Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Lumen » Fr 8. Jun 2012, 12:52

Der amerkianische Astrophysiker und Polularisierer von Wissenschaften Dr. Neil deGrasse Tyson sprach in einer inspirierenden Rede (YouTube, englisch) davon, wie ein Weltraumprogramm eine ganze Generationen (in den 1950ern und 1960ern) zum positiven beeinflusste und wieder beeinflussen könnte."We went to the moon... and we discovered earth.". Dabei spricht er neben dem gesteigerten Interesse an Wissenschaften insbesondere auch humanistische Themen an. Die Menschen haben die Erde gesehen, wie sie natürlicherweise aussieht — ohne Grenzen, ohne Nationen. Die Impulse für Umweltschutz, Menschenrechte, Wissenschaft und Innovation haben nach deGrasse Tyson das gesellschaftliche Klima zum positiven beeinflusst. Im Kontrast dazu sieht er die Generationen der (späten) 1970er und 1980er als verschwendet an, die sich die Vorbilder und Berufspersktiven in der Welt der Börsen und Finanzmärkte suchte. Im späteren Teil spricht er allerdings besonders von nationalen Vorteilen eines NASA Programms (für die USA). Er argumentiert, dass Wissenschaft der Motor für Innovation sei. Innovation hält Unternehmen in den USA, was der bessere Weg sei, mit Globalisierung umzugehen (statt Protektionismus etc.).

Im deutsche Reich gab es einen Forschungsboom vor allem am Anfang des 20. Jahrhunderts. Danach scheint es aus unterschiedlichen Gründen immer mal wieder Wellen gegeben zu haben, in denen Bildung, Forschung und Wissenschaften einen höheren Stellenwert hatten— wahrscheinlich auch während der 1950—1970er, angespornt durch das Weltraumprogramm und den technologischen Wettlauf im Kalten Krieg. Bleiben wir bei der Abfolge, gelten die 1990er oft als die Jahre der "Spaßgesellschaft" bis zum bösen Erwachen am 11. September 2001. Das Jahrzehnt danach war nach meiner Wahrnehmung durch umfrangreiche Strukturierung und Konsolidierung geprägt. Die Europäische Union hat sich entscheidend entwickelt, die Welt wurde nochmal neu in Gut und Böse eingeteilt, entsprechend wurden Kriege geführt und neue Situationen geschaffen, gerade ist die Absicherung und Rettung der Strukturen im Gange. Soweit war es nicht meine Absicht, die Aussagen von deGrasse Tyson oder Gründe für Forschungsbooms zu bewerten.

Die Diskussion möchte ich hier ansetzen: ich stelle mir die Frage, ob eine "Legislaturperiode der Bildung und Forschung", entsprechend programmatisch und finanziell augestattet, nicht eine positive Wirkung auf unsere Gesellschaft haben könnte. Themen wie Bedingungen für Forschungsbooms (Kalter Krieg etc.) würde ich gerne hinten anstellen, denn es ginge mir nicht primär darum, einen nationalen Vorteil zu erringen oder nationale Politik von europäischer Politik zu entkoppeln. Es geht eher darum: kann ein Schwerpunkt, geschaffen durch Programme und Medienaufmerksamkeit, den Zeitgeist so beeinflussen, dass (verantwortungsvolle) Forschung, Wissenschaften, die Lehre und dergleichen wieder "schick" werden?

Die Verbesserung der Lebensumstände, also angewandter Humanismus, sehe ich im eigentlichen Kern des Unterfangens. Die Vorteile, wie sie auch deGrasse Tyson sieht, sehe ich auch. Es ist wahrscheinlich nicht verkehrt, ein wenig auch an den "Standort: D" zu denken, wenn wir, oder wenigstens unsere Freunde und Familie an diesem Flecken des Korallenriffs festsitzen. Diese Haltung sollte nicht verwechselt werden mit dem Sammeln von Medallien (im Sport oder beim Nobelpreis) um des Sammelns und des "Stolzes" wegen (wovon ich nichts halte).

Der derzeitige Kurs deutet darauf hin, dass wir in ein Jahrzehnt des "du bist ein Star in deinem Universum" hineinsteuern: "Du hast deinen eigenen Nachrichtenkanal in dem du selbst der Star bist" mit Facebook und YouTube als Medien. Das erscheint mir einerseits etwas dämlich und andererseits unspannend als Überschrift für die 2010er Jahre zu sein.

Ich sehe Bildung und Forschung "schick" machen als Lösung mancher gesellschaftlicher Probleme an, die in der Tat durch die Globalisierung und neue Verantwortung aufgeworfen wurden. Weder kann sich die Menschheit erlauben, ignorant zu sein, wenn immer größere Macht durch technischen Fortschritt entsteht, noch kann Wissen und Zugang zu Bildung auf verhältnismäßig wenige Menschen konzentriert sein (insbesondere wenn Wissen/Information und deren Nutzung Macht bedeuten). Natürlich gibt es eine ökonomische Dimension, denn körperliche Arbeit wird immer weniger gefragt sein und auch "Service" und Dienstleistung löst sich allmählich auf, da wir in naher Zukunft nicht mehr eigens ausgebildete Menschen brauchen, die vor einem Bildschirm hocken um irgendwelche Daten für uns einzutippen. Daneben glaube ich an die Kraft der Motivation. Gelangweilte Schüler und Jugendliche sind meiner Meinung nach nicht von Natur aus unmotivert, sondern werden noch immer in Systemen abgefertigt, die die Merkmale der industriellen Verarbeitung tragen: Baujahr ist wichtig, Datum der Zeritifikate ist wichtig. Herstellungsort und in welcher Lern-Fabrik die Zertifakte vergeben wurden ist wichtig. Das müsste auch anders sein (wäre ein gesondertes Thema). Schließlich sollte die humanistische, oder menschliche Seite nicht unterschätzt werden.

