Schöne, heile Kinderwelt!

Re: Schöne, heile Kinderwelt!

Beitragvon Nanna » Sa 9. Jun 2012, 19:16

Ja - im politischen Bereich ist "ablehnen" aber häufig ein Euphemismus für "abschaffen". Insbesondere bei den staatlichen Programmen ist Pauls Haltung da auch klar, er will sämtliche Programme am liebsten sofort streichen. Dass die Privatversicherungen erlaubt bleiben, hilft den Leuten, die durch Krankheit wirklich vor dem sozialen Absturz bedroht sind, überhaupt nichts, denn die haben gar nicht erst das Geld, um in eine Privatversicherung zu kommen.

Genau da kommen wir auch zur Gretchenfrage für allen Libertarismus: Wie wird ein würdiges Dasein für die Leute gesichert, die aus eigener Leistung dazu nicht in der Lage sind? Paul z.B. sagt, die Ärzte hätten früher den Kranken einfach aus Anstand geholfen. Das wage ich erstens zu bezweifeln und zweitens ist das völlig unzuverlässig und schafft Abhängigkeiten, die dann von den Reichen ausgenutzt werden können, ohne dass die Armen gesetzlich garantierte Alternativen vorfinden würden.
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Re: Schöne, heile Kinderwelt!

Beitragvon Gandalf » Sa 9. Jun 2012, 19:20

Gandalf hat geschrieben: aufrecht erhalten lassen.
mat-in hat geschrieben:Da brauchen wir mit sicherheit ein neues Wort für, denn nicht nur Deutschland rudert in diese Richtung, andere (die USA?) sind da mit 3 Jobs für Mütter die sich trotzdem keine Krankenversicherung für ihre Kinder leisten können und Lückenlos überwacht werden schon angekommen. Aber DDR 2.0? :lachtot:



Sorry mat-in - Es sollte heißen:
Wir brauchen keine neuen Wörter. Wir brauchen (stattdessen wieder) mehr Freiheit und Eigenverantwortlichkeit
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Re: Schöne, heile Kinderwelt!

Beitragvon Gandalf » So 10. Jun 2012, 10:42

Nanna hat geschrieben:Ja - im politischen Bereich ist "ablehnen" aber häufig ein Euphemismus für "abschaffen".


Du mißverstehst auf ganzer Linie. Das was anderen an ihm zunächst wohl als "kautzig" erscheint ist "straighter" (und 'wohl begründeter'!) Liberalismus: Man kann Drogen ablehnen und zugleich für die Drogenfreigabe sein. (weil man damit die Szene entkriminalisiert und tatsächlich niemand deswegen Drogen nimmt, nur weil sie freigegeben sind: http://www.heise.de/tp/artikel/34/34857/1.html )

Nanna hat geschrieben:
Insbesondere bei den staatlichen Programmen ist Pauls Haltung da auch klar, er will sämtliche Programme am liebsten sofort streichen. Dass die Privatversicherungen erlaubt bleiben, hilft den Leuten, die durch Krankheit wirklich vor dem sozialen Absturz bedroht sind, überhaupt nichts, denn die haben gar nicht erst das Geld, um in eine Privatversicherung zu kommen.


..es motiviert die Menschen dazu mehr selbst auf ihren Körper und ihre Gesundheit zu achten und Raubbau am Körper nicht auf die Allgemeinheit abzuwälzen (Auch unser Gesundheitssystem wir an der Vollkaskomentalität scheitern, bzw. ist bereit gescheitert.) Der Einzelne wird auch dann nicht vor dem sozialen Absturz bewahrt, wenn das ganze System abstürzt.

Nanna hat geschrieben:Genau da kommen wir auch zur Gretchenfrage für allen Libertarismus: Wie wird ein würdiges Dasein für die Leute gesichert, die aus eigener Leistung dazu nicht in der Lage sind? Paul z.B. sagt, die Ärzte hätten früher den Kranken einfach aus Anstand geholfen. Das wage ich erstens zu bezweifeln und zweitens ist das völlig unzuverlässig und schafft Abhängigkeiten, die dann von den Reichen ausgenutzt werden können, ohne dass die Armen gesetzlich garantierte Alternativen vorfinden würden.


