Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon stine » Mi 9. Feb 2011, 20:49

ganimed hat geschrieben:Die Reichen zahlen ja dann auch richtig ein und beteiligen sich anteilsmäßig an der Finanzierung der Rente ihrer reichen Väter. Also wo wäre das Problem?
Ich glaube nicht, dass sich das rechnen würde, überleg mal: Ein reicher Rentner bekommt auch eine 1%ige Aufbesserung, genau wie der Rentner, der die Mindestrente erreicht hat. Und merkst du was?
Ich habe übrigens mal eine Petition zu diesem Thema eingegeben in der ich die prozentuale Erhöhung der Renten in Fixbeträge umgeändert haben wollte, weil Rentner ja nicht mehr aktiv im Arbeitsleben stehen und so die gleiche Summe für alle gerechter wäre. Die Eingabe wurde wortreich abgelehnt, unterm Strich mit der Begründung, dass das Arbeitsleben vorher die Berechtigung auf die angepasste Steigerung erwirkt hätte.

ganimed hat geschrieben:Er wies ja extra darauf hin, dass in der Schweiz das gesamte Bruttoeinkommen als Berechnungsgrundlage verwendet wird.
So war das bei uns auch noch vor zwei Jahren. Und, hast du deine Zinsen immer ordentlich angegeben bei der Einkommenssteuererklärung? :ja:
Der Pauschbetrag kommt in der Verwaltung wohl eher günstiger weg und es gibt keine Steuerhinterzieher mehr. Ist doch besser.

ganimed hat geschrieben: "die Starken helfen den Schwachen, gemäß ihrer Stärke". Wer doppelt so stark ist, soll auch doppelt so viel helfen. Und so ist es derzeit leider nicht! Wenn ich doppelt so viel verdiene (wie die Beitragsbemessungsgrenze), beteilige ich mir nur mit einem Viertel am Rentensystem.
Dafür muss ein Gutverdiener oder ein Freischaffender, der sich übrigens auch nur freiwillig beteiligt, wenn überhaupt, auch privat für sein Alter vorsorgen.

stine hat geschrieben:...sondern ich will von den Politikern mehr Gerechtigkeit im System bekommen. Oder fürs erste zumindest eine vernünftige Erklärung finden, wieso etwas scheinbar so ungerechtes wie die Beitragsbemessungsgrenze in der Welt ist.
Die Beitragsbemessungsgrenze ist ein Relikt aus einer Zeit, wo Leistung noch belohnt wurde. Wer mehr verdiente, sollte auch was davon haben und das betraf durchaus auch schon den "normalen" Ingenieur. Dass die Beitragsbemessungsgrenze inzwischen so hoch geschraubt wurde, dass nur noch die ganz hohen Gehälter etwas davon haben, liegt eben an der Tatsache, dass in die Sozialkassen immer weniger einzahlen und immer davon mehr profitieren.

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon ganimed » Mi 9. Feb 2011, 20:53

Zappa hat geschrieben:Das System ist nicht nachhaltig. Es werden Anreize gesetzt möglichst wenig ein zu bezahlen und möglichst viel heraus zu bekommen, die persönliche Vorsorge ist völlig wurscht.

Persönliche Vorsorge braucht ja auch eigentlich keiner. Und das mit den Anreizen stimmt nicht. Wenn der Beitrag prozentual auf dem Einkommen berechnet wird, habe ich natürlich sehr wohl einen Anreiz, einen möglichst hohen Beitrag zu zahlen, weil das gleichzeitig auch mehr Netto für mich bedeutet. Und wie viel man herausbekommt berechnet sich ja, soweit ich weiß, auch nach dem letzten Lohn. Du willst doch, dass sich Leistung lohnen soll (unterstelle ich jetzt mal). Ein Anreiz wäre beim Rentensystem doch auf beiden Seiten, Einzahler und Empfänger, gegeben.

