Weltbevölkerung

Re: Weltbevölkerung

Beitragvon xander1 » Di 22. Nov 2011, 00:22

Aber in anbetracht, dass der Erde die Ressourcen ausgehen, könnte es doch schon ein Problem sein, wenn es in anderen Ländern viele Menschen gibt. Führt das nicht zu Kriegen?
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Re: Weltbevölkerung

Beitragvon Nanna » Di 22. Nov 2011, 01:09

Das wäre ein sog. naturdeterministisches Argument, wie sie bis zur empirisch-statistischen Neuorientierung in der Geografie Ende der 60er Jahre gelehrt wurden und heute keine Gültigkeit mehr hat. De facto lässt sich ein ursächlicher Zusammenhang von Rohstoffmangel und kriegerischen Konflikten nicht belegen, auch wenn manche populärwissenschaftlichen Autoren heute schon ganz genau zu wissen glauben, dass und welche "Klimakriege" uns drohen.
Ressourcenmangel kann ein destabilisierender Faktor sein, wenn schon andere Sachen schiefgelaufen sind, aber es ist nicht so, dass es da eine Einbahnstraße in die Katastrophe gäbe. Entscheidend sind die politischen und sozioökonomischen Strukturen.
So gibt es ja auch eine ganze Reihe von Ländern, die trotz oder wegen Rohstoffreichtum unter kriegerischen Konflikten leiden. Besonders in Afrika führen primitive Strukturen häufig dazu, dass ausländische Akteure aus den Industriestaaten die einheimischen Rohstoffquellen ausbeuten und im Zuge dessen lokale Konflikte anheizen oder zumindest stillschweigend tolerieren, weil das die Arbeitskräfte verzweifelt und damit billig hält.
Andersherum gibt es florierende Metropolen wie Singapur, die über überhaupt keine Rohstoffe verfügen und trotzdem einen ansehnlichen Wohlstand aufrechterhalten oder sogar noch steigern können. Solange es im weitesten Sinne zivile gesellschaftliche Strukturen gibt (d.h. im Mindesten gewaltfreie Konfliktlösung), stehen die Chancen gut, dass man sich irgendwie auf eine Verwaltung des Mangels einigen oder zusammen - etwa durch gemeinsame Bildungsanstrengungen und damit verbundene Steigerungen der Innovationskraft - für die ökonomischen Fähigkeiten sorgen kann, die es ermöglichen, die benötigten Rohstoffe zuzukaufen. Problematisch wird es eben vor allem dann, wenn ein großer Teil der Bevölkerung wegen fehlender Arbeits- und Bildungsmöglichkeiten in Armut verbleibt, wobei nichteinmal das zwingend für Verelendung und Dezivilisierung sorgen muss. Indonesien ist ein interessantes Beispiel für ein Land mit einer hohen Rate an relativer und absoluter Armut bei einer hohen Bevölkerungszahl, das trotzdem seit einer ganzen Weile recht stabile demokratische Strukturen aufrechterhalten kann.