Ich sag mal so: Es ist ein weiter Weg dahin. Man sollte das Kind nicht mit dem Brunnen ausschütten. Der soziale Zusammenhalt der Menschen, Familien, Gruppen, Vereinen hat auch dann funktoniert, als es noch keine staatliche Daseinsvorsorge gab, bzw. trotz dieser. Auch heute gibt es (noch bzw. wieder) Privatintiniative (z.B. durch Spendensammlungen) wenn die Kasse nicht zahlen mag oder mal die Elbe wieder über die Ufer tritt.

Und gerade die "gesetzlich garantierten Alternativen" zeigen, das sie langfristig das GEgenteil bewirken, was beabsichtigt ist. So lassen sich die Anti-Diskriminierungsgesetze als Ausgangspunkt für die Immmobileinkrise in den USA (und damit die jetztige Geld-ystem-Krise) finden. Und das der "gesetzliche Mindestlohn" Arbeitsplätze vernichtet ist auch wohl bekannt. Er grenzt (langfristig) nur ab und schützt den Status Quo der "Besitzenden". (Bis hin zum Rassismus)

Das Problem sind jeweils immer nur die Übergangsphasen. Kleine indviduelle Schritte (mit individuellen Ungerechtigkeiten, die sich imho größtenteils lösen lassen) oder gemeinsam bis das die Wand kommt (mit ungewissem Ausgang und großen Ungerechtigkeiten).
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Re: Schöne, heile Kinderwelt!

Beitragvon stine » So 10. Jun 2012, 12:05

Vollbreit hat geschrieben:Mit dem vierten link, von der Psychoanalytikerin bin ich nicht ganz im Reinen, Teile der Argumente teile ich, andere nicht, es würde zu lange dauern da genauer drauf einzugehen.
Magst vielleicht nicht doch näher darauf eingehen?
Deshalb ist dieser Thread doch da.

stine hat geschrieben:Psychoanalyse-aktuell

"Dies ist der Zeitgeist und die Mutter, die ihm nicht entspricht, steht inzwischen schon etwas unter Rechtfertigungsdruck. In ihre gerade erst entstehende Beziehung zum Kind bringt die Propaganda Unruhe, Ungeduld, Unzufriedenheit und Selbstzweifel."

Für mich klingt das alles sehr plausibel, aber vielleicht auch nur, weil es meine Meinung bestätigt.

LG stine
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Re: Schöne, heile Kinderwelt!

Beitragvon Vollbreit » Mo 11. Jun 2012, 09:29

Hallo stine, schön, dass Du noch mal nachgefragt hast, das gibt mir die Möglichkeit mein Urteil über den Artikel zu revidieren. Ich habe ihn beim ersten Mal eher überflogen, nun habe ich ihn gründlich gelesen und finde ihn sehr ausgewogen.

Beim ersten mal bin ich ausgerechnet bei Winnicott und der Affektkontrolle hängen geblieben.
Winnicott sieht, wie gesagt, ja eher, dass eine Trennung möglich ist, aber einer der entscheidenden Faktoren scheint der Zeitraum, die Dauer der Trennung, zu sein.
Das passt auch gut mit den Stressstudien zusammen, bei denen die Kinder vor allem bei längerer Zeitdauer in der Krippe extrem gestresst sind.

Der andere Punkt war, dass ich Affektkontrolle grundsätzlich positiv bewerte, aber ich muss gestehen, dass ich den Blick da eher von der psychopathologischen Seiten drauf geworfen habe.
Ich verbinde mit Affektkontrolle keine Unterdrückung von normalen Gefühlen – zu der es natürlich keinesfalls kommen sollte – sondern eher die Fähigkeit das Agieren von Affekten zu kontrollieren, das ist aber noch nicht die Aufgabe des kleinen Kindes, es lernt das erst mit der Zeit.

