Grüne Jugend

Grüne Jugend

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 29. Jun 2012, 15:39

Auch wenn es zum Glück seit gestern mit der EM nicht mehr aktuell ist (Italien hat gewonnen, damit ist in der Nachbarschaft auch endlich Ruhe! :applaus: ), wollte ich mal was ansprechen. Teile der Grünen Jugend haben so eine Witzkampagne gestartet: "Patriotismus? Nein danke."- oder so ähnlich. Ihnen hat das Fähnchenschwenken nicht gepasst und sie meinen, der Patriotismus habe einen fließenden Übergang zum Nationalismus.
Irgendwie haben sie da schon Recht, aber zum einen ist das inkonsequent gedacht (Vieles, wie die Religion, bietet ja auch eine Affinität zum Fanatismus und zur Radikalität), zum anderen war das eine ziemlich deutsche Diskussion (will sagen, dass sich in keinem anderen Land sich jemand über die eigene Flagge beschwehren könnte). Ich habe schon Mitleid, aber irgendwie sind sie auch selber Schuld, wenn sie zusammengeschissen werden, weil sie solche Pedanten sind. Mich persönlich stört diese ganze Geschichte auch, aber gleich eine Kampagne starten und Spielverderber sein? Man kann auch mal was anderes im Fernsehen gucken, diese Situationen sind auch nur saisonale Phänomene. Wie ist eure Meinung?
Benutzeravatar
Darth Nefarius
 
Beiträge: 2625
Registriert: Di 22. Nov 2011, 16:23

Re: Grüne Jugend

Beitragvon Nanna » Sa 30. Jun 2012, 15:52

In Ermangelung von Zeit drücke ich mich ausnahmsweise mal um eine lange Antwort herum und poste stattdessen einen Link, der meiner Meinung nach das Problem sehr gut zusammenfasst. O-Ton: Die Fahnenmeere sind ganz und gar nicht unbedenklich. http://www.sueddeutsche.de/wissen/fahne ... -1.1394854

Du sprichst von "nur saisonalen Phänomenen". Da widerspreche ich: Seit 2006 dieser verharmloste Spaßnationalismus Einzug gehalten hat, trägt jede Großveranstaltung mit Schwarz-rot-gold-Symbolik zu einer Rituatalisierung und gefühlten Normalisierung der Nationalsymbole bei. Und damit ist der Weg auf die schiefe Ebene eröffnet.

Im Grunde steckt viel von der mit dem "Patriotismus" verbundenen Gefahr schon in deinem Beitrag: Die Verharmlosung, die Attacken auf vermeintliche Nestbeschmutzer, die Reduzierung auf das "Fahnenschwenken", so als hätten die deutschen Fans wirklich nur das getan und die ganzen Erhabensheitsgefühle dabei hätten überhaupt keine Rolle gespielt.
Benutzeravatar
Nanna
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 3338
Registriert: Mi 8. Jul 2009, 19:06

Re: Grüne Jugend

Beitragvon xander1 » Sa 30. Jun 2012, 16:33

Ich glaube Deutschland ist das einzige Land, das sich damit so schwer tut. Menschen anderer Länder finden unsere kritischen Aussagen bezüglich des Fußballpatriotismusses merkwürdig.

Welches andere Land hat schon einen großen Krieg verloren, den es gegen fast alle geführt hat und ist davor wie danach von diesen Ländern umzingelt. Sehr viele Länder grenzen an Deutschland an und wir sind jetzt ausgerechnet mit den Ländern verbündet, mit denen wir Krieg hatten. Na klar - welche Wirkung das auf uns hat. Damit kann man die Kritik am Fußballpatriotismus erklären.

So wie es scheint wird der zweite Weltkrieg noch lange auf unsere Nieren drücken. Unser aktueller Bundespräsident war in einem Beneluxland vor kurzem zu einer Veranstaltung wegen den Opfern des zweiten Weltkriegs. Und diese Veranstaltung gibt erst seit mitte der 90' . Merkel war in Frankreich ein oder zwei mal zu so einer Verantstaltung. Wie viel Reparationen haben wir geleistet wegen dem zweiten Weltkrieg? Im Vergleich zum Schaden zu wenig. Egal - wie auch immer - es wird dabei bleiben noch lange - leider, dass die Schuld des zweiten Weltkrieges wach gehalten wird, schon allein weil wir ihn verloren haben.

Wer schreibt die Geschichte nach einem Krieg? Der Verlierer oder der Gewinner?

