Mehrheiten, Minderheiten, Demokratie

Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon Nanna » Do 31. Mär 2011, 12:25

stine hat geschrieben:Am meisten zu erreichen ist nun mal dann, wenn man wirklich gemeinsam im Team arbeiten kann.

Glaub mir, du willst nicht in einem Land leben, wo LINKE und CDU unter Umständen mal koalieren müssen...
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon platon » Do 31. Mär 2011, 12:39

stine hat geschrieben:Am meisten zu erreichen ist nun mal dann, wenn man wirklich gemeinsam im Team arbeiten kann.

Das gilt nur, wenn alleine der Weg das Ziel ist. Denn: Was will man denn erreichen? Ist das egal?
Die einen woll(t)en die AKWs unter allen Bedingungen weiter betreiben, die anderen wollen sie abschaffen. Und was ist die Lösung? Vertagen?
Politik heißt Gestaltung und zum Gestalten muss man sich einig sein, was man gestalten will.
Wenn nun die CDU ihren Standpunkt aufgibt, wie erklärt sie das ihren Wählern, die sie nicht deshalb gewählt haben, weil sie CDU heißt. Umgekehrt wäre es genauso. Die Forderung, dass die größten Parteien zusammen arbeiten sollten, ist ausgemachter Blödsinn. Aber das alles weißt Du ja selbst, was sollen dann platte Sprüche wie Dein obiger?
Stell Dir nur vor, die CDU hätte 45%, die SPD hätte 40% und die Grünen 15%. Und dann regiert eine 85% Mehrheit gegen 15%. Dann gibt es keine Opposition mehr. Die Regierung könnte auch das Grundgesetz ändern (mit 2/3-Mehrheit), die Opposition könnte nicht mal mehr eine aktuelle Stunde einberufen lassen oder eine Sondersitzung. Erkundige Dich mal, es gibt bestimmt Staatsbürgerkundekurse bei der VHS. Und sei froh, dass Du keinen Einbürgerungstest bestehen musst.
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon platon » Do 31. Mär 2011, 12:42

Nanna hat geschrieben:Glaub mir, du willst nicht in einem Land leben, wo LINKE und CDU unter Umständen mal koalieren müssen...

Leidest Du unter einer Linkenphobie? Wo immer die Linken in dieser Republik machen müssen und nicht nur opponieren dürfen, machen sie ihre Sache nicht schlechter als alle anderen auch. Was nicht heißt, dass das alles gut ist ...
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon Nanna » Do 31. Mär 2011, 12:53

Ich nicht, aber die CDU. Ich habe die beiden als Beispiel gewählt, weil sie von den etablierten Parteien sicherlich diejenigen sind, die sich am wenigsten abkönnen. Mir ging es nicht darum, zu demonstrieren, dass die CDU gut und die LINKE schlecht ist (mag beide nicht übermäßig), sondern darum, dass eine Zwangskoalition aus beiden höchstwahrscheinlich einen Zerfleischungskrieg liefern würde, der sogar die BILD völlig blutbesoffen machen würde.

Das Beispiel soll abschreckend auf stine wirken, die sich ja offenbar für Zwangskoalitionen ausspricht, ungeachtet deren destruktiven Potentials.
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon platon » Do 31. Mär 2011, 13:45

Das ist sowieso alles hypothetisch. Ich weiß nicht, wie stine zu ihren merkwürdigen Vorstellungen von Demokratie und Parteienzusammenarbeit kommt. Ist das die neuchristliche Harmoniesoße, die da über allem ausgegossen werden soll?
Überhaupt ist die Vorstellung, was der Wählerwille ist und dass er immer erfüllt werden müsse, für mich nicht nachvollziehbar. Bei der Wahl spricht der Wähler und nach der Wahl die Parteien. Und wenn die nicht das tun, was der Wähler wollte, dann kann er sich das fürs nächste Mal merken, aber dass die Parteien an das Wählervotum gebunden sein sollten, ist absurd.
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon stine » Do 31. Mär 2011, 13:49

Nanna hat geschrieben:Ich kann dir dazu aber sagen, dass die meisten Politikwissenschaftler das Verhältniswahlrecht als deutlich fairer und repräsentativer ansehen - auch deshalb, weil es eine Diktatur der Mehrheit ohne jegliche Repräsentationsmöglichkeiten der Minderheit effektiver verhindern kann.
Das leuchtet ein und ist sicherlich historisch begründet.

platon hat geschrieben:Erkundige Dich mal, es gibt bestimmt Staatsbürgerkundekurse bei der VHS
Vielen Dank für den Hinweis!
Ist doch immer wieder nett, wenn man von Mitschreibern kompetent beraten wird.