Das Kind ist emotional optimal versorgt, wenn es eine enge verlässliche Vertrauensperson hat – das ist im besten Fall die Mutter – die ihrerseits in der Lage ist, dem Kind unaufgeregt die Welt und vor allem auch seine eigenen Empfindungen zu deuten.
Wenn die Mutter das weinende Kind in den Arm nimmt und ihm ruhig sagt: „Du hast Angst“ vermittelt sie ihm das Gefühl zu wissen, was mit dem Kind los ist, benennt (und deutet dem Kind) den inneren Zustand und zeigt ihm nonverbal, dass man dabei nicht in Panik geraten muss. Das Kind wird getröstet und alles ist in Ordnung.

Wenn die Mutter mit schreckstarren Augen dem Kind sagt: „Ha, mein Gott, was ist los, was hast du, was ist nur mit mir?“ wird das Kind noch mehr verunsichert.

Dies natürlich im Rahmen der normalen Eskalation, bei der Mutter auf eine Schürfwunde anders reagieren wird, als auf einen offenen Bruch.

Ich empfinde es auch als ärgerlich, dass die vielleicht wichtigste Frage, wie es denn den Kindern dabei geht, so selten gestellt und so untergeordnet behandelt wird. Nicht jeder, der keine Akutsymptome zeigt ist fein raus, sondern gerade wenn es zu einer Abspaltung der Gefühle kommt, funktionieren die Menschen im Alltag mitunter bestens, sind sogar leistungsmotiviert und –orientiert, aber seelisch verarmt und im Grunde schwer krank.

Das ist keinesfalls zwingend für die Unterbringung in einer Kinderkrippe, sondern die Folge handfester Traumatisierungen oder chronischer Kälte oder chronischer Aggression, aber wir ziehen merkwürdige Schlüsse daraus, dass abgeschnittene Welten oft die Tendenz haben zu entarten.
Ich will die Diskussion nicht wieder aufkochen, aber Missbrauch (der muss nicht nur sexuell sein) ist eben nicht ein Thema vornehmlich der katholischen Kirche, sondern auch von anderen Einrichtungen in denen eine starke Macht-Asymmetrie herrscht.

Es wird gefragt, wo die Erzieher herkommen, wie das zu finanzieren ist und dabei oft so getan, als müsste die entscheidende Frage – wie es den Kindern geht – nicht gestellt werden oder als sei die schon beantwortet.
Es glaubt doch niemand, dass, wenn die Krippenplätze mal geschaffen wurden und eine Studie belegt, dass Krippen in der Mehrzahl eher nicht so gut sein sollte, die Arbeitsplätze wieder abgebaut würden.

Es ist traurig, dass der Trend, eine Leistungsmotivation, die in nicht wenigen Fällen narzisstisch bedingt ist, auf Kosten der Tiefe der Empfindungen, der Fähigkeit stabile Beziehungen einzugehen – was alles noch sehr abstrakt klingt – letzten Endes bedeutet das aber vor allem: Im Leben anzukommen und Glück und Zufriedenheit zu empfinden, fortgesetzt wird.


Ich weiß nicht, wie es politisch zu regeln wäre, dass nicht die Unterschicht Kinder kriegen als bequeme Einnahmequelle, beim Verzicht auf Arbeit sieht. Genau das ist es, was der Staat nicht will und Deutschland hat über Jahrzehnte eine Sozialhilfekultur etabliert. Es gibt in vielen Städten eine Subkultur der Sozialhilfeempfänger in der 4. Generation, wo schon der Gedanke, dass man auch arbeiten gehen könnte, irgendwie so absurd ist, wie den Sommerurlaub auf dem Mond zu planen.

Man müsste auch vielleicht noch mal kritisch hinterfragen, ob die sogenannte Selbstverwirklichung, die ja dann in der Realität oft genug bei EDEKA an der Wursttheke oder im Großraumbüro stattfindet, denn wirklich keinen Karriereknick verträgt.

„Der Staat“ hat das Recht ein Interesse daran zu haben, seine Funktion als solcher aufrecht zu halten und jedes (soziale) System ist letztlich auch auf Funktionserhalt ausgelegt, aber das Individuum muss sich nicht in die Zahnräder des Funktionalismus um jeden Preis werfen, denn nicht selten wird es dort zermalmt.

