Hungersnot in Afrika !

Hungersnot in Afrika !

Beitragvon elan-nou-a-zout » Mo 10. Okt 2011, 14:27

Letzten Sonntag saß ich wie gewöhnlich mit meiner Frau beim Frühstück. Ausnahmsweise dudelte ein Schnultzenradio. Dann kamen Nachrichten, ich hörte wie immer nicht hin, dann kam Werbung und dann der Hammer:
"Hungersnot in Afrika ! ..."
Ich warf den Löffel weg und schrie erböst:"A******h! Halt die *****e ! " (bitte entschuldigt mir meine unflätige Ausdrucksweise)
Da meine Frau in gleicher Weise zu schimpfen anfing, konnte ich leider nicht mehr hören welches humanitäre Hilfswerk hier wieder ihre billige, reißerische Propaganda durch den Äther trötete.
Warum ich hier so überreagiere? Ganz einfach: Wenn es heisst "Hungersnot in Afrika!" dann fühle ich mich direkt angesprochen. Einen großen Teil meiner Zeit verbringe ich in Afrika, genauer gesagt in Kamerun. Niemand in meiner Familie dort leidet Hunger und ich bin es nun wirklich leid mir von manchen hier, beeinflusst durch diese Werbung, anhören zu müssen: "Ach, deine Frau kommt aus Afrika, die arme, ..." Das ist herablassend und beleidigend.
Da ich wissen wollte welche Organisation hier so billige Werbung macht, bin ich ein bisschen durch Netz gesurft und fand nocheinmal bestätigt, was ich ohnehin schon wusste und mich ungeheuer stört. Es gibt eine nicht zu überschauende Anzahl an "Hilfsorganisationen" die in ihrer Darstellung von Afrika einseitig berichten, verallgemeinern, maßlos übertreiben und auch falsche Behauptungen von sich geben. Nie wird etwas positives berichtet. Warum nur? Ich könnte hier nun eine ganze Linkliste einfügen von Organisationen, meist kleine, mit religiösem Hintergrund - ein wahres Kuriositäten-Kabinett. Was bitte hat die regional begrenzte Hungersnot in Somalia bittschön mit uns in Kamerun zu tun, wo mehr Nahrungmittel produziert werden als verzehrt werden können?
Es ist wahr, Kamerun ist ein unermesslich reiches Land. Wir leben dort zwar in einer Demokratie, die aber besser als Kleptokratie und Korruptokratie bezeichnet werden muss. Wir sitzen auf Rohstoffen, die uns unter unseren Füßen abgegraben, vor unseren Augen abtransportiert werden und nichts davon bleibt uns. Jeden ärgert das, aber nichts wird sich ändern auch bei den Präsidentschaftswahlen, die gerade stattgefunden haben, da die Schmerzgrenze einfach noch nicht hoch genug ist.
Kamerun könnte seiner Bevölkerung ein kostenloses Schulsystem, Gesundheitswesen und noch weit mehr bieten. Trotzdem hapert es an allen Ecken und Enden, auch wenn wir im Vergleich überdurchschnittlich gut dastehen. Herr Präsident Popol verbringt die meiste Zeit in einem Hotel in der Schweiz, während die Defizite wer ausgleicht? Ja, die Religiösen bauen Schulen, Brunnen, richten Gesundheitszentren ein, ... sie sind meiner Meingung nach unter anderem ein Faktor dafür, dass korrupte Regierungen immer so weiter machen können wie bisher, da sie ausgleichen, wo die Regierung verantwortungslos ihrer Verpflichtung nicht nachkommt. Ich kenn nicht wenige Kameruner die sagen, damit sich etwas ändert, müsste die Entwicklungshilfe eingestellt werden und sämtliche Hilfsorganisationen, besonders die religiösen, aus dem Land geworfen werden.
Da ich mir hier in Deutschland im Radio reisserische Werbung anhören muss: "Hungersnot in Afrika!" erlaube ich mir an dieser Stelle zu sagen: "Diese Hilfsorganisationen sind Mitschuld an der Misere in Afrika!" da diese "christliche Nächstenliebe" korrupte, kleptomanische Regierungen stützt ... und stelle damit meine (ich bin mir bewußt, sehr vereinfachte) Behauptung hier zur Diskussion.

Stoppt die "Entwicklungshilfe", wir wollen eure "christliche Nächstenliebe" nicht !
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Re: Hungersnot in Afrika !

Beitragvon Zappa » Mo 10. Okt 2011, 16:16

Nun ist Afrika ja ein bisschen größer als Kamerun, oder? In Somalia und wohl auch Teilen Kenias (?) herrscht im Moment schon eine Hungersnot. Diese ist natürlich, da gebe ich dir Recht, politisch bedingt. Auch andere Hungersnöte der afrikanischen Geschichte waren politisch bedingt oder sogar gewollt. Soweit ich weiß hat es noch nie eine Hungersnot in einem demokratisch regierten Land Afrikas gegeben (selbst im Sinne der recht laxen afrikanischen Definition von Demokratie). Es würde ja schon helfen, wenn die meisten Staaten endlich mal ein funktionierendes Steuersystem aufbauen würden (kommt einem irgendwie bekannt vor, gell :mg: ).

Blinde Entwicklungshilfe sehe ich mittlerweile auch als kontraproduktiv an, aber in Extremsituationen halte ich Eingreifen schon für notwendig. Den Preis für den von Dir offenbar als nötig angesehene Druckaufbau zahlen nämlich immer die Falschen.
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Re: Hungersnot in Afrika !

Beitragvon ganimed » Mo 10. Okt 2011, 19:51

Ich habe gestern abend zwei Dokus gesehen, über Südafrika und den Kongo. Was besonders die Belgier und König Leopold II. im Kongo angerichtet haben, hat mich schon recht nachdenklich gemacht. Und wenn man hört, wie die koloniale Ausbeutung auch heute noch vonstatten geht, kann man schonmal den Glauben an das Gute im Menschen verlieren.

Wenn man für irgendeinen Kontinent "Not in <Kontinent>" sagen kann, dann wohl für Afrika.

Ich vermute, die Einstellung der Entwicklungshilfe für ganz Afrika würde für einige Jahre die Not vergrößern und die Zahl der Hungernden und Verhungernden mehren. Auch wenn die Rechnung vielleicht aufgeht und als ein Vorteil des Hilfestopps danach die politischen Systeme zur Verbesserung angeregt werden, so scheint der Preis dafür doch recht hoch. Sollte man nicht doch erst alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Staaten zu nötigen Reformen zu bewegen? Irgendwelche Möglichkeiten, bei denen keine unschuldigen Hungertote hinzu kämen? Könnte man nicht doch irgendwie einen Druck aufbauen, der genau die richtigen trifft? Also zum Beispiel die korrupten Regierungen und die gierigen ausländischen Konzerne?

Ich kann ja verstehen, dass einen die plakative Verallgemeinerung von Krisengebieten auf ganz Afrika nervt, wenn man sich dort auskennt. Aber wenn die Hilfsorganisationen auf diese Weise mehr Spenden bekommen, dann sollte uns allen das recht sein.
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Re: Hungersnot in Afrika !

Beitragvon xander1 » Fr 14. Okt 2011, 17:55

Die Entwicklungshilfe-Organisationen wollen zunächst eine Sache hauptsächlich: Ihr eigenes Geld verdienen - was denn sonst.

Was solche Länder brauchen ist Hilfe zur Selbsthilfe. Übrigens betreibt so etwas Bill Gates: Einige Bauern lernen durch seine Organisation selbst bessere Landwirtschaft zu betreiben.
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