Wie sieht eure politische Vision aus?

Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon musicman » Mo 4. Jul 2011, 20:56

Lumen hat geschrieben:Nur muss man, um im Orchideenfach (oder auch als Stohmann-Konstrukeur) vorher bestimmte Anforderungen erfüllt haben, die nicht jeder schafft und dabei mindestens Zeit opfern.


Das bestreitet niemand, doch was bringt es, wenn einer Jahre damit zubringt sich in Onomatologie oder Sorabistik die höchsten wissenschaftlichen Weihen zu erarbeiten, wenn es hinterher keine Jobs dafür gibt ?
Es ist momentan einfach nicht so, dass es nur Geld dafür gibt, sich mit irgendwas intensiv beschäftigt zu haben. Das kann man bedauern, aber es ist die Realität, wenn man das ändern will, müsste man über andere Modelle nachdenken, zB planwirtschaftliche Ansätze (aber auch dort wird irgend eine Instanz festlegen was gebraucht wird und was nicht), bedinungsloses Grundeinkommen, dann kann jeder machen wozu er Lust hat, momentan sehe ich dafür aber keine Mehrheiten am Horizont und überhaupt denke ich dass Nanna mit seiner Prognose recht hat, dass sich das in wenigen Jahren auf Grund der demographischen Entwicklung erledigt haben wird.


Das ist deshalb so, weil es keine Lobbies gibt


Natürlich ist das deshalb so, aber Lobbies wachsen nicht auf den Bäumen oder werden staatlicherseits verordnet, da müssen die Betroffenen selbst aktiv werden sonst gibt es keine Lobbie für sie. Ein gutes Beispiel für erfolgreiche Lobbiearbeit im Arbeitnehmerlager ist zB die IGM, mit einem immer noch relativ hohen Organisationsgrad. Das macht sich von den Gehältern bis zu den Arbeitsbedinungen bemerkbar, wenngleich auch hier die Tendenz bei den Mitgliederzahlen rückläufig ist, was sich dann auch prompt in schlechteren Ergebnissen (verglichen mit den Jahren mit höherem Organisationsgrad) bei den Tarifverhandlungen ausdrückt.
Verglichen mit den Angestellten zB im pflegerischen Bereich, die sich in x Einzelinteressenverbände zersplittert haben ist jedoch zu erkennen, dass ein mitgliedstarker Verband, der die Interessen seiner Mitglieder bündeln kann, die besten Ergebnisse erzielt.
Wie sich Kreative Blogger oder freischaffende Grafiker organisieren sollen, wo jeder mehr oder weniger auf dem Ego Trip ist, ist natürlich nicht so einfach zu beantworten und vor allem gegen wen will man seine Interessen denn durchsetzen ?
Wenn ich das mit meinem Job vergleiche, ich arbeite als Studiomusiker im Bereich klassische Musik und als Sessionmusiker/backup-Gittarist bei Rock Bands, gegen wen sollte ich denn Ansprüche geltend machen ?
Es gibt nun mal keinen Beschäftigungsanspruch für Musiker, aber das weiß ich doch bevor ich mich dafür entscheide das als Beruf zu machen. Ich hätte auch beamteter Musiklehrer werden können, das wollte ich nicht, weil ich zu freiheitsliebend bin, aber der Preis dafür ist das Risiko mal ohne Engagement zu sein und kein festes Gehalt zu beziehen, dafür klingelts dann ab und zu auch richtig in der Kasse, aber Sicherheit gibt es nicht.
Ich wundere mich oft, über die Ansprüche die von den sogenannten Kreativen and die Gesellschaft gestellt werden, vieles ist nach dem Motto, wasch mir den Pelz aber mach mich nicht naß, aber frei sein in Kombination mit Rundumversorgung ist mir noch nie begegnet.

Deshalb wie schon einmal gesagt, Augen auf bei der Berufswahl :lens:

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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon Lumen » Mo 4. Jul 2011, 22:14

Damit ist natürlich vorzeitig entschieden, ob Deutschland sich besser im Bereich Zukunftstechnologie, Internet und kreativen Berufen usw. aufstellen sollte, also alles Dinge die über kurz oder lang gebraucht oder nicht automatisiert werden können. Wenn das so ist. Also bei Onomatologie oder Sorabistik bin ich machtlos.