LG stine
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon platon » Do 31. Mär 2011, 14:09

stine hat geschrieben:Vielen Dank für den Hinweis!

Und zum Rest ist Schweigen im Walde?
Wenn ich eine Meinung zum besten gebe, die kritisiert wird, dann verteidige ich sie auch, weil es gute Gründe gibt, warum ich diese Meinung vertrete. Aber das scheint bei Dir nicht der Fall zu sein.
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon stine » Do 31. Mär 2011, 14:21

Ich habe meine Meinung vertreten und einige Meinungen zum Thema zur Kenntnis genommen.
Einen Diskurs mit Leuten wie dir werde ich nicht eingehen, weil ich nicht masochistisch veranlagt bin.

:pfeif: stine
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon platon » Do 31. Mär 2011, 14:52

Du hast eine Meinung geäußert, aber sie nicht vertreten. Das ist ein Unterschied. Aber wenn Du nur für Meinungsäußerungen zuständig bist, ist das auch ok.
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 31. Mär 2011, 15:59

stine hat geschrieben:Bist du Nichtwähler, @1von6,5Mrd?
Bei dieser Wahl war ich Nichtwähler, weil ich zu dieser Wahl nicht zugelassen war, vermutlich genauso wie du.
Ansonsten habe ich noch keine Bundestags-, Landtags-, Bezirktags-, Kreistags- oder Gemeinderatswahl ausgelassen - und du? Denn nur lästern und schimpfen ist nicht so meine Sache.
stine hat geschrieben:Dann hast du recht, dann wäre deine Stimmen, nämlich keine Partei gewählt zu haben nicht berücksichtigt worden.
Das ist keine (Wahl-)Stimme, wohl aber ein Mensch, der sich seiner Stimme enthalten hat. Eine nicht vorhanden Stimme kann weder berücksichtigt noch ignoriert werden.

@ all: EIn bisschen Nachsicht mit stine, Demokratie ist für manchen halt etwas schwieriger und ist in Staaten ehemaliger StaatsEinheitsparDeien oft nicht so verbreitet und verinnerlicht. :santagrin:

Na ganz im ernst stine, dein Ausgangsgedanke, den du da zäh verteidigst, scheint tiefgründig beseelt zu sein von persönlichen, politischen Ansichten. Mit Demokratie (oder simplem mathematischen Vverständnis) hat das alles nicht viel zu tun. Und einem gründlichen Missverständnis was Mehrheit, Demokratie (dieses Missverständnis ist aber nicht nur eine bayerische Krankheit), Parteien, Abgeordnete und Parlamente sind (u.v.m.).

stine hat geschrieben:Ich denke, es müssten immer die zwei stärksten Parteien zusammen gehen, auch wenn es knirscht, aber das ist Demokratie.
Das erste scheint ein Unfall zu sein, das zweite ist absolut undemokratisch.
stine hat geschrieben:Das gelte nur, wenn SPD und Grüne exakt das gleich Programm hätten. Wieso sonst würde der Wähler zwischen Grüne und SPD unterscheiden?
Nein, auch dies ist Unsinn. In der Regel wird das Ergebnis einer Koalition irgendwo zwischen beiden Programmen liegen - dies mag und wird vermutlich zwar auch nicht exakt dem sogenannten "Wählerwillen" (was auch immer dies sei) entsprechen, aber sicher noch eher, als i.d.R. eine automatische undemokratische, stine'sche Zwangskoalition der beiden größten Fraktionen.
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon xander1 » Do 31. Mär 2011, 16:03

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Nein, aber da du eine Frau bist, ist diese dramatische mathematische Schwäche gottgegeben.


