Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon ganimed » Mo 18. Jan 2010, 21:26

Ich hatte letztens eine Real-Life-Diskussion über diese Frage. Leider konnte diese Diskussion nicht einmal im Ansatz zu Ende geführt werden (welche kann das schon?) Daher würde ich gerne hier in diese Runde fragen, was ihr darüber denkt.

Die Position meines Gegenübers fasse ich mal so zusammen:
Es gibt offenbar Hartz IV Empfänger, die in Fernsehinterviews offensiv angeben, durchaus zufrieden mit ihrer Situation zu sein und gar nicht arbeiten zu wollen. Solch ein Zurücklehnen und die Hand aufhalten hielt mein Gesprächspartner für moralisch verwerflich. Eins seiner Argumente war wohl, dass man ja ohne jede Gegenleistung die finanzielle Hilfe des Staates in Anspruch nimmt.

Meine Position:
Ist mir noch nicht so ganz klar geworden. Deshalb hoffe ich auf diesen Thread. Mir scheint der Staat eine Pflicht zu haben, Bedürftige sozial zu unterstützen. Und die bedürftige Person scheint mir ein Recht darauf zu haben, ausdrücklich ohne Gegenleistung. Und wenn jemand wirklich im Fernsehen sagt, gar nicht arbeiten zu wollen, kann ich das nicht ganz ernst nehmen. Möglicherweise ist das nur eine Trotzreaktion auf das Nichtgebrauchtwerden. Ich kann mir zumindest nicht vorstellen, dass jemand so faul ist, dass ihm ein sinnloses Nichtarbeiten lieber ist als eine sinnvolle Beschäftigung. Und wenn jemand derart faul wäre, so wäre für mich die Frage: ob diese Faulheit nicht vielleicht angeboren, anerzogen wäre und somit nicht die "Schuld" des Arbeitsverweigerers ist. Genau so wenig, wie es die Schuld von Leistungsträgern unserer Gesellschaft ist, wenn sie nunmal gerne und viel Leistung erbringen. Jeder nach seiner Facon. Oder?

Auf folgende Fragen habe ich aber noch keine Antwort: Was ist im Vergleich mit den Arbeitsverweigerern mit Leuten, die viel arbeiten (müssen) und wegen Billiglöhnen vielleicht nur gerade so über dem Hartz-IV-Niveau liegen? Wie ist diese offensichtliche Ungerechtigkeit aufzulösen? Mir fällt dazu nur das Stichwort Grundrente ein. Jeder bekommt eine bedingungslose Grundrente und wer dann noch arbeitet, bekommt mehr.

Was meint ihr? Ist Hartz-IV-Empfang ohne Arbeitswillen soziales Schmarotzertum? Ist das moralisch verwerflich?
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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon JustFrank » Mo 18. Jan 2010, 21:55

Selbstredend ist das verwerflich. Wer sich von einer Gemeinschaft bedienen lässt, ohne selbst einen Beitrag zu leisten, handelt moralisch verwerflich. Es sei denn, er kann aufgrund einer Zwangslage nicht anders. Dann ist die Gemeinschaft moralisch zur Hilfe verpflichtet.

Bei den Typen, die in irgendwelchen Mittagstalks ihre Meinung herum posaunen, würde ich mir allerdings überlegen, wie und ob das glaubwürdig ist. Denen wird nämlich von der Regie gesagt, was ihre Meinung zu sein hat. Je nachdem, wie sehr diese ausserordentlich objektiven Sendungen darauf aus sind zu polarisieren und zu provozieren.
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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon musicman » Mo 18. Jan 2010, 22:36

ganimed hat geschrieben: Ich kann mir zumindest nicht vorstellen, dass jemand so faul ist, dass ihm ein sinnloses Nichtarbeiten lieber ist als eine sinnvolle Beschäftigung.


Nicht alles was man sich nicht vorstellen kann, muß es deshalb nicht geben.

Für mich wäre das ebenfalls nicht denkbar, zum einen macht mir die Arbeit Spaß, zum anderen sind meine Fixkosten auf Grund meiner sehr speziellen Lebensweise exorbitant hoch und ich käme da nicht eben weit mit HartzIV.
Allerdings kenne ich Fälle, die sich darin eingerichtet haben. Meine Putzfrau hat mir das mal vorgerechnet, die stellen sich unterm Strich besser, wenn ihr Mann daheim bleibt, sie für 400 arbeitet und ab und an macht er einen Job schwarz.Es hängt stark von den Ansprüchen ab, die jemand hat.

ganimed schreibt
Und wenn jemand derart faul wäre, so wäre für mich die Frage: ob diese Faulheit nicht vielleicht angeboren, anerzogen wäre und somit nicht die "Schuld" des Arbeitsverweigerers ist. Was meint ihr? Ist Hartz-IV-Empfang ohne Arbeitswillen soziales Schmarotzertum? Ist das moralisch verwerflich?