Ansonsten gefällt mir der status quo unserer Außenpolitikgrundlage, die ich kenne, zumindestens größtenteils.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Grüne Jugend

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 30. Jun 2012, 17:28

Nanna hat geschrieben:Im Grunde steckt viel von der mit dem "Patriotismus" verbundenen Gefahr schon in deinem Beitrag: Die Verharmlosung, die Attacken auf vermeintliche Nestbeschmutzer, die Reduzierung auf das "Fahnenschwenken", so als hätten die deutschen Fans wirklich nur das getan und die ganzen Erhabensheitsgefühle dabei hätten überhaupt keine Rolle gespielt.

Es ist ja keine Verharmlosung, wenn man relativiert und erkennt, dass der Rest der Welt schon immer so war. Ich halte die viel radikalere Form des Patriotismus der USA für wesentlich bedenklicher, weil diese Nation offenslichtlich keine Skrupel in Sachen Kriegserklärungen zu haben scheint und es für ihr gutes Recht hält.
Somit muss man das Problem nicht nur auf Deutschland, sondern auf die gesamte Welt beziehen, wie will man dem so umfassend Einhalt gebieten, wenn es schon nicht mehr in Deutschland funktioniert?
Zu xander1: Die Kritik kommt ja nicht aus dem Ausland, sondern von der deutschen Grünen Jugend. Die anderen Länder verstehen diese Diskussion überhaupt nicht! In einer bekannten Talkshow war zu dieser Diskussione ein Amerikaner eingeladen, der meinte, es sei nichts Unübliches, wenn die eigene Fahne verbrannt werden würde (auf die Situation nach einem Fußballspiel hin, nach dem eine deutsche Flagge verbrannt wurde). Dieser nahm es unrefliektiert gelassen und meinte, die Amerikaner hätten sich schon an sowas gewöht und das sollten die Deutschen auch, ohne sich zu fragen, warum so viele der amerikanischen Flaggen verbrannt werden.
Benutzeravatar
Darth Nefarius
 
Beiträge: 2625
Registriert: Di 22. Nov 2011, 16:23

Re: Grüne Jugend

Beitragvon xander1 » Sa 30. Jun 2012, 18:43

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Kritik kommt ja nicht aus dem Ausland, sondern von der deutschen Grünen Jugend.

Du musst die Zusammenhänge sehen. Wegen der Situation Deutschlands, dem zweiten Weltkrieg, und dem Ausland, REagiert die grüne Jugend so sensibel auf das Thema. Das ganze mit dem zweiten Weltkrieg ist ein Kommunikationswechselspiel und auch nicht, zwischen Ausland und Deutschland. Auch nicht gesagtes, sondern von manchen gedachtes im Ausland spielt dabei eine Rolle.

Darth Nefarius hat geschrieben: Die anderen Länder verstehen diese Diskussion überhaupt nicht! In einer bekannten Talkshow ....

Die Talkshow habe ich gesehen. Deswegen habe ich auch geschrieben: "Menschen anderer Länder finden unsere kritischen Aussagen bezüglich des Fußballpatriotismusses merkwürdig." , wegen dem Amerikaner.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Grüne Jugend

Beitragvon Nanna » Sa 30. Jun 2012, 21:00

xander1 hat geschrieben:Ich glaube Deutschland ist das einzige Land, das sich damit so schwer tut.

Das ist das Standardargument in solchen Diskussionen und gleichzeitig so ziemlich das schlechteste. Was für eine Beweiskraft haben denn die Zustände im Rest der Welt? Deutschland ist eines der atheistischen Länder, aber hier im Forum hat noch keiner die Religion verteidigt mit dem Argument, dass andere Länder religiöser geprägt sind.

xander1 hat geschrieben:Welches andere Land hat schon einen großen Krieg verloren, den es gegen fast alle geführt hat und ist davor wie danach von diesen Ländern umzingelt. Sehr viele Länder grenzen an Deutschland an und wir sind jetzt ausgerechnet mit den Ländern verbündet, mit denen wir Krieg hatten. Na klar - welche Wirkung das auf uns hat. Damit kann man die Kritik am Fußballpatriotismus erklären.

Du hattest mit überhaupt niemandem Krieg. Diese "Wir hier, dort die anderen"-Sprache ist das Problem, nicht irgendwelche geopolitischen Gemengelagen. Dass wir als Gesellschaft aufgrund des Nationalsozialismus eine Verantwortung haben, heißt nicht, dass wir uns mit dem Deutschland von 1939 identifizieren müssen - oder überhaupt mit "Deutschland".