Sorry dass ich das Thema wechsle, aber das hätte ich von dir gar nicht erwartet. Du bist doch sonst so sehr für die Emanzipation der Frau. Ist das ein Ausrutscher von dir? Ist das Ironie oder denkst du wirklich so über Frauen?
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon platon » Do 31. Mär 2011, 16:21

Eh, xander, das war ein Witz. Der Machospruch war so offensichtlich daneben, dass er schon wieder gut war! :lachtot:
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon Zappa » Do 31. Mär 2011, 20:57

Nanna hat geschrieben:In Deutschland hat man mit den Wahlkreisen und der Listenwahl bei der Bundestagswahl eigentlich einen ganz brauchbaren Kompromiss gefunden, der die Stabilitätsgewinne der Mehrheitswahl mit der höheren Fairness der Verhältniswahl kombiniert.


Kannst Du mir Dummie das genauer erklären?
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon platon » Do 31. Mär 2011, 21:33

Soll heißen, die Wahlkreise (299) sind so aufgeteilt, dass jeder etwa gleich viele Wahlberechtigte hat, so dass sowohl für die Stimmenmehrheit (Erststimme) als auch für den Prozentanteil (Zweitstimme) überall in der Republik etwa gleich viele Stimmen benötigt werden.
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Re: Mehrheiten Minderheiten Demokratie

Beitragvon Nanna » Do 31. Mär 2011, 23:23

Zappa hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:In Deutschland hat man mit den Wahlkreisen und der Listenwahl bei der Bundestagswahl eigentlich einen ganz brauchbaren Kompromiss gefunden, der die Stabilitätsgewinne der Mehrheitswahl mit der höheren Fairness der Verhältniswahl kombiniert.


Kannst Du mir Dummie das genauer erklären?

Bist zwar kein Dummie, aber klar. ;-)

Das Mehrheitswahlrecht hat den Vorteil, dass es fast ausnahmslos sehr stabile Ergebnisse produziert. Die "alten" Demokratien wie das Vereinigte Königreich und die USA haben ein solches Wahlrecht. Beim Mehrheitswahlrecht gewinnt derjenige den Wahlkreis, der die meisten Stimmen erhält, und zwar in relativen Maßstäben. Man kann also theoretisch mit 30% Stimmenanteil gewinnen, solange alle anderen noch weniger haben (jetzt mal alle Ausnameregelungen, die es in manchen Ländern geben mag, in den Wind geschossen), the winner takes it all. Mehrheitswahlsysteme diskriminieren Minderheiten ziemlich krass. Beispielsweise wird ein Wahlkreis, in dem 60% traditionell Demokraten wählen und 40% traditionell Republikaner (und es, idealisiert gedacht, keine Drittparteien und Wechselwähler gibt) grundsätzlich von einem Demokraten regiert, die Republikaner, obwohl mehr als ein Drittel der Bevölkerung, werden GAR nicht repräsentiert. Reine Mehrheitswahlsysteme tendieren daher relativ stark dazu, ein Zweiparteiensystem zu generieren, wobei die Parteien meist loser organisiert sind als in Deutschland, weil sie meist heterogenere Flügelgruppen unter einen Hut bringen müssen. Machtwechsel finden dann folgerichtig nur zwischen beiden Parteien statt, somit hat das System insgesamt eine hohe Beständigkeit und fragmentiert nicht.

Das Verhältniswahlrecht vermeidet den Fehler des Mehrheitswahlrechts, eine Mehrheit übermäßig zu bevorzugen, indem es recht exakt Prozentanteile an Stimmen in Prozentanteile an Sitzen überführt (mathematisch gibt es da allerdings unterschiedliche Verfahren das zu nähern). Auf diese Weise wird jede Stimme dem demokratischen Grundsatz der gleichen Stimmen auch gleichwertig behandelt. Das Verhältniswahlrecht ist daher minderheitenfreundlicher und insgesamt deutlich fairer. Der Nachteil ist, wie schon gesagt, dass die Stabilität flöten geht. Verhältniswahlsysteme neigen zu einer Fragmentierung der Parteienlandschaft, die umso häufiger Koalitionskrisen und Neuwahlen nach sich ziehen, je mehr Parteien beteiligt sind. Ein abschreckendes Beispiel, das mir gerade einfällt, ist Israel. Durch die irgendwann unpraktikable Rücksichtnahme auf allerlei Sonderwünsche bei Drei oder gar Vierparteienkoalitionen droht einer Regierung die Handlungsfähigkeit abhanden zu kommen. In Belgien gibt es derzeit eine solche Situation, wenn auch aus anderen Gründen - aber man sieht, was passieren kann. Um zu kleine Splitterparteien draußen zu halten, gibt es deshalb die 5%-Hürde.