Zappa hat geschrieben:Das System fliegt uns in wenigen Jahren um die Ohren

Laut Piespers fliegt und flog uns das System mit der persönlichen Vorsorge um die Ohren. Denn eine Geldanlage ist niemals sicher. Die Renten sind eigentlich viel sicherer, weil die Rentner einen Anteil davon bekommen, was gerade insgesamt erwirtschaftet wird. Und erwirtschaftet wird immer was. Aber Immobilien, Aktien oder private Altersversicherungen können schnell mal den Bach runter gehen.

Zappa hat geschrieben:da kann man sich ausrechnen, wieviel Jahre Ihres Lebens die Transferleistungsempfänger (2/3) und wieviel die Einzahler sind (1/3) )

Wenn mehr Rentner da sind, muss man eben den Gürtel enger schnallen oder die Beiträge erhöhen. Aber bei deiner Rechnung sollte man natürlich erstmal dafür sorgen, und darum geht es in diesem Thema ja genau, dass die Reichen überhaupt erstmal richtig mitmachen. Und die Beamten auch. Es sollte ein viel einfacheres Rentensystem, eines für alle sein. Auch Anwälte und Ärzte. Alle herkommen und mitmachen, dann klappt das auch.

Zappa hat geschrieben:Wie kommst Du auf den Dreh, dass Reiche da nicht mitmachen? Die finanzieren natürlich ein Großteil des Systems. Wieder wird aber der Mittelstand überproportional benachteiligt.

Reiche machen da nicht im vollen Umfang mit. Sie müssen ja nur von den ersten 5500 Euro die Sozialabgabe bezahlen. Von den restlichen etwa 300000 Euros eines Ackermanns, die er im Monat außerdem bekommt, muss er keinen einzigen Euro als Sozialabgabe abführen. Er bezahlt also auf ein geschätztes Monatsgehalt von 300000 Euro nur 1100 Euro, also 0,37% statt 20% (wenn ich richtig gerechnet habe).
Insofern wird jeder, der weniger als 5500 Euro verdient überproportional beansprucht, nämlich wirklich mit vollen 20%. Zumal wenn jemand nicht andere Einnahmequellen hat. Was definierst du eigentlich als Mittelstand? Wieviel verdient der Mittelstand im Mittel?

Zappa hat geschrieben:Und erneut vergisst Du Kapitalerträge etc., solch ein System nur aus Löhnen zu finanzieren ist nicht gerecht. Auch hier fände ich eine echte Versicherung + Steuergelder wesentlich sinnvoller.

Genau meine Meinung. Und die habe ich eigentlich von Herrn Piespers. Es müsste wie in der Schweiz das gesamte Einkommen als Grundlage dienen, inklusive der Kapitalerträge.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon stine » Mi 9. Feb 2011, 21:05

ganimed hat geschrieben:Es müsste wie in der Schweiz das gesamte Einkommen als Grundlage dienen, inklusive der Kapitalerträge.
Hatten wir doch schon, mit dem Erfolg, dass die Geldsäcke in die Schweiz wanderten. Mit 25% Kapitalertragssteuer für alle kommt niemand davon und die Reichen bleiben hier, weil sie woanders das gleiche für ihre Erträge abdrücken müssen, da lohnt sich die Auswanderei nicht mehr.
Ist doch besser etwas weniger von allen, als viel von nichts, oder?

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon ganimed » Mi 9. Feb 2011, 21:08

stine hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass sich das rechnen würde, überleg mal: Ein reicher Rentner bekommt auch eine 1%ige Aufbesserung, genau wie der Rentner, der die Mindestrente erreicht hat. Und merkst du was?

Ich merke nichts, echt nicht. Du meinst also, dass das Problem ist, dass der reiche Rentner absolut mehr bekommt als ein anderer Rentner? Aber dafür hat er doch auch mehr eingezahlt. Ich sehe das Problem immer noch nicht.

stine hat geschrieben:Und, hast du deine Zinsen immer ordentlich angegeben bei der Einkommenssteuererklärung? :ja:
Der Pauschbetrag kommt in der Verwaltung wohl eher günstiger weg und es gibt keine Steuerhinterzieher mehr. Ist doch besser.

