Alle sich selbst überlassen!

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Beitragvon mat-in » Fr 1. Apr 2011, 19:16

Mal mit einer Provokanten These anfangen: Sollen wir uns abkehren von der unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe durchgeführten Kolonialpolitik, nur noch gezielt die Rohstoffvorkommen besetzen, die wir benötigen und den Rest der Welt "zur Hölle fahren lassen"? Oder ist das Gegenteil nötig und müssen wir dem Rest der Welt mit Gewalt unsere Werte aufzwingen?

Sie protestierten gegen die Verbrennung eines Koran-Buchs in den USA und stürmten eine Filiale der Vereinten Nationen: Ein Mob wütender Demonstranten hat das Uno-Büro im nordafghanischen Masar-i-Scharif angegriffen. Mehrere Mitarbeiter wurden getötet - zwei von ihnen offenbar enthauptet.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 57,00.html

So wie es im Moment läuft halte ich es jedenfalls für ... höchst bizarr. Menschen die Helfen wollen werden wegen irgend was im irgend wo getötet von einem mittelalterlichen lynchmob. Vielleicht sollte man den Leuten erstmal eine Schule bauen und sie gezielt mit Hilfslieferungen da auch hinködern...?

Ich merke schon, ich werde wieder zynisch...

Aber wie seht ihr das? Kann doch auf Dauer keine Lösung sein, sich im eigenen Land einschüchtern zu lassen (siehe Karrikaturenstreit) und auch dort wo man "helfen" möchte so angegriffen zu werden...

P.S.: Auch wenn das jetzt "islamfokussiert" aussieht, ich meine das generell: Muß man Leuten helfen, die einem dafür den Kopf abschlagen? Der Rohstoffe willen (Öl, Uran, Gold, Seltene Erden für Magnete, seltene Metalle für Computer)? der Menschen wegen (z.B. "unschuldige" Frauen die nur durch Zufall mit so männern verheiratet sind und sie unterstützten)? Generell?
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon Nanna » Fr 1. Apr 2011, 19:49

Ich könnte zwar jetzt eine lange Reihe von Überlegungen, Gegenüberlegungen und einem Fazit schreiben. Aber bevor ich damit anfange, fände ich es sinnvoll, erstmal gewisse Rahmenlinien zu klären. In dem Zusammenhang würde mich interessieren, was denn realistischerweise überhaupt möglich ist an "alle sich selbst überlassen". Und dazu habe ich eine Menge Fragen:

- Was bedeutet das konkret? Dass wir uns nur grundsätzlich nicht militärisch einmischen? Oder dass wir auch keine Wirtschaftssanktionen verhängen?
- Wie sieht die langfristige Perspektive aus? Wie viele Terroranschläge und kriminelle Machenschaften sind wir beispielsweise pro Jahr bereit hinzunehmen, wenn Terroristen und Mafiosi noch freier agieren können, als sie dank der Globalisierung sowieso schon tun?
- Was täten wir, wenn ganze Staatenreihen kippen würden, weil wir den Brandherd nicht früh genug eingedämmt haben? Wie weit dürfen kriegerische Auseinandersetzungen an Europa heranrücken, damit wir eingreifen? Ist Libyen noch ok, ist der Balkan noch ok, oder muss es tatsächlich erst in unseren eigenen Plattenbauslums flächendeckend brennen? Worst-case-Szenarien sind manchmal ganz brauchbar, um Prinzipien zu testen.
- Was tun wir, wenn wir von einem Land oder einem Teil der dortigen Bevölkerung konkret um Hilfe gebeten werden? Ändert das die Rahmenbedingungen?
- Was tun wir mit unserer Wirtschaft? Sind wir bereit, gesperrte Handelswege in Kauf zu nehmen, etwa, wenn die Passage durch das Rote Meer dank zweier failed states (Somalia und Jemen) nicht mehr befahrbar ist? Investieren wir dann in Russland, um endlich die Transsib auszubauen? Aber was, wenn in Russland Chaos ausbricht? Wo investieren wir, wenn weite Teile der Welt wegen fehlender Infrastruktur, fehlender Schulbildung der Bevölkerung, fehlender Rechtssicherheit für Investitionen nicht geeignet sind? Bauen wir den Waffensektor aus, damit der Tod wieder ein Meister ist, der aus Deutschland kommt?
- Wie gehen wir mit den Medienbildern von Hunger, Tod, Gewalt und Verzweiflung um? Wie mit moralischen Forderungen nach Hilfe, Mitleid und Empathie?