Das ist zu fies. :/
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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon stine » Di 5. Jul 2011, 06:31

Lumen hat geschrieben:Also bei Onomatologie oder Sorabistik bin ich machtlos.

Das ist zu fies. :/


Hatten wir schon mal:
viewtopic.php?f=29&t=3230&p=60103&hilit=+Orchideenf%C3%A4cher#p60103

Auch der zweite Teil meines Posts von damals hat noch seine Richtigkeit.

LG stine
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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon ujmp » So 10. Jul 2011, 21:57

Es ist ein a) bisschen dämlich solche seltenen Beispielfächer zu verallgemeinern und b) ebenso dämlich, den Sinn einer Wissenschaft an den Einkommensmöglichkeiten festzumachen. Es gibt evtl. auch Leute, die überhaupt kein Einkommen benötigen - sollen sie doch Orchideen studieren und gute Bücher darüber schreiben! Was ist dagegen einzuwenden? Das hat letzlich mehr Wert, als irgend einen Job am Fließband zu machen.
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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon stine » Mo 11. Jul 2011, 05:54

ujmp hat geschrieben:Das hat letzlich mehr Wert, als irgend einen Job am Fließband zu machen.
OHO!, da bin ich ja wieder mal ganz anderer Meinung. Der Wert kann ja nun mal nur ein ganz individueller sein. Mehr Wert im SInne von, das hilft allen, hat die gute alte "Arbeit", das Handwerk, die Handarbeit, das Wertschöpfen, das Tun schlechthin.

Ein schönes Buch zu schreiben über ein Orchideenstudium bringt nur dem Autoren etwas, ansonsten steht es dekorativ in wenigen Bücherschränken herum. Natürlich muss die Welt nicht verzweckt werden, aber essen und wohnen müssen nun mal alle und das gibt es nicht, wenn sich alle nur klug machen.

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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon ujmp » Mo 11. Jul 2011, 07:38

stine hat geschrieben:ansonsten steht es dekorativ in wenigen Bücherschränken herum.

Ja, es gibt Leute, die brauchen nur drei Bücher: Telefonbuch, Sparbuch, Bibel.


stine hat geschrieben:Natürlich muss die Welt nicht verzweckt werden, aber essen und wohnen müssen nun mal alle und das gibt es nicht, wenn sich alle nur klug machen.


Die Tatsache, dass es heute den Menschen besser geht, als jemals zuvor, verdanken sie dem Forscherdrang Einzelner. Es hat ja niemand behauptet, dass sich alle klug machen sollen.
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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon stine » Mo 11. Jul 2011, 12:14

ujmp hat geschrieben:Die Tatsache, dass es heute den Menschen besser geht, als jemals zuvor, verdanken sie dem Forscherdrang Einzelner.
Stimmt, aber das waren ua die Maschinenbauer und die Mediziner.
Sicher nicht die Betriebswirte und ganz sicher nicht die Ägyptologen.

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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon musicman » Mo 11. Jul 2011, 19:21

ujmp hat geschrieben:Es ist ein a) bisschen dämlich solche seltenen Beispielfächer zu verallgemeinern und b) ebenso dämlich, den Sinn einer Wissenschaft an den Einkommensmöglichkeiten festzumachen. Es gibt evtl. auch Leute, die überhaupt kein Einkommen benötigen - sollen sie doch Orchideen studieren und gute Bücher darüber schreiben! Was ist dagegen einzuwenden? Das hat letzlich mehr Wert, als irgend einen Job am Fließband zu machen.


Solange jemand auf eigene Kosten ohne berufliche Zukunftsperspektive vor sich her studiert ist dagegen nichts einzuwenden, allerdings sollte er hinterher nicht jammern, wenn er keinen Job findet und niemand sein Buch kauft.

Betr. dämlich, es wäre nett, wenn Du dich bemühst ein gewisses Niveau im Umgangston nicht zu unterbieten.