Wie der Kapitalertrag ermittelt wird, ist mir zunächst nicht so wichtig. Aber wieso wird der Kapitalertrag nicht zur Sozialabgabe herangezogen?

stine hat geschrieben:Dafür muss ein Gutverdiener oder ein Freischaffender, der sich übrigens auch nur freiwillig beteiligt, wenn überhaupt, auch privat für sein Alter vorsorgen.

Das habe ich noch nicht verstanden und auch wenig Ahnung von der Materie. Freischaffende bezahlen also nur, wenn sie es wollen, 20% Sozialabgabe? Wieso wundert sich dann eigentlich noch irgendjemand, dass das gesetzliche Rentensystem nicht mehr funktioniert. Wenn die gut verdienenden sich einfach ausklinken können, muss natürlich jedes Umlagesystem zusammenklappen.

stine hat geschrieben:Die Beitragsbemessungsgrenze ist ein Relikt aus einer Zeit, wo Leistung noch belohnt wurde. Wer mehr verdiente, sollte auch was davon haben

Das verstehe ich nicht ganz. Wer mehr verdient und davon 20% abgibt, der hat Netto auch mehr. Und kann dann also mehr davon haben. Soll ein gut verdienender also noch zusätzlich belohnt werden? Erstens durch sein gutes Gehalt, und zweitens durch aktive Steuergeschenke? Kapiere ich nicht. Wieso willst du Geld ausgerechnet zu denen tragen, die es sowieso schon haben?
Oder um im Gesellschaftsmotto "die Starken sollen den Schwachen helfen" zu bleiben, hieße das ja: "die Starken müssen nicht mehr helfen, sondern ihnen wird sogar noch geholfen, als Belohnung für ihre Stärke." So ganz will mir das nicht in den Kopf.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon stine » Mi 9. Feb 2011, 21:27

ganimed hat geschrieben:Aber dafür hat er doch auch mehr eingezahlt. Ich sehe das Problem immer noch nicht.
Nein, dafür hat er nicht eingezahlt. Er hat dafür eingezahlt, dass die Rentner während seiner Arbeitszeit ihre Rente bekamen. Für sich selbst hat er nichts eingezahlt. Und wenn du das System änderst, musst du ALLE ins Boot nehmen und zwar sofort!
Und wenn einer von seinen 6000 € Rente dann 1% Aufschlag bekommt und der mit 500 € Rente auch einen 1% tigen Aufschlag bekommt, dann möchte ich dich hören, wie du meckerst.

ganimed hat geschrieben:Wie der Kapitalertrag ermittelt wird, ist mir zunächst nicht so wichtig. Aber wieso wird der Kapitalertrag nicht zur Sozialabgabe herangezogen?
Kapitalerträge werden versteuert. Und die Kassen werden aus Steuern bezuschusst. Ist im Endeffekt das gleiche. Alle anderen Einnahmen wie Mieten zB werden dem Einkommen zugeschlagen und werden mit Sozialabgaben belegt.

ganimed hat geschrieben:Wieso wundert sich dann eigentlich noch irgendjemand, dass das gesetzliche Rentensystem nicht mehr funktioniert.
Es wundert sich doch keiner, außer dir! :mg: Es weiß doch längst jeder, dass das System durchlässig ist wie ein alter Gartenschlauch.

ganimed hat geschrieben:Oder um im Gesellschaftsmotto "die Starken sollen den Schwachen helfen" zu bleiben, hieße das ja: "die Starken müssen nicht mehr helfen, sondern ihnen wird sogar noch geholfen, als Belohnung für ihre Stärke." So ganz will mir das nicht in den Kopf.
Und mir will nicht in den Kopf, auf was du hinaus willst. Was möchtest du uns mitteilen?
Dass es für jeden aussichtslos sein müsste, egal wie sehr er sich anstrengt, weil die Soziallasten eines ganzen Volkes wie ein betonierter Klotz an seinem Bein festgezurrt werden sollen?

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon ganimed » Mi 9. Feb 2011, 21:57

stine hat geschrieben:Und wenn du das System änderst, musst du ALLE ins Boot nehmen und zwar sofort!
Und wenn einer von seinen 6000 € Rente dann 1% Aufschlag bekommt und der mit 500 € Rente auch einen 1% tigen Aufschlag bekommt, dann möchte ich dich hören, wie du meckerst.