Also ich weiß nicht, diese Argumentation ist mir nicht sympathisch, da könntest Du ja auch klauen und noch ein paar andere unschöne Sachen damit rechtferigen.
Ob es moralisch verwerflich ist?
Auch Ansichtssache, jedenfalls wäre es dann auch nicht verwerflich, wenn die anderen sagen, wir finanzieren es dir nicht.


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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon ganimed » Mo 18. Jan 2010, 22:54

JustFrank hat geschrieben:Wer sich von einer Gemeinschaft bedienen lässt, ohne selbst einen Beitrag zu leisten, handelt moralisch verwerflich. Es sei denn, er kann aufgrund einer Zwangslage nicht anders. Dann ist die Gemeinschaft moralisch zur Hilfe verpflichtet.

Sehe ich genau so. Es ist nur die Frage, wie man Zwangslage definiert. Ich würde es ja so weit definieren wollen, dass ich auch angeborene Faulheit als ausreichenden Zwang betrachte. Ich meine, es gibt doch diese Workaholics, die trotz ärztlicher Warnungen mitunter nicht vom Stress wegkommen und irgendwann tot daneben liegen. Die können eben nicht anders, jedenfalls nicht grundlegend. Wenn also ein Fleissiger offenbar zwanghaft fleissig ist, wieso kann ein Fauler nicht dasselbe für sich beanspruchen?

Zweites Argument: ist der Hartz IV Satz nicht derart niedrig (ich kenne die Zahlen nicht), dass man im Zweifel für den Angeklagten immer folgern kann, dass damit sicher niemand wirklich freiwillig auskommen wollte? Einige Zwänge werden da sicher immer am Werk sein. Vielleicht ist diese gedachte Menge an Schmarotzern also in Wirklichkeit tatsächlich eher leer. Es gibt vielleicht niemanden, der wirklich damit auskommen will und das im Fernsehen ernst meint.

musicman hat geschrieben:Allerdings kenne ich Fälle, die sich darin eingerichtet haben. Meine Putzfrau hat mir das mal vorgerechnet, die stellen sich unterm Strich besser, wenn ihr Mann daheim bleibt, sie für 400 arbeitet und ab und an macht er einen Job schwarz.Es hängt stark von den Ansprüchen ab, die jemand hat.

Finanziell lässt sich so etwas sicher schnell ausrechnen. Aber was ist mit imateriellen Aspekten? Wenn man sinnlos zu Hause rumhängt und man im Trainingsanzug auf der Couch liegend das Gefühl hat, überhaupt nicht mehr gebraucht zu werden, ist da nicht die Depression vorprogrammiert? In dem genannten Fall ist der Mann erstens nicht allein (macht sich möglicherweise im Haushalt nützlich) und kann zweitens bei der Schwarzarbeit seelisch auftanken. So ganz überzeugend finde ich das Gegenbeispiel daher noch nicht.
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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon musicman » Mo 18. Jan 2010, 23:53

ganimed hat geschrieben:
JustFrank hat geschrieben:Zweites Argument: ist der Hartz IV Satz nicht derart niedrig (ich kenne die Zahlen nicht), dass man im Zweifel für den Angeklagten immer folgern kann, dass damit sicher niemand wirklich freiwillig auskommen wollte? So ganz überzeugend finde ich das Gegenbeispiel daher noch nicht.


Wie ich schrieb, hängt es von den Ansprüchen ab, folgern kannst Du nichts daraus.
Es gibt Typen, die sind mit RTL II und einer Flasche Bier zufrieden und die Frau geht schaffen für die Extras ( wenn auch im bescheidenen Rahmen) das gibt es, bei meiner Putzfrau ist das so und ihr Mann macht ab und zu einen Job schwarz, aber daheim keinen Finger krumm.
Ich glaube auch nicht das das die Mehrheit ist, aber es gibt die von Dir beschriebenen Fälle.
Aber Deine Frage war ja, ob das verwerflich ist und ich schrieb schon, damit daß die Faulheit evtl anerzogen/geboren ist, kannst Du es nicht rechtfertigen, nach dieser Logik dürfte der Kleptomane ja auch munter klauen, ohne das man ihm einen Vorwurf macht und der Pyromane könnte fleißig Häuser abfackeln, ohne belangt zu werden.
Allerdings kannte ich mal einen Typen, der hatte - kein Witz - vom Psychiater ein Attest, daß er eine Arbeitsallergie hat, bei dem hat es funktioniert. Den Winter über töpferte er fleißig auf Gomera, im Sommer ließ er sich von ein paar Tussen durchfüttern, die er hier in Deutschland hatte.
Wenn also einer ein ärztliches Attest hat, daß er krankheitsbedingt faul ist oder so in die Richtung, müsste man sich den Einzelfall anschauen, evtl gibt es therapeutische Maßnahmen, wie auch bei workaholics.

