Nanna hat geschrieben:Im Grunde steckt viel von der mit dem "Patriotismus" verbundenen Gefahr schon in deinem Beitrag: Die Verharmlosung, die Attacken auf vermeintliche Nestbeschmutzer, die Reduzierung auf das "Fahnenschwenken", so als hätten die deutschen Fans wirklich nur das getan und die ganzen Erhabensheitsgefühle dabei hätten überhaupt keine Rolle gespielt.
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Kritik kommt ja nicht aus dem Ausland, sondern von der deutschen Grünen Jugend.
Darth Nefarius hat geschrieben: Die anderen Länder verstehen diese Diskussion überhaupt nicht! In einer bekannten Talkshow ....
xander1 hat geschrieben:Ich glaube Deutschland ist das einzige Land, das sich damit so schwer tut.
xander1 hat geschrieben:Welches andere Land hat schon einen großen Krieg verloren, den es gegen fast alle geführt hat und ist davor wie danach von diesen Ländern umzingelt. Sehr viele Länder grenzen an Deutschland an und wir sind jetzt ausgerechnet mit den Ländern verbündet, mit denen wir Krieg hatten. Na klar - welche Wirkung das auf uns hat. Damit kann man die Kritik am Fußballpatriotismus erklären.
Darth Nefarius hat geschrieben:Es ist ja keine Verharmlosung, wenn man relativiert und erkennt, dass der Rest der Welt schon immer so war.
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich halte die viel radikalere Form des Patriotismus der USA für wesentlich bedenklicher, weil diese Nation offenslichtlich keine Skrupel in Sachen Kriegserklärungen zu haben scheint und es für ihr gutes Recht hält.
Darth Nefarius hat geschrieben:Somit muss man das Problem nicht nur auf Deutschland, sondern auf die gesamte Welt beziehen, wie will man dem so umfassend Einhalt gebieten, wenn es schon nicht mehr in Deutschland funktioniert?
Darth Nefarius hat geschrieben:In einer bekannten Talkshow war zu dieser Diskussione ein Amerikaner eingeladen, der meinte, es sei nichts Unübliches, wenn die eigene Fahne verbrannt werden würde (auf die Situation nach einem Fußballspiel hin, nach dem eine deutsche Flagge verbrannt wurde). Dieser nahm es unrefliektiert gelassen und meinte, die Amerikaner hätten sich schon an sowas gewöht und das sollten die Deutschen auch, ohne sich zu fragen, warum so viele der amerikanischen Flaggen verbrannt werden.
Darth Nefarius hat geschrieben:In einer bekannten Talkshow war zu dieser Diskussione ein Amerikaner eingeladen, der meinte, es sei nichts Unübliches, wenn die eigene Fahne verbrannt werden würde (auf die Situation nach einem Fußballspiel hin, nach dem eine deutsche Flagge verbrannt wurde). Dieser nahm es unrefliektiert gelassen und meinte, die Amerikaner hätten sich schon an sowas gewöht und das sollten die Deutschen auch, ohne sich zu fragen, warum so viele der amerikanischen Flaggen verbrannt werden.
Nanna hat geschrieben:xander1 hat geschrieben:Ich glaube Deutschland ist das einzige Land, das sich damit so schwer tut.
Das ist das Standardargument in solchen Diskussionen und gleichzeitig so ziemlich das schlechteste. Was für eine Beweiskraft haben denn die Zustände im Rest der Welt? Deutschland ist eines der atheistischen Länder, aber hier im Forum hat noch keiner die Religion verteidigt mit dem Argument, dass andere Länder religiöser geprägt sind.
Nanna hat geschrieben:Du hattest mit überhaupt niemandem Krieg. Diese "Wir hier, dort die anderen"-Sprache ist das Problem,
Nanna hat geschrieben: nicht irgendwelche geopolitischen Gemengelagen.
Nanna hat geschrieben: Dass wir als Gesellschaft aufgrund des Nationalsozialismus eine Verantwortung haben, heißt nicht, dass wir uns mit dem Deutschland von 1939 identifizieren müssen - oder überhaupt mit "Deutschland".
xander1 hat geschrieben:Du musst die Zusammenhänge sehen. Wegen der Situation Deutschlands, dem zweiten Weltkrieg, und dem Ausland, REagiert die grüne Jugend so sensibel auf das Thema. Das ganze mit dem zweiten Weltkrieg ist ein Kommunikationswechselspiel und auch nicht, zwischen Ausland und Deutschland. Auch nicht gesagtes, sondern von manchen gedachtes im Ausland spielt dabei eine Rolle.
xander1 hat geschrieben:Die Talkshow habe ich gesehen. Deswegen habe ich auch geschrieben: "Menschen anderer Länder finden unsere kritischen Aussagen bezüglich des Fußballpatriotismusses merkwürdig." , wegen dem Amerikaner.