Man kann die Not des Staates durchaus sehen und verstehen (Überalterung, Arbeitskräftemangel, Vitatlitätsverlust, leere Kassen), aber warum muss die einzig sinnvoller Antwort sein, die letzten die noch kriechen können, zu rekrutieren und zu verheizen und die eigenen Kinder und den Umgang mit ihnen, dieser durch und durch fragwürdigen Ideologie unterzuordnen, in dem sicheren Wissen, dass es sich höchstens um einen Aufschub von ein paar Jahren handelt?

Jeder muss seine Antwort auf die m.E. sicher bevorstehende Krise finden, dabei ist Alarmismus unangebracht, aber so zu tun, als würde sich das irgendwie alles von selbst regeln, ist m.E. noch viel unangebrachter.
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Re: Schöne, heile Kinderwelt!

Beitragvon stine » Mo 11. Jun 2012, 10:29

Vielen Dank, für deine ausführlich dargebrachte Sichtweise, @Vollbreit.
Genau wie du, sehe ich das Dilemma, dass Handlungsbedarf aus der Sichtweise des Staats (der Bürger) vorhanden ist, aber das WIE des Lösungsansatzes, kann mir immer noch nicht gefallen.

Um das Ganze noch einmal zu untermauern, muss man vielleicht die Probleme benennen und die Lösung gleich hinten anhängen, nur dann wird auch deutlich, warum die Einführung und der flächendeckende Ausbau der Kinderkrippen die einfachste Lösung ist: Der gewickelte Protagonist kann sich nicht wehren!

Immer mehr gut ausgebildete Frauen drängen in die Wirtschaft - Lösung: Ihre Babys müssen anderweitig versorgt werden.
Die Wirtschaft duldet keine Auszeiten - Lösung: Babys der Arbeitnehmer müssen anderweitig versorgt werden.
Immer mehr Alleinerziehende brauchen Entlastung - Lösung: Ihre Babys müssen anderweitig versorgt werden.
Immer mehr Langzeitarbeitslose geben ihren Lebensstil so weiter - Lösung: Ihre Babys müssen anderweitig versorgt werden.
Kinder müssen früher am Bildungsangebot teilnehmen - Lösung: Schon die Babys müssen anderweitig versorgt werden.
Kinder müssen früher sozialisiert werden - Lösung: Babys müssen anderweitig versorgt werden.
Immer weniger wollen auf das eigene Lebensmodell verzichten - Lösung: Ihre Babys müssen anderweitig versorgt werden.
Familienarbeiter arbeiten nicht direkt der Wirtschaft zu - Lösung: man muss ihre Babys anderweitig versorgen.
Familienarbeiter zahlen nichts in die öffentlichen Kassen - Lösung: man muss ihre Babys anderweitig versorgen.
Ehegattensplitting kostet uns zuviel - Lösung: Babys müssen anderweitig versorgt werden.
Bauboom anfeuern und steuerpflichtige Arbeitsplätze schaffen - Lösung: Zentral die Babys anderer versorgen.

Ich habe das hier sehr bewusst vereinfacht und übertrieben, um zu verdeutlichen, warum die Krippendiskussion so merkwürdig auf mich wirkt. Die organisierte Unterbringung der Kleinsten in unserer Gesellschaft ist nicht die Lösung der vorrangigen Probleme und wenn sie es doch sein sollte (man kann ja nie wissen) dann rate ich dazu, das Kinderkriegen ganz abzuschaffen.

Die Loslösung nach Winnicott kann auch nur dann unproblematisch stattfinden, wenn es bereits eine feste Bindung gegeben hat und wenn die Zeit der Trennung nicht unangemessen lang ist.
Um den Stimmen zuvorzukommen, die in der Bezugsperson nicht zwingend die Mutter sehen: Ja auch das ist möglich, aber selten wird dieser Zustand in einer öffentlichen Einrichtung erreicht. Die Erzieherinnen sind in der Regel mit mehreren Säuglingen so gefordert, dass sie nicht die Zeit und Geduld aufbringen, sich jedem Kind mit der notwendigen Intensität zu widmen. Da kann es schon mal zum Schreistau kommen.

LG stine
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Re: Schöne, heile Kinderwelt!

