Deutsches Brights-Forum 2006 - 2014 (ARCHIV)

Seit geraumer Zeit sind Kirchen mit eigenen Inhalten oder Werbesendungen im Fernsehen vertreten. Das Sat1 hat zwei Sendungen, die anscheinend von der evangelischen Kirche gesponsert werden. Bei „So Gesehen“ werden passend zum Zeitgeschehen Bibel-Zitate von Geistlichen zum besten gegeben und deren Flexibilität demonstriert. Ich frage mich da manchmal, was uns wohl der Moby Dick von Herman Melville über den Gau in Japan hätte lehren können.

Eine andere Sendung ist „Montag Früh“, deren Religionsbezug anscheinend in den Hintergrund tritt, aber durch die Pastorin und die Färbung der Inhalte vorhanden ist. Laut verlinkter Sendung ging das Programm nach den 9/11 Anschlägen los, vielleicht ein Zufall, aber sicherlich passend zum religiösen Zeitgeist, der da losgetreten wurde. Es gibt auch Sendungen, wo Senderpersonal im Interviewstil von ihrem Glauben berichtet. Auf RTL sind (oder waren) offenbar ebenfalls mehrere christliche Sendungen und Werbeeinspieler im Programm.

Man könnte zunächst anführen, dass Wissenschaft und Skepsis ohnehin fester Bestandteil des Programms in verschiedenen Formaten sind, zum anderen, dass diese private Sender natürlich senden können, was sie wollen. Allerdings scheinen die Kirchen insgesamt recht umtriebig zu sein, wie diese Seite vermuten lässt (siehe Demo-Reel dort).

Wie denkt ihr darüber? Müssten wissenschaftliche Weltbilder, Naturalismus, Atheismus deutlich erkennbarer im Fernsehen vorkommen, statt als Grundrauschen in verschiedenen Sendungen vorhanden zu sein? Wie ist die Fernseharbeit der Kirchen einzuschätzen, als missionarische Arbeit oder als „artgerechtes Angebot“ für gläubige Zuschauer?

Wenn man keine Alternative sieht, kann man auch keine Ergreifen...

Das Fernsehen hat sich in Deutschland längst von seinem Informations- und Bildungsauftrag losgesagt und verkommt zu einer reinen Sammelstelle für schlechte Unterhaltung.

Religiöses Gelaber eignet sich bestens als Teil dieser Brühe.

Ich denke da haben sich nur die Inhalte verändert, die Funktion hat es leider immer noch... also man lernt noch aus dem Fernsehen wenn man lange genug hinschaut, und es gruselt mich was man lernt.

JustFrank hat geschrieben:Das Fernsehen hat sich in Deutschland längst von seinem Informations- und Bildungsauftrag losgesagt und verkommt zu einer reinen Sammelstelle für schlechte Unterhaltung.

Leider muss ich dir recht geben.
Bei uns hat der Bildschirm fast nur noch die Aufgabe geliehene Filme aus der Bibliothek oder das Heute-Journal zu zeigen.
Filme mit Werbeunterbrechung schaue ich entweder gar nicht mehr oder zwei davon zur gleichen Zeit, deren Handlung locker parallel verfolgt werden kann - macht aber auch nicht wirklich Spaß.
Die früher interessanten Wissensendungen sind inzwischen auch inflationär aufgearbeitet und Fragen zur Allgemeinbildung die sich bis zu einer Million steigern machen auch nur noch ab der 60000 € Grenze Spaß ab und das schafft fast niemand.
Mann, sind wir verwöhnt

LG stine

So entsetzlich das klingen mag: ich habe keinen Fernseher. Da man aber auch für einen PC Rundfunkgebühren zahlen muß (augen roll) nehme ich es mir heraus, für die 5,80€ oder was es sind 1x im Monat "Neues aus der Anstalt" und alle par Monate mal eine Arte Doku anzuschaun.

stine hat geschrieben:[ das Heute-Journal zu zeigen.