Ganz generell müssen wir uns auch fragen, ob es wirklich stimmt, dass uns die Ressourcen ausgehen. Trinkwasser ist mit genug Energieaufwand im Prinzip endlos herstellbar, Energieträger haben wir, z.B. in Form von Kohle, noch für mehrere Jahrhunderte und für die ganzen seltenen Metalle und weiß der Geier werden irgendwelchen begabten Ingenieuren früher oder später schon Ersatzstoffe oder bessere Förder- und Recyclingtechniken einfallen. Außerdem beobachten wir in den fortgeschrittenen Industriestaaten wie Japan, Westeuropa und den USA bereits jetzt eine Vergreisung, die mittelfristig zum Sinken der Bevölkerungszahl und zum Einpendeln bei einer etwas niedrigeren Zahl als der heutigen führen wird. Die Chinesen werden ihren großen turn aufgrund der Ein-Kind-Politik in etwa 40 Jahren erleben, das sich seit einigen Jahren stark modernisierende Afrika ist dann vielleicht in 60 - 70 Jahren dran. Die Bevölkerungszahl wird sich am Ende bei 10 - 11 Mia. einpendeln, das macht der Planet locker mit. Die Krux liegt in den Verteilungsmechanismen. Schon jetzt wird ja wesentlich mehr Nahrung produziert, als verbraucht wird und dabei trotzdem weniger, als theoretisch unter Ausnutzung aller Möglichkeiten produziert werden könnte. Trotzdem hungern Menschen weltweit und zwar nicht gerade wenige.
Was ich damit sagen möchte, ist, dass wir auf der Erde grundsätzlich in den nächsten 100 Jahren keine Bevölkerungszahlen haben werden, die prinzipiell unbeherrschbar sind und nach 2100 wird die Weltbevölkerung voraussichtlich einigermaßen konstant bleiben, vielleicht sogar wieder leicht sinken. Ich bestreite gar nicht, dass die Zunahme der Bevölkerung vorhandene Probleme verstärken wird oder in Gegenden mit schon jetzt hoch belasteter Infrastruktur zur Entstehung neuer Konflikte ganz massiv mit beitragen wird. Allerdings kommt es schon sehr darauf an, wo hohe Bevölkerungszahlen auftreten. Die Niederlande werden mit Überschwemmungen in dicht besiedelten Gebieten nunmal leichter fertig als Bangladesch - beide Länder verfügen übrigens über keine nennenswerten Rohstoffe, trotzdem sind für sie in einer ähnlichen naturräumlichen Umgebung völlig unterschiedliche Möglichkeiten vorhanden, weil die Niederlande eine effektive Regierung, technisches Know-How und Geld für den Deichbau haben. Von daher muss man sich von dem oberflächlichen Zusammenhang "Überbevölkerung/Ressourcenmangel erzeugt Konflikte" verabschieden.

Als Fazit könnte man ziehen, dass jeder, der Angst vor der Überrennung durch afrikanische Horden hat (auch so ein grausames Gespenstermotiv des 19. Jahrhunderts), alles dafür tun sollte, dass die dortige Wirtschaft auf die Füße kommt und die Menschen dort Wohlstand akkumulieren können, weniger Kinder kriegen und dort bleiben können und wollen, wo sie gerade sind.
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Re: Weltbevölkerung

Beitragvon Arathas » Di 22. Nov 2011, 09:49

Nanna hat geschrieben:Die Bevölkerungszahl wird sich am Ende bei 10 - 11 Mia. einpendeln, das macht der Planet locker mit.


Kommt immer drauf an für welchen Zeitraum. So wie die 7 Mia. Menschen momentan weit über ihre Verhältnisse leben, macht der Planet das auch nicht mehr sooo lange mit.

Aber dass das Erfindertier Mensch Alternativen zum Öl und zu anderen verbrauchbaren Rohstoffen entdeckt, davon gehe ich auch mal aus. Liegt einfach in unserer Natur.
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Re: Weltbevölkerung

Beitragvon Teh Asphyx » Di 22. Nov 2011, 14:05

Arathas hat geschrieben:So wie die 7 Mia. Menschen momentan weit über ihre Verhältnisse leben, macht der Planet das auch nicht mehr sooo lange mit.

Was? 7 Milliarden Menschen leben weit über ihre Verhältnisse? Erzähl das mal den ganzen Slum-Bewohnern …
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Re: Weltbevölkerung