Allzu viel Beachtung verdienen diese Fälle aber nicht, ich denke die meisten würden lieber was tun, wenn sie einen Job hätten.

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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon xander1 » Di 19. Jan 2010, 01:57

Wenn wir in einem Staat leben würden, in dem es genug Arbeit für alle gebe, dann wäre es sicher verwerflich wenn jemand nicht arbeiten will. Wenn jemand nicht arbeiten will sucht sich jedoch jemand anders die Arbeit.

Und in den meisten Fällen suchen sich die Menschen zur Not eine Arbeit mit Dumpinglöhnen für 3 Euro die Stunde. Ich behaupte, dass die meisten Arbeitslosen wirklich arbeiten wollen. Kennt irgendjemand einen Betrieb, in dem es an billigen Arbeitskräften mangelt, weil die Arbeitslosen nicht arbeiten wollen? Ich glaube nicht dass es so etwas gibt.

So lange es nicht genug Arbeit für alle gibt, wird die Arbeitslosenzahl "konstant" bleiben und daran ändern auch nichts Arbeitslose die nicht arbeiten wollen.

So und nun zu solchen Sendungen und der Bild-Zeitung, in denen wiederholt schmarotzende Arbeitslose gezeigt werden. Ist euch vielleicht schon mal aufgefallen, dass das nur in den privaten Medien gezeigt wird? In den öffentlich-rechtlichen habe ich letztens einen Bericht gesehen, der das ganze Gegenteil gezeigt hat. Die privaten Sender gehören reichen Menschen und die wollen unser System möglichst unsozial-marktwirtschaftlich halten, FDP-Wähler sozusagen. Sie wollen reicher werden und weniger Steuern an Arbeitslose zahlen. Deswegen wird in solchen Medien die Realität verdreht. Deswegen wird die Partei die Linke ständig schlecht gemacht von solchen Medien.

Und ich bin mir sehr sicher, dass es folgenden Hauptgrund für unsere Arbeitslosigkeit gibt. Es sind die Billigimporte. Wir exportieren zwar mehr in Geldsummen, aber wie schaut es denn aus, wenn wir mal anders rechnen: Was würden die Importe kosten wenn wir sie in unserem Land produzieren würden? Sollten wir mal diese Zahl als Geldsumme anstelle der Geldsumme der Importe und das vergleichen mit den Exporten. Dann könnte man sehen woher die Arbeitslosigkeit kommt.

Das ist auch ich denke ein großer Grund warum Attac aktiv ist und gäbe es nicht gute Gründe, wären sie schon längst als Partei aktiv. Aber es ist notwendig keine Partei zu sein, damit sie ihre Ziele wahren.

Die Globalisierung ist gut für die die Arbeiten, weil sie billig importierte Produkte kaufen können für die Arbeitslose nur wenig Geld haben. Die Arbeiter geben einen Teil ihres Geldes indirekt den Arbeitslosen, aber in Wirklichkeit sind das wegen der Globalisierung keine Almosen, sondern es ist eher ein Ersatz für Arbeit, weil wenn unser System anders wäre, gäbe es mehr Arbeit. Vielleicht profitiert unser Land insgesamt von der Globalisierung, aber die Arbeitslosen sind dessen Verlierer.

Und dann kommt noch hinzu, dass genau da Arbeitskräfte fehlen, wo Professoren exmatrikulieren, wohingegen in Asien mehr Studenten abschließen und dort nicht dieses Problem vorherscht. Gleichzeitig fangen mehr an zu studieren und die Abbrecherquote liegt um ein vielfaches höher als die Schöngefälschten zahlen. In manchen Studiengängen sind es vielleicht nur noch 15% die ihr Studium schaffen und nicht 20% die abbrechen. Und weil die Professoren zu hart bewerten fehlt unserer Volkswirtschaft 1% Wachstum, da es an solchen Arbeitskräften mangelt, insbesondere im technischen Bereich, wo durch die Bacheloreinführung noch mehr abbrechen.

Es werden in manchen Segmenten Azubis ausgebildet, die im Durchschnitt keinen Job finden, weil es dafür keinen Bedarf gibt. Ich denke dabei an Informatikassistenten oder Techniker der Informatik, nicht zu verwechseln mit technischer Informatik.

An vielen Berufsbereichen lügt der Staat einen mit Hoffnungsvorstellungen ins Gesicht, damit das System erhalten bleibt und alle daran glauben, dass Leistung sich lohnt.

