergesst KILL BILL!
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon Myron » Sa 7. Feb 2009, 05:11

Mark hat geschrieben:Rational betrachtet kann ein Mensch nicht eine solch grosse "Schuld" haben, daß man ihn deswegen töten müsste, um andere abzuschrecken.


Das Abschreckungsargument scheint nicht zu ziehen, denn, soweit ich weiß, ist es bislang keinem Sozialwissenschaftler gelungen, empirisch nachzuweisen, dass die Einführung der Todesstrafe in einem Staat tatsächlich einen darauf zurückzuführenden Rückgang der Tötungsdelikte bewirkt hat.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon Myron » Sa 7. Feb 2009, 05:25

Twilight hat geschrieben:Todesurteile haben keinen Rachewert.


Es gibt z.B. in den USA Vereine von Angehörigen und Freunden von Mordopfern, die sich gegen die Todesstrafe aussprechen, weil sie es verneinen, dass sie die staatliche Tötung des/der Täter seelisch entlasten würde.
(Siehe z.B.: http://www.californiacrimevictims.org)
Es ist also nicht der Fall, dass alle Leute, die einen Angehörigen oder einen Freund durch Mord verloren haben, gnadenlos nach alttestamentarischer Vergeltung dürsten.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon Myron » Sa 7. Feb 2009, 05:39

stine hat geschrieben:Und schließlich fragt man sich noch als Steuerzahler, warum muß ich einen Massenmörder bis an sein Lebensende durchfüttern?


Ein Argument von Leuten, die Angehörige oder Freunde durch Mord verloren haben und dennoch gegen die Todesstrafe sind:

"Hundreds of millions of dollars are spent on the death penalty each year. If we replace the death penalty with life without parole, millions of dollars could be spent on violence-prevention efforts, solving unsolved cases, and increasing victim services."

"Hunderte Millionen von Dollars werden jedes Jahr für die Todesstrafe ausgegeben. Wenn wir die Todesstrafe durch eine lebenslange Haftstrafe ohne Bewährung ersetzen, könnten Millionen von Dollars für Projekte zur Gewaltprävention, für die Aufklärung ungelöster Fälle und für den Ausbau der Opferhilfe aufgewendet werden."
[© meine Übers.]

(Quelle: http://www.californiacrimevictims.org)

Es scheint also ein Irrglaube zu sein, dass der staatliche Tötungsapparat samt Bürokratie den Steuerzahler weniger kostet als das "Durchfüttern" der Delinquenten bis an deren natürliches Lebensende.
(Es ist ja auch in der amerikanischen Justizpraxis mitnichten so, dass die Todesurteile direkt nach dem Prozess vollstreckt werden. Im Gegenteil, soweit ich informiert bin, lässt man die Todeskandidaten in der Regel noch etliche Jahre im Todestrakt schmoren, bevor sie schließlich hingerichtet werden—es sei denn, in der Zwischenzeit hat sich ihre Unschuld herausgestellt oder sie sind trotz erwiesener Schuld begnadigt worden.)
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon Myron » Sa 7. Feb 2009, 05:59

Twilight hat geschrieben:Todesurteile haben keinen Rachewert. Weder dürfen die Geschädigten selbst Hand anlegen, noch dürfen sie sich an den Qualen des Verurteilten ergötzen, da in den meisten "zivilisierten" Ländern die Todesstrafe möglichst "human" vollzogen werden muss.


Seit ich im Fernsehen mehrere Berichte darüber gesehen habe, wie oft bei der angeblich ach so humanen Anwendung der Todesspritze (in den USA) etwas "suboptimal" verläuft, würde ich mich als Todeskandidat lieber klassisch an die Wand stellen lassen.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon Myron » Sa 7. Feb 2009, 06:04

Peter Janotta hat geschrieben:Ein Hauptproblem mit der Todesstrafe sehe ich in der fehlenden Revisionsmöglichkeit.


Aus theistischer Sicht gibt es als ausgleichende postmortale Gerechtigkeit die himmlische Revisionsmöglichkeit.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon Twilight » Sa 7. Feb 2009, 08:43

Myron hat geschrieben:Seit ich im Fernsehen mehrere Berichte darüber gesehen habe, wie oft bei der angeblich ach so humanen Anwendung der Todesspritze (in den USA) etwas "suboptimal" verläuft, würde ich mich als Todeskandidat lieber klassisch an die Wand stellen lassen.