Du scheinst nicht glauben zu können, dass ich Anteilsmäßigkeit als gerecht empfinde. Ich würde also ganz ehrlich nicht meckern, wenn der reiche Rentner viel mehr bekommt als der arme Rentner. Ich will NICHT alle gleich machen, falls das deine Grundannahme gewesen sein sollte.
Bei der Umstellung auf ein solches, gerechtes System, würden natürlich "Härtefälle" auftreten, Leute würden profitieren, die viel weniger oder nie eingezahlt haben. Das muss man dann wohl hinnehmen. Ist bei einer Änderung von Umlagesystemen wohl immer so. Du kannst nicht mit dem Hinweis auf solche Probleme jede Reform stoppen. Dann ginge ja gar nichts mehr.

stine hat geschrieben:Kapitalerträge werden versteuert. Und die Kassen werden aus Steuern bezuschusst. Ist im Endeffekt das gleiche.

Vielen Dank für die Erläuterung. Ich kenne mich wohl viel zu wenig mit solchen Dingen aus. Oder vielleicht befasse ich mich schon viel zu viel damit, denn am liebsten wäre mir natürlich eine Welt ohne Geld. Aber ich schweife ab.

stine hat geschrieben:Was möchtest du uns mitteilen? Dass es für jeden aussichtslos sein müsste, egal wie sehr er sich anstrengt, weil die Soziallasten eines ganzen Volkes wie ein betonierter Klotz an seinem Bein festgezurrt werden sollen?

Dein Zickzackkurs erscheint mir recht extrem. Du scheinst zu sagen: entweder wir belohnen die Reichen noch zusätzlich zu ihrem ohnehin hohen Einkommen oder hoppla, es lohnt sich nichts mehr für sie weil ihnen die Sozialisten alles wegnehmen. Zwischen diesen Extremen gibt es für dich nichts?

Wenn der Reiche, genau wie jeder andere, 20% von seinem Einkommen als Sozialabgabe abgäbe, dann bezeichnest du das als "aussichtslos, egal wie sehr er sich anstrengt"? Wenn Ackermann also 300000 Euro brutto verdient und davon 20% = 60000 Euro abführt, dann bleiben ihm 240000 Euro. Du sagst wirklich, dass sich Leistung dann für Ackermann nicht mehr lohnte, egal wie sehr er sich anstrengt? Ich verstehe dich nicht. Jeder, der sich doppelt anstrengt würde weiterhin doppelt so viel Geld verdienen. Wieso soll sich also Leistung nicht mehr lohnen?
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon platon » Mi 9. Feb 2011, 22:10

stine hat geschrieben:Stell dir vor, die "Reichen" wären alle in der Rentenversicherung und bekämen 70% ihres letzten Nettoeinkommens im Altenteil und das bezahlt einer, der nicht einmal Brutto die Hälfte davon hat.

Was soll denn dieser Quark? Das müsste der bezahlen, der noch mehr hat, als der Millionario-Rentner! So wie die Armen zunehmen, nehmen auch die Superreichen zu.

stine hat geschrieben:Da hat Herr Pi(e)spers wohl seine Hausaufgaben nicht gemacht.

Nein, Du hast wieder mal nicht nachgedacht. Kapitalerträge werden nur mit 25% besteuert, während Arbeitserträge (Lohn) durchaus mit über 40% besteuert werden können. Das ist ein Kniefall vor den Geldsäcken. Warum werden Einkommen, für die Du keinen Strich tust, geringer besteuert als solche, für die Du Dir die Knochen kaputt machst?
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon Zappa » Mi 9. Feb 2011, 23:22

platon hat geschrieben:Warum werden Einkommen, für die Du keinen Strich tust, geringer besteuert als solche, für die Du Dir die Knochen kaputt machst?