Darth Nefarius hat geschrieben:Es ist ja keine Verharmlosung, wenn man relativiert und erkennt, dass der Rest der Welt schon immer so war.

Vielleicht haben manche von uns dem Rest der Welt etwas voraus?

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich halte die viel radikalere Form des Patriotismus der USA für wesentlich bedenklicher, weil diese Nation offenslichtlich keine Skrupel in Sachen Kriegserklärungen zu haben scheint und es für ihr gutes Recht hält.

Der Patriotismus in den USA ist hochproblematisch, und trotzdem halte ich ihn, genau wie den britischen und französischen für ungefährlicher als den deutschen, weil die USA, ähnlich wie die Briten und Franzosen, einen Verfassungspatriotismus pflegen, der sich viel weniger mit primordialen Eigenschaften zu tun hat, als der deutsche, der traditionell in einer sehr ethnisch definierten Tradition steht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Somit muss man das Problem nicht nur auf Deutschland, sondern auf die gesamte Welt beziehen, wie will man dem so umfassend Einhalt gebieten, wenn es schon nicht mehr in Deutschland funktioniert?

Wir sind aber hier und können erstmal vor allem etwas am Nationalismus unserer eigenen Gesellschaft etwas ändern. Natürlich ist Nationalismus ein Problem der Moderne insgesamt, das ändert aber nichts daran, dass wir zuallererst unseren eigenen Hof zu kehren haben.

Darth Nefarius hat geschrieben:In einer bekannten Talkshow war zu dieser Diskussione ein Amerikaner eingeladen, der meinte, es sei nichts Unübliches, wenn die eigene Fahne verbrannt werden würde (auf die Situation nach einem Fußballspiel hin, nach dem eine deutsche Flagge verbrannt wurde). Dieser nahm es unrefliektiert gelassen und meinte, die Amerikaner hätten sich schon an sowas gewöht und das sollten die Deutschen auch, ohne sich zu fragen, warum so viele der amerikanischen Flaggen verbrannt werden.

Es ist sicherlich sinnvoll, nicht die Gelassenheit zu verlieren, wenn das eigene nationale Symbol attackiert wird. Würde man sich provozieren lassen, würde man genau den Nationalismus offenbaren, der das Problem ist. Trotzdem heißt das noch lange nicht, dass die "Schändung" nationaler Symbole unproblematisch wäre, weil realer Hass dahintersteckt, der nicht weggeht, bloß weil man Flaggenverbrennen als Normalfall hinnimmt. Die demonstrative Gleichgültig dem USA-Hass gegenüber, die der US-Amerikaner deiner Darstellung nach an den Tag gelegt hat, finde ich darüberhinaus sehr besorgniserregend. Ich bin ganz im Gegenteil der Meinung, dass man jedesmal genau hinschauen muss, wenn irgendwo Leute derart offen ihrem Hass nachgeben. Da steckt meist mehr dahinter.
Benutzeravatar
Nanna
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 3338
Registriert: Mi 8. Jul 2009, 19:06

Re: Grüne Jugend

Beitragvon Vollbreit » Sa 30. Jun 2012, 22:18

Darth Nefarius hat geschrieben:In einer bekannten Talkshow war zu dieser Diskussione ein Amerikaner eingeladen, der meinte, es sei nichts Unübliches, wenn die eigene Fahne verbrannt werden würde (auf die Situation nach einem Fußballspiel hin, nach dem eine deutsche Flagge verbrannt wurde). Dieser nahm es unrefliektiert gelassen und meinte, die Amerikaner hätten sich schon an sowas gewöht und das sollten die Deutschen auch, ohne sich zu fragen, warum so viele der amerikanischen Flaggen verbrannt werden.


Die Sendung war "Hart aber fair", ich habe sie auch gesehen und Deine Interpretation ist völliger Unfug.
Benutzeravatar
Vollbreit
 
Beiträge: 2413
Registriert: Mi 30. Nov 2011, 11:48

Re: Grüne Jugend

Beitragvon xander1 » So 1. Jul 2012, 07:47

Nanna hat geschrieben:
xander1 hat geschrieben:Ich glaube Deutschland ist das einzige Land, das sich damit so schwer tut.