Wir sind darauf getrimmt unsere Höhle zu verlassen und neue Landstriche zu "erobern", wir wollen Wissen "begreifen", also die Welt erfahrbar machen. Menschen sind von Natur aus neugierig und wer es nicht ist, wird nicht davon abgehalten, sich doch auf die Karriere als "Star im eigenen Universum" zu konzentrieren.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 8. Jun 2012, 13:59

Das war eine ausführliche Einleitung. Die Intention begrüße ich, wenngleich ich die Realität im Blick habe. Gerade werden die Mittel für meine Uni trotz Vereinbarungen mit der Politik zusammengestrichen, obwohl das Gegenteil nötig wäre. Politiker und die Gesellschaft hält nichts von langfristigen Unternehmen und Projekten oder von der Konzentration auf mehr als einen Bereich. Das große Thema dieser Zeitspanne ist die Wirtschaft(-skrise) und der Kapitalismus, für mehr gibt es kaum Platz und darunter wird gerade die Innovation leiden.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Vollbreit » Fr 8. Jun 2012, 14:38

Lumen hat geschrieben:Die Diskussion möchte ich hier ansetzen: ich stelle mir die Frage, ob eine "Legislaturperiode der Bildung und Forschung", entsprechend programmatisch und finanziell augestattet, nicht eine positive Wirkung auf unsere Gesellschaft haben könnte.


Ja, ich glaube, dass die Energiewende entsprechend gut aufbereitet werden könnte und in der Tat das Zeug dafür hat für sehr viele Menschen interessant zu werden. Dazu ist Spitzentechnologie genauso wie Disziplin nötig, große Programme wie Desertec werden mit Blockheitzkraftwerken kombiniert. Neue Foschungsbereiche wie die Bionik können mit solidem Ingenieurshandwerk kombiniert werden, öko mit High Tec. Man braucht intelligente Stromnetze und zu guter Letzt kann auch noch jeder engagierte Bürger was dazu beitragen.

Große und kleine Anstrengungen sind nötig und wichtig, die Energiewende ist ein dezentrales Projekt und könnte wegweisend für neue (dezentrale) Ansätze über das Thema hinaus sein.

Sie hätte auch noch das Zeug einen kollektiven Mythos zu bilden, bei dem sich Leute für etwas versammeln können, was prinzipiell grenzüberschreitend ist und was prima medial aufbereitet werden kann. Emotionale Bilder von den letzten Eisbären, genauso wie eine matrialische Stimmung, der Kampf gegen den Klimawandel oder sonst etwas.

Da könnte man wirklich was draus machen und es wäre in jedem Fall für einen guten Zewck.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Celtic » Fr 8. Jun 2012, 15:22

Was sich diesbezüglich in der Forschung und an den Universitäten abspielt, kann ich schlecht einschätzen. Da habe ich keinen Einblick, ob heute ein anderer Zeitgeist herrscht als zu Beginn des Jahrtausends oder in den 1980er Jahren.

Für die breite Masse der Gesellschaft scheint das Thema in der Tat zeitgeistig zu sein. Was möglicherweise auch daran liegt, daß die Zugänge zu Forschungsergebnissen und Informationen allgemein deutlich einfacher geworden sind.
Ich erinnere mich noch an die Zeit , in der es kein Internet gab. Wenn ich mich da zu einem Fachthema einlesen wollte, mußte ich erst mal in die Stadt fahren, in der Bibliothek endlose Karteikästen nach Schlagworten durchsuchen und dann mühsam die einzelenen Bücher suchen. Heute suche ich im Internet oder einem elektronischen Buchkatalog und habe schnell einen Überblick über ein Thema. Und weiß, wo ich weitere Informationen herbekommen kann. Für mich ist deshalb das Internet ein wichtiger Faktor für die Verbreitung von Wissen und Bildung.

Das Thema Halbwissen und Narzißmus lasse ich jetzt mal bewußt links liegen. :wink:
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 8. Jun 2012, 17:34

Vollbreit hat geschrieben:Sie hätte auch noch das Zeug einen kollektiven Mythos zu bilden, bei dem sich Leute für etwas versammeln können, was prinzipiell grenzüberschreitend ist und was prima medial aufbereitet werden kann. Emotionale Bilder von den letzten Eisbären, genauso wie eine matrialische Stimmung, der Kampf gegen den Klimawandel oder sonst etwas.

Da könnte man wirklich was draus machen und es wäre in jedem Fall für einen guten Zewck.