Naja, vielleicht, weil man sich zuerst das Geld erarbeiten (abzüglich 47,48% falls Spitzensteuersatz) muss und dann auf die Kapitalanlage nicht noch mal soviel Steuern zahlen möchte?
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon Kurt » Mi 9. Feb 2011, 23:26

ganimed hat geschrieben:Alle bezahlen eine gewissen Prozentsatz ihres Bruttolohns an die Sozialversicherung.
Verdient man mehr als die "Beitragsbemessungsgrenze", ist dieses Mehr dann plötzlich abgabenfrei. Prozentual bezahlen Gutverdienende also viel weniger ein


Wieso sollte sich die Höhe einer Versicherung überhaupt am Einkommen orientieren? Deine Autoversicherung zahlst du ja auch nach Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit. In Wirklichkeit sind Krankenversicherungen gar keine Versicherungen, sondern Steuern und sollten auch so genannt werden.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon musicman » Do 10. Feb 2011, 00:22

platon hat geschrieben: Kapitalerträge werden nur mit 25% besteuert, während Arbeitserträge (Lohn) durchaus mit über 40% besteuert werden können. Das ist ein Kniefall vor den Geldsäcken?


Über was willst du jetzt eigentlich schimpfen, darüber daß die Reichen über 40% Einkommensteuer zahlen müssen, oder darüber daß sie nur 25% Kapitalertragssteuer zahlen müssen - beides betrifft nur Besserverdiener.
Du mußt dich da schon entscheiden, sonst ist es wie in der Muppet Show.

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon AgentProvocateur » Do 10. Feb 2011, 00:25

platon hat geschrieben:Warum werden Einkommen, für die Du keinen Strich tust, geringer besteuert als solche, für die Du Dir die Knochen kaputt machst?

Schon mal was von Inflation gehört? Zinsen sind letztlich gar nicht im vollen Maße Einkommen. So wie auch Miete nicht in vollem Maße Einkommen ist, davon müssen die Kosten für Erhaltungsmaßnahmen abgezogen werden. Oder wie bei Löhnen die Kosten für Arbeitswege, Arbeitskleidung, Arbeitsmaterialien etc. abgezogen werden.

Kurt hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Alle bezahlen eine gewissen Prozentsatz ihres Bruttolohns an die Sozialversicherung.
Verdient man mehr als die "Beitragsbemessungsgrenze", ist dieses Mehr dann plötzlich abgabenfrei. Prozentual bezahlen Gutverdienende also viel weniger ein

Wieso sollte sich die Höhe einer Versicherung überhaupt am Einkommen orientieren? Deine Autoversicherung zahlst du ja auch nach Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit. In Wirklichkeit sind Krankenversicherungen gar keine Versicherungen, sondern Steuern und sollten auch so genannt werden.

Ja, das ist der Punkt. Eine Versicherung ist eine Versicherung und Steuern sind Steuern und man sollte bitte auch nicht neusprechmäßig 'Steuern' 'Versicherung' nennen.

Die Frage stellt sich ja letztlich eh nur bei der Krankenversicherung, denn bei der Arbeitslosen- und Rentenversicherung sind die Auszahlungen abhängig von den Einzahlungen. Bei den beiden Letzteren würde es daher eh nicht mehr Geld ins System bringen, wenn man die Beitragsbemessungsgrenze aufhöbe. Und daher fragte sich, aus welchem Grunde man das dennoch tun sollte, bei einer verpflichtenden zwingenden Pflichtversicherung. Ich sehe erst mal keinen.

Natürlich kann man nun aber dafür eintreten, die Krankenversicherung umzustellen von einer Versicherung auf ein rein steuerbasiertes System, jedoch aus sich heraus selbstverständlich moralisch richtig und geboten, so wie hier von ganimed getan wird, ist das mitnichten. Daher laufen seine entrüsteten moralischen Vorwürfe auch völlig ins Leere, sind bisher absolut und vollkommen unbegründet.

