Kulturtechniken

Re: Kulturtechniken

Beitragvon Celtic » Mo 6. Feb 2012, 15:18

Nanna hat geschrieben:
Celtic hat geschrieben:Stimmt: Wenn die alten Ägypter oder die Sumererer ihr Wissen elektronisch gespeichert hätten, wüßten wir heute nichts mehr über sie.

Das ist jetzt halt auch so ein Argument... wenn die alten Ägypter und Sumerer Elektrizität gehabt hätten, wären sie nicht die alten Ägypter und Sumerer gewesen. Man kann nicht einfach in völlig anachronistischer Weise bestimmte Einzelmerkmale einer Ära verbindungslos in eine andere transferieren und sich dann was-wäre-gewesen-wenn fragen. Übrigens, was heute das iPad ist, war im alten Rom die Wachstafel - von deren Inhalten ist heute auch nichts mehr übrig. Die meisten antiken Schriften wurden durch fortlaufende Umkopierungen auf neuere Datenträger ("Abschreiben") erhalten, das macht man heute mit Festplatten ja ganz ähnlich.


Bei der Menge an "Informationen", die wir heute verarbeiten, ist ohnehin nicht erforderlich, alles für die Nachwelt zu konservieren. Das meiste kann man getrost vergessen, ohne daß in der Geschichtsschreibung irgendwas fehlen würde. :mg:
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Re: Kulturtechniken

Beitragvon Darth Nefarius » Di 7. Feb 2012, 14:08

Dass andere Kulturen ihr Wissen auf Stein konservierten haben sie nicht gemacht, weil sie es gerne für uns erhalten wollten, sondern, weil es nicht anders ging. Wissen ist durch die leichte Kommunikation von heute wesentlich zugänglicher geworden. Was nützt es, wenn einige wenige Priester der Isis ihre Tafeln lesen konnten, wenn die anderen 99% es nicht konnten. Es ist ein großer Sprung nach vorne, dass wir jetzt in unseren Ausbildungen (ob in der Schule oder an der Universität) so ziemlich alles nachlesen können. Wenn ich mein Studium mit dem meiner Eltern vergleiche, dann habe ich die Zeit, die meinen Eltern beim Suchen der Bücher verloren gegangen ist, um bessere und andere Quellen zu finden. Wenn die alten Ägypter iPads benutz hätten, könnten wir jetzt vielleicht schon mit Lichtgeschwindigkeit reisen. Technischer Fortschritt schütz in gewissem Maße vor Untergang. Dass einige Kulturen erfolgreicher waren als andere, lag an ihrer technischen Übrelegenheit (in der Kriegskunst, der Medizin, dem Städte- und Straßenbau). Deswegen ist uns die Kultur der Römer wesentlich geläufiger als die der Germanen. Die iPads hätten den Sand wohl nicht überstanden, aber dafür bestimmt das Wissen einer Kultur, die den anderen Jahrhunderte voraus war. Ihr unterschätzt, wie ich finde, die Zähigkeit unserer technologischen Welt. ich kann mich noch erinnern, wie letzte Woche in den Nachrichten besorgt berichtet wurde, dass Sonnenstürme auf die Nordhalbkugel zurasen. Und? Wir haben 2012 und sind trotzdem noch am Leben, die Elektronik hat wunderbar funktioniert. Man darf sich nicht unsere Zivilisation als eine Stadt mit einem Kraftwerk vorstellen, es gibt sehr viele, unterschiedlichster Art und uns sind noch viel mehr andere Energiequellen bekannt. Die hohe Kommunikationsfrequenz und die Fülle an Informationen ist durchaus erhaltenswert, sie macht uns effizient, wir können auf diesen Informationen aufbauen, sodass wir uns als Menschen weiterentwickeln. In meinem Studium war es interessant zu sehen, wie sich die Doktorarbeiten unserer Vorgänger langsam zu einem Bild zusammenfügten, als es um die Mechanismen der Zelle ging. Mit jedem Jahr wird es dadurch einerseits schwieriger, dieses immer größer werdende Feld zu überblicken, andererseits können wir dadurch auf dem Wissen aufbauen und weitere Fortschritte erzielen. Auch wenn sich so mancher nur mit der Sequenzierung eines Genoms oder der Entdeckung eines Proteins beschäftigt hat, so wird es für den nächsten wieder eine Hilfe sein, obwohl es nur eine Doktorarbeit unter vielen anderen ist. Die Einstellung, dass das aktuelle Wissen wertlos ist, teile ich überhaupt nicht. Die Wissenschaft, besonders die Gentechnik ist sehr anonym geworden, heute werden große Frotschritte erzielt, ohne dass das die Gesellschaft mitbekommt. Eine aktuelle Dokumentarreihe über Nanotechnologie von arte zeigt das für Laien recht anschaulich. Ein bisschen Euphorie ist angebracht.
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Re: Kulturtechniken