Das ist das Standardargument in solchen Diskussionen und gleichzeitig so ziemlich das schlechteste. Was für eine Beweiskraft haben denn die Zustände im Rest der Welt? Deutschland ist eines der atheistischen Länder, aber hier im Forum hat noch keiner die Religion verteidigt mit dem Argument, dass andere Länder religiöser geprägt sind.

Japan hat auch den zweiten Weltkrieg verloren. Was machen die? Die feiern ihre Kriegshelden, quasi solche wie Göbbels. Sie sagen nicht Entschuldigung zu China. Ich sage nicht, dass wir es genauso machen sollen. Die Zustände im Rest der Welt haben zwar keine Beweiskraft, aber eine Meinung ist kein Zustand in einem Land, sondern eine Meinung. In der Argumentation ist jedoch das Mehrheitsargument nicht so gut, wie das Autoritätsargument. Da gebe ich dir Recht. Dafür habe ich jedoch im Anschluss erklärt, warum Deutschland das einzige Land ist, das sich damit so schwer tut, weil ich das weiß.

Nanna hat geschrieben:Du hattest mit überhaupt niemandem Krieg. Diese "Wir hier, dort die anderen"-Sprache ist das Problem,

Unsinn. Meine Vorfahren haben Krieg gehabt und das lassen andere Länder auf uns sitzen. So ist es nunmal, ob du das wahr haben willst oder nicht. Nicht umsonst machen andere Länder Gedenkfeiern zum Sieg über Nazideutschland. Sie sagen auch, dass sie die Nazis besiegt haben und nicht die Deutschen. Das ist mir bekannt.

Und wenn ich mit niemanden Krieg hatte, könnte man mit deiner Argumentation ja gleich wieder patriotistisch und nationalistisch sein.

Nanna hat geschrieben: nicht irgendwelche geopolitischen Gemengelagen.

Nur eine Aussage und kein Argument.

Nanna hat geschrieben: Dass wir als Gesellschaft aufgrund des Nationalsozialismus eine Verantwortung haben, heißt nicht, dass wir uns mit dem Deutschland von 1939 identifizieren müssen - oder überhaupt mit "Deutschland".

Du redest von identifizieren und nicht ich. Du legst mir damit etwas in den Mund. Beachte den Unterschied zwischen der Geschichte der Deutschen und identifizieren. Mal zu Erklärung: Die Hexenverbenner gehören zur Geschichte Deutschlands, aber wir identifizieren uns mit ihnen nicht.

Noch ein Argument bezüglich der anderen Länder bzwgl. 2. Weltkrieg und einem EU-Land. Griechenland fordert noch heute teure Wertgegenstände zurück, das Deutschland im 2. Weltkrieg gestohlen hat. Oder: Griechenland und noch ein anderes EU-Land haben beim Internationalen Gerichtshof erfolglos gegen Deutschland geklagt, weil sie Reparationen haben wollten. Begründung des Gerichts: Das Deutsche Reich müsste zahlen und ist nicht die BRD.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Grüne Jugend

Beitragvon stine » So 1. Jul 2012, 09:14

In Anbetracht dessen, wieviele Babys nach dem Halbfinale bei der WM geboren wurden, würde ich sagen, dass ein euphorisches WIR-Gefühl durchaus auch aufblühende Folgen für ein Land haben kann.
Ausschreitungen, wie die fanatischer Hooligans, sind allerdings weniger angebracht, das hat aber letztlich nichts mit Nationalstolz zu tun, sondern mit potentieller Schlägerwut, die sich dort endlich Luft machen kann. Brot und Spiele - das hat noch immer funktioniert. Dämpfende, warnende Gegenstimmen zeugen doch nur von der Angst vor Nationalismus gestrigen Ausmaßes. Wir sind leider als Volk immer noch nicht so weit, dies verarbeitet zu haben. Vielleicht auch deswegen, weil man den Holocaust auch allen nachfolgenden Generationen immer wieder aufs Brot schmiert.
Ich frage mich manchmal schon, wie man gegen die katholisch verordnete Erbsünde wettern kann und selber eine politische Urschuld aufrecht erhält. Vielleicht sollten wir uns mal politisch taufen und Freisprechen lassen. :^^:

LG stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Grüne Jugend

Beitragvon Darth Nefarius » So 1. Jul 2012, 12:00

xander1 hat geschrieben:Du musst die Zusammenhänge sehen. Wegen der Situation Deutschlands, dem zweiten Weltkrieg, und dem Ausland, REagiert die grüne Jugend so sensibel auf das Thema. Das ganze mit dem zweiten Weltkrieg ist ein Kommunikationswechselspiel und auch nicht, zwischen Ausland und Deutschland. Auch nicht gesagtes, sondern von manchen gedachtes im Ausland spielt dabei eine Rolle.