Und viele Menschen glauben den Medien die eine Hetze betreiben, nicht nur gegen Hartzer, sondern auch gegen fremde Kulturen. Und wer steckt dahinter? Lobbygruppen, einflussreiche Menschen, die mehr Macht, mehr Ressourcen, mehr Geld haben wollen von denen manche skrupellos oder kriminell sind. Man denke an die Gründe der Finanzkrise.
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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon stine » Di 19. Jan 2010, 09:00

xander1 hat geschrieben:An vielen Berufsbereichen lügt der Staat einen mit Hoffnungsvorstellungen ins Gesicht, damit das System erhalten bleibt und alle daran glauben, dass Leistung sich lohnt.

Ich sehe das Problem der Arbeitslosigkeit auch in den überzogenen Ansprüchen einer bildungswütigen Gesellschaft. Wenn eine Bürohilfe heutzutage den Bachelor in Kommunikationswissenschaften braucht und eine Hübsche am Bankschalter BWL studiert haben muss, dann erzeugen wir unsere Sozialhilfeempfänger wirklich selber.
Ansprüche und tatsächlicher Einsatz müssen besser abgeschätzt werden. Mir fehlt heutzutage auch die Bereitschaft der Arbeitgeber Einarbeitungszeiten zu akzeptieren, der Trend zum kurzen Anstellungsverhältnis lässt das oft gar nicht mehr zu. Viele Jobs sind auch heute noch Anlernjobs, die keine spezielle Ausbildung voraussetzen.

Die Depression mancher Hilfeempfänger kann ich gut verstehen. Wer die x.te Ablehnung erfährt, weil er zu alt ist oder/und altersgemäß noch keinen "modernen" Bildungsabschluss hat, kann leicht ins Abseits geraten - noch mehr in einer Gesellschaft, die sich ausschließlich über Bildung und Leistung definiert.

Äh - um auf die Eingangsfrage zu antworten: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?
Ja, wenn sie das vorsetzlich tun.

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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon Zappa » Di 19. Jan 2010, 19:10

stine hat geschrieben:Wenn eine Bürohilfe heutzutage den Bachelor in Kommunikationswissenschaften braucht und eine Hübsche am Bankschalter BWL studiert haben muss, dann erzeugen wir unsere Sozialhilfeempfänger wirklich selber.


:lachtot:

Wo Du Recht hast hast Du recht!

Ich sehe in der Tat ein Problem, dass der Unterschied zwischen arbeiten und Harz IV + Schwarzarbeit natürlich zu Gunsten der letzteren Version ausfällt. Schwarzarbeit ist das eigentliche Problem (oder die Höhe der Sozialabgaben, würde der Wirtschaftsliberale argumentieren).

Allerdings tut der Staat selber einiges in dieser Richtung: Versucht mal Eure Putzfrau (pardon: Haushaltshilfe) als Minijobberin mit mehreren Arbeitgebern anzumelden :kettensaege2: <- MinijobzentralenNullAnhnunghabenAngestellte
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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon xander1 » Mi 20. Jan 2010, 12:52

stine hat geschrieben:
xander1 hat geschrieben:An vielen Berufsbereichen lügt der Staat einen mit Hoffnungsvorstellungen ins Gesicht, damit das System erhalten bleibt und alle daran glauben, dass Leistung sich lohnt.

Ich sehe das Problem der Arbeitslosigkeit auch in den überzogenen Ansprüchen einer bildungswütigen Gesellschaft. Wenn eine Bürohilfe heutzutage den Bachelor in Kommunikationswissenschaften braucht und eine Hübsche am Bankschalter BWL studiert haben muss, dann erzeugen wir unsere Sozialhilfeempfänger wirklich selber.

Zappa hat geschrieben:Wo Du Recht hast hast Du recht!


Das stimmt nicht ganz. In manchen Berufsbereichen mag das stimmen. Aber wer ein Studium abschließt, wie ein technisches oder BWL, der findet auch einen entsprechenden Job, weil solche Leute Mangelware sind. Es fehlt sogar an vielen studierten Ingenieuren.

Dass es einige Berufe gibt, in denen lieber Abiturienten eingestellt werden, wo es gar nicht nötig ist, das mag sein, aber ich habe auch schon von Abwägungen gehört, in denen ein Realschüler mit einer ganzen Durchschnittsnote besser lieber eingstellt wurde.

Der Grund warum ich studiere ist der, dass ich mit meiner Ausbildung extrem schlechte Job-Chancen habe. Man muss heute besonders im Osten studieren um überhaupt einen sicheren Arbeitsplatz zu bekommen. Die Gefahr nach einer Ausbildung arbeitslos zu werden oder einen Job mit Dumpinglöhnen annehmen zu müssen ist einfach viel zu hoch.

stine hat geschrieben:Äh - um auf die Eingangsfrage zu antworten: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?
Ja, wenn sie das vorsetzlich tun.