Weil Verfasser von Wahlsystemen meist nicht auf den Kopf gefallen sind, gibt es in den meisten Ländern der Welt kein reines Verhältnis- oder Mehrheitswahlrecht und oft eine Unmenge an Sonderrregeln. Das deutsche Wahlsystem gehört allerdings wirklich zu den kompliziertesten der Welt, hat sich aber bislang bewährt. Wie platon schon richtig sagte, wird die Hälfte der Sitze im Bundestag per Mehrheitswahl vergeben (Erststimme), da gewinnen meist die großen Parteien, also CDU oder SPD. Die Zweitstimme ist eine Listenwahl, d.h. die andere Hälfte der Sitze wird prozentual anhand der Zweitstimmen aufgeteilt. Erhält eine Partei beispielsweise 25 Listenplätze, ziehen die ersten 25 Kandidaten von der Wahlliste in den Bundestag ein, die Reihenfolge wird vorher bestimmt.

Ja nun, und so kommen im deutschen Wahlsystem die Stabilität des Mehrheitswahlrechts und die Fairness des Verhältniswahlrechts zusammen.

Es gibt übrigens noch kompliziertere System, beispielsweise das irische Wahlsystem. Da gibt es dann Stimmgewichtung und Stimmwanderung und weiß der Geier was alles. Das wird jetzt aber erstmal zu lang. In Deutschland kämen ja auch noch die Überhangmandatsregelung und das Stimmensplitting hinzu, was man mal erläutern könnte. Aber ich nehme an, dass es dir mehr darum ging, den Hintergrund zu erhellen, warum das System überhaupt so gebaut ist, wie es ist.
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Re: Mehrheiten, Minderheiten, Demokratie

Beitragvon stine » Fr 1. Apr 2011, 08:08

Danke @Nanna für diesen Beitrag, du hast das wie immer sehr verständlich erklärt. Solltest Lehrer werden! :wink:

Dass ein Mehrheitswahlrecht zuviele Minderheiten übervorteilt und dass deswegen ein Verhältniswahlrecht gerechter ist, kann man zwar verstandesmäßig nachvollziehen, aber das bürgerliche Verständnis von Demokratie ist höchstwahrscheinlich immer noch das Mehrheitswahlrecht.
Der Titel des Threads ist nicht umsonst Mehrheiten, Minderheiten, Demokratie, weil eben festgestellt werden kann, dass viele Minderheiten in Summe die Verhältnismäßigkeit zur Mehrheit überschreiten und wir demzufolge (jetzt ganz konkret auf BW bezogen) hier eigentlich eine konzertierte Minderheitenregierung haben.
Das ist aber imgrunde nicht mehr Demokratie im Sinne des Erfinders. Aber du hast ja schon aufgezählt, welche Arten von Demokratie inzwischen bekannt sind und in verscheidenen Ländern praktiziert werden.

Siehst du nicht auch eine Gefahr darin, dass bei Minderheitenregierungen die Mehrheit, die sich ja im schlechtesten Falle mit ihrer Meinung nicht mehr vertreten sieht, auf die Barrikaden gehen könnte?
Schreit das nicht geradezu nach Volksaufstand?

LG stine
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Re: Mehrheiten, Minderheiten, Demokratie

Beitragvon Arathas » Fr 1. Apr 2011, 08:32

stine hat geschrieben:Siehst du nicht auch eine Gefahr darin, dass bei Minderheitenregierungen die Mehrheit, die sich ja im schlechtesten Falle mit ihrer Meinung nicht mehr vertreten sieht, auf die Barrikaden gehen könnte?
Schreit das nicht geradezu nach Volksaufstand?