Nanna hat geschrieben:Vielleicht haben manche von uns dem Rest der Welt etwas voraus?
Nanna hat geschrieben:Der Patriotismus in den USA ist hochproblematisch, und trotzdem halte ich ihn, genau wie den britischen und französischen für ungefährlicher als den deutschen, weil die USA, ähnlich wie die Briten und Franzosen, einen Verfassungspatriotismus pflegen, der sich viel weniger mit primordialen Eigenschaften zu tun hat, als der deutsche, der traditionell in einer sehr ethnisch definierten Tradition steht.
Nanna hat geschrieben:Wir sind aber hier und können erstmal vor allem etwas am Nationalismus unserer eigenen Gesellschaft etwas ändern. Natürlich ist Nationalismus ein Problem der Moderne insgesamt, das ändert aber nichts daran, dass wir zuallererst unseren eigenen Hof zu kehren haben.
Nanna hat geschrieben:Trotzdem heißt das noch lange nicht, dass die "Schändung" nationaler Symbole unproblematisch wäre, weil realer Hass dahintersteckt, der nicht weggeht, bloß weil man Flaggenverbrennen als Normalfall hinnimmt. Die demonstrative Gleichgültig dem USA-Hass gegenüber, die der US-Amerikaner deiner Darstellung nach an den Tag gelegt hat, finde ich darüberhinaus sehr besorgniserregend. Ich bin ganz im Gegenteil der Meinung, dass man jedesmal genau hinschauen muss, wenn irgendwo Leute derart offen ihrem Hass nachgeben. Da steckt meist mehr dahinter.
Vollbreit hat geschrieben:Die Sendung war "Hart aber fair", ich habe sie auch gesehen und Deine Interpretation ist völliger Unfug.
xander1 hat geschrieben:Unsinn. Meine Vorfahren haben Krieg gehabt und das lassen andere Länder auf uns sitzen. So ist es nunmal, ob du das wahr haben willst oder nicht.
Celtic hat geschrieben:Ich kann die kritische Sichtweise der Grünen Jugend nachvollziehen - auch wenn sie nicht ins allgemeine glückselige Fähnchenschwenken paßt, ausgesprochen unglücklich formuliert ist und zum größtmöglich ungünstigen Zeitpunkt kommt. Unmittelbar vor oder während einer EM macht man sich mit so was keine Freunde.... aber das muß der Grünen-Nachwuchs anscheinend noch lernen.
Darth Nefarius hat geschrieben:Celtic hat geschrieben:...
Meinst du nicht, dass sie mit Scheuklappen argumentieren und ...
xander1 hat geschrieben:Man versucht schon im Kindesalter mit Zeitschriften die Liebe zur Natur zu wecken (Zeitschrift Tierfreund), weil es einen Nutzen für die Umwelt und so Zeug hat. Ich finde die Umweltideologie fördert eher undiskutierbare Moral als diskutierbare Ethik.
xander1 hat geschrieben:Typisch für die grüne Ideologie ist eine Wir-Schuld. Und wegen der Wir-schuld, die man besonders in Sachen Umwelt findet, ist das Wir-Schuld-Prinzip unserer Geschichte ein Gefühl in das man sich als Grüner so richtig schön schuldig fühlen darf. Wenn es noch andere Dinge gibt, bei dem man sich so richtig schön gemeinsam schuldig fühlen kann, dann werden sie die jungen Grünen drauf stürzen.
xander1 hat geschrieben:Anstelle zu sagen, dass Patriotismus zu Nationalismus führen kann, sollte man lieber fragen, ob Patriotismus zu einem Zusammenhalt in der Gesellschaft führt, der jedem nützen kann.
xander1 hat geschrieben:Ich glaube Patriotismus ist ein sehr weit gefasster Begriff. Ich kannte ihn mal darunter für das Vaterland sterben zu wollen, wenns nötig ist. (schaut mal jemand anders in Wikipedia. Bin zu faul.) Die Fußballfans erscheinen mir nicht so. Sie erhöhen ihren Stolz in sich, indem sie auf das Vaterland stolz sein können, durch Siege anderer Menschen in Sportwettkämpfen. Eigentlich gibts sowas in allen Ländern. Anscheinend ist das auch Patriotismus. Trotzdem finde ich beides grundverschieden: Kämpfen fürs Vaterland, wenns sein muss, und Eifern und Hoffen fürs Vaterland.
xander1 hat geschrieben:Ich kannte ihn mal darunter für das Vaterland sterben zu wollen, wenns nötig ist. [...] Die Fußballfans erscheinen mir nicht so. Sie erhöhen ihren Stolz in sich, indem sie auf das Vaterland stolz sein können, durch Siege anderer Menschen in Sportwettkämpfen. Eigentlich gibts sowas in allen Ländern. Anscheinend ist das auch Patriotismus. Trotzdem finde ich beides grundverschieden: Kämpfen fürs Vaterland, wenns sein muss, und Eifern und Hoffen fürs Vaterland.
xander1 hat geschrieben:Heutige Jugendliche Nationalisten werden aus Gründen ihrer Pubertät zu Nationalisten und wollen provozieren bezüglich drittes Reich etc. usw.
