platon hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:Die Verschleierung, egal welcher Form, kann auch ein Zeichen von Emanzipation sein.
Das ist Unsinn. Ein Zeichen ist nur dann ein Zeichen, wenn es von anderen als Zeichen erkannt wird. Mit dem Argument könntest Du nackt herum laufen und das als Zeichen Deiner Emanzipation verkaufen.
Du kämst damit nicht durch!Die Verschleierung ist ein Zeichen der Nichtebenbürtigkeit und ein Eingeständnis der Zweitklassigkeit, so wird das in dieser Gesellschaft empfunden und nur das zählt.
Ich bin mal faul und zitiere aus zitiere aus einem ZEIT-Dossier vom 6.5. diesen Jahres, wo es um das Kopftuch ging, weil das die Tatsachen schöner beschreibt als ich das gerade könnte (merke: hier geht es um das Kopftuch, nicht um die Vollverschleierung, das Prinzip ist dasselbe):
"Das Kopftuch ist das vieldeutigste Stück Stoff, das auf dem Markt religiöser Bekleidungsstücke zu finden ist. Es steht als Symbol für Widerstand und religiöse Indentität, für verhüllte Weiblichkeit und für demonstrative Weiblichkeit, für Tradition und für Abkehr von Tradition, für die Herrschaft des Patriarchats über die Frau und für die
Herrschaft der Frau über die Blicke des Mannes, für den politischen Islam in orthodoxen Staaten und die Angst vor der schleichenden Islamisierung Europas. Trotz vielfältiger Zuschreibungen ist das Kopftuch eine Uniform, die sich jeder uniformen Betrachtung entzieht."
Nun ist das natürlich bei der Burka nicht mehr alles so einfach, wie beim Kopftuch. Besonders bedeutend finde ich vor allem die Deutung, die ich unterstrichen habe, denn für viele verschleierte Frauen dürfte das ein Grund sein und tatsächlich hätte das emanzipatorischen Charakter. In jedem Fall hast DU nicht die Deutungshoheit über dieses Symbol, platon, niemand hat sie und ich für meinen Teil werde nicht mitmachen bei Übungen in angewandter Dichotomie und der juristischen Ausgrenzung von Menschen, die einen komischen Kleidungsstil und vielleicht auch komische politische Ansichten haben. Wenn die Burkaträgerinnen unterdrückt sind, ist das in erster Linie ihr eigenes Problem. Wenn wir helfen wollen, müssen wir Aussteigerprogramme und Frauenhäuser finanzieren, nicht Verbote aussprechen.
platon hat geschrieben:Wir haben ein Vermummungsverbot.
Halbwissen bringt uns hier nur leider nicht weiter. Das Vermummungsverbot,
§17a des Versammlungsgesetzes, bezieht sich auf öffentliche Veranstaltungen, d.h. im wesentlichen politische Demonstrationen. Umwidmen lässt sich da gar nichts. Du kannst natürlich ein generelles Vermummungsverbot in der Öffentlichkeit aussprechen, dann steigen dir aber sämtliche Datenschützer und Überwachungsstaatsgegner auf's Dach.
platon hat geschrieben:Was mir überhaupt nicht gefällt, ist der merkwürdige Ton, den du anschlägst, wenn es um die Verteidigung von weiblichem Verhalten geht.
Na, dann tut er es halt nicht, damit kann ich leben. Von mir aus können übrigens auch Männer in Miniröcken, Bastkleidchen oder eben Burkas durch die Straßen laufen und ich würde auch das Recht eines Neonazis auf seine Glatze verteidigen. Speziell um weibliches Verhalten geht es mir eigentlich nicht, nur um das Recht des Individuums, seinen Kram selbst zu regeln.
platon hat geschrieben:Nanna hat geschrieben: Aber wenn jemand seine Islamfixiertheit und offen zur Schau stellen will, dann stehe ich dieser Person nicht im Weg.
Ich schon, ich möchte nicht, dass mein Schweigen als Akzeptanz ausgelegt würde.
Ok, akzeptiert. Solange du dich bei deiner Meinungsäußerung nicht im Ton vergreifst oder juristische Maßnahmen ohne Grundlage forderst, ist das völlig in Ordnung. Eine Burkaträgerin darf durch die Burka ihre Missbilligung für freizügige Kleidung ausdrücken und du darfst in Wort und Bild deine Missbilligung der Burka ausdrücken - ganz normale Ziviligesellschaft halt. Genauso darf ich meine Missbilligung dafür ausdrücken, dass Leute erst pauschal beleidigt werden, dann Kleidervorschriften beachten sollen und man das am Ende dann noch als deren Rettung hinstellt.
platon hat geschrieben:Nanna hat geschrieben: Lassen wir also den populistischen Quatsch und reden auf Augenhöhe miteinander, anstatt 1,4 Milliarden Menschen allein auf ihre Zugehörigkeit zur "dümmsten aller Religionen" zu reduzieren.