Ich bin kein grundsätzlicher Interventionist. Ich bin im Zweifel eher dafür, die Betroffenen das selber ausfechten zu lassen und sie ihre Lektion selbst lernen zu lassen. Es gibt dafür gute Beispiele z.B. China. Allerdings gab es da seit Jahrzehnten auch keinen Bürgerkrieg, sondern nur "normale" Misswirtschaft, in die wir uns sowieso nie eingemischt haben. Bei Fragen der Interventionen geht es ja doch meist eher um Völkermord und brutale Unterdrückung. Man kann tatsächlich fragen, inwiefern der Irak und Afghanistan sich tatsächlich für humanitäre Interventionen qualifiziert haben. Der Irak wohl nicht und Afghanistan war eine komplizierte Frage in einer aufgewühlten Zeit, in der man besser nochmal nachgedacht hätte. Aber ich weiß nicht, ob es den meisten Verfechtern humanitären Interventionsmus' um diese beiden Fälle wirklich geht, oder ob da nicht eher Bilder von Ruanda und Darfur im Kopf schwirren. Und ich glaube schon, dass die Libyen-Frage auch mit der Angst zu tun hat, nochmal ein Ruanda zuzulassen.
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon Lumen » Fr 1. Apr 2011, 21:37

Ich bin bei dem Thema Entwicklungshilfe und dergleichen nicht mehr ganz im Bilde. Mir scheint aber das dabei die Selbsthilfe im Vordergrund stehen sollte. Also nach dem Prinzip Erntegeräte statt Nahrung, Geräte um Brunnen bauen zu können, statt Brunnen zu bauen. Direkte Hilfe (Wasser, Nahrung) sollte nur dann eingesetzt werden, um unmittelbare Nöte zu lindern.

Von militärischer Einmischung halte ich eher nichts, auch wenn es den Anschein hat, als könnte ein Land damit Punkte sammeln sollte es der Bevölkerung helfen—was sich dann als Einfluss und dergleichen später bezahlt macht und daher vermeintlich im Interesse eines Landes ist. Die Situation ist in Wirklichkeit aber wohl oft unübersichtlich und eine Seite in einem Bürgerkrieg zu unterstützen wäre schlecht. Bei Bündnissen und dergleichen (NATO etc.) muss ein Land mitziehen, wenn das so beschlossen wurde. Die Mittel des Staates einzusetzen, damit hinterher irgendwelche Firmen in fernen Ländern neue Märkte erschließen können, halte ich für ausgeschlossen. Das manche dieser Sachen anscheinend recht nonchalant einfach durchgezogen werden, rechne ich dem Filz aus Politik und Wirtschaft zu (etwa die Machenschaften in Mittelamerika, etwa United Fruit/Chiquita und CIA).

Manchmal entsteht leider auch schon der Eindruck, als wäre die Bevölkerung in den jeweiligen Gegenden nicht in der Lage etwas in Bewegung zu setzen um ihre Bedingungen zu verbessern, außer wenn es um Religion geht. Da lässt sich dann das mehrmalige Gebet und die Verse-Aufsagerei und Bücher und dergleichen organisieren. Wenn es aber darum geht, sich etwas für sauberes Wasser zu überlegen (um Laufwege zu verringern usw.), scheint der Eifer schnell dem herumlungern zu weichen. Das ist vermutlich ein falscher Eindruck, der da entstanden sein könnte und wohl auch nicht politisch korrekt, aber der Eindruck entsteht eben gelegentlich.
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon Shevek » Fr 1. Apr 2011, 21:41

Das bedeutet dann aber auch wirtschaftlich zurückziehen, die eigene wirtlschaftliche Überlegenheit nicht mehr nutzen, um andere bluten zulassen.