Aber ob sie einen Job annehmen oder nicht ändert das nicht einen mehr oder weniger Arbeitslosen in der Statistik, weil jemand anders den Job annehmen wird. Erklär mir mal warum das dann verwerflich sein soll. Wegen solchen Menschen müssen wir nicht mehr Steuern bezahlen.
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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon stine » Mi 20. Jan 2010, 14:51

xander1 hat geschrieben:Aber ob sie einen Job annehmen oder nicht ändert das nicht einen mehr oder weniger Arbeitslosen in der Statistik, weil jemand anders den Job annehmen wird. Erklär mir mal warum das dann verwerflich sein soll. Wegen solchen Menschen müssen wir nicht mehr Steuern bezahlen.
??? Versteh ich jetzt nicht. Hast du was getrunken? :/

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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon Nanna » Mi 20. Jan 2010, 16:05

stine, das Märchen von der überbildeten Gesellschaft kannst du jetzt noch hundertmal hier niederschreiben, es wird dadurch nicht wahrer. Unser Problem ist nicht, dass, wie du es dir ausmalst, eine Horde von Akademikern über die "normalen" Arbeitsstellen herfällt, sondern, dass die fortlaufende Automatisierung verbunden mit einer Auslagerung einfacherer Tätigkeiten in andere Weltregionen zu einem Wegbrechen der Jobs in diesem Land geführt hat. Seit den 80er Jahren sind durch den Zusammenbruch des Sovjetregimes und die wirtschaftliche Öffnung Chinas und Indiens über 2 Mia. neue Konkurrenten auf den Markt gekommen und da das gleichzeitig auch Konsumenten sind, hat Deutschland daran unter'm Strich als Volkswirtschaft sogar noch gut verdient, nur müssen aufgrund des hier höheren Lebensstandards die unterqualifizierten Gruppen eben durchgefüttert werden, weil ein Leben von einfachen Tätigkeiten hierzulande unsubventioniert gar nicht mehr möglich ist. Da wir ja ganz offensichtlich zu wenige Stellen haben, ist das Problem ja wohl nicht eine Überqualifizierung der Anwärter, sondern ein Mangel. Der Zwang zur Qualifizierung entsteht erst durch diesen Mangel, du verwechselst ganz einfach Ursache und Wirkung.
Ganz einfache Marktregel: Wenig Angebot führt zu starken Konkurrenzkämpfen, d.h. einer Erhöhrung des Preises, in unserem Fall zu einer höheren Bildungserwartung an die Bewerber. Und noch eine einfache Regel hat sich über die letzten Jahrhunderte immer wieder bewahrheitet: Je mehr Bildung, je mehr Know-How, desto fitter ist eine Volkswirtschaft, zumal in einer Zeit der Wissensgesellschaft. Wirtschaft funktioniert evolutionär, auch wenn uns das vielleicht nicht passt, aber eine Gesellschaft, die den Mittelbau strategisch dümmer hält, als er sein könnte, um den Unterbau nicht zu kränken, ist kein Anwärter auf wirtschaftlichen Fortschritt, sondern auf einen Darwin-Award.

Und jetzt noch zum eigentlichen Thema:
Man sollte nicht übersehen, dass Hartz IV überhaupt erst der Einstieg in die Apathie sein kann. Psychologisch ist es hundertfach belegt, dass Arbeitslosigkeit und die damit verbundene Untätigkeit und das Gefühl des Nichtgebrauchtwerdens in Deutschland einer der höchsten Risikofaktoren für Depressionen ist. Je länger jemand von Sozialhilfe lebt, desto geringer werden seine Chancen, dass er sich aus eigener Kraft wieder in den Arbeitsmarkt integrieren kann, auch weil er natürlich den Anschluss verliert.
Leider herrscht in der politischen Debatte das Menschenbild des eigenverantwortlichen, rationalen und zu freiem Willen fähigen Menschen vor, so dass die Schuld automatisch bei den Betroffenen gesucht wird, anstatt sich Gedanken über strukturelle Gewalt zu machen, die auf diese Menschen ausgeübt wird und sie arbeitsunwillig und -fähig macht.
Die Frage ist für mich deshalb nicht, ob faule Hartz-IV-Empfänger moralisch verwerflich handeln, sondern, ob man ihnen überhaupt eine solche Verantwortung zuschustern darf, wenn man nicht gleichzeitig die nötigen Hilfen bereitstellt, um diese Leute in die Arbeitswelt zurückzuholen. Nur, wenn die Hilfen ausreichend sind und der einzelne Arbeitslose eine realistische Chance hat, sich wieder Arbeit zu verschaffen, und sie dann trotzdem ausschlägt, halte ich eine ethische Verurteilung für angebracht. Bevor falsche Vorstellungen aufkommen, will ich übrigens noch betonen, dass Hilfe nicht mit Verhätscheln gleichzusetzen ist, sondern aus der richtig dosierten Mischung aus Zwang und Anreizen besteht, für die man aber vermutlich auch oft Einzelfalllösungen suchen muss. Pauschalverurteilungen will ich mich jedenfalls nicht anschließen.
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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon stine » Mi 20. Jan 2010, 17:10