Ich sehe da alle angemessenen Zusammenhänge. Die Grüne Jugend ist übersensibel und wir haben mit diesen Ereignissen nichts mehr zu tun, wir tragen keine Schuld und haben genausoviel Verantwortung wie alle anderen. Das Flaggezeigen stört die Deutschen am meisten, was wirklich im Ausland nicht gut ankommt, ist die Politik in Europa. Wie gesagt, die meisten (auch im Ausland) können diese Diskussion wohl überhaupt nicht verstehen. Ich erinnere daran, dass Deutschland immer noch weltweit sehr beliebt ist, es ist aber auch nicht schwer, wenn so ziemlich jedes Land sich an politischen Fehlentscheidungen (Deutschland gewiss auch, aber zumindest sind die Rechtspopulisten sehr schwach, in vielen europäischen Ländern ist das anders) unterbietet.
xander1 hat geschrieben:Die Talkshow habe ich gesehen. Deswegen habe ich auch geschrieben: "Menschen anderer Länder finden unsere kritischen Aussagen bezüglich des Fußballpatriotismusses merkwürdig." , wegen dem Amerikaner.

Ja, und wieso sollte man bitte dieses Flaggezeigen hier ernster nehmen als in den USA oder sonstwo? Die Geschichte ist kein Argument, lange nicht mehr fürs Ausland, deswegen sollte es auch nicht mehr fürs Innland entscheidend sein.
Nanna hat geschrieben:Vielleicht haben manche von uns dem Rest der Welt etwas voraus?

Damit willst du doch nicht diesen 68-er Abklatsch, die Grüne Jugend, meinen? Wie gesagt, ihre Kritik ist unreflektiert und viel zu einseitig. Ihnen wird nicht klar, dass z. Bsp. auch Religion fließende Übergänge zum Hass bietet. Wieso gehen sie dann nicht gegen das Beten vor? Sie erkennen nicht, dass man manchmal keine Wahl hat, als gewisse abgeschwächte Formen von zweifelhalftem Verhalten dulden muss, damit man selbst nicht das wird, was man verachtet.
Nanna hat geschrieben:Der Patriotismus in den USA ist hochproblematisch, und trotzdem halte ich ihn, genau wie den britischen und französischen für ungefährlicher als den deutschen, weil die USA, ähnlich wie die Briten und Franzosen, einen Verfassungspatriotismus pflegen, der sich viel weniger mit primordialen Eigenschaften zu tun hat, als der deutsche, der traditionell in einer sehr ethnisch definierten Tradition steht.

Ha! Der war gut! Und wieso hat Sarkozy einen Burkaverbot durchgesetzt? Wieso war und ist Obamas Staatsangehörigkeit immer noch so ein brisantes Thema? Wieso ist ein schwarzer Junge in den USA erschossen worden, weil er eine Kapuze trug und wieso ist der Täter freigekommen? Wieso kommt der Begriff "Skinheads" aus GB? Ich sehe auch bei diesen Ländern keinen Verfassungspatriotismus, uns sind nur nicht deren ethnische Konflikte so präsent, weil wir dort nicht leben.
Nanna hat geschrieben:Wir sind aber hier und können erstmal vor allem etwas am Nationalismus unserer eigenen Gesellschaft etwas ändern. Natürlich ist Nationalismus ein Problem der Moderne insgesamt, das ändert aber nichts daran, dass wir zuallererst unseren eigenen Hof zu kehren haben.

Das ist nur praktisch nicht durchsetzbar, weil unser Hof so klein ist und Fähnchenschwingen beim Fußball einfach kein angemessener Anlass dafür ist. Nochmal die Frage: Warum dann nicht auch gegen andere Ideologien vorgehen, die Potential zur Radikalität und Aggression bieten? Warum nicht gegen die Religion, gegen den Sozialismus, gegen die Linken, die Grünen, die Liberalen? Ich denke, man muss lernen einfach mit harmloseren Derivaten umzugehen.
Nanna hat geschrieben:Trotzdem heißt das noch lange nicht, dass die "Schändung" nationaler Symbole unproblematisch wäre, weil realer Hass dahintersteckt, der nicht weggeht, bloß weil man Flaggenverbrennen als Normalfall hinnimmt. Die demonstrative Gleichgültig dem USA-Hass gegenüber, die der US-Amerikaner deiner Darstellung nach an den Tag gelegt hat, finde ich darüberhinaus sehr besorgniserregend. Ich bin ganz im Gegenteil der Meinung, dass man jedesmal genau hinschauen muss, wenn irgendwo Leute derart offen ihrem Hass nachgeben. Da steckt meist mehr dahinter.