Beitragvon webe » Mi 8. Feb 2012, 20:23

Wenn die Altvölker ihr Wissen elektronisch gespeichert hätten, wäre es fraglich, ob wir es mit unserer heutigen, benutzbaren Technik sie abrufen könnten.
Da diese sich Typmässig immer in neue Varianten kleidet, ist es bestimmt teuer u zeitaufwendig, das Wissen von der alten Speicherung auf die Aktuelle zu überspielen.

Tiere haben auch eine kuturielle Tradition, zum Beispiel bei Vögeln die Pfeifübernahme von den Altvögeln an die Jungen, ebenso das Milchflaschenöffnen in England, u dass Katoffelwäschen durch eine Affenart, unsw..

Dem vorigen Vortrag schliesse ich mich inhaltlich an.
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Re: Kulturtechniken

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 10. Feb 2012, 10:42

Du hast meine Anspielung nicht verstanden. Ich gehe einfach nicht davon aus, dass ein Volk, dass die Elektronik so gut beherrscht hätte, untergegangen wäre. Ich habe klar beschrieben, warum das relativ schwieriger zu bewerkstelligen ist, als bei einigen Städten, die aufpassen müssen, dass der Nil sie nicht ertränkt, wenn er steigt. Ihr beiden denkt nicht über die Konsequenzen eines solchen Wissens nach, ihr denkt euch nur "Hmm, ist nicht so haltbar". Aber wenn sie wüssten, wie man Computer herstellt, was würden sie noch alles wissen? Technologischer Fortschritt beschränkt sich nicht nur auf Computer, sondern auf Medizin, Waffentechnik, Ingenieurswesen, Kommunikation. Unsere Gesellschaft ist wesentlich weniger anfällig, unterzugehen, wir haben ja nicht nur Computer, sondern noch allerlei anderen Schnickschnack. Wenn man so ein primitives Gedankenspiel macht, muss man aber auch an die Konsequenzen seiner eigenen Idee denken. Computer, Elektronik braucht Entwicklung, Forschung, Fabriken. Es ist nicht so, dass diese Computer aus dem Nichts kommen könnten. Da wäre so einiges zu entdecken, selbst wenn die Computer nicht mehr funktionsfähig wären, oder diese Zivilisaton wirklich vollständig untergegangen wäre.
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Re: Kulturtechniken

Beitragvon Nanna » Di 14. Feb 2012, 16:51

Hab noch eine Leseempfehlung zum Thema: Peter Praschl (SZ-Magazin): "… das Ende der Handschrift?"
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Re: Kulturtechniken

Beitragvon stine » Di 14. Feb 2012, 17:16

Danke, für den Link.
Meine persönliche Einschätzung geht auch in die Richtung, dass das Schreibschrift schreiben lernen in der Grundschule eine erhebliche Rolle in der Entwicklung der Kinder spielt. Wenn das ganz wegfällt und alles nur noch über Tastatur bewerkstelligt wird, könnte die Entwicklung der Feinmotorik darunter leiden, ganz zu schweigen von der persönlichen Erfahrung des Abmühens, bis ein Aufsatz zwei Seiten füllt. (Ich meine das durchaus ernst :^^: )

Dass Ärzte in USA ihre Medikamente immer noch handschriftlich auf das Rezept schreiben müssen? Meine Ärzte lassen das aus dem Computer und unterschreiben lediglich das Ausgedruckte.

Handschrift ist auch Ausdruck der persönlichen Befindlichkeit. Man kann ihr viel ansehen und daraus lesen. Die Pseudowissenschaft der Grafologie feierte ihre Hochkonjunktur zu Zeiten der handgeschriebenen Lebensläufe.
Alles Vergangenheit.

LG stine
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