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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon ujmp » Di 12. Jul 2011, 06:51

Es gibt allgemein das Problem, ein Ergebnis von Arbeit zu bewerten, das man nicht aufessen kann. Sicher muss man nicht jedes Buch gelesen haben. Ich bin aber davon überzeugt, dass es Bäckern und Schustern heute nicht so gut gehen würde, wenn sie in einer Kultur leben würden, in der es nur ums Sattwerden geht - da wären wir noch Affen auf dem Baum und würden unsern Tag damit verbringen, Blätter in uns reinzustopfen.

Es kann durchaus berechtigt sein, dass sich ein Ägyptologe beklagt, wenn in seiner Gesellschaft kein Interesse an Kultur besteht. Den Wert von Kultur an ihrem Marktwert zu bemessen - dafür fällt mir grad der politisch korrekte Ausdruck nicht ein.
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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon musicman » Di 12. Jul 2011, 08:37

ujmp hat geschrieben:dass es Bäckern und Schustern heute nicht so gut gehen würde, wenn sie in einer Kultur leben würden, in der es nur ums Sattwerden geht - da wären wir noch Affen auf dem Baum und würden unsern Tag damit verbringen, Blätter in uns reinzustopfen.


Es ist anders rum, hätten die Köche nicht das kochen erfunden, hätten wir keine Zeit für Kultur, weil wir mit verdauen beschäftigt wären. Erst die Erfindung, Speisen vor dem Verdauen durch kochen quasi anzuverdauen erlaubt uns, unsere Zeit nicht wie die Kuh auf dem Feld mit verdauen zu verbringen.

Es kann durchaus berechtigt sein, dass sich ein Ägyptologe beklagt, wenn in seiner Gesellschaft kein Interesse an Kultur besteht.


Klar, beschweren kann man sich immer, das ist nicht verboten. Ich kann mich auch beschweren, wenn ich nur Zwöftonmusik spiele und keiner will es hören. Das heißt nicht, dass kein Interesse an Musik/Kultur besteht, nur dass evtl zu wenig an dieser besteht, die mich interessiert.

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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon stine » Di 12. Jul 2011, 11:46

Am liebsten wäre ich "freischaffend", aber mit gesichertem Einkommen. Am liebsten hätte ich, dass mein Hobby anerkannt und gebraucht werden würde, ich könnte es dann zu meinem Beruf machen.
Ich bin kommunikativ, kann Kaffee kochen und die Pflanzen am Leben halten, ich kann gut formulierte Briefe in richtigem (?) Deutsch schreiben, Rechnungen sortieren, weiß instinktiv was gesucht wird, weil ich es selber verlegt habe, ich bin schnell von Begriff, zuverlässig und fleißig. Ich kann den Chef trösten, seine Kinder von der Schule abholen und ich kann auch abends mal länger... :anmachen:
Mich braucht trotzdem keiner mehr, weil mein Berufsbild inzwschen die Kommunikationswissenschaftlerin ausübt, mit zusätzlichen 3 Semestern kaufmännischer Ausbildung zur Reisekauffrau. Was hätte sie auch sonst mit ihrem Studium anfangen können, als den Job der ehemaligen mittleren Reife zu übernehmen. Heute ist man eben in allem viel gebildeter.
Am liebsten wäre ich jetzt Schriftsteller, weil ich so gerne tippe und mit meinem Anschlag kann ich mich durchaus sehen lassen, ich schriebe dann von zu Hause aus, aber ich habe weder Krieg noch den Holocaust überlebt, ich habe keine kommunistische Diktatur mit Stasischnüffler hinter mir und ich habe nicht genug Fantasie um mir skurrile Zauberer auszudenken. Ich mag auch keine Schmuddelgeschichten und ich bringe auch nicht gerne jemanden theoretisch um und lasse das aufklären. Tägliches Freud und Leid ist zu banal, darüber schreiben schon sämtliche Promis auf Einladung der gängigen Verlage, wegen der bekannten Autorennamen, da spielt dann auch der Inhalt gar keine Rolle mehr.