Dass das jetzige System unserer Sozialversicherungen nicht unbedingt das Gelbe vom Ei ist, ist davon unbenommen.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon stine » Do 10. Feb 2011, 07:26

ganimed hat geschrieben:Wenn der Reiche, genau wie jeder andere, 20% von seinem Einkommen als Sozialabgabe abgäbe, dann bezeichnest du das als "aussichtslos, egal wie sehr er sich anstrengt"? Wenn Ackermann also 300000 Euro brutto verdient und davon 20% = 60000 Euro abführt, dann bleiben ihm 240000 Euro.
"Reiche" wie Herrn Ackermann gibt es nicht viele.
Das Gros der Einzahler ist der Durchschnittsverdiener mit oder ohne Familie.
Wenn ein sogenannter Besserverdiener pro Kopf in seiner Familie nicht mehr zur Verfügung hat wie ein Sozialfall, weil er von seinem Netto alles selbst bezahlen muss, dann darf man sich auch mal darüber ärgern, wenn öffentlich überlegt wird, ob die Kinder von Hartz4 Empfängern Reitstunden und Musikunterricht auf Staatskosten benötigen.

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon ganimed » Do 10. Feb 2011, 18:35

Zappa hat geschrieben:
platon hat geschrieben:hat geschrieben:Warum werden Einkommen, für die Du keinen Strich tust, geringer besteuert als solche, für die Du Dir die Knochen kaputt machst?
Naja, vielleicht, weil man sich zuerst das Geld erarbeiten (abzüglich 47,48% falls Spitzensteuersatz) muss und dann auf die Kapitalanlage nicht noch mal soviel Steuern zahlen möchte?

Das leuchtet mir noch nicht ganz ein. Das Kapital wird ja nicht zweimal besteuert (einmal beim verdienen und dann beim verzinsen), denn die Zinsen des Kapitals, also der Kapitalertrag, gehören ja erstmal nicht zum Kapital.


Kurt hat geschrieben:Wieso sollte sich die Höhe einer Versicherung überhaupt am Einkommen orientieren? Deine Autoversicherung zahlst du ja auch nach Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit.

Es ist ja nicht irgend eine Versicherung sondern eine Sozialversicherung. In einem Sozialstaat heißt das: die Starken helfen den Schwachen und jeder zahlt gemäß seiner Möglichkeiten ein.


AgentProvocateur hat geschrieben:denn bei der Arbeitslosen- und Rentenversicherung sind die Auszahlungen abhängig von den Einzahlungen. Bei den beiden Letzteren würde es daher eh nicht mehr Geld ins System bringen, wenn man die Beitragsbemessungsgrenze aufhöbe.

Stimmt nicht. Die Auszahlungen sind abhängig von den Einzahlungen, aber nicht identisch. Die Arbeitslosenversicherung wird nur wirksam, wenn man arbeitslos wird. Und Rente bekommt man nur, wenn man alt wird. Die Einnahmeseite ist also doch sozusagen stark entkoppelt von der Ausgabenseite. Ohne Beitragsbemessungsgrenze wäre insgesamt erstmal mehr Geld da.


stine hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Wenn der Reiche, genau wie jeder andere, 20% von seinem Einkommen als Sozialabgabe abgäbe, dann bezeichnest du das als "aussichtslos, egal wie sehr er sich anstrengt"?

"Reiche" wie Herrn Ackermann gibt es nicht viele. Das Gros der Einzahler ist der Durchschnittsverdiener mit oder ohne Familie.

Wenn jeder 20% zahlt, dann ist es egal ob es ein reicher Ackermann oder ein durschnittlicher Durchschnittsverdiener tut. Du verstehst doch hoffentlich was Prozent bedeutet? "Wieso sollte es aussichtslos sein, egal wie sehr er sich anstrengt"? Das ist meine Frage. Denn wer sich anstrengt und noch mehr verdient, der darf nach Abzug von 20% auch noch mehr behalten. Also lohnt sich das Anstrengen.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon stine » Do 10. Feb 2011, 20:24

ganimed hat geschrieben:Wenn jeder 20% zahlt, dann ist es egal ob es ein reicher Ackermann oder ein durschnittlicher Durchschnittsverdiener tut. Du verstehst doch hoffentlich was Prozent bedeutet?
Nein, erklär mir das mal!