Ich bin etwas verwirrt, ging es dem Eröffner dieses Themas um die Forschung allgemein, oder die Energiewende? Ich habe das möglicherweise falsch verstanden, aber die Energiewende fällt kaum unter Forschung. Letztlich ist das nur eine Frage des Geldes und der Investition in bestehende Technologien, die von der Politik abhängen.
Celtic hat geschrieben:Was sich diesbezüglich in der Forschung und an den Universitäten abspielt, kann ich schlecht einschätzen. Da habe ich keinen Einblick, ob heute ein anderer Zeitgeist herrscht als zu Beginn des Jahrtausends oder in den 1980er Jahren.

Wenn diese Frage auf die Energiewende abziehlt, kann ich auch nichts zu sagen. Aber an den Fakultäten, in denen ich studiere, meint jeder Prof ein heißes Eisen im Feuer zu haben. Ja, die Euphorie und der Optimismus sind trotz mangelnder Gelder in der DNS der Forscher integriert, sei es ein Durchbruch in Sachen Malaria, AIDS, Krebs. Ob diese Haltungen berechtigt sind, kann ich noch nicht einschätzen. Zumindest wäre ich nach meinem aktuellen Wissensstand auch geneigt, eine gewisse Euphorie an den Tag zu legen. Natürlich kann auch ein gewisses Selbstbewusstsein in diese Einschätzungen einfließen, aber ohne etwas Narzissmus hat man schlechte Karten und manchmal ist er auch einfach berechtigt. :kg:
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Lumen » Fr 8. Jun 2012, 22:02

Energie könnte ein Thema sein, wo Forschung nützlich sein könnte. Bei Energiegewinnung und -speicherung ist noch genug rauszufinden. Ich glaube übrigens nicht, dass der Zeitgeist derzeit wirklich wissenschaftlich geprägt ist. Eher ist es so, dass Wissen durch das Internet einfach (und jederzeit) verfügbar geworden ist, aber eben auch "nur" praktisch genutzt wird, als sei es Küchenpapier. Es müsste eher dahin gehen, dass "Denken gelernt" wird, und dann das Wissen als Daten genutzt wird, aber eben auch erweitert, weitergedacht, werden kann. Letztlich müsste es "cool" sein bei Jugend forscht mitzumachen. Es müsste ein paar mehr Wissenschaftler-Promis geben, so wie auch in den USA und England, die auch Gehör finden (Dawkins, als Beispiel, wird regelmäßig z.B. im Guardian publiziert). Allgemein müsste es tatsächlich ein Anliegen der Politik sein, Bildung deutlich nach vorn zu bringen, da gibt es soweit ich weiss bekannte und auch wenig umstrittene Baustellen, wo Politiker evtl. statt Unterschiede zu pflegen sich mal auf Gemeinsamkeiten verständigen könnten. Ein Beispiel wäre die Schüler-Lehrer Ratio auf deutlich unter 30:1 zu bringen, und das auch durchzuziehen (ist auch hübsch messbar). Bei den Unis gibts diverses Chaos. Vielleicht muss man auch den Förderalismus-Gedanken bei Bildung überdenken (Bildung ist derzeit Ländersache). Hauptsächlich käme es mir aber mal auf eine Signalwirkung an, wie sie auch in der Energiepolitik gewirkt hat.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Vollbreit » Sa 9. Jun 2012, 07:46

Lumen hat geschrieben:Ich glaube übrigens nicht, dass der Zeitgeist derzeit wirklich wissenschaftlich geprägt ist. Eher ist es so, dass Wissen durch das Internet einfach (und jederzeit) verfügbar geworden ist, aber eben auch "nur" praktisch genutzt wird, als sei es Küchenpapier. Es müsste eher dahin gehen, dass "Denken gelernt" wird, und dann das Wissen als Daten genutzt wird, aber eben auch erweitert, weitergedacht, werden kann. Letztlich müsste es "cool" sein bei Jugend forscht mitzumachen.


Genau das wäre auch mein Ansatz.
Deutschland und ein paar andere Länder gehören sicher zu denen die nahe dran sind (verglichen mit anderen), aber auch hier hat wissenschaftliches Denken noch nicht breiteste Bereiche erobert und in den letzten 20 Jahre sind sogar eher Rückschritte zu beobachten.
Dennoch, das wissenschaftliche Denken – freies, reflexives, halbwegs autonomes, mit dem Blick auf die Verantwortung auch für andere, idealerweise – wäre der Bereiche der gefördert werden müsste und ich glaub auch, es muss cool sein, viel zu wissen und man kann das ja richtig spannend aufbereiten.

Lumen hat geschrieben:Es müsste ein paar mehr Wissenschaftler-Promis geben, so wie auch in den USA und England, die auch Gehör finden (Dawkins, als Beispiel, wird regelmäßig z.B. im Guardian publiziert). Allgemein müsste es tatsächlich ein Anliegen der Politik sein, Bildung deutlich nach vorn zu bringen, da gibt es soweit ich weiss bekannte und auch wenig umstrittene Baustellen, wo Politiker evtl. statt Unterschiede zu pflegen sich mal auf Gemeinsamkeiten verständigen könnten.