Ja, ich habe doch auch angemgerkt, dass dem Typen scheissegal ar, warum sein Land gehasst wird. Diese Ignoranz hat mich erschüttert.
Vollbreit hat geschrieben:Die Sendung war "Hart aber fair", ich habe sie auch gesehen und Deine Interpretation ist völliger Unfug.

Dann biete doch deine Interpretation auf seine Gleichgültigkeit an! Er hat ja erzählt, dass seine deutsche Frau bei dem Anblick der Verbrennung einer Deutschlandflagge geweint habe und meinte allenernstes sie damit trösten zu können, dass er "willkommen im Club" sagte. Dieser Gast war einfach ein Griff ins Klo, weil er Nationalsozialismus nicht von Nationalismus unterscheiden konnte und Flaggenverbrennung allgemein nicht ernst nahm und nicht reflektierte, warum das getan wird (ob nun bei seinem Land oder anderen).
xander1 hat geschrieben:Unsinn. Meine Vorfahren haben Krieg gehabt und das lassen andere Länder auf uns sitzen. So ist es nunmal, ob du das wahr haben willst oder nicht.

Es ist eben kein Unsinn, wenn deine Vorfahren einen Krieg geführt haben, den du nicht zu verantworten hast. Du hast keine Verantwortung. Ich persönlich habe nichtmal diese Art von Schuld, weil meine Vorfahren unter vielen anderen auch Wolgadeutsche waren, die nichts mit dem Krieg zu tun hatten, aber allein weil sie deutsch waren, in der Sowjetunion mit Repressionen zu rechnen hatten (wenn nicht mit dem Tod, wie bei meinem Urgroßvater). Ist das keine Ironie? Und, wen soll ich dafür verantwortlich machen? Die Nachfahren der Russen, die das ausführten, oder dich, weil du ein Nachfahre derjenigen bist, die das erst veranlassten? Das ist einfach unsinnig und die meisten Länder, gerade Israel, Frankreich, Polen, Russland halten Deutschland längst nicht mehr für einen Feind.
Die Vorstellung der Erbsünde ist ein religiöses Empfinden, über das man hinwegkommen muss.
Benutzeravatar
Darth Nefarius
 
Beiträge: 2625
Registriert: Di 22. Nov 2011, 16:23

Re: Grüne Jugend

Beitragvon Celtic » Mo 2. Jul 2012, 12:09

Als bekennender Fußballfan bin ich froh, daß das Spektakel der EM endlich vorbei ist. Auf den "Public-Viewing"-Veranstaltungen habe ich relativ wenig Fußballfans, sondern überwiegend Ballermann-Publikum getroffen. Der überwiegende Teil davon hatte weder vom Spiel noch vom Hintergrund irgendeine Ahnung - und nach dem EM-Finale motten die meisten ihre Fanutensilien bis zur WM in Brasilien wieder ein. Und das ist gut so.

Der Schritt vom Patriotismus (=Anfeuern der eigenen Mannschaft) zum Nationalismus (=Abwertung des Gegners) ist sehr klein. Wenn die Leute eine schwarz-rot-goldene Party feiern wollen, habe ich nichts dagegen. Wenn sie sich alberne Fähnchen ans Auto stecken - meinetwegen. Wenn sie anfangen, sich für Fußballspiele zu begeistern - ist auch okay. Nur wenn man wegen einer (sportlich nicht unverdienten) Niederlage die feiernden Italiener in der Nachbarschaft anpöbelt und sie mit Spaghettis bewirft, dann ist die Grenze überschritten.