Nanna hat geschrieben:Ganz einfache Marktregel: Wenig Angebot führt zu starken Konkurrenzkämpfen, d.h. einer Erhöhrung des Preises, in unserem Fall zu einer höheren Bildungserwartung an die Bewerber.
Sag ich doch. Und egal, ob die Qualifikation dann auch gerade gebraucht wird oder nicht. Das setzt alle, die nicht so können wie sie sollten auf die Straße.
Und vor allem wird der Druck mehr und mehr auf unsere Kinder und sogar schon auf unsere Kleinkinder weitergegeben. Eltern die was auf sich halten lügen sich vor, die Kleinen hätten Spaß am ausgefüllten Terminkalender.

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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon xander1 » Mi 20. Jan 2010, 18:04

Nanna hat geschrieben:Nur, wenn die Hilfen ausreichend sind und der einzelne Arbeitslose eine realistische Chance hat, sich wieder Arbeit zu verschaffen, und sie dann trotzdem ausschlägt, halte ich eine ethische Verurteilung für angebracht.

Ich halte diese Verurteilung nur für angebracht, wenn das für 1/3 der Arbeitslosen zutrifft, so dass nicht genug Stellen vergeben werden können. Aber kannst du mir sagen, wie ein einzelner Arbeitsloser der Gesellschaft schadet, wenn er einfach faul bleibt ?
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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon Nanna » Mi 20. Jan 2010, 19:24

@stine:
Die Ursache dafür ist aber nicht, dass irgendwie von selbst eine Bildungswut ausgebrochen wäre, sondern dass die Globalisierung diese Entwicklung begünstigt. Ich kann in das Klagelied darüber ehrlich gesagt nicht einstimmen, solange du mir nicht sagst, wo die Gesellschaft hier konkret aktiv Veränderungen herbeiführen kann. Politik und Nationalstaaten sind längst mehr Getriebene der Weltwirtschaft als Gestalter und Bildung gezielter zu steuern ist eine wegen der Komplexität des Problems kaum durchführbare ordnungspolitische Maßnahme. Was also erwartest du von der Gesellschaft?

@xander:
Die Beantwortung dieser Frage ist in der Tat nicht so einfach. Grundsätzlich verweigert der Faule der Gesellschaft einen Beitrag zu deren Bestand, wohingegen er die Vorteile der Gemeinschaft (Schutz, Versorgung, Unterhaltung) mitnutzt. Die Frage ist, auf welche Bereiche die Faulheit sich alles bezieht, denn jemand, der ehrenamtlich oder konstruktiv politisch tätig ist leistet ja durchaus einen Beitrag für das soziale Miteinander und somit die Stabilität der Gesellschaft. Darüberhinaus erfüllt der Faule in unserem marktwirtschaftlichen System auch eine Funktion als Konsument. Die Frage ist, wie der volkswirtschaftliche Nutzen eines Arbeitslosen am Ende aussieht, da kann es durchaus sein, dass bei längerer Arbeitslosigkeit ein negativer Wert herauskommt. Trotzdem ist es für die politische und damit auch ökonomische Stabilität der Gesamtpopulation natürlich günstiger, die Arbeitslosen würdevoll zu behandeln, weil die Kosten von sozialen Unruhen oder eines Vertrauensverlustes in den Staat noch wesentlich größer wären, als das Aufrechterhalten eines Sozialsystems, selbst, wenn es ziemlich kostspielig ist.
Ich ziehe daraus diesen Schluss: Wenn der Arbeitslose keine Möglichkeit hat, sich aus seiner Situation zu befreien, dann kann er auch nicht ethisch verurteilt werden, im Gegenteil, es ist dann sogar wünschenswert, dass er sich in dieser Situation möglichst gut einrichtet, weil sonst das soziale Klima leidet und das Gesundheitssystem durch Depressionen von Langzeitarbeitslosen belastet wird. Der Faule, der keinen Job findet, tut auch ethisch gut daran, sich mit seiner Situation zu arrangieren.