In der Tat, das ist auch Habermas‘ Aufruf, sich weniger um die Unterschiede zu kümmern, als vielmehr um das, was man gemeinsam als Ziel hat. Da wäre es dann für mich erst mal nachrangig, ob jemand denkt, dass Gott uns diese Welt als Geschenk gegeben hat und wir nun die Auftrag haben, die Schöpfung zu erhalten oder ob man glaubt, dass es Schade wäre, nach einer so langen Strecke der Evolution durch Dummheit den Planeten zu gefährden, das Ziel ist auf jeden Fall kompatibel.
M.E. hat z.B. Ranga Yogeshwar in all der Aufregung um Fukushima und EHEC eine gute bis souveräne Figur gemacht. Solide Aufklärung ohne Alarmismus, das ist es doch, was man im besten Fall von einem Wissenschaftler erwarten kann.

Lumen hat geschrieben:Ein Beispiel wäre die Schüler-Lehrer Ratio auf deutlich unter 30:1 zu bringen, und das auch durchzuziehen (ist auch hübsch messbar). Bei den Unis gibts diverses Chaos. Vielleicht muss man auch den Förderalismus-Gedanken bei Bildung überdenken (Bildung ist derzeit Ländersache). Hauptsächlich käme es mir aber mal auf eine Signalwirkung an, wie sie auch in der Energiepolitik gewirkt hat.


Und die meisten können sich mit dem Ziel Energiewende = Prestigeprojekt = gut fürs Weltklima = Export deutscher Spitzentechnologie = Deutschland kann auch weiterhin viel Geld verdienen und tut ein gutes Werk = wir brauchen viele Arbeitskräfte die da mitmachen, sicher besser identifizieren, als wenn man irgendwelchen Großbanken in Griechenland Geld hinterherwirft, von dem nicht mal die, die es tun genau wissen, ob die Aktion letztlich etwas bringt.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Zappa » Sa 9. Jun 2012, 11:13

Ich bin davon überzeugt, dass wir in einem Jahrzehnt der Forschung leben (wie auch die Jahrzehnte davor). Immer mehr Forscher forschen an immer mehr Universitäten weltweit und der Ausstoß an Publikationen steigt stetig (nicht unbedingt deren Qualität).

Nur: Forschung wird nicht mehr wirklich als gesellschaftliche (d.h. gemeinsame!) Herausforderung verstanden, dass ist das Problem. Eine solche gemeinsame Anstrengung fände ich in der Tat ausgesprochen sinnvoll, ideal geeignet sind internationale bzw. globale Anstrengungen, dass passt in unsere Zeiten. Dafür müssen konkrete Ziele formuliert werden. Ansatzpunkt sind:

- Tiefseeforschung: Globales, spannendes Thema mit relativ hohem technischen Aufwand. Mögliches Ziel: Erforschung von xy% der Tiefsee bis zum Jahr 2030.
- Teilchenphysik: Da läuft ja schon einiges, die Physiker sind sehr gut vernetzt und eine ordentliche pressure group
- Erneuerbare Energie: Das Thema liegt ja auf dem Silbertablett. Ziel z.B. Etablierung eines Europaweiten Netzes erneuerbarer Energien inkl. der entsprechenden Speichertechnologien um 80% des Energieaufkommens bis zum Jahre 2025 zu erzeugen.
- Globale Kartierung aller terrestrischen Tier- und Pflanzenarten bis xy

Und so weiter. Wichtig ist sich auf ein oder zwei Themen zu beschränken und alle gesellschaftlichen Ressourcen mit einzubringen.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon ujmp » Sa 9. Jun 2012, 14:50

Gefällt mir alles, was ihr schreibt, dazu fällt mir aber die (kompetente) Wissenschaftskritik von Paul Feyrabend ein...



Ich habs vor etwa einem Jahr mal angesehen und den Tenor so in Erinnerung: Die Wissenschaft ist nur ein Weg, der die Menschen voran bringt und es ist nicht anstrebenswert sie auf den Sockel zu heben.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 9. Jun 2012, 15:12

Lumen hat geschrieben:Es müsste eher dahin gehen, dass "Denken gelernt" wird, und dann das Wissen als Daten genutzt wird, aber eben auch erweitert, weitergedacht, werden kann. Letztlich müsste es "cool" sein bei Jugend forscht mitzumachen. Es müsste ein paar mehr Wissenschaftler-Promis geben, so wie auch in den USA und England, die auch Gehör finden (Dawkins, als Beispiel, wird regelmäßig z.B. im Guardian publiziert).

Also Hawkings in der Bravo? Damit etwas "cool" ist, sollte es möglichst wenig anstrengend sein. Bildung und das Denken sind der Inbegriff von Anstrengung. Die USA und England sind nicht wirklich Vorbilder in diesen Bereichen. Letztlich wurden und werden die Besten noch aus Europa und Asien gekauft.
Lumen hat geschrieben: Allgemein müsste es tatsächlich ein Anliegen der Politik sein, Bildung deutlich nach vorn zu bringen,(...)Vielleicht muss man auch den Förderalismus-Gedanken bei Bildung überdenken (Bildung ist derzeit Ländersache). Hauptsächlich käme es mir aber mal auf eine Signalwirkung an, wie sie auch in der Energiepolitik gewirkt hat.
Das sind nette Ansätze, aber mit Signalen und Akzenten kommt man langfristig nicht weit, außer es wäre ein europaweiter Beschluss zur Bildungsinitiative, die Schulen und Unis viele Investitionen bereitstellt. Zumindest sind wir uns einig, dass die Politik den ertsen Schritt tun muss.
Vollbreit hat geschrieben:Dennoch, das wissenschaftliche Denken – freies, reflexives, halbwegs autonomes, mit dem Blick auf die Verantwortung auch für andere, idealerweise – wäre der Bereiche der gefördert werden müsste und ich glaub auch, es muss cool sein, viel zu wissen und man kann das ja richtig spannend aufbereiten.