Natürlich. Der Gehängte baumelt eine Weile würgend und zuckend, der Giftspritzeerhaltene leidet innerliche Qualen, ist aber völlig paralysiert, der Stromgeschockte zappelt und schimpft, während mehrere Ampere seinen Körper aufheizen und die Elektroden an seiner Haut festbrennen... Es ist übrigens auch schon vorgekommen, dass ein Mensch einen direkten Kopfschuss überlebt hat, der eine Amputation einer kompletten Gehirnhälfte erforderlich machte. Diese Geschichte hat aber nichts mit Hinrichtungen zu tun.
Ich sagte ja schon, Todesurteile müssen "human" vollstreckt werden. Dass die Praxis anders aussieht, als die Theorie, kommt leider immer wieder vor.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 7. Feb 2009, 13:23

Ich bin gegen die Todesstrafe. Punkt, Aus, Schluss.
Aber ich verstehe nahe Angehörige eines Mordopfers als Beispiel, wenn sie den (vermeintlichen) Täter gerne tot sähen - auch deshalb sollen in einem echten Rechtsstaat die Richter mit ihren Fällen nichts persönlich zu tun haben.
Trotzdem darf der Mensch nicht vorsätzlich töten, außer es ist die (scheinbar) einzige Möglichkeit zu Schützen.

Rache ist ein starker Beweggrund, auch US-Richter verhängen die Todesstrafe mitunter mit der Begründung, dass den Opfern und ihren Angehörigen damit Genugtuung widerfahren solle, also Rache, also niederer Beweggrund und man ist schon selber auf die Stufe des Mordes geklettert.
Auch stines Argument der Kosten ist so. Geldwerter Vorteil => niederer Beweggrund => Tötung ist Mord. Halte ich übrigens für sehr christlich :^^:
Das Kostenargument dürfte auch falsch sein und ungerecht.
Man sagt - und dies klingt plausibel - wenn ein vom Tode Bedrohter alle Rechtsmittel ausschöpft, kostet dies dem Staat mehr, als 100 Jahre "Kost und Logis".
Und vorallem: Ein 20-jähriger kostet noch viel ein 80-jähriger wenig, also den 20er köpfen und den 80er nicht? Rational deinem Geldgedanken folgend, sollte man bei jungen Straftätern also "immer" den Kopf abschlagen, alte Mörder dürften leben?
Gerechtigkeit ist schwer, aber einen Mord macht man durch einen anderen Mord nicht ungeschehen, man ist nicht einmal ein kleines bisschen auf dem Weg dort hin. Und abschreckend (siehe Myron) wirkt es scheinbar fast garnicht und in manchen Fällen wohl sogar gegenteilig. Wer keine Chance mehr selber hat zum Leben, dem ist das Leben anderer oft noch weniger Wert als schon vorher.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon Ari » So 8. Feb 2009, 13:33

Ah die gute alte Diskussion, ich sag trotzdem dazu was. Man möge mir verzeihen (auch wenn ich nicht beichten gehe) :^^:

Ich möchte das nocheinmal von einer bereits angesprochenen Seite anreissen. Warum bestrafen wir jemand?

Wikipedia Strafe hat geschrieben:* mit der Motivation von Erziehung zum Besseren
* mit dem Ziel der Abschreckung potentieller anderer Straftäter
* und dem Ziel des Schutzes der sonstigen Bevölkerung oder zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit (Sühne).


Punkt 1 kann mit der Todesstrafe definitiv nicht erfüllt werden.
Bei Punkt 2 und 3 hab ich sowohl pro als auch contrameinungen schon gehört.

Als erstes die Frage: Müssen alle 3 Punkte berücksichtigt werden? Schließt als der Wegfall von 1. die Todesstrafe aus?
Meiner Meinung nach ja. Es gibt durchaus Personen bei denen eine Besserung sehr unwahrscheinlich ist und vor denen daher (vielleicht auch lebenslang) die Bevölkerung geschützt werden muss. Jedoch wird diese Möglichkeit die Schuld der Täter aufgebaut hat wieder (teilweise) abzubauen mit der Anwendung der Todesstrafe zu nicht gemacht.