Der Glauben an ein nicht beweisbares und unsichtbares Geistwesen läßt geistige Tätigkeit nicht sehr wahrscheinlich erscheinen. Ich würde ebenfalls keine Quantifizierung vornehmen wollen, welche der ungezählten Religionen die dümmsten Mitglieder hat. Eine profunde geistige Trägheit muss man aber allen Gläubigen attestieren.
Sorry, Nanna, aber das war kein Ruhmesblatt.
Ich bin mir relativ sicher, dass es mir, wenn ich dich näher kennen würde, auch möglich wäre, dir die ein oder andere Eselei nachzuweisen und du mir umgekehrt genauso obwohl wir beide Naturalisten sind und uns vermutlich über diese Position einige Gedanken gemacht haben. Trotzdem würde ich dich nicht auf einen solchen geistigen Fehltritt reduzieren, genauso, wie ich dich (und auch Gernot) auch nicht auf deine Religionsfeindlichkeit reduziere. In Gernots Beitrag ging der Ton aber im wesentlichn dahin, Burkaträgerinnen als ausnahmslos dumm, devot und abhängig hinzustellen. Der Tenor klingt schon fast so, als wäre nicht die Burka, sondern die generelle geistige Verfassung dieser Frauen ein öffentliches Ärgernis und diese ganze Herabwürdigung hilft diesen Frauen doch keinen Zentimeter weiter. Ich ahne, dass von den Burkaträgerinnen dafür sogar noch Dankbarkeit erwartet wird.
Gernot Back hat geschrieben:Wie zieht man sich denn typisch schwul an? Eine typisch schwule Kleidung, die allen Schwulen gleichermaßen gefiele, ist mir unbekannt.
Mir auch - aber nehmen wir mal an, es gäbe ein typisches textiles Erkennungssymbol von Homosexualität und das würde aus ideologischen Gründen verboten. Wäre das ok?
Gernot Back hat geschrieben:Wie würdest du aber reagieren, wenn wir nur mit unserer Saunabekleidung bekleidet auch auf die Straße gingen?
Vermutlich lachen und euch dann darum bitten, aber nicht zwingen, und das ist der entscheidende Punkt (!), euch doch was anzuziehen.
Mal im Ernst: Geh einen Tag durch eine beliebige Großstadtfußgängerzone, danach bist du gegen alle modischen Bizarritäten immun. Und besonders viel an haben gerade im Sommer viele Leute ohnehin nicht. Finde ich nicht generell gut, ist aber nichts, was sich gesetzlich geregelt gehört.
Gernot Back hat geschrieben:So etwas ist genauso unnötig wie eine Burka, die nichts anderes ist als ein Symbol dafür, dass ihre Trägerin sich selbst oder ein anderer, der sie zum Tragen der Burka nötigt, sie als Mensch zweiter Klasse sieht!
Gerade Konvertitinnen, die es ja bekanntlich mit der Assimilierung an die neue Religion gern übertreiben, tragen die Burka besonders oft und meist wohl auch aus freien Stücken. Denen wird ein Verbot nicht helfen, ihnen eher noch das Gefühl geben, zu einer auserwählten und verfolgten Minderheit zu zählen. Ich finde das auch abartig, aber ich bin mir der Tatsache wohl bewusst, dass niemand von diesem Weg abgebracht werden kann, indem man ihm bestimmte Symbole wegnimmt. Ideen lassen sich nicht erschießen, höchstens wegdiskutieren. Wenn also mal eine Freundin von mir auf die Idee kommt, Muslimin zu werden und die Burka anzulegen, werde ich sicherlich ein ernstes Wörtchen mit ihr reden. Bis dahin belasse ich es dabei, meine Unterstützung für generelle Integrationsmaßnahmen kundzutun, um das Problem bei der Wurzel zu packen, anstatt irre viel Energie auf die Bekämpfung von Randsymptomen zu lenken.
Gernot Back hat geschrieben:"
Die dümmste aller Religionen", das ist ein Zitat des in Frankreich sehr populären Autors
Michel Houellebecq und ich finde es gut, dass sein Recht, Religionen auch mit drastischen Worten zu kritisieren, von einem französischen Gericht bestätigt wurde.
Das Recht spreche ich dir nicht ab, aber ich nehme andersherum mein Recht wahr, dich für dieses - in meinen Augen - schlechte Benehmen zu kritisieren. Jeder hat das Recht eine Diskussionsatmosphäre zu vergiften, die Frage, ob das zielführend und würdewahrend ist, überlasse ich dem Einzelnen zum Nachdenken. Von einigen Grundregeln abgesehen ist gutes Benehmen nichts, was man erzwingen kann, das muss man aus Einsicht und Überzeugung tun. Ich bin der Meinung, dass Aggressivität und Herabwürdigung nur in den allerseltensten Fällen einen positiven Effekt in einer Diskussion haben (dann nämlich, wenn die eine Seite anders nicht kapiert, wie aufgebracht und verletzt die andere Seite ist. Aber davon sollte hier eigentlich keine Rede sein können, oder wurde hier schonmal jemand mit einer Burka gewürgt?)