Beitragvon Nanna » Di 22. Nov 2011, 15:08

Klar muss man da differenzieren. Die Art und Weise, wie bestimmte Teile der Weltbevölkerung ihren Lebensstil pflegen, ist nicht auch nur in der Nähe von Nachhaltigkeit. Grundsätzlich kann man aber nicht sagen, dass wir den Planeten tatsächlich in absoluten Größen überbeanspruchen. Es ist ja bekannt, dass schon ein Bruchteil der Sahara mehr Energie auffängt, als die Menschheit derzeit täglich verbraucht (und Energie ist bei fast allen Fragestellungen die kritische Ressource, chemische Stoffe lassen sich meist substituieren oder mit Energieaufwand herstellen oder mit fortgeschrittenen Fördertechniken von Orten holen, die bislang unzugänglich waren). Problematischer sind Sachen wie die systematische Überfischung der Meere, wo jeder Meeresbiologe weiß, dass sich mit nachhaltiger Wirtschaft mehr Fang machen ließe, als mit den derzeitigen Fangtechniken, die mit immer mehr Aufwand immer weniger Ertrag bringen (woran das nur liegen mag?). Klar, wenn wir aus Kurzsichtigkeit die Erde schon bis 2050 heruntergewirtschaftet haben, wird es um 2100 weder die politischen Strukturen noch die flächendeckende Infrastruktur geben, die nötig wären, um 10 Mia. Menschen auf einem annehmbaren Niveau zu versorgen. Das ist aber eine politische Frage und genau darauf will ich hinaus: Wir sind nicht irgendwelchen unberechenbaren Umweltmächten ausgeliefert, wir haben es in der Hand, unsere Situation so zu gestalten, dass wir auch 2100 noch darin leben können und wollen. Dass das Opfer- und Anpassungsbereitschaft erfordern wird, ist klar. Es kann schon aus Platzgründen in den Städten der Zukunft nicht mehr jeder ein Privatauto haben, da müssen radikal neue Verkehrskonzepte her, vielleicht mit automatisiert fahrenden Ruftaxen und leistungsfähigen Bahnsystemen auf den großen Magistralen zwischen den Stadtteilzentren. Wer da immer noch verbohrt bei "Freie Fahrt für freie Bürger" festhängt, wird die räumliche Verdichtung möglicherweise als Beschränkung der Lebensqualität wahrnehmen, alle anderen werden zufrieden sein, wenn sie sicher und schnell von A nach B kommen, zur Not halt mit 300 anderen Leuten in der Bahn. Man sollte da schon Mut zur Reduktion haben: Was ist für einen hohen Lebensstandard wirklich wichtig, was entbehrbar?
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Re: Weltbevölkerung

Beitragvon xander1 » So 27. Nov 2011, 06:06

Das Problem ist jedoch, dass unserer ganzen Erde irgendwann total die Rohstoffe ausgehen, zumindest manche und das obwohl die Materie auf der Erde nahezu gleich bleibt. Deine Prognosen darüber sind nur Prognosen. Zu welchen Problemen führt das?

Weiterhin stellt sich die Frage was für einen Flüchtlingsstrom Europa bekommen wird. Ich denke dieser wird immer mehr zunehmen.

Nanna hat geschrieben:Die Bevölkerungszahl wird sich am Ende bei 10 - 11 Mia. einpendeln ... und nach 2100 wird die Weltbevölkerung voraussichtlich einigermaßen konstant bleiben, vielleicht sogar wieder leicht sinken

Das wissen wir nicht mit Sicherheit. Ich schätze diese Prognose unsicher ein. Ein Computer kann so etwas nicht vorausberechnen. Das ist nur Mathematik.

Die 1-Kind-Politik gibt es nicht mehr in China. Ich glaube China hat jetzt eine 2-Kind-Politik.

Nanna hat geschrieben:Von daher muss man sich von dem oberflächlichen Zusammenhang "Überbevölkerung/Ressourcenmangel erzeugt Konflikte" verabschieden.

So wie der Satz da steht ist es oberflächlich. Aber es besteht ein Potential.

Nanna hat geschrieben:alles dafür tun sollte, dass die dortige Wirtschaft auf die Füße kommt und die Menschen dort Wohlstand akkumulieren können, weniger Kinder kriegen und dort bleiben können und wollen, wo sie gerade sind.

Das sehe ich zunächst auch so. Was aber wenn ihre dadurch gewonnene Macht gegen uns eingesetzt wird oder wenn sie sich rächen wollen wegen der Kolonialzeit. Die Chinesen sind noch heute sauer auf die Europäer, was sie vor 100 Jahren angerichtet haben.