Zu 2.: Ich glaube auch nicht, dass die Todesstrafe grundsätzlich vor Mord abschreckt. Mord geschieht auch im Affekt oder in Zuständen von geistig eingeschränktem Bewusstsein/Wahrnehmung. Diese Personen haben wegen ihree (krankhaften) Wahrnehmungsstörung auch nicht das kalkühl, dass sie sagen "ach ich krieg eh nur 20 Jahre" oder das sie die Todesstrafe abschreckt.

Zu 3: - Schutz der Bevölkerung: Gut das wäre der Fall, jedoch muss man da eben die Gerechtigkeit mit einbauen. Ist es gerecht, wenn der Staat das was er bestrafen will (Töten eines Mitmenschen) mit dem selben Verhalten (Töten eines Mitmenschen) bestraft? Soll so Strafe aussehen? Ich finde nicht. Strafe soll nicht dadurch entstehen, dass der Staat und damit die Gesellschaft sich von seinen Handlungen an der Grausamkeit des Täters orinetiert und diese versucht "um Gerechtigkeit zu erzeugen" nachzueifern (Daher bin ich auch gegen Folter oder auspeitschen).


Soviel zu diesen Punkten. ZU gainimeds zwei Argumenten:
- Heilig ist es mir nicht, da ich nicht an Heilige und das religöse Drumherum glaube. Aber ich habe Achtung und Respekt vor meiner Spezie und auch (ich bin kein Vegetarier) in gewissem Maße mit dem Rest er Evolution.
- Ja die Unschuldigen, die sind eh das eigentliche Problem. Es ist schlimm wenn jemand 20 Jahre unschuldig im Gefängnis sitzt, aber es ist eine katastrophe wenn er vor 20 Jahren vom Staat unschuldig getötet wurde. Zur Todesstrafe noch ein Zitat von Terry Pratchet, Ab die Post:

Pratchett, Ab die Post hat geschrieben:"Aber im Besonderen denke ich, dass es gut funktioniert, ja. (...) ICh meine damit das ich hier oben nie jemand mehr als einmal gesehen habe."
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon JustFrank » So 8. Feb 2009, 18:50

Twilight hat geschrieben:Ich sagte ja schon, Todesurteile müssen "human" vollstreckt werden. Dass die Praxis anders aussieht, als die Theorie, kommt leider immer wieder vor.


Wie tötet man denn einen Menschen human? Mit dem Akt des Tötens beende ich schließlich die Existens eines Menschen, also auch die für diesen Menschen geltende Humanität. Todesurteile können also gar nicht human vollstereckt werden.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon Twilight » So 8. Feb 2009, 22:11

JustFrank hat geschrieben:
Twilight hat geschrieben:Ich sagte ja schon, Todesurteile müssen "human" vollstreckt werden. Dass die Praxis anders aussieht, als die Theorie, kommt leider immer wieder vor.


Wie tötet man denn einen Menschen human? Mit dem Akt des Tötens beende ich schließlich die Existens eines Menschen, also auch die für diesen Menschen geltende Humanität. Todesurteile können also gar nicht human vollstereckt werden.


Ist das etwa ein Gegenargument?
Entschuldige bitte JustFrank, aber jetzt musste ich ernsthaft überlegen, ob ich darauf noch antworten will.
Ich könnte zum Beispiel erörtern, dass human nichts anderes als "auf menschliche Art" bedeutet, um dann darauf einzugehen, welches Verhalten für Menschen typisch ist und was im Gegensatz dazu unter "menschlich" verstanden wird, oder es einfach sein lassen. Als Kompromiss weise ich einfach mal auf meinen mehrmaligen Gebrauch von Gänsefüßchen hin.
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Re: Todesstrafe: ist das Leben heilig?

Beitragvon Myron » So 8. Feb 2009, 23:21

JustFrank hat geschrieben:Wie tötet man denn einen Menschen human?


Es geht um die Frage, wie man einen Menschen "einschläfern" kann, ohne dass er dabei körperliche Qualen erleiden muss.
Dazu muss sichergestellt werden, dass er während des eigentlichen Tötungsvorganges, bei dem bestimmte chemische Substanzen eingesetzt werden, ohne Bewusstsein ist. Das heißt, man muss ihm als Erstes eine Art Schlafmittel injizieren.

Der Einsatz einer Todesspritze ist allerdings nur dann "human", wenn man sich darauf verlassen kann, dass das Verfahren tatsächlich keine Qualen verursacht, die der Delinquent noch bewusst erleben muss.
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