Ich bin ganz bei euch, aber dieses "Cool-sein"-Argument ist der völlig falsche Ansatz und erinnert mich an diese Antidrogenkampanien. Menschen, die wirklich etwas zur Forschung beitragen könnten, werden sich nicht für "Coolheit" interessieren, sondern für Perspektiven, Gehälter, Potentiale.
Zappa hat geschrieben:- Tiefseeforschung: Globales, spannendes Thema mit relativ hohem technischen Aufwand. Mögliches Ziel: Erforschung von xy% der Tiefsee bis zum Jahr 2030.
- Teilchenphysik: Da läuft ja schon einiges, die Physiker sind sehr gut vernetzt und eine ordentliche pressure group
- Erneuerbare Energie: Das Thema liegt ja auf dem Silbertablett. Ziel z.B. Etablierung eines Europaweiten Netzes erneuerbarer Energien inkl. der entsprechenden Speichertechnologien um 80% des Energieaufkommens bis zum Jahre 2025 zu erzeugen.
- Globale Kartierung aller terrestrischen Tier- und Pflanzenarten bis xy

Also, die Themen müssen schon wirtschaftlich gewinnbringend sein, damit sich jemand dafür interessiert. Tiefseeforschung gehört kaum dazu (außer du spielst auf die Methanderivate am Meeresgrund als Energiequelle an, das würde aber unser Klimaproblem enorm verstärken!). Die Teilchenphysik wäre für Fusionsreaktoren, die mehr Strom produzieren als verbrauchen notwendig. Allerdings ist man an einem toten Ende angekommen und weiß, dass man Tritium oder Helium 3 benötigt (was auf dem Mond vorkommt, aber nicht auf der Erde), um rentabel Fusionsreaktoren zu verwalten (zumindest ist das mein Wissensstand). Für meinen Wissenschaftszweig sind die momentanen Teilchenbeschleuniger jedoch schon nützlich: Wenn ein Synchrotronstrahler angebaut wird, kann die Materialforschung und die Analyse von chemischen Reaktionen und molekularen Strukturen stark gefördert werden, was mich zum nächsten und, wie ich find wichtigsten Bereich der Forschung neben der Energiefrage führt: die Medizin. Tiefseeforschung oder banales Tierzählen hat nicht im Ansatz so eine Bedeutung für den Menschen wie die Medizin und Pharmazie. Die Bevölkerungsdichte der Menschen ist nicht nur wegen der Ressourcen, sondern auch wegen der Epidemologie ein großes Problem. Wenn man sich schon beschränken muss (was ich auch völlig einsehe), dann auf die Medizin und die erneuerbaren Energien.
Das Video werde ich mir nicht für eine 3/4 Stunde ansehen. Was ist denn sein Vorschlag, wie man weiterkommt? Inwiefern ist seine Kritik kompetent? Ist das so einer, der erstmal den Kapitalismus abschaffen oder die Menschen zu mehr Glauben aufrufen will? Die Gesellschaft konnte nur nennenswerte Fortschritte nach technischen Fortschritten leisten.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Zappa » Sa 9. Jun 2012, 23:12

Darth Nefarius hat geschrieben: Also, die Themen müssen schon wirtschaftlich gewinnbringend sein, damit sich jemand dafür interessiert.


Quatsch!
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Vollbreit » So 10. Jun 2012, 09:06

Darth Nefarius hat geschrieben:Damit etwas "cool" ist, sollte es möglichst wenig anstrengend sein. Bildung und das Denken sind der Inbegriff von Anstrengung.


Ich hatte dabei so etwas wie DSDS im Hinterkopf. Da sind die überwiegend jungen Teilnehmer ja auch bereit viel Disziplin aufzubringen um „Superstar“ (oder das, was dafür gehalten wird) zu werden.

Und in der Tat haben die MINT Fächer ein Imageproblem.
„Kariertes Hemd und Samenstau, der Mann studiert Maschinenbau“, so richtig sexy kommt das nicht rüber. Man versucht bereits darauf zu reagieren, um mehr Frauen zu gewinnen und andere Assoziationen in die Köpfe zu kriegen als Männer mit schwerem Gerät, bei denen es irgendwie laut und dreckig ist und nach Schweiß riecht, oder eben irgendwo im Keller unter Neonlicht 30 Jahre lang Petrischalen aus Pipetten zu befüllen.