LG stine

Geht mir auch so, ansonsten brauch ich ihn nur für drei Sendungen, Sportsudio am Samstag, ab und zu Landeschau und Tatort am Sonntag. Das Wort zum Sonntag möchte ich aber auch nicht missen, dabei drehe ich mir seit vielen Jahren meinen Samstagabend vor dem Sportstudio
Manchmal läuft noch ein guter Film auf Arte, das wars dann aber auch.
Eigentlich hätte man es für mich lassen können wie es war, 1. 2. 3. plus Arte, der Rest ist Mumpf, wobei 1. und 2. auch immer mehr absacken.

musicman

Mit ein bischen demokratie (geld zu sendungen zuteilen, die einem gefallen) könnte man da glaube ich viel erreichen.

Das Fernsehprogramm ist zwar Schrott, was aber nicht heißt, dass es keine guten Sendungen mehr gibt. Man muss halt eher auf Internetstreams ausweichen, da gibt's für jedes Spartenherz sehr viel, vor allem Dokus sind meist auch online komplett schaubar - ohne Werbung.

Ich bin jetzt auch schon in dem Alter , wo ich gerne Naturdokus sehe oder Berichte über Reisen mit dem Orientexpress. Mit Großbildschirm und in HD-Qualität ein echter Genuss.
Hat aber jetzt nichts mehr mit dem Threadtitel zu tun.

stine

stine hat geschrieben:Ich bin jetzt auch schon in dem Alter [..] Reisen mit dem Orientexpress. Mit Großbildschirm und in HD-Qualität ..

AHA! Also doch Islamophil hier!

mat-in hat geschrieben:Mit ein bischen demokratie (geld zu sendungen zuteilen, die einem gefallen) könnte man da glaube ich viel erreichen.

Die Programmmacher orientieren sich, das ist ja eine Binsenweisheit, primär an der Quote. Insofern haben wir da eigentlich jede Menge Demokratie.

Aber bei wem um himmels willen sind diese quotengeräte installiert? Hat man die in den 70ern mal in haushalte eingebaut und die leute die damit heute schaun sind alle 80+ und unfähig umzuschalten? Oder ist der große Teil der Leute wirklich so... doof... das er damit zufrieden ist?

Es sollte aber klar sein das eine tolle natur oder geschichtsdoku mittwoch nachts von 02:00 bis 04:00 andere einschaltquoten als "mutantenstadl" von 18:00 bis 20:00 Uhr hat, oder? Wenn man da die Senderplätze tauscht denke ich käme erstaunliches heraus...

Da die Werbetreibenden enorme Summen in die TV-Werbung stecken, um ein bestimmtes Publikum zu erreichen, nehme ich an, dass die Zahlen ziemlich repräsentativ sind.

Volksmusiksendungen sind mittlerweile stark rückläufig, aber was die Geschichtsdoku zur Primetime angeht, wäre die Reaktion klar: umschalten. Man müsste schon das Internet abschaffen und das Monopol der Öffentlich-Rechtlichen wieder einführen, um die Leute zu solchen Sendungen zwingen zu können.

Ich finde Volksmusik-Sendungen gut. Nicht für mich, versteht sich. Aber diese Zielgruppe ist Fernsehen gewohnt, kann es bedienen und hat sonst praktisch keine andere Möglichkeiten an das heranzukommen, was sie gut findet. Ich kann hingegen viel mehr Quellen anzapfen und bin daher nicht darauf angewiesen, diesen Menschen noch ihr "Letztes" zu nehmen. Aber davon abgesehen, ging mir es mir auch so. Nach anfänglicher Ablehnung, habe ich die Qualität im Öffentlich-Rechtlichen zu schätzen gelernt. Man muss einfach mal Dokus vergleichen, wie krass bei den Privaten Zeit geschindet wird und wie ein paar oberflächliche Fakten ewig lang gedehnt werden. Dabei wird dann noch oft versucht, die Sendungen mit Emotionen aufzuladen und ein Sturzbach aus Schnulzen-Pop ergießt sich über tauglich befundene Szenen.

Lumen hat geschrieben:... die Qualität im Öffentlich-Rechtlichen zu schätzen gelernt. Man muss einfach mal Dokus vergleichen, wie krass bei den Privaten Zeit geschindet wird und wie ein paar oberflächliche Fakten ewig lang gedehnt werden.