Und nicht zu vergessen: Aufhören Diktaturen zu unterstützen und mit Waffen zu versorgen, und natürlich auch keine usamerikanischen Angriffe auf islamische Länder.

Also wirklich: Raushalten - Täte dem Rest der Welt vermutlich sehr gut.
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon platon » Fr 1. Apr 2011, 21:49

Können und wollen wir überhaupt nicht. Unser Wohlstand wird von den armen Ländern erwirtschaftet. Wir sind der drittgrößte Waffenexporteur der Welt. Wenn die Exporte wegbrechen, wird unsere Volkswirtschaft das spüren.
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon Zappa » Fr 1. Apr 2011, 21:55

Nachdem die blöde Forensoftware (ich sei angeblich nicht angemeldet :explodieren:) meinen bahnbrechenden, wohl überlegten und wohlfeil formulierten Beitrag zerdepperte, nun stichwortartig mein Beitrag:

- Raushalten gibt es nicht. Dank Internet, Twitter und Facebook wissen wir Bescheid. Es ist immer eine Entscheidung für oder gegen eine Intervention.
- Einen minimalen Kanon an Menschenrechten (d.h. keinen westliche zentrierten Maximalkanon) fordere ich weltweit ein. Ein Verstoß dagegen rechtfertigt eine Intervention.
- Auf Hilferufe von Teilen der Bevölkerung hat man zu reagieren, wenn die politischen Vorraussetzungen (UN Beschluss) erfüllt sind. Aus diesem Grund war z.B. die Enthaltung in der Libyenfrage ein Fehler.
- Oper wird es leider immer geben, da man es vor Ort natürlich mit reichlich Vollpfosten zu tun hat. Opfer sind kein Grund für Rückzug.
- Wichtig ist die demokratische Kontrolle* solcher Aktionen, insbesondere Nennung der Intentionen: humanitär, geostrategisch, wirtschaftlich? Das bietet bestmögliche Sicherheit vor Missbrauch. Belügen der Öffentlichkeit (s. Irakkrieg) ist tabu.
- Wirtschaftliche und politische Interessen wird es immer geben, das nicht zu sehen ist naiv.

* Es gab soweit ich weiß noch nie einen Krieg zwischen Demokratien.
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon Shevek » Fr 1. Apr 2011, 21:57

platon hat geschrieben:Können und wollen wir überhaupt nicht. Unser Wohlstand wird von den armen Ländern erwirtschaftet. Wir sind der drittgrößte Waffenexporteur der Welt. Wenn die Exporte wegbrechen, wird unsere Volkswirtschaft das spüren.

Und nun wissen wir auch, warum wir uns nicht zurück ziehen können: Weil wir für den ganzen Mist zumindest mitverantwortlich sind.
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon stine » Sa 2. Apr 2011, 09:43

Aus weiblicher Sicht :
Man mus weltweit die Frauen stärken!
In afrikanischen Ländern, wo sich Frauen heute bereits mit Minikrediten eigene Existenzen aufbauen können und nicht mehr Freiwild für die Männer sein müssen, klappt die Selbstständigkeit und das Vorwärtskommen der Bevölkerung schon ganz gut. Solange aber männliche Machtkultur (im nahen Osten z.B. (die ja offensichtlich nichts anderes kann, als Kriegführen)) herrscht, wird dort kein Frieden einkehren. Erst wenn sich die Frauen befreien, wird es in diesen Ländern friedlich werden.
Frauen erziehen ihre Söhne und erst wenn sie das ohne Vorgaben tun dürfen, ändert sich die Welt.
Die Familie ist die Keimzelle der Gesellschaft.