Ich kann die kritische Sichtweise der Grünen Jugend nachvollziehen - auch wenn sie nicht ins allgemeine glückselige Fähnchenschwenken paßt, ausgesprochen unglücklich formuliert ist und zum größtmöglich ungünstigen Zeitpunkt kommt. Unmittelbar vor oder während einer EM macht man sich mit so was keine Freunde.... aber das muß der Grünen-Nachwuchs anscheinend noch lernen. :fussballgott:
Benutzeravatar
Celtic
 
Beiträge: 152
Registriert: Fr 25. Nov 2011, 19:36
Wohnort: Südpfalz

Re: Grüne Jugend

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 2. Jul 2012, 16:37

Celtic hat geschrieben:Ich kann die kritische Sichtweise der Grünen Jugend nachvollziehen - auch wenn sie nicht ins allgemeine glückselige Fähnchenschwenken paßt, ausgesprochen unglücklich formuliert ist und zum größtmöglich ungünstigen Zeitpunkt kommt. Unmittelbar vor oder während einer EM macht man sich mit so was keine Freunde.... aber das muß der Grünen-Nachwuchs anscheinend noch lernen. :fussballgott:

Meinst du nicht, dass sie mit Scheuklappen argumentieren und andere fließende Übergänge einfach ignorieren? Ich kann deren Grundproblem auch nachvollziehen, aber es lohnt sich nicht dagegen vorzugehen, solange es eine harmlose Form ist und es ebensoviele andere Ideologien gibt, die Wachsamkeit erfordern.
Benutzeravatar
Darth Nefarius
 
Beiträge: 2625
Registriert: Di 22. Nov 2011, 16:23

Re: Grüne Jugend

Beitragvon xander1 » Mo 2. Jul 2012, 18:53

Darth Nefarius hat geschrieben:
Celtic hat geschrieben:...

Meinst du nicht, dass sie mit Scheuklappen argumentieren und ...


An dem Punkt stimme ich mit dir mal überein. Junge Menschen die grün sind hatten bei mir (es waren nicht viele) den Eindruck erwecken lassen, dass sie mit ideologischen Scheuklappen durch die Gegend rennen. Z.B. dass auch "Umweltunternehmen" sowas wie legale Korruption oder anderweitig Gelder fließen würden die schlicht für unmöglich halten. Ist das gut für die Umwelt? Das kommt auf den Fall an.

Man versucht schon im Kindesalter mit Zeitschriften die Liebe zur Natur zu wecken (Zeitschrift Tierfreund), weil es einen Nutzen für die Umwelt und so Zeug hat. Ich finde die Umweltideologie fördert eher undiskutierbare Moral als diskutierbare Ethik.

Letztendlich ist die Umweltliebe mindestens teils nur ein Eigennutz, weil wir die Umwelt brauchen, um gut zu leben und um überhaupt zu leben. Warum wollen wir nicht, dass zum Beispiel Affen aussterben? Ganz einfach: Man würde sich als Spezies Mensch schuldig fühlen, wenn es die Zivilisation war, die dazu geführt hat.

Typisch für die grüne Ideologie ist eine Wir-Schuld. Und wegen der Wir-schuld, die man besonders in Sachen Umwelt findet, ist das Wir-Schuld-Prinzip unserer Geschichte ein Gefühl in das man sich als Grüner so richtig schön schuldig fühlen darf. Wenn es noch andere Dinge gibt, bei dem man sich so richtig schön gemeinsam schuldig fühlen kann, dann werden sie die jungen Grünen drauf stürzen.

Grün sein - Seele reinwaschen. Einer der ehemamaligen Gründer von Greenpeace sagt, dass Menschen Greenpeace beitreten, um sich gut zu fühlen.

Sowas gibts noch heute im Katholizismus: Die Beichte, also ein Mittel der Reinheit ein Stück näher zu kommen. Mal wieder eine Paralle von Religion und Ideologie.



Anstelle zu sagen, dass Patriotismus zu Nationalismus führen kann, sollte man lieber fragen, ob Patriotismus zu einem Zusammenhalt in der Gesellschaft führt, der jedem nützen kann.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Grüne Jugend

Beitragvon Darth Nefarius » Di 3. Jul 2012, 12:57

xander1 hat geschrieben:Man versucht schon im Kindesalter mit Zeitschriften die Liebe zur Natur zu wecken (Zeitschrift Tierfreund), weil es einen Nutzen für die Umwelt und so Zeug hat. Ich finde die Umweltideologie fördert eher undiskutierbare Moral als diskutierbare Ethik.