Wenn das aber die Typen sind, die am Projekt Weltrettung basteln, sieht das schon besser aus.
Wenn man das personalisiert und femininer zu gestalten versucht usw. noch besser.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Gandalf » So 10. Jun 2012, 09:33

Darth Nefarius hat geschrieben:Das war eine ausführliche Einleitung. Die Intention begrüße ich, wenngleich ich die Realität im Blick habe. Gerade werden die Mittel für meine Uni trotz Vereinbarungen mit der Politik zusammengestrichen, obwohl das Gegenteil nötig wäre. Politiker und die Gesellschaft hält nichts von langfristigen Unternehmen und Projekten oder von der Konzentration auf mehr als einen Bereich. Das große Thema dieser Zeitspanne ist die Wirtschaft(-skrise) und der Kapitalismus, für mehr gibt es kaum Platz und darunter wird gerade die Innovation leiden.


Dein Blick scheint einseitig verstellt:

Es bildet scih bereits eine 'Gegenkultur'. Eine, die sich an den Individuen und nicht an den Interessen von Staat und Gesellschaft ausrichtet. Ausgangspunkt wieder mal die USA: Crowdfunding
http://www.kickstarter.com/

Bin mal gespannt, wann die ersten "Schwarmfinanzierer" hier bei uns auftauchen.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Darth Nefarius » So 10. Jun 2012, 10:56

Zappa hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben: Also, die Themen müssen schon wirtschaftlich gewinnbringend sein, damit sich jemand dafür interessiert.


Quatsch!

Oh doch! Denkst du, man kann sich nur auf exzentrische Milliardäre verlassen, die gerade Lust haben dies und jenes zu fördern? Die besten Geldquellen kommen aus der Wirtschaft und Politik, beide erhoffen sich aus ihren Investitionen einen Gewinn.
Vollbreit hat geschrieben:Ich hatte dabei so etwas wie DSDS im Hinterkopf. Da sind die überwiegend jungen Teilnehmer ja auch bereit viel Disziplin aufzubringen um „Superstar“ (oder das, was dafür gehalten wird) zu werden.

Das habe ich schon verstanden und ich denke, dass gerade soetwas nie aufgehen würde. "Superstar" zu sein hat letztlich nur etas mit Talent zu tun, dem gegebenen Aussehen, der gegebenen Stimme und gutbezahlten Assistenten, die alles andere wie Texte und Aussehen übernehmen. Niemand ist aber als Teilchenphysiker geboren, alle nötigen Fähigkeiten müssen wesentlich länger erlernt werden und werden einem nicht in den Schoß gelegt. Du vergleichst Äpfel mit Birnen.
Vollbreit hat geschrieben:Und in der Tat haben die MINT Fächer ein Imageproblem.
„Kariertes Hemd und Samenstau, der Mann studiert Maschinenbau“, so richtig sexy kommt das nicht rüber. Man versucht bereits darauf zu reagieren, um mehr Frauen zu gewinnen und andere Assoziationen in die Köpfe zu kriegen als Männer mit schwerem Gerät, bei denen es irgendwie laut und dreckig ist und nach Schweiß riecht, oder eben irgendwo im Keller unter Neonlicht 30 Jahre lang Petrischalen aus Pipetten zu befüllen.

Das Imageproblem ist nicht das wirkliche Problem. Man kann schlichtweg bestimmte Dinge nicht "cool"-reden. Für Maschinen oder Petrischalen muss man eben eine Begeisterung verspühren, ansonsten bringt das nichts und entsprechende Kampanien würden der Wissenschaft eher in ihrem Ruf und in ihrer Qualität schaden. Mal im Ernst, im ersten Semester habe ich beobachtet wie viele anfangs an Mitstudenten der Biologie und Chemie dabei waren (mit ihnen hatten wir viele Vorlesungen und Klausuren), nach den ersten Klausuren war die Hälfte weg, die Durchfallquoten zeigen nunmal, wer unfähig ist. Trotzdem haben sich diese Leute irgendwie für diese (zumindest für die Chemie zutreffend) relativ unbeliebten Bereiche begeistern können, aber nur ein kleiner Teil hat auch die nötige Kompetenz mitgebracht. Ich denke, dass solche Kampanien niemanden, der fähig wäre ein solches Studium zu beenden, begeistern könnte. Da hilft nur Geld und bessere Ausstattung.
Vollbreit hat geschrieben:Wenn das aber die Typen sind, die am Projekt Weltrettung basteln, sieht das schon besser aus.
Wenn man das personalisiert und femininer zu gestalten versucht usw. noch besser.

Nachdem, was ich beobachtet habe, sind die Frauen mindestens in gleicher Anzahl vorhanden. Das Problem ist, sie auch nach dem Studium im Beruf zu halten, aber das ist eher ein gesellschaftliches Problem und daran könnte man vielleicht wirklich arbeiten. Trotzdem habe ich von vielen Fördermaßnahmen für Mütter gehört, letztlich ist das wohkl auch nur eine Einstellungssache.
Gandalf hat geschrieben:Es bildet scih bereits eine 'Gegenkultur'. Eine, die sich an den Individuen und nicht an den Interessen von Staat und Gesellschaft ausrichtet. Ausgangspunkt wieder mal die USA: Crowdfunding
http://www.kickstarter.com/

Bin mal gespannt, wann die ersten "Schwarmfinanzierer" hier bei uns auftauchen.