Wir haben die Aufgabe weltweit die Frauen zu stärken. Die Änderung kommt nicht von oben mit dem Holzhammer (m), sondern von innen (w), ganz suptil.

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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon Shevek » Sa 2. Apr 2011, 10:02

Ja, stärken wir die Frauen, und der IWF wird menschenfreundlich und sich in Zukunft an Ethik und Moral orientieren.

Also nicht, dass ich nicht dafür wäre weltweit Frauen zu stärken und zu unterstützen, das wird sicher den Frauen und in vielen Fällen den Gesellschaften weltweit helfen, und es gibt viele Länder die so etwas bitter nötig haben, aber das ist nicht die Lösung für die Probleme dieser Welt. Solange westliche Wirtschaftsmächte ihren Daumen drauf haben wird es keinem Land helfen, sich in eine friedliche, absolut gleichberechtigte Vorzeigedemokratie zu wandeln.
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 2. Apr 2011, 19:52

Zappa hat geschrieben:Nachdem die blöde Forensoftware (ich sei angeblich nicht angemeldet :explodieren:)
Du solltest darauf achten, dass dein Router irgendwann zu Zeiten in denen du nicht aktiv bist, sich (s)eine neue IP-Adresse zuweisen lässt.
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon platon » Sa 2. Apr 2011, 19:55

stine hat geschrieben:In afrikanischen Ländern, wo sich Frauen heute bereits mit Minikrediten eigene Existenzen aufbauen können und nicht mehr Freiwild für die Männer sein müssen, klappt die Selbstständigkeit und das Vorwärtskommen der Bevölkerung schon ganz gut.

Na dann ist Afrika ja in ein paar Monaten über den Berg. Gut, dass es die Frauen gibt.
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon Nanna » Sa 2. Apr 2011, 20:24

1von6,5Milliarden hat geschrieben:
Zappa hat geschrieben:Nachdem die blöde Forensoftware (ich sei angeblich nicht angemeldet :explodieren:)
Du solltest darauf achten, dass dein Router irgendwann zu Zeiten in denen du nicht aktiv bist, sich (s)eine neue IP-Adresse zuweisen lässt.

Das Häkchen bei dauerhafter Anmeldung zu setzen, ist auch eine Option. Die Bearbeitungszeit für ein Formular ist jedenfalls derzeit bei zwei Stunden, das sollte eigentlich reichen, einen Beitrag fertigzustellen. Siehe dazu auch: Sitzungslänge
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon stine » Sa 2. Apr 2011, 20:35

platon hat geschrieben:Na dann ist Afrika ja in ein paar Monaten über den Berg. Gut, dass es die Frauen gibt.

Beispiel
Funktioniert auch in Indien

LG stine
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon JustFrank » Sa 2. Apr 2011, 21:37

War mal irgendjemand von denen, die wissen was in Afrika, Indien oder sonstwo angeblich funktioniert dort?

Ich bin der Auffassung, dass sogenannte Entwicklungshilfe und sonstige Gutmenschaktivitäten in ihren Folgen weit komplexer sind. Zumal die wirtschaftlichen und kulturellen Strukturen zwischen Indien und Afrika ???? höchst unterschiedlich sind.

Da Deutschland zu den wesentlichen Geberländern gehört, ist die hiesige Darstellung der Wirkung von Entwicklungshilfe in unseren Medien arg verzerrt.

Ich kann dazu das Buch Klimakriege von Harald Welzer empfehlen, dass sich unter anderem mit dem fatalen Treiben der Helfer befasst.
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon Shevek » Sa 2. Apr 2011, 21:46

Ich sag ja. Rausziehen, und zwar komplett, die Leute dort in Ruhe ihr Ding machen lassen, und von IWF und westlichem Handel befreien.