Nanna hat geschrieben:Grundsätzlich kann man aber nicht sagen, dass wir den Planeten tatsächlich in absoluten Größen überbeanspruchen

Es gibt einige Experten mit anderer Meinung. Einer davon ist hier im Eingangsvideo.
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Re: Weltbevölkerung

Beitragvon Nanna » So 27. Nov 2011, 23:27

Kriegst du deine Hände an eine SZ vom letzten Freitag (27.11.11)? Falls ja, lies mal auf S.14 das Interview "Megacitys sind unsere beste Chance" mit Doug Saunders, dem Autor von "Arrival City". Saunders hat weltweit sog. "Ankunftsviertel" (= "Arrival Cities") untersucht, in denen die Landbevölkerung zuerst Fuß fasst, nachdem sie in die Städte migriert ist. Saunders These, die offenbar auch ganz solide untermauern kann, ist, dass diese Einwanderer meist sehr motiviert und aufstiegswillig ankommen und, sofern sie halbwegs passable Integrationsmöglichkeiten vorfinden, schnell, d.h. in ein bis zwei Generationen, in die Mittelschicht aufsteigen und dann mehr Steuern abführen als sie Ausgaben verursachen. Das Interview ist recht lang, daher gebe ich jetzt nicht alles wieder.

Wichtig für unsere Diskussionsfrage hier ist folgender Zusammenhang: Die (fast immer arme) Landbevölkerung tendiert zu Kinderreichtum, weil a) in agrarisch geprägten Kulturen Kinder v.a. als Arbeitskräfte gesehen werden und b) Hungersnöte in ruralen Gegenden häufiger sind, weil Selbstversorgerwirtschaft mit geringer Arbeitsteiligkeit ineffizient ist. Die Folge ist, dass man viele Kinder bekommen muss, weil wahrscheinlich eh nicht alle durchkommen werden. Hat die Landbeverölkerung den Zuzug in die Stadt aber erstmal geschafft und ist sozial ein bisschen aufgestiegen, dann dreht sich das alles um. Das Stadtleben erfordert Expertentum, dort muss man gebildet sein, um wirklich Geld verdienen zu können. Die Folge ist, dass die Familien in Bildung für die Kinder investieren, und die ist nunmal zeitlich und monetär aufwändig, d.h. alle Anstrengungen werden auf ein oder zwei Kinder gebündelt. Die Folge ist, dass Verstädterung weltweit ziemlich eindeutig mit einem Rückgang der Geburtenrate korreliert. Auch jüngste Beispiele wie Südafrika, Brasilien oder die Türkei bestätigen diesen Trend.

Da nun weltweit ein Trend zur Verstädterung belegt ist (in Deutschland sind mittlerweile weniger als 3% der Bevölkerung in der Landwirtschaft engagiert und nur 15% leben noch auf dem Land) und steigender Wohlstand weniger Kinder bedeutet, sind die Hochrechnungen für 2100 relativ solide, sofern Katastrophen ausbleiben, die den Verlauf extrem beeinflussen würden. In jedem Fall wird es früher oder später zu einer konstanten Bevölkerungszahl kommen sowieso zu einem Rückzug der Menschheit in Großstädte, während das weitere Umland nur noch sehr dünn besiedelt und großteils automatisch bewirtschaftet sein wird.

xander1 hat geschrieben:Das sehe ich zunächst auch so. Was aber wenn ihre dadurch gewonnene Macht gegen uns eingesetzt wird oder wenn sie sich rächen wollen wegen der Kolonialzeit. Die Chinesen sind noch heute sauer auf die Europäer, was sie vor 100 Jahren angerichtet haben.