Wahrscheinlich muss ich doch wieder was suchen, was mir weniger Spaß macht, aber Kohle bringt. :(

:mg: stine
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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon ujmp » Di 12. Jul 2011, 21:24

musicman hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:dass es Bäckern und Schustern heute nicht so gut gehen würde, wenn sie in einer Kultur leben würden, in der es nur ums Sattwerden geht - da wären wir noch Affen auf dem Baum und würden unsern Tag damit verbringen, Blätter in uns reinzustopfen.


Es ist anders rum, hätten die Köche nicht das kochen erfunden, hätten wir keine Zeit für Kultur, weil wir mit verdauen beschäftigt wären. Erst die Erfindung, Speisen vor dem Verdauen durch kochen quasi anzuverdauen erlaubt uns, unsere Zeit nicht wie die Kuh auf dem Feld mit verdauen zu verbringen.


Ok, ich will mal nicht darüber streiten, was "Erfinden" ist. Hab mal gelesen, dass durch den Umstieg auf fleischliche Nahrung, die sehr viel kalorienhaltiger ist, unsere fernen Vorfahren plötzlich Freizeit hatten, um mal dies und das auszuprobieren, weil sie sich auch Fehlschläge besser leisten konnten. Sozusagen hat nicht die Not den Menschen erfinderisch gemacht, sondern die Langweile.
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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon musicman » Di 12. Jul 2011, 22:31

OK ich hätte erfinden in "" setzen sollen, vielleicht ist damals aus Versehen auch ein Stück Fleisch ins Feuer gefallen und das Steak war geboren :ka:

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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon mat-in » Mi 13. Jul 2011, 06:45

Das ist ein bischen wie das henne-ei Problem (wobei ich sagen kann, das Eier mit Sicherheit vor Hühnern da waren). Ich würde dennoch sagen, daß zu erst die Erfindung da war und dann de Fortschritt ;) Techniken die an die Kinder / Sippschaft weitergegeben werden sind etwas, daß Wirbeltiere, im besonderen primaten und den Mensch auszeichnet. Natürlich führt das Wissen darum, wie man eine Speerspitze aus Stein herstellt nicht in der gleichen Woche zu so verschwenderischen Prunkbauten wie er Sixtinischen Kapelle, aber es tritt eine Lawine los: Mehr Ertrag -> Möglichkeit sich zu spezialisieren -> noch mehr Ertrag -> mehr Freizeit -> noch mehr Erfindungen -> noch meh Ertrag -> noch mehr Freizeit -> Hirn langweilt sich und denkt sich Dinge aus die zum überleben unnötig sind und druckt es in den Feuilleton der Zeitung... In dieser Abfolge gibt es dann einen Punkt, an dem Langeweile Erfinderisch macht, aber am Anfang (jagen, sammeln) war das wohl kaum so?

Aber ... wir kommen ziemlich weit von Politik ab, oder nicht?
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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon musicman » Mi 13. Jul 2011, 08:47

stine hat geschrieben:Am liebsten wäre ich "freischaffend", aber mit gesichertem Einkommen.
Am liebsten wäre ich jetzt Schriftsteller, weil ich so gerne tippe und mit meinem Anschlag kann ich mich durchaus sehen lassen, :mg: stine


Das mit mit dem sicheren Einkommen wird schwierig :mg: - aber es hat auch Vorteile wenn es nicht regelmäßig kommt, denn wenn es kommt hat man das gute Gefühl es wirklich verdient zu haben, nicht wie so eine Rente - egal was man macht. Es muß natürlich kalkullierbar sein, dass man an Jobs kommen kann, sonst wird es deprimierend.

Das mit der Schreiberei ist durchaus eine ernsthafte Vision, in Basel ist eine Frau die eine Schreibwerkstatt betreibt und es funktioniert.
http://www.schreibwerkstatt-basel.ch soll jetzt keine Werbung sein, nur um stine zu zeigen, dass ihre Idee so utopisch nicht ist.