Ach ja: Und mal realisieren, dass unsere tollen Werte bei anderen Kulturen (z.B: in Teilen von Amerika und Afrika) schon deutlich länger einfach selbstverständlich waren, als in Europa.
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 2. Apr 2011, 21:52

Shevek hat geschrieben: dass unsere tollen Werte bei anderen Kulturen (z.B: in Teilen von Amerika und Afrika)
An was denkst du da gerade?
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon Shevek » Sa 2. Apr 2011, 22:10

Ich denke z.B. an die Idee individueller Freiheitsrechte. Hatten andere Kulturen lange lange vor uns. Kamen die großen europäische Denker (wie z.B. Locke) dann auch erst nach dem Kontakt zu diesen Kulturen drauf.
Ist z.B. grundlegender Bestandteil indianischer Kulturen aus dem Norden Amerikas.
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon Nanna » Sa 2. Apr 2011, 23:48

Ähem, Widerspruch? Wenn andere Kulturen diese Werte bereits haben, dann gäbe es keinen Grund, sie dort zu vertreten, oder? Wenn wir diese Werte aber dort verbreiten, heißt das recht zwangsläufig, dass sie vorher dort noch nicht (in diesem Maße) herrschten.

Ich bin grundsätzlich durchaus dafür, andere Länder weitestgehend (nicht vollständig, das ist utopisch, realitätsfern und in einer Welt globaler Interdependenzen auch kontraproduktiv) in Ruhe zu lassen, so dass sich dort eine lokale Wirtschaft anhand primär lokaler Angebot-Nachfrage-Verhältnisse etablieren kann. Die erzwungene plötzliche Marktöffnung nicht konkurrenzfähiger Volkswirtschaften ist keine gute Idee. Der Wunsch, am weltweiten Handel teilzunehmen, kommt ab einem gewissen Wohlstandsgrad ohnehin von selbst. Anreize zur Modernisierung sollte man dennoch bieten, aber die müssen auf die lokalen Verhältnisse abgestimmt sein. Was ich grundsätzlich befürworte sind ausländische Investitionen, die langfristige Folgen anpeilen, also z.B. Infrastruktur und Bildung zu fördern. Damit greift man nämlich nur sehr indirekt ins lokale Wirtschaften ein.

Darüberhinaus haben wir ein vitales Interesse daran, dass die Biosphäre, die nunmal keine Ländergrenzen und Zuständigkeiten kennt, in anderen Ländern nicht noch mehr geschädigt wird, d.h. wir müssen uns dort engagieren und beispielsweise versuchen dafür zu sorgen, dass dortige Volkswirtschaften die Carbonphase möglichst überspringen und sofort mit umweltfreundlicher Technik einsteigen. Außerdem ist die weltweite Vernetzung sowieso nicht mehr rücknehmbar, also ist globales Handeln alternativlos (hallo, Frau Merkel!).

Nur, worüber reden wir hier? Militärisches Eingreifen, Entwicklungshilfe, Handelsbeziehungen?
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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon stine » So 3. Apr 2011, 09:56

Nanna hat geschrieben:Nur, worüber reden wir hier? Militärisches Eingreifen, Entwicklungshilfe, Handelsbeziehungen?

Ich denke, das ist alles miteinander vernetzt, @Nanna!

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Re: Alle sich selbst überlassen!

Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 3. Apr 2011, 10:06

Shevek hat geschrieben:Ich denke z.B. an die Idee individueller Freiheitsrechte.
Jaja, gab es aber auch schon im Altertum
Shevek hat geschrieben:Ist z.B. grundlegender Bestandteil indianischer Kulturen aus dem Norden Amerikas.
Ach je, nimm mal falsche, verblendete Romantik weg und schau nach was davon übrigbleibt, wenn du nicht nur die "guten Ideen" nimmst und wenn du nicht nur alle guten Ideen - verbreitet über einen Doppelkontinent - zusammennimmst, sondern auch die (uns heute nicht angemessen scheinenden) "Ideen" mit einbeziehst, die gruppenintern bzw. lokal (also nicht inhaltlich verknüpft sein müssen) an genau diesen "guten Ideen" hängen. Krieg, Sklaverei, Menschenraub, Menschenopfer etc. waren z.B. kein Import durch die weißen Eroberer.
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