Du hast einfach nur ein Problem mit dem Wort Mehrheit, stine. ;-) Du gehst auch hier nach "gefühlter Mehrheit", wie als du geschrieben hast, dass "die Mehrheit die BILD liest". Dem ist ganz einfach nicht so. Selbst wenn von 10 Personen 4 die BILD lesen und 6 Leute andere, jeweils unterschiedliche Zeitungen, dann sind die 4 BILD-Leser eben nicht die Mehrheit. Es kommt auch immer auf die Frage an, die man stellt. Wenn die Frage lautet, welche Zeitung insgesamt am meisten gelesen wird, dann sind die BILD-Leser in der Mehrheit. Wenn die Frage aber lauten würde: "Lesen Sie gern und aus Überzeugung die BILD-Zeitung?" und man eben diese 10 angeführten Zeitungsleser dazu befragt, dann bekommt man 4 mal JA und 6 mal NEIN. Ganz klar ersichtlich, dass die vier BILD-Leser in letzterem Beispiel nicht die Mehrheit darstellen.

Oder anders gefragt: Was wäre denn für dich mehr Mehrheit - wenn 39 % Schwarz-Wähler auf die Barrikaden gehen, oder wenn 47 % Rot-oder-Grün-Wähler auf die Barrikaden gehen? ;-)
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Re: Mehrheiten, Minderheiten, Demokratie

Beitragvon stine » Fr 1. Apr 2011, 09:16

Irgendwie versteht mich keiner :nosmile:
Bleiben wir mal bei dem Beispiel mit der Bild:
Von 10 Leuten lesen
3 die Bild,
1 die SZ,
1 die Welt,
1 die FAZ
1 den Spiegel
3 keine Zeitung.
Wenn jetzt die Bildzeitung eingestellt wird, weil die Mehrheit der Leser andere Blätter bevorzugt, dann haben aber die 3 von 7 Lesern ein Problem. Hat also eine Mehrheit ihre Zeitung nicht mehr.
Verständlich?

=) stine
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Re: Mehrheiten, Minderheiten, Demokratie

Beitragvon musicman » Fr 1. Apr 2011, 09:22

stine hat geschrieben:Wenn jetzt die Bildzeitung eingestellt wird, weil die Mehrheit der Leser andere Blätter bevorzugt, dann haben aber die 4 von 10 ein Problem. Hat also eine Mehrheit ihre Zeitung nicht mehr.
Verständlich?
=) stine


Nein das ist nicht verständlich, weil die Bild Zeitung nicht einfach abgewählt werden kann. Die wird erst dann nicht mehr erscheinen, wenn es zu wenig Käufer gibt, egal wieviel andere Zeitungen zusätzlich gekauft werden.
Du vermischt das etwas.

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Re: Mehrheiten, Minderheiten, Demokratie

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 1. Apr 2011, 09:29

stine hat geschrieben: aber das bürgerliche Verständnis von Demokratie ist höchstwahrscheinlich immer noch das Mehrheitswahlrecht.
Nein, sicherlich nicht in Deutschland, du bist da irgendwie wohl eher ein Sonderfall. In Deutschland waren die demokratischen Systeme (BRD und "Weimarer Republik") immer mit dem Verhältniswahlrecht gesegnet, also kann es gar kein "immer noch" geben. Außer das persönliche politische iNteresse wäre rein durch angelsächsche Wahlen (im Fernsehen *bg*) geprägt worden. Die x-Prozent-Hürde ist übrigens ein indirektes Erbe von der Weimarer Republik, dort gab es sowas eben nicht und die "Zersplitterung des Parlamentes" und dadurch teilweise "UNregierbarkeit" war ein Problem, was eben damit vermieden werden sollte. Die auf Bundesebene aktuelle 5-Prozent-Hürde hat damit aber auch deutliche Nachteile - je nach Zersplitterung könnte damit (theoretisch) sogar ein relativ große Anteil der gültigen, abgegebenen Stimmen im Endeffekt belanglos bleiben. Dies mildert der Direktwahlteil (Erststimme, Mehrheitswahl in Stimmkreisen mit Direktkandidat) wiederum etwas ab, so kann u.U. eine Minderheit die regional aber bedeutsam ist, eben trotzdem Sitze im Parlament "erobern".

@ stine: du hast ganz einfach ein Problem mit dem Begriff "Mehrheit". Du verwechselst Mehrheit mit "größte Gruppe", Mehrheit bezieht sich aufs Ganze.
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