Schon deshalb haben die Deutschen ein ganz anderes Verständnis für Nationalismus.
xander1 hat geschrieben:Wenn dann ein Amerikaner in diese öfftl.-rechtl. Sendung kommt, dann kennt er anscheind auch nicht unseres Begriffsverständis. Er hat in der Sendung Nationalismus verwechselt mit Nationalsozialismus. Es ist ja nicht so, dass Patriotismus sofort zu Nationalsozialismus überschwenkt. Dazwischen gibts noch Stufen, wie den Nationalismus.
xander1 hat geschrieben:Die Patrioten (nicht Faschisten) im zweiten Weltkrieg hatten auch Moral. Es gab einige, die nicht glauben wollten, dass KZs gebaut wurden sind.
Die Juden widerum behaupten, dass diese das nicht sagen können, weil sie Argumente haben, dass die Deutschen davon gewusst haben müssten. Ein entfernter Verwandte meinte vor langer Zeit, dass ein Deutscher sowas nie machen würde (KZs). Aber das ist ein anderes Thema.
Celtic hat geschrieben:Patriotismus kann man mit etwas altbacken mit "Vaterlandsliebe" umschreiben. Das bedeutet jedoch noch nicht zwingend einer Abwertung anderer Nationen.
Celtic hat geschrieben:Dieser Patriotismus spielt im Fußball eine ganz wichtige Rolle, im Vereinsfußball ist es aber i.d.R. Lokalpatriotismus. Das heißt die Fußballfans identifizieren sich i.d.R. mit einem Verein aus ihrer Region. Ein Pfälzer geht normalerweise nur zum 1.FCK - und wer sich für den KSC, Waldhof Mannheim, Mainz 05, Eintracht Frankfurt oder den 1.FC Saarbrücken entscheidet, wird zumindest verwundert und fragend angeschaut.
60er gegen Bayern,Celtic hat geschrieben:Dieser Patriotismus spielt im Fußball eine ganz wichtige Rolle, im Vereinsfußball ist es aber i.d.R. Lokalpatriotismus. Das heißt die Fußballfans identifizieren sich i.d.R. mit einem Verein aus ihrer Region. Ein Pfälzer geht normalerweise nur zum 1.FCK - und wer sich für den KSC, Waldhof Mannheim, Mainz 05, Eintracht Frankfurt oder den 1.FC Saarbrücken entscheidet, wird zumindest verwundert und fragend angeschaut.
Nur beim nationalen Fußballl fühlen sich die 60er und die Bayern, die Hundebesitzer und die Katzenliebhaber, die Familien und die Dinkis, die Arbeiter, die Beamten und die Sozialmittelbezieher, die Bauern und die Städter wieder überregional verbunden.Celtic hat geschrieben:Nur die ganz großen und ganz erfolgreichen Clubs wie der FC Bayern, BVB und Schalke oder Gladbach (wegen ihrer Glanzzeiten aus den 70ern) finden überregional Fans.
stine hat geschrieben:Der Versuch der Gleichmacherei ist aber dennoch keine befriedigende Lösung, weil es bei jedem einen bestimmten Punkt der eigenen Abgrenzung gibt. Bis hierher und nicht weiter. Man lässt sich nicht gerne vereinnahmen.
stine hat geschrieben:Nur beim nationalen Fußballl fühlen sich die 60er und die Bayern, die Hundebesitzer und die Katzenliebhaber, die Familien und die Dinkis, die Arbeiter, die Beamten und die Sozialmittelbezieher, die Bauern und die Städter wieder überregional verbunden.
Das ist es, was die Sozialpolitik so niemals hinbekommt.
Das möchte ich nicht gesagt haben. Es geht darum, sich als Gemeinschaft mit gleichem Interesse (auch wenns nur kurz ist) zu sehen.Darth Nefarius hat geschrieben:Es geht nur um ein kleines Erfolgsgefühl für Menschen, die im richtigen Leben meist versagen.
Das passiert, wenn man sich und seine Probleme immer in den Mittelpunkt stellt. Ich kenne eigentlich niemanden, der IMMER ausgegrenzt ist und der NIRGENDWO dazugehört. Sollte ich so jemanden einmal treffen, dann müsste ich auf einen außergewöhnlichen Kauz vorbereitet sein.Darth Nefarius hat geschrieben:Viel weniger gerne lässt man sich ausgrenzen, das ist ein wesentlich größeres Problem.
Zurück zu Gesellschaft & Politik
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 12 Gäste