webe hat geschrieben:Die heutige Jugend ist sicherlich nicht unpolitischer wie die 68er, nur dürften ihre politischen Aktivitäten nicht jene Breite und Medienaufmerksamkeit nicht die gleiche Stärke haben wie jene vergangene Epoche sie hatte; anderseits hat sie durch das Einbeziehen des Internet eine andere Arbeitsweise. Und hierbei können noch einige Überraschungen parrat werden, die sie dann durchaus mit der Jugend von damals gleichziehen lässt, oder sie überholt in der Wirkung.
Oder?
Das ist zweifelhaft, nach 20 Jahren können wir über die damalige Jugend nochmal reden, wenn etwas aktuell ist, kann man nicht die ganzen Auswirkungen erkennen. Ich denke, dass der arabische Frühling und das Wanken (/Scheitern?!) des Kapitalismus in dieser Form den späteren Generationen länger im Gedächtnis bleiben wird als diese unreifen, emotionalen Bewegungen einer Generation, die nach ihrer Jugend all ihre Ideen selbst flächendeckend verworfen hat.
Nanna hat geschrieben:Die "Jugend von heute" hat vor allem kein so klar eingrenzbares Feindbild wie die Nazieltern der 68er und das System und die gesellschaftliche Atmosphäre, für die diese standen.
Nein, das stimmt überhaupt nicht! Heute ist ganz klar der Banker der Böse, genauso wie die Berlusconis/Gadaffis in der Politik! Das ist sogar viel eingegrenzter als die damalige, sowohl in ideologischer als auch in praktischer Hinsicht. Auch der CO2-verursachende Westler ist ein Feind, genauso wie jeder Fleischesser, darin steckt auch viel Selbsthass oder Mangel an Reflektion, aber diese Feindbilder sind sehr konkret, es sind nur besonders viele, aber saght das etwas über die Jugend oder die Umwelt aus? Wahrscheinlich über beide.
Nanna hat geschrieben:Ersteres führt dazu, dass die Mobilisierung breiter Gesellschaftsschichten für ein bestimmtes politisches Ziel heute viel schwieriger ist, als 1968, weil kollektive Erfahrungen wie die der unmittelbaren Nachkriegsgeneration so nicht vorhanden sind, zweiteres dazu, dass man heute zum Teil anders gegen Missstände protestiert.
Nein, schon rechnerisch kommt man wegen der schnellen Kommunikation und des Bevölkerungswachstums global zumindest auf höhere Zahlen, das auch noch schnelller, das zu jedem Scheis.
Die "68er" sind, gerade weil sie "nur" die Nachkriegsgeneration sind, nicht direkt von entsprechenden pärgenden Erfahrungen betroffen gewesen. Die heutigen Protestformen sind sogar effizienter, Anonymous sabotiert, wie ich finde, recht beeindruckend bestimmte Netzwerke, ich beineide das schon fast, weil ich keine Ahnung davon habe.
Nanna hat geschrieben:Häufig wird auch die Beobachtung ins Feld geführt, dass die heutige Jugendgeneration von den Umbruchversuchen der eigenen Eltern desillusioniert ist und deshalb kleinteiligere, pragmatischere Formen des Engagements wählt und auch, dass die zerrissenen Privatstrukturen der 68er und die Wirtschaftsliberalisierung bei vielen jungen Leuten den Wunsch nach Sicherheit und Beständigkeit gefördert hat und das zu einem teils etwas biedermeierlichen Rückzug ins Private geführt hat.
das trifft nur auf einen Teil zu, der andere wird wild und neigt dazu, alte Fehler des Kommunismus wiederholen zu wollen (ich bin schockert, wie stark linke Gruppierungen im Gymnasiusm und auf meiner Uni sind; bei der Wahlliste hatte man die Wahl zwischen "den Linken", "den linkeren Linken", "den grünen Linken" usw.

).
Nanna hat geschrieben:Also zusammenfassend würde ich behaupten, dass sich einerseits die Politisiertheit der Jugend heute schwerer fassen lässt und andererseits die jeweiligen Ausgangsbedingungen und daraus resultierenden Zielsetzungen so unterschiedlich sind, dass ein direkter Vergleich schwer zu bewerkstelligen ist (denn auch der Wunsch nach wirtschaftlicher Sicherheit ist durchaus ein politischer, lässt sich von seiner Gewichtung her aber kaum mit den emanzipatorischen Zielsetzungen der 68er vergleichen).
Der ersten Schlussfolgerung stimme ich zu, der zweiten teilweise auch. Trotzdem kann man vergleichen, der Vergleich muss aber nicht unbedingt angebracht sein. Emanzipatorische Zielsetzungen gibt es auch heute der Wortbedeutung nach, sie sind sogar sehr stark vertreten: Emanzipation von der Staatspolitik, der indirekten Demokratie/Bürokratie, von dem Kapitalismus, von Imperialismus. Diese vielen Herausforderungen zwingen die aktuelle Generation fast politischer zu sein.