Warum sollte jemand in eine Versicherung einzahlen müssen, von der er selber gar nichts hat?
Das ist sozial ungerecht, auch wenn es einen Reichen erwischt. Die Sozialversicherungen sind für die, die sie auch benötigen und die zahlen sich da was ein. Wer darüber hinaus verdient, muss für sich selber sorgen oder bekommt nur soviel wie die Grenze der Einzahlungspflichtigen ausmacht, bis zu der er auch selber mitzahlt. Ist das soooo schwer?

Was die Steuern betrifft, so verhält sich das anders, nämlich progressiv und von den Steuergeldern wandert genug in die Sozialversicherungen. Also zahlen die Reichen imgrunde indirekt sowieso mit, bekommen aber im eigenen Schadensfalle gar nix raus. So ist das. Das Leben ist ungerecht.
Die Starken tragen die Schwachen - wenn nicht alle Schwachen den Starken finanziell gleichgestellt sind, bedeutet das nicht, dass es nicht so wäre.

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon platon » Do 10. Feb 2011, 20:33

Zappa hat geschrieben:...und dann auf die Kapitalanlage nicht noch mal soviel Steuern zahlen möchte?

Da bist Du aber völlig falsch informiert. Auf die Kapitalanlage zahlst Du nicht einen Cent Steuern. Die 25% werden auf Deine Kapitalerträge fällig, also auf das Geld, das Du ohne Gegenleistung bekommst und für das Du keinen Handstreich tust.
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon ganimed » Fr 11. Feb 2011, 01:25

stine hat geschrieben:Warum sollte jemand in eine Versicherung einzahlen müssen, von der er selber gar nichts hat? Das ist sozial ungerecht, auch wenn es einen Reichen erwischt.

Stell dir das mit dem Straßenbau vor. Die Reichen würden jetzt nur noch ein Viertel der Kraftfahrzeugsteuer bezahlen und dafür aber versprechen, die alten Dorfstraßen hinterm Teich nicht mehr zu benutzen. Dafür bauen sie sich privat eigene Prachtstraßen, die allerdings wiederum nur von Reichen und deren Freunden befahren werden dürfen. Das wäre das Gegenteil von sozialer Gemeinschaft, das wäre Sand im Getriebe jeder Umlage und das wäre (außer für die Reichen) von Nachteil. Ist das sooo schwer?

stine hat geschrieben:von der er selber gar nichts hat ... bekommt nur soviel wie die Grenze der Einzahlungspflichtigen ausmacht, bis zu der er auch selber mitzahlt

Was denn nun? Bekommen die Reichen von der Rente gar nichts oder doch etwas? Ich selber weiß es nicht, war noch nie reich.

stine hat geschrieben:Was die Steuern betrifft, so verhält sich das anders, nämlich progressiv und von den Steuergeldern wandert genug in die Sozialversicherungen.

Wie viel ist "genug"? Wie groß ist denn so ungefähr der Steueranteil am Sozialversicherungsbudget?

stine hat geschrieben:Also zahlen die Reichen imgrunde indirekt sowieso mit, bekommen aber im eigenen Schadensfalle gar nix raus.

Also wenn deine Annahmen stimmen (was ich nicht glaube), dass die Reichen über die hohen Steuersätze genau das an Mehr zahlen, was sie bei der Sozialabgabe durch die Bemessungsgrenze eingespart haben, dann ziehe ich meine Frage "wieso ist das so ungerecht" zurück. Dann wäre ja gerechtigkeitsmäßig doch alles in Butter. Nur bei der Zurechnungsfähigkeit des Gesetzgebers sähe es schlecht aus und ich würde deshalb fragen: "wieso um alles in der Welt haben die das so kompliziert und indirekt gemacht?"
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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon stine » Fr 11. Feb 2011, 08:26