Beitragvon Nanna » Mo 11. Jun 2012, 14:27

Vollbreit hat geschrieben:Es ist traurig, dass der Trend, eine Leistungsmotivation, die in nicht wenigen Fällen narzisstisch bedingt ist, auf Kosten der Tiefe der Empfindungen, der Fähigkeit stabile Beziehungen einzugehen – was alles noch sehr abstrakt klingt – letzten Endes bedeutet das aber vor allem: Im Leben anzukommen und Glück und Zufriedenheit zu empfinden, fortgesetzt wird.

[...]

Man müsste auch vielleicht noch mal kritisch hinterfragen, ob die sogenannte Selbstverwirklichung, die ja dann in der Realität oft genug bei EDEKA an der Wursttheke oder im Großraumbüro stattfindet, denn wirklich keinen Karriereknick verträgt

Nicht, dass ich dir nicht in vielen Punkten zustimmen könnte, nur gibt es eben neben dem Interesse des Staates am Steuerzahler auch persönliche Gründe, Geld zu verdienen:
  • Beziehungen sind heute im Durchschnitt weniger dauerhaft angelegt - wenn die Mutter aus dem Job raus ist und vom Mann verlassen wird, steht sie blöd da, u.U. sogar mit dem Kind, das ebenfalls ökonomische Bedürfnisse hat.
  • In vielen Ballungsräumen reichen selbst Doppelverdienereinkommen nicht mehr aus, um für eine Familie eine Wohung in halbwegs zentraler Lage zu finanzieren. Klar, sollen sie halt auf's Land ziehen, wo es eh gesünder ist. Nur wird dann eben massenweise Zeit beim Pendeln verbracht, was auch nicht zur Stressreduktion beiträgt und effektiv häufig nicht weniger kostet.
  • Bildung ist teuer und wer seinen Kindern mal einen halbwegs gesicherten Platz in unserer stark kompetetiven Welt verschaffen will - was sich jetzt ja auch nicht der Staat ausgedacht hat - muss entsprechend Geld heranschaffen.

Das nur als Zwischenruf, dass es nicht immer die Karrieregeilheit egozentrischer Eltern ist, sondern durchaus auch wirtschaftliche "Not" (auf hohem Niveau, klar) dahinterstecken kann.
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Re: Schöne, heile Kinderwelt!

Beitragvon Vollbreit » Mo 11. Jun 2012, 14:54

Nanna hat geschrieben:
  • Beziehungen sind heute im Durchschnitt weniger dauerhaft angelegt - wenn die Mutter aus dem Job raus ist und vom Mann verlassen wird, steht sie blöd da, u.U. sogar mit dem Kind, das ebenfalls ökonomische Bedürfnisse hat.


Es ist m.E. irgendwann mal eine grundsätzliche Frage, inwieweit man vor den Verhältnissen einknickt, wobei ich immer noch die naive Vorstellung habe, dass Politik auch die Aufgabe hat die Verhältnisse zu gestalten, sonst wäre meine Anschlussfrage nämlich: Wozu noch Politik?
Man lässt halt, wider besseres Wissen, Ereignisse über sich hinwegfegen, als seien sie gott- oder naturgegeben und das kann’s ja wohl nicht sein.

Aktuell stellt sich Frau Aigner gerade (zum Glück) bei der europäischen Neuregulierung der Höchstmenge gentechnisch veränderten Verunreinigungen in Nahrungsmitteln quer.
Das Argument der Befürworter ist, dass die alte Regel heute, wegen dem hohen Grad an Verunreinigung, ohnehin nicht mehr zu gewährleisten sei.

Ich frage mich, ob das nur Dummheit oder schon Zynismus ist.
Legalisieren wir doch Waffen, laufen doch eh genug Bewaffnete rum, legalisieren wir Kindesmissbrauch, passiert doch ohnehin. Kann das im Ernst ein Argument für oder gegen alles sein?


Nanna hat geschrieben:
  • In vielen Ballungsräumen reichen selbst Doppelverdienereinkommen nicht mehr aus, um für eine Familie eine Wohung in halbwegs zentraler Lage zu finanzieren. Klar, sollen sie halt auf's Land ziehen, wo es eh gesünder ist. Nur wird dann eben massenweise Zeit beim Pendeln verbracht, was auch nicht zur Stressreduktion beiträgt und effektiv häufig nicht weniger kostet.