Du meinst also, eine große Uni sollte sich so das nötige Geld beschaffen? Abgesehen davon, dass man nicht immer öffentlich machen will, woran man arbeitet, kann das Individuum sehr wankelmütig sein. Mein Physikprofessor hat gesagt, dass er 99% der Arbeitszeit mit Werbung für seine Forschung beschäftigt ist (Geldsuche), ich will diese übertriebene Privatisierung weder mir noch den anderen zumuten. Und dann soll auch noch dieses Crowdfunding hinzukommen? Das Thema ist viel zu ernst für so eine Internetfinanzierung, die neben mangelnder Geheimhaltung (wegen der Konkurrenz) auch keine stabile, stetige Geldquelle sein kann. An Unseriösität wäre so eine Anzeige wohl kaum zu überbieten.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Lumen » So 10. Jun 2012, 18:55

Darth Nefarius hat geschrieben:Das Imageproblem ist nicht das wirkliche Problem. Man kann schlichtweg bestimmte Dinge nicht "cool"-reden.


Es geht nicht darum eine Tätigkeit selbst "cool" darzustellen, sondern die Akzeptanz zu verbessern. Es ist ein Unterschied, ob Ingenieure und Wissenschaftler wie Tony Stark und Robert Bruce Banner ("Iron Man" und "Hulk") rüberkommen, oder wie Howard Wolowitz und Sheldon Cooper. Das Image von Maschinenbauern, ist eins der Vorurteile, die absolut stimmen. Jedenfalls sah es noch vor wenigen Jahren auf einer Maschbauer-Party so aus: Karotten-Jeans in Hochwasser-Ästhetik, weisse Tennis-Socken und Turnschuhe, die mit der gummierten Spitze. Dazu ein Karohemd im modisch schicken Küchentuch-Design (aus ungeklärten Gründen wurden Holzfäller-Hemden gemieden, wahrscheinlich zu cool). Erstaunlich, aber so mit eigenen Augen gesehen.

Das reicht aber eben noch nicht. Wenn es konkrete Schritte gibt, und die Öffentlichkeit Teil an der Entwicklung hat, dann kann daraus etwas werden. Dazu braucht es aber eines Rahmens, wie sie eher ein Bundespräsident vorgeben kann, und wo die Politik (und Wirtschaft) und schließlich der Bürger an einem Strang ziehen (was die Struktur angeht) können.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Vollbreit » Mo 11. Jun 2012, 09:47

Darth Nefarius hat geschrieben:Das Imageproblem ist nicht das wirkliche Problem. Man kann schlichtweg bestimmte Dinge nicht "cool"-reden. Für Maschinen oder Petrischalen muss man eben eine Begeisterung verspühren, ansonsten bringt das nichts und entsprechende Kampanien würden der Wissenschaft eher in ihrem Ruf und in ihrer Qualität schaden.


Das Imageproblem ist ein großes Problem und man ist ja bereits dabei gegenzusteuern.
Eine Frucht des systemischen Denkens ist, dass man eben nicht mehr auf „das wirkliche Problem“ guckt, sondern Verbesserungen in der Justierung von 30 verschiedenen Stellschrauben angeht.

Und ich stimme Dir zu, Geld ist ein wesentlicher Faktor, für die Forschung selbst inzwischen der Faktor Nummer 1, aber für die Rekrutierung des Nachwuchses nicht. Da spielen Image und soziales Ansehen eine bedeutende Rolle und viele achten auch auf einen angemessenen Ausgleich von Bezahlung, Freizeit, Familie, Prestige.

Kompetenzen kann man steuern, Frauen beherrschen MINT Fächer in aller Regel genauso gut wie Männer, auch da gibt es eine Fülle von Faktoren, an denen man arbeiten könnte.
Biologie ist immer schon die Ausnahme gewesen, ansonsten hat sich die Lage zwar leicht verbessert, aber Frauen sind stark unterrepräsentiert.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 11. Jun 2012, 17:04

Lumen hat geschrieben:Es geht nicht darum eine Tätigkeit selbst "cool" darzustellen, sondern die Akzeptanz zu verbessern. Es ist ein Unterschied, ob Ingenieure und Wissenschaftler wie Tony Stark und Robert Bruce Banner ("Iron Man" und "Hulk") rüberkommen, oder wie Howard Wolowitz und Sheldon Cooper.

Fragt sich, was denn besser als Image wäre? Ich denke, die meisten hätten eher Schiss vor einem Milliardär, der mit allerlei technischem Spielzeug Menschen verprügelt, oder einem anderen Milliardär, der auch noch einen unzerstörbaren Kampfanzug trägt, oder einem Strahlungsmonster. ich denke, dass gerade im Bereich Gentechnologie eher Angst als belächelnde Idnoranz das Problem ist. Wolowitz und Cooper (ich weiß, wen du meinst, ich finde die Serie auch toll :applaus: ) würden da eher eine Imageverbesserung bedeuten.
Lumen hat geschrieben:Das Image von Maschinenbauern, ist eins der Vorurteile, die absolut stimmen.