ganimed hat geschrieben:"wieso um alles in der Welt haben die das so kompliziert und indirekt gemacht?"
Weil das alles historisch begründet ist.
Als die Systeme eingeführt wurden, gab es nicht viele Superreiche, es gab aber jede Menge Arbeiter und Wirtschaftswachstum. Die sozialen Systeme liefen rund und es war jeder froh, nach dem Austritt aus dem Arbeitsleben genügend Rente zu bekommen. Als sich das laufende System verschob und immer weniger für immer mehr aufkommen mussten hat man nachgebessert. Und nachgebessert und Regeln aufgestellt und nachgebessert.
Man kann auch sagen, man hat das Sozialsystem beim Kunden nachreifen lassen.
Reformen sind bei uns immer kleine Nachbesserungen, die sich am Ende für manche als Verschlechterung und für andere als Verbesserung herausstellen und ich geb dir völlig recht, die Verbesserungen sind entweder bei den Reichen oder bei den Armen, die große Mitte sind die Zahler der Nation. Diese Rechnung geht aber finanziell immer auf, da muss man als Politiker nicht studiert haben, um das nachzurechnen, da kann man praktisch nichts falsch machen. Und solange es der großen Mitte immer noch verhältnismäßig gut geht, beschwert sich auch niemand. (Jedenfalls gibt es keinen öffentlichen Aufstand.)

Und sollte die große Mitte mal nicht mehr zahlen können, dann werden die Reichen auch zur Kasse gebeten. Da kannst du ganz sicher sein. Ich frag mich nur, wieviele sich dann aus dem Staub machen. In Nizza und Cannes ist es auch ganz schön.

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon musicman » Fr 11. Feb 2011, 10:22

stine hat geschrieben: Ich frag mich nur, wieviele sich dann aus dem Staub machen. In Nizza und Cannes ist es auch ganz schön.
LG stine


Die haben sich eh schon aus dem Staub gemacht, ab einem gewissen Einkommen kannst Du leben und Deine Steuern zahlen wo du willst. Erstes auf jeden Fall und zweites mehr oder weniger.
Problematischer ist das Ausdünnen der Mitte, wo man die findet die den Großteil der Steuerlast tragen. Vor kurzem traf ich einen Bekannten der Harz 4 bearbeitet er sagte mir, wenn man sieht, wieviele aufstocken müssen die Arbeit haben, könnte man vor Wut kotzen gehen, also Fälle wie: Er ist Facharbeiter, sie bringt noch 400 Euro, zwei drei Kinder und die Leut sind unter der Bemessungsgrenze für Harz 4.
Er kennt viele Fälle, die sind aus der Statistik verschwunden, weil sie ausgewandert sind. Die machen jetzt das selbe in Kanada, Norwegen oder der Schweiz und haben ein Einkommen von dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können- ohne staatliche Hilfe.
Das sind die Leute, die ich als MItte bezweihnen würde, was soll einer denn mehr machen, als sich in der Schule anstrengen, eine Ausbildung zu machen und zu arbeiten.
Letztes Jahr waren es so um die 150.000 die gingen und zwar keine unausgebildeten Langzeitarbeitdlosen, die bleiben hier.

Also irgend etwas läuft doch gewaltig schief, wenn die Mitte anfängt auszuwandern, denn in der Regel wandert man aus, wenn man keine Perspektive mehr vor Ort hat.
Früher wanderten die Armen aus, jetzt scheint sich das zu drehen, die Perspektive für Arme scheint hierzulande also besser zu sein als für die Mitte.

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon stine » Fr 11. Feb 2011, 10:49

musicman hat geschrieben:... die Perspektive für Arme scheint hierzulande also besser zu sein als für die Mitte.
Eben, aber es gibt immer noch Leute hier, die denken, es wäre andersrum.

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Re: Grund für Beitragsbemessungsgrenze?

Beitragvon mat-in » Fr 11. Feb 2011, 10:50

ganimed hat geschrieben:Gibt es einen anderen Grund für diese Nachlässe für Reiche als einfach nur Geiz? Gibt es eine moralische Rechtfertigung für diese Verweigerung von sozialer Solidarität? Oder ist das im Grunde nicht doch einfach nur unverhohlene Raffgier?

Würdest du es nicht genauso machen? Es gehört eine gewaltige Ladung idealismus dazu, wenn man reich und mächtig ist, ein Gesetz zu erlassen / zuzulassen das einem selbst ein schönes Stück aus dem eigenen Fleisch schneidet. Ich denke niemand der es so weit nach oben geschafft hat ist dazu noch in der Lage.
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