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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon ujmp » Mi 13. Jul 2011, 19:14

mat-in hat geschrieben:Aber ... wir kommen ziemlich weit von Politik ab, oder nicht?

Das ist Wirtschafts- und Sozialpolitik! :santagrin:

mat-in hat geschrieben:Mehr Ertrag -> Möglichkeit sich zu spezialisieren -> noch mehr Ertrag -> mehr Freizeit -> noch mehr Erfindungen -> noch meh Ertrag -> noch mehr Freizeit -> Hirn langweilt sich und denkt sich Dinge aus die zum überleben unnötig sind und druckt es in den Feuilleton der Zeitung... In dieser Abfolge gibt es dann einen Punkt, an dem Langeweile Erfinderisch macht, aber am Anfang (jagen, sammeln) war das wohl kaum so?

Die Evolution wird zu einseitig als "Kampf ums Überleben" dargestellt. Das stimmt aber so nicht. Es ist jede Menge Zufall im Spiel. Und es ist auch nicht alles '"zweckmäßig", was dabei herauskommt. Man könnte sagen, die Natur probiert alles mal aus, und manches hält sich. Unsere Vorfahren haben vermutlich irgendwann angefangen sich von Aas zu ernähren. Die Tatsache, dass es Tiere gibt, die darauf spezialiseirt sind, Aas zu verwerten, zeigt, dass es irgendwann mal über lange Zeiträume sehr viel herumliegendes Fleisch gegeben haben muss. Nicht nur die Not, sondern eben so gut der Überfluss kann Evolution in eine bestimmte Richtung fördern. Als der pflanzenfressende Affe anfing, sehr viel gehaltvollere Nahrung zu sich zu nehmen, konnte er auch Zeit und Energie einsetzen um sich bestimmte Leckerbissen zu verschaffen, s.B. Knochenmark durch Aufsspalten von Knochen usw. Dazu mussten diese Wesen aber eine bestimmte Eigenschaft schon hardcodiert mitbringen, nämlich die Neugierde. Jedenfalls gab es nicht unbedingt eine "Notwendigkeit", nach der Sättigung noch etwas zu unternehmen. Bei dem Menschen von heute ist es so, dass er sich immer in einem Spannungsfeld von Bedürfnis nach Sicherheit einerseits und der "Gier" etwas neues auszuprobieren ("Neugierde") andererseits befindet. Monotonie kann kein Mensch aushalten. Es gibt sogar Foltermethoden, die das nutzen. Das Zweifeln und Forschen muss man den Menschen nicht lehren oder ihn dazu "motivieren". Der Mensch ist so gebaut. Sobald deine Träume erfüllt sind, fängst du an von etwas Neuem zu träumen - wenn nicht, bist du grad tot.
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Re: Wie sieht eure politische Vision aus?

Beitragvon ujmp » Mi 13. Jul 2011, 19:31

stine hat geschrieben:Am liebsten wäre ich jetzt Schriftsteller, weil ich so gerne tippe und mit meinem Anschlag kann ich mich durchaus sehen lassen, ich schriebe dann von zu Hause aus, aber ich habe weder Krieg noch den Holocaust überlebt, ich habe keine kommunistische Diktatur mit Stasischnüffler hinter mir und ich habe nicht genug Fantasie um mir skurrile Zauberer auszudenken. Ich mag auch keine Schmuddelgeschichten und ich bringe auch nicht gerne jemanden theoretisch um und lasse das aufklären. Tägliches Freud und Leid ist zu banal, darüber schreiben schon sämtliche Promis auf Einladung der gängigen Verlage, wegen der bekannten Autorennamen, da spielt dann auch der Inhalt gar keine Rolle mehr.


Du könntest dich an Gregor Mendel orientieren, zwar ein Katholik, aber einer mit Interesse an der Sache - falls dir halt Orchideen nicht so zusagen, nimmst du eben Erbsen. Aber das Risiko, sich für eine Sache um der Sache willen einzusetzen und evtl. dabei zu scheitern gehen nur wenige ein. Mir scheint , dass die größten Denker, Künstler und Erfinder in den allerseltensten Fällen reich und mächtig wahren.
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