Die gestellte Frage kann also überhaupt nur Sozialhilfeempfänger betreffen, die tatsächlich vor der Alternative zu stehen zu arbeiten. In diesem Fall hätte der Arbeitslose eine konkrete Möglichkeit, zum Wohlstand der Gesellschaft beizutragen und zumindest einen Teil seiner Unterhaltskosten selbst zu verdienen, was vermutlich daneben sowohl seiner Integration in die Gesellschaft, als auch seinem psychischen Empfinden gut täte. Darüberhinaus ist es schlicht nicht gerecht, die Früchte der Arbeit anderer mitzuernten, wenn man Alternativen hat. Schließlich hätte der Arbeitende mehr von seinem Einkommen zur Verfügung, wenn er nicht den Faulen mitversorgen müsste. Vom Arbeitenden kann Solidarität für in Not Befindliche erwartet werden, aber nur sehr bedingt für Verweigerer (hier ist allenfalls zu überlegen, inwiefern die Verweigerung möglicherweise eine Ursache genetischer und lebenserfahrungsbedingter Umstände ist, also evtl. therapiert werden müsste, wobei die Grenze zur Umerziehungsmaßnahme hier fließend ist). Der entscheidende Unterschied ist hier meiner Meinung nach, dass der Faule sich vorsätzlich bereichert und das nennt man im Strafrecht schlicht Betrug.
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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon Zappa » Mi 20. Jan 2010, 20:12

Nanna hat geschrieben:Man sollte nicht übersehen, dass Hartz IV überhaupt erst der Einstieg in die Apathie sein kann.


Kann natürlich mal passieren, wenn einem das Schicksal einen oder mehrere üble Streiche spielt. Allerdings kommt i.d.R. erst die Apathie und dann Hartz IV. Und was ist im Übrigen die Alternative: Selbstfindungs- und Motivationskurse für Arbeitslose? Ne Danke, in dem Sektor wird eh schon vollkommen sinnlos allerlei Geld verbrannt.

Nanna hat geschrieben: Die Frage ist für mich deshalb nicht, ob faule Hartz-IV-Empfänger moralisch verwerflich handeln, sondern, ob man ihnen überhaupt eine solche Verantwortung zuschustern darf, wenn man nicht gleichzeitig die nötigen Hilfen bereitstellt, um diese Leute in die Arbeitswelt zurückzuholen. Nur, wenn die Hilfen ausreichend sind und der einzelne Arbeitslose eine realistische Chance hat, sich wieder Arbeit zu verschaffen, und sie dann trotzdem ausschlägt, halte ich eine ethische Verurteilung für angebracht.


Kann man so und anders sehen. Für mich ist vor allem wichtig, ob sich jemand aktiv und ernsthaft um Arbeit bemüht. Und das ist auch eine moralische Frage, weil man leider oft mit Hartz IV und Schwarzarbeit mehr Geld verdient.

Es ist auch nicht so, dass alle Hartz IV Empfänger sich keinen Fernseher oder ein Handy leisten könnten ....
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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon ganimed » Mi 20. Jan 2010, 20:59

Nanna hat geschrieben:Grundsätzlich verweigert der Faule der Gesellschaft einen Beitrag zu deren Bestand, wohingegen er die Vorteile der Gemeinschaft (Schutz, Versorgung, Unterhaltung) mitnutzt.

Dieser Satz ließ mich im ersten Moment gar nicht an arbeitsunwillige Hartz IV Empfänger denken. Was ist denn eigentlich mit all den vielen Millionen Leuten, die nach ihrer Arbeit nach Hause gehen und KEIN Ehrenamt übernehmen und sich nicht sonstwie gesellschaftlich engagieren? Die verweigern ja sozusagen auch einen Beitrag zum Wohl der Gemeinschaft. Ist das dann also auch moralisch verwerflich?

"Natürlich nicht", wird man möglicherweise einwenden, "weil ja vorher schon gearbeitet wurde". Aber wann fängt denn die Verwerflichkeit an? Vielleicht bereits bei einem Halbtagsjob? Immerhin verweigert jemand mit Halbtagsjob der Gesellschaft die Hälfte seiner Arbeitskraft. Gut, man kassiert dann kein Arbeitslosengeld, aber alle anderen sozialen Hilfen durchaus in einem höheren Maße, soweit sie sich nach dem Einkommen richten (wenn ich richtig informiert bin) (wenn ich nur die Hälfte verdiene brauche ich für den Kindergarten viel weniger bezahlen, werde an dieser Stelle also subventioniert, halte sozusagen die Hand auf aus Faulheit?)

Oder entsteht moralische Verwerflichkeit wirklich erst bei der Arbeitslosigkeit? Und wer legt das eigentlich fest? Wieso hat man seine moralische Bringschuld ausgerechnet bei 40 Stunden Arbeit pro Woche erbracht?

Müsste man nicht im Grunde genommen von jedem Bürger sozusagen 100% seines persönlichen Leistungspotentials einfordern? Bei Faulen, Kranken, Kindern und Alten wären diese 100% eben entsprechend weniger. Bei strebsamen Leistungsträgern dürfte man dafür aber sicher ehrenamtliche, politische und sonstwie gemeinschaftsfördernde Aktionen erwarten. Wer nach nur 8 Stunden Arbeit nach Hause geht und Fernsehen guckt wäre demnach ein moralisch verwerflicher Egoist und Gesellschaftsverweigerer.