Stimmt. Die Privatsender sind so ziemlich für nichts zu gebrauchen. Es macht zB völlig kirre, wenn ständig gezoomt wird, um dann, wenn das Objekt der Berichterstattung erreicht ist das Szenenbild zu wechslen. SCHRRRRREEEECKLIIIICH!
Das geht zoom-zack-zoom-zack-zoom-zack... Das macht wütend und schafft Migräne. Ich weiß gar nicht für welche Zielgruppe solche Berichte überhaupt gemacht werden.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand das gut findet.

LG stine

Lumen hat geschrieben:... wie krass bei den Privaten Zeit geschindet wird und wie ein paar oberflächliche Fakten ewig lang gedehnt werden ...

DAs Schlimmste dabei ist, viele Leute scheinen es gar nicht zu merken. Ich kann den grenzdebilen Müll ja abschalten, wenn es mich stört (also immer), aber viele scheinen heute schon dieses ewige x-te Wiederholen bereits gezeigter bzw. erzählter Bilder und Behauptungen sogar zu brauchen oder zu mögen. (Ist fast wie ein Vollzitat des Vorbeitrags im Forum. )

mat-in hat geschrieben:Aber bei wem um himmels willen sind diese quotengeräte installiert?

Die Leute bekommen Geld dafür und wie Nanna schon geschrieben hat, dafür wird viel Geld ausgegeben ("viel" nicht an die freiwillig "Überwachten") und die GfK weiß schon (meistens) was sie tun.

Das Problem an den "privaten" Dokus und Wissenssendungen (und auch einigen aber nciht allen öffentlich-rechtlichen) ist, das man sich an amerikansichen Fernsehformaten orientiert oder diese sogar als Format oder fertige Sendung einkauft. Leider ist bei uns aber die Verdummung noch nicht fortgeschritten genug und die Aufmerksamkeitsspanne noch zu lang als das man nach dem 7 minuten werbeblock die letzten 15 minuten Doku in 5 minuten zusammengefaßt sehen muß, um dann weitere 10 minuten informationen zu bekommen, einen 7 minuten werbeblock und dann die 5 minütige zusammenfassung der vorangegangenen 15 minuten, inklusive der 5 minuten die davon zusammenfassung waren...

Aber die Formaten sind in den USA erfolgreich, also warum nicht hier? Wenn man den leuten lange genug nichts anderes vorsetzt wird es schon passen...

stine hat geschrieben:Das geht zoom-zack-zoom-zack-zoom-zack... Das macht wütend und schafft Migräne.
LG stine

OT aber nachdenkenswert (evtl)

Löst aber auch einen Adrenalischub aus, der (siehe Nachbarfred) süchtig machen kann, spezeziell bei Kindern gut zu beobachten, die mehrheitlich gerne Sendungen schauen mit schnellem Szenenwechsel. Vielen fällt es mittlerweile schwer Filme mit einem längeren Handlungsstrang (natürlich altersentsprechend) zu verfolgen, die nicht mit dieser Kameraführung arbeiten.
Die Frage ist warum und Spitzer vom http://www.znl-ulm.de
konnte nachweisen, dass die Bildung von Gehirnzellen ihre Struktur betreffend, von optischen Reizen direkt beeinflußt wird. Um es kurz zu machen(näheres siehe seine Puplikationen), je mehr dreidimensionale optische Reize vorhanden sind, um so komplexer entwickelt sich die Struktur einer Gehirnzelle und deren neuronale Verbindungen. Im umgekehrten Fall passiert entspechend das Gegenteil, dh je länger das Gehirn zweidimensionalen Reizen ausgesetzt ist, je einfacher entwickeln sich die Strukturen.
Die Fähigkeit zur Abstraktion und komplexeren Gedankengängen sinkt dadurch mit der vor dem Bildschirm zugebrachten Zeit.
Wäre man bösartig könnte man daraus folgern, erst machen wir sie süchtig (Adrenalin) mit schnellen Szenenwechseln, halten sie so länger vor dem Bildschirm mit dem Ergebnis, dass wir mehr Dummies bekommen denen man jeden Mist verkaufen kann.

musicman