Wäre das Thema nicht eher unter der Rubrik fairer Mindestlohn oder meinetwegen der konservativen Variante „Arbeit muss sich (wieder) lohnen“ besser aufgehoben, als nun abermals zu kapitulieren und zu sagen, na gut, wenn schon schlecht gezahlt wird, wenigstens für beide?

Nanna hat geschrieben:
  • Bildung ist teuer und wer seinen Kindern mal einen halbwegs gesicherten Platz in unserer stark kompetetiven Welt verschaffen will - was sich jetzt ja auch nicht der Staat ausgedacht hat - muss entsprechend Geld heranschaffen.


Bildung ist teuer, im Zeitalter der Internetfaltrate?
Bildung sei unser einziger und bester Rohstoff hört man doch immer (zurecht), warum man diesen Vorteil dann mit aller Gewalt verspielen will, ist mir absolut nicht klar.

Nanna hat geschrieben:Das nur als Zwischenruf, dass es nicht immer die Karrieregeilheit egozentrischer Eltern ist, sondern durchaus auch wirtschaftliche "Not" (auf hohem Niveau, klar) dahinterstecken kann.


Genau für diese Fälle ist das Elternbetreuunsgeld ja auch gedacht.
Du argumentierst doch selbst, dass es nicht der freie und unbändige Wille der leider ansonsten an den Herd gefesselten Frauen ist, nun arbeiten zu gehen, sondern pure wirtschaftliche Not.
Dass es bei der Planung Webfehler gibt, bestreitet ja niemand, aber dass wir endlich Einrichtungen schaffen, damit Mutti für 6,50 Euro Obst sortieren kann, ist m.E. auch keine Geschichte von der Insel der Glückseligen.
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Re: Schöne, heile Kinderwelt!

Beitragvon stine » Mo 11. Jun 2012, 16:10

Nanna hat geschrieben:[*]Beziehungen sind heute im Durchschnitt weniger dauerhaft angelegt - wenn die Mutter aus dem Job raus ist und vom Mann verlassen wird, steht sie blöd da, u.U. sogar mit dem Kind, das ebenfalls ökonomische Bedürfnisse hat.
[*]In vielen Ballungsräumen reichen selbst Doppelverdienereinkommen nicht mehr aus, um für eine Familie eine Wohung in halbwegs zentraler Lage zu finanzieren. Klar, sollen sie halt auf's Land ziehen, wo es eh gesünder ist. Nur wird dann eben massenweise Zeit beim Pendeln verbracht, was auch nicht zur Stressreduktion beiträgt und effektiv häufig nicht weniger kostet.
[*]Bildung ist teuer und wer seinen Kindern mal einen halbwegs gesicherten Platz in unserer stark kompetetiven Welt verschaffen will - was sich jetzt ja auch nicht der Staat ausgedacht hat - muss entsprechend Geld heranschaffen.[/list]


Diese und andere Punkte sind schon klar, aber es kann nicht für alles ein und dieselbe Lösung geben: Kinderkrippe - das Allheilmittel!
Genau weil die Bedingungen ganz individuell sind, müssen auch indviduelle Lösungen her.
Von mir aus nehmen engagierte Mütter ihre Babys im Tragetuch mit an den Arbeitsplatz und überforderten Müttern schickt man jemanden ins Haus zum Helfen, wie das bereits bei Pflegefällen möglich ist.

Wir sollten jedenfalls als Gesellschaft sehr darauf achten, wohin die Reise geht und dafür sorgen, dass sich unsere Kinder gesund entwickeln können. Wir sollten nicht so tun, als sicherte nur die Anpassung an die Wirtschaft unser Überleben. Unser Überleben ist nur dann gesichert, wenn es uns als Menschen gut geht.

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Re: Schöne, heile Kinderwelt!

Beitragvon Nanna » Mo 11. Jun 2012, 16:47

d'accord.
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Re: Schöne, heile Kinderwelt!

Beitragvon stine » Mo 11. Jun 2012, 16:49

Schön!

:wink: stine
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