Das mit dem moralischen Werturteil scheint mir zumindest nicht ganz einfach zu regeln zu sein.
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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon xander1 » Mi 20. Jan 2010, 21:24

Nanna hat geschrieben:Schließlich hätte der Arbeitende mehr von seinem Einkommen zur Verfügung, wenn er nicht den Faulen mitversorgen müsste.

Dieses Argument zählt nicht, da ein anderer den Job übernehmen würde. Faule Arbeitslose kosten der Gesellschaft nicht mehr als arbeitswillige, solange die Arbeitswilligen in der Überzahl sind und das sind sie.

Mal ne Frage: Was wäre eigentlich mit der Arbeitspflicht, wenn alle Steuern durch Mehrwertsteuern eingetrieben worden wären und nicht durch Arbeitssteuern?

Wäre es dann noch für euch verwerflich, wenn jemand nicht arbeiten will?
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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon musicman » Mi 20. Jan 2010, 22:15

Nanna hat geschrieben: Unser Problem ist nicht, dass, wie du es dir ausmalst, eine Horde von Akademikern über die "normalen" Arbeitsstellen herfällt, sondern, dass die fortlaufende Automatisierung verbunden mit einer Auslagerung einfacherer Tätigkeiten in andere Weltregionen zu einem Wegbrechen der Jobs in diesem Land geführt hat.


Heute haben wir das seltene Vergnügen Nana und mich zumindest bei diesem Punkt einer Meinung zu sehen.

Und weil das so ist, führt auch kein Weg daran vorbei, die Bildung breiter Schichten zu forcieren und zwar mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, sonst werden wir im globalen Vergleich gnadenlos abgehängt, denn Know How ist die einzige Resource auf die wir Einfluß nehmen und in die Waagschale werfen können.
Rohstoffe haben wir keine in nennenswertem Maße und die Herstellung irgendwelcher Massenprodukte dürfte an so ziemlich jedem Ort der Welt günstiger sein als bei uns.(Oder hat zB einer der hier Anwesenden einen TV aus Deutschland? ect)

Ich finde es beschämend, wenn Politiker sofort -wie vor kurzem geschehn - fordern, die Lehrerstellen zu kürzen, wenn die Schülerzahlen scheinbar in nächster Zukunft wieder sinken. Im Gegenteil sollte hier kompromisslos aufgestockt und in Bildung investiert werden.
Die einzige Möglichkeit ist Qualifizierung, wobei man schon die Frage stellen muß, was macht man mit denen, die diese Angebote nicht annehmen auch wenn sie vorhanden sind ?

Zurück zu Ganimeds Frage, ist es moralisch verwerflich?

Nana schreibt
Nur, wenn die Hilfen ausreichend sind und der einzelne Arbeitslose eine realistische Chance hat, sich wieder Arbeit zu verschaffen, und sie dann trotzdem ausschlägt, halte ich eine ethische Verurteilung für angebracht



Eigentlich sehe ich es so wie Nana, aber die Rolle des Moralapostel steht mir nicht, ich würd mal so sagen - die feine Englische ist es nicht, aber um des sozialen Frieden willens füttert man sie eben mit durch.

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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon xander1 » Mi 20. Jan 2010, 22:51

musicman hat geschrieben:Eigentlich sehe ich es so wie Nana, aber die Rolle des Moralapostel steht mir nicht, ich würd mal so sagen - die feine Englische ist es nicht, aber um des sozialen Frieden willens füttert man sie eben mit durch.

vallahu, musicman

Und weil sie betrogen werden vom Staat, der Globalisierungspolitk betreibt, werden sie durchgefüttert, weil sie sonst nämlich Arbeit hätten.
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Re: Handeln faule Hartz-IV Empfänger moralisch verwerflich?

Beitragvon musicman » Mi 20. Jan 2010, 22:55

xander1 hat geschrieben:Mal ne Frage: Was wäre eigentlich mit der Arbeitspflicht, wenn alle Steuern durch Mehrwertsteuern eingetrieben worden wären und nicht durch Arbeitssteuern?

Wäre es dann noch für euch verwerflich, wenn jemand nicht arbeiten will?


Das Thema wird ebenfalls diskutiert, diese Variante ist mE eineÜberlegung wert, jeder bekäme die Summe x, die zum leben reicht, wer mehr mehr braucht geht noch arbeiten.
Ich höre aber schon die üblichen Verdächtigen, die dann lammentieren, das wäre ebenfalls ungerecht, wenn einer mehr hat, wenn er arbeitet :kopfwand:

Aber wie gesagt, den Fred gibt es schon.

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