Richtig, aber die Chinesen sind ja auch keine Idioten. Gezielte Angriffe auf den Westen, welcher Art auch immer, sind irrational, von daher würde es sicher nie gezielte Racheaktionen eines chinesischen Staates gegen andere Länder geben. Eine rational agierende Regierung ist an einem gutem Ruf und guten Handelsbeziehungen interessiert, sowas kloppt man nicht in die Tonne, um andere Völker für die Taten von deren Vorfahren zu bestrafen. Problematischer wäre es schon, wenn man versuchen würde, innenpolitische Krisen durch außenpolitische Provokationen einzudämmen, was ja häufig getan wird. Wohlstand ist keine Immunisierung dagegen, wie man an den USA beobachten kann. Andererseits überdeckt Wohlstand auch frühere Wunden, weil er für Aufstiegsstolz und Zerstreuung durch Konsum sorgt.
In jedem Fall werden wir das Problem nicht dadurch lösen, dass wir versuchen, China und andere Staaten für alle Zeiten klein zu halten. Abgesehen davon, dass es dafür eh schon zu spät wäre, würde es auf Dauer nicht funktionieren und die Demütigung nur vertiefen. Man sehe sich den ruinierten Ruf des Westens in der arabischen Welt an, der viel zu lange autoritäre Regime geschützt hat, die sich u.a. durch die Eindämmung des islamistischen Terrorismus gerechtfertigt haben, den sie durch ihre Misswirtschaft selbst erzeugt haben. Hätte man vor 50 Jahren einen Marschallplan für den Nahen Osten aufgelegt, dann hätten wir vielleicht jetzt einen prosperierenden, demokratischen Mittelmeerwirtschaftsraum mit einer EU vom Nordkap bis zur Sahara. Stattdessen haben wir Dauerkrise und erleben nun endlich die Klärung von jahrzehntelang vergrabenen innergesellschaftlichen Konflikten. Von daher bleibe ich dabei, die einzige Chance auf eine dauerhafte Stabilität, sowohl politisch wie wirtschaftlich wie ökologisch liegt in der Schaffung weltweiten, ähnlich nivellierten Wohlstandes.
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Re: Weltbevölkerung

Beitragvon Mark » So 27. Nov 2011, 23:35

Hat sich eigentlich noch nie jemand gefragt ob man den Hunger und Unterversorgungen aller Art in der 3ten Welt evtl aus voller Absicht nicht wirklich effektiv bekämpft ?
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Re: Weltbevölkerung

Beitragvon Nanna » Mo 28. Nov 2011, 08:06

Es ist prinzipiell schon denkbar, dass bestimmte Leute in der politischen Elite derartige Gedankengänge haben und dann entsprechend Dinge schleifen lassen. Insgesamt halte ich das Versagen der Entwicklungspolitik für eine Mischung aus Nachlässigkeit, Resignation, unklarer Zielsetzung und Überforderung durch die Komplexität des Gegenstandes. Man hat ja dank Hollywood immer die Idee, dass Regierungen sich auf hypereffiziente Beamtenapparate stützen, die alles wissen, alles können, alle möglichen Folgen ihres Handelns eiskalt einkalkulieren und einen Plan verfolgen, der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen eher voraus als hinterher ist. Dabei stehen Verwaltungen und Ministerien ja vor denselben Ambiguitätsproblemen wie alle anderen Privatleute und Organisationen auch. Ich glaube nicht, dass es da planvolles Vorgehen gibt, eher schon, dass ein generelles Unwohlsein gegenüber dem Gedanken, die eigene wirtschaftliche Vormacht zu verlieren sich paart mit Konzeptionslosigkeit. Wenn man sich die Debatten zur Entwicklungspolitik ansieht, dann herrscht da nämlich ein Chaos ungezählter Ansätze, von denen viele mehr Schwächen als Stärken haben. Effektive Entwicklungspolitik scheitert im Grunde in der Mehrzahl der Fälle schon im Planungsstadium, wird dann aber trotzdem durchgezogen, weil man sich entweder nicht eingestehen will, dass man keine rechte Antwort auf die Probleme hat oder sich genau umgekehrt eingestanden hat, dass der Ansatz nur bedingt hilft, man aber einfach nicht nichts tun will.
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