stine hat geschrieben:Der von mir so genannte Kulturwandel bezieht sich auf die Strukturauflösung traditioneller Werte wie Ehe und Familie.
Im christlichen Glauben sind das fundamentale Werte und auch nur hier finde ich das Wort fundamental angebracht. Eine Kultur die auf humanistische Vielfalt aufbaut sieht beliebige Verhaltensweisen für menschliches Miteinander vor.
Aus meiner Sicht müsste erst mal naturalistisch geklärt werden, für welche Art des Zusammenlebens der Mensch, durchaus als Tier betrachtet, eigentlich geschaffen ist [...]
Denkst du nicht, dass du die Ehe etwas überbewertest? Es mag ja ganz schön sein, wenn sich zwei Menschen ein Versprechen geben, füreinander da zu sein, sich gegenseitig zu unterstützen und das alles, denn das sind nicht nur sehr gute Fundamente für eine erfolgreiche Nachkommenaufzucht, sie praktischerweise obendrein auch das ganz alltägliche Leben und machen es angenehmer.
Aber was, wenn es eines Tages nicht mehr funktioniert? Ein Versprechen auf Lebenszeit halten zu können ist eine Frage des Zufalls. Demnach bedeutet ein solches Versprechen Heuchlerei, bestenfalls Ahnungslosigkeit. Glaubst du, jedes fundamentalistisch-christliche Ehepaar bleibt mehrere Jahrzehnte lang glücklich? Tut die Kirche etwas Gutes, wenn sie Menschen, für die die Anwesenheit des jeweils Anderen ein konstanter Störfaktor geworden ist, zwingt zusammenzubleiben?
Und wenn eine solche Beziehung berechtigt beendet werden darf, wo ist dann der Vorteil zu einer sogenannten "wilden Ehe", in der zwei Menschen sich einfach umeinander kümmern, solange sie sich noch etwas zu sagen haben und das auch wissen?
Abgesehen davon: Du suggerierst im Eröffnungsbeitrag, dass unveränderliche Werte gut, wandelbare dagegen schlecht sind. Zumindest verstehe ich die Frage
stine hat geschrieben:Kann der Humanismus bleibende Werte schaffen oder unterliegt er nicht dem Wandel der Zeit [...]?
so. Nun ist es aber nun mal leider Gottes so, dass sich die Randbedingungen immer wieder, mal stetig und kaum wahrnehmbar langsam, mal mit katastrophaler Geschwindigkeit ändern. Anpassbare Wertemodelle, deren einziges Fundament "Funktionsfähigkeit" heißt, sind hierbei die einzige Möglichkeit, Gesellschaften (nicht Gesellschaftsformen) aufrecht zu halten.
Traditionen halte ich zwar für durchaus nützlich, aber ich denke, man sollte immer im Hinterkopf behalten, dass Traditionen nur abstrakte Werte sind, die das Leben verschönern können. Wenn sie nicht haltbar sind, sollte sich niemand gezwungen fühlen, sich ihnen unterwerfen zu müssen.
stine hat geschrieben:Ehe und Familie gelten als Sakrament und sind daher untrennbar miteinander verbunden
Ich würde dir fast zustimmen, wenn ich nicht glauben würde, dass du meinst, dass eine Familie nicht ohne Ehe sein kann. Was aber ist eine Ehe für dich? Ein Versprechen zweier Menschen, sich gegenseitig zu unterstützen? In dem Fall ist es ziemlich einfach. Viele Leute machen so etwas ohne Kirche oder Standesamt. Oder zählt der gesellschaftliche, bzw. religiöse Druck von außen mehr?
platon hat geschrieben:Die Religionen haben den Menschen immer als etwas besonderes herausgestellt und ihm damit eine Handhabe gegeben, mit dem Rest der Natur zu machen, was ihm beliebt.
Das ist Egoismus pur! Mit dem Segen der Religionen!
Ich würde das eher Egozentrik nennen. Während ein Egoist andere einfach als Rivalen um Ressourcen ansieht, kommt der Egozentriker (im Extremfall) noch nicht einmal auf die Idee, dass andere auch Bedürfnisse haben und Ansprüche anmelden könnten.
Die viel vertretene Ansicht vom Unterschied zwischen Menschen und Tieren deutet auf eine solche Ignoranz hin.