Nö, meine Eltern sind zufällig beide ausgebildete Maschinenbauer, das sind gewiss keine Wolowitze. Sie sind eher wie der sowjetische Teilchenphysiker, der jetzt im Land der unbegrentzten Möglichkeiten die Böden schrubbt und in dem Physikerquiz als einziger die Antwort weiß.
Insgesamt sind wir uns aber einig, das Image muss verbessert werden. Ich denke aber eher an eine Art soziale Fortbildung dieser "Coopers"?!
Vollbreit hat geschrieben:Und ich stimme Dir zu, Geld ist ein wesentlicher Faktor, für die Forschung selbst inzwischen der Faktor Nummer 1, aber für die Rekrutierung des Nachwuchses nicht. Da spielen Image und soziales Ansehen eine bedeutende Rolle und viele achten auch auf einen angemessenen Ausgleich von Bezahlung, Freizeit, Familie, Prestige.

Nö, aber vielleicht sprichst du auch von Harward und co.. Keine Angst, soetwas kann sich die deutsche Hochschullandschaft leider nicht leisten, ich habe erlebt, wie sich Studenten bei einem NC von 1,5 mit 3.4 in den Studiengang einklagen wollten und die Uni sie einfach durchgewunken hat, weil sie kein Geld hat, um zu streiten. Es kommen schon noch genug Studenten, gerade nach der Bundeswehrreform, vielleicht zu viele. Jedenfalls ist nach der ertsen Klausur mit einer Durchfallquote von über 50% für ein Drittel Schluss gewesen. Dass die Durchfallquoten so hoch sind, ist für mich ein Indiz, dass die Studiengänge mehr als gesättigt sind. Sie würden durch mehr Studenten höher werden und trotzdem würde etwa die gleiche Anzahl ihren Abschluss machen. Nein, ich denke es muss wirklich die Finanzierung geregelt werden, die Ausstattung muss verbessert und die Forschungsgelder gesichert werden.
Vollbreit hat geschrieben:Biologie ist immer schon die Ausnahme gewesen, ansonsten hat sich die Lage zwar leicht verbessert, aber Frauen sind stark unterrepräsentiert.

Dass viele Frauen studieren trifft meinem Eindruck nach nicht nur auf Biologie zu. Gewiss ist das das Paradebeispiel, aber trotzdem denke ich, dass das wirkliche Problem der Weg nach dem Abschluss ist. Manche werden wohl ihre biologische Uhr ticken hören und eher eine Familie gründen wollen. Das ist vielleicht keine emanzipierte Sicht, aber nunmal nicht zu leugnen. Ich sehe nunmal nicht so viele weibliche Professoren oder Doktoranden wie männliche, obwohl die Männer seinerzeit gewiss in der Unterzahl beim Studium waren.
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Nanna » Mo 11. Jun 2012, 17:18

Darth Nefarius hat geschrieben:Sie sind eher wie der sowjetische Teilchenphysiker, der jetzt im Land der unbegrentzten Möglichkeiten die Böden schrubbt und in dem Physikerquiz als einziger die Antwort weiß.

-.-

Darth Nefarius hat geschrieben:Dass viele Frauen studieren trifft meinem Eindruck nach nicht nur auf Biologie zu. Gewiss ist das das Paradebeispiel, aber trotzdem denke ich, dass das wirkliche Problem der Weg nach dem Abschluss ist. Manche werden wohl ihre biologische Uhr ticken hören und eher eine Familie gründen wollen. Das ist vielleicht keine emanzipierte Sicht, aber nunmal nicht zu leugnen. Ich sehe nunmal nicht so viele weibliche Professoren oder Doktoranden wie männliche, obwohl die Männer seinerzeit gewiss in der Unterzahl beim Studium waren.

Wenn dich genaue Zahlen interessieren, schau dich mal hier um: http://www.gesis.org/cews/informationsa ... ionvirtual
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 11. Jun 2012, 18:36

Nanna hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Sie sind eher wie der sowjetische Teilchenphysiker, der jetzt im Land der unbegrentzten Möglichkeiten die Böden schrubbt und in dem Physikerquiz als einziger die Antwort weiß.

-.-

Das ist nunmal die zugespitze Lage meiner Eltern, die eben auch ausgebildete Maschinenbauingenieure sind. Ich habe nur versucht, das Bild der Maschinenbauer über den Nerd hinaus zu erweitern, ich verstehe deine Reaktion nicht.
Nanna hat geschrieben:Wenn dich genaue Zahlen interessieren, schau dich mal hier um: http://www.gesis.org/cews/informationsa ... ionvirtual

Ich habe ja nur meinen Eindruck und eine Interpretation widergegeben. Du willst doch keine Frauenquote fürs Studium fordern, oder? Bei Veterenärmedizin gibt es teilweise eine Männerquote (und ich habe gehört, dass das der Grund ist, warum es überhaupt Männer belegen, du verstehst?)! :lachtot:
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Re: Wissenschaft und Forschung als Zeitgeist?

Beitragvon Nanna » Mo 11. Jun 2012, 21:56

zu 1) Mir tut's ehrlich leid, dass es deinen Eltern so geht. Ich finde es frustrierend, wenn Leute Potential haben und dann wegen bescheuerter Strukturen selbiges nicht einbringen können. Deshalb geschlossene Augen -> -.-

zu 2) Ich will nichts insinuieren, nur ein paar Fakten in die Diskussion werfen. Dachte mir, es könnte einfach interessant sein, nichts weiter.
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