Normalerweise beansprucht auch jede Ethik, dass sie indiskutabel ist (/allgemeingültig ist), aber ich verstehe, was du meinst und stimme zu.
xander1 hat geschrieben:Typisch für die grüne Ideologie ist eine Wir-Schuld. Und wegen der Wir-schuld, die man besonders in Sachen Umwelt findet, ist das Wir-Schuld-Prinzip unserer Geschichte ein Gefühl in das man sich als Grüner so richtig schön schuldig fühlen darf. Wenn es noch andere Dinge gibt, bei dem man sich so richtig schön gemeinsam schuldig fühlen kann, dann werden sie die jungen Grünen drauf stürzen.

Ja, die Schuld ist ein sehr altes und auch religiöses Motiv. Mich besorgt der Charakter der Religion an dieser Bewegung.
xander1 hat geschrieben:Anstelle zu sagen, dass Patriotismus zu Nationalismus führen kann, sollte man lieber fragen, ob Patriotismus zu einem Zusammenhalt in der Gesellschaft führt, der jedem nützen kann.

Nun, ich würde das Gefühl des Patriotismus nicht fördern wollen, weil ich ihn auch für bedenklich halte, aber ihn zumindest zu tolerieren wie den Katholizismus. Auch die Religion hat einen gewissen Nutzen, aber wie beim Patriotismus sehe ich ein viel zu negatives Potential, um ein Fürsprecher zu sein.
Benutzeravatar
Darth Nefarius
 
Beiträge: 2625
Registriert: Di 22. Nov 2011, 16:23

Re: Grüne Jugend

Beitragvon xander1 » Di 3. Jul 2012, 15:18

Ich glaube Patriotismus ist ein sehr weit gefasster Begriff. Ich kannte ihn mal darunter für das Vaterland sterben zu wollen, wenns nötig ist. (schaut mal jemand anders in Wikipedia. Bin zu faul.) Die Fußballfans erscheinen mir nicht so. Sie erhöhen ihren Stolz in sich, indem sie auf das Vaterland stolz sein können, durch Siege anderer Menschen in Sportwettkämpfen. Eigentlich gibts sowas in allen Ländern. Anscheinend ist das auch Patriotismus. Trotzdem finde ich beides grundverschieden: Kämpfen fürs Vaterland, wenns sein muss, und Eifern und Hoffen fürs Vaterland.

Und Nationalismus ist auch nicht gleich KZs bauen. Wir hatten Faschisten als Nationalisten. Auch da gibt es möglicherweise eine weit gefasste Definition.

Heutige Jugendliche Nationalisten werden aus Gründen ihrer Pubertät zu Nationalisten und wollen provozieren bezüglich drittes Reich etc. usw.
Schon deshalb haben die Deutschen ein ganz anderes Verständnis für Nationalismus.

Wenn dann ein Amerikaner in diese öfftl.-rechtl. Sendung kommt, dann kennt er anscheind auch nicht unseres Begriffsverständis. Er hat in der Sendung Nationalismus verwechselt mit Nationalsozialismus. Es ist ja nicht so, dass Patriotismus sofort zu Nationalsozialismus überschwenkt. Dazwischen gibts noch Stufen, wie den Nationalismus.

Die Patrioten (nicht Faschisten) im zweiten Weltkrieg hatten auch Moral. Es gab einige, die nicht glauben wollten, dass KZs gebaut wurden sind. Die Juden widerum behaupten, dass diese das nicht sagen können, weil sie Argumente haben, dass die Deutschen davon gewusst haben müssten. Ein entfernter Verwandte meinte vor langer Zeit, dass ein Deutscher sowas nie machen würde (KZs). Aber das ist ein anderes Thema.
Benutzeravatar
xander1
 
Beiträge: 2825
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 07:52

Re: Grüne Jugend

Beitragvon Celtic » Di 3. Jul 2012, 16:02

xander1 hat geschrieben:Ich glaube Patriotismus ist ein sehr weit gefasster Begriff. Ich kannte ihn mal darunter für das Vaterland sterben zu wollen, wenns nötig ist. (schaut mal jemand anders in Wikipedia. Bin zu faul.) Die Fußballfans erscheinen mir nicht so. Sie erhöhen ihren Stolz in sich, indem sie auf das Vaterland stolz sein können, durch Siege anderer Menschen in Sportwettkämpfen. Eigentlich gibts sowas in allen Ländern. Anscheinend ist das auch Patriotismus. Trotzdem finde ich beides grundverschieden: Kämpfen fürs Vaterland, wenns sein muss, und Eifern und Hoffen fürs Vaterland.


Patriotismus kann man mit etwas altbacken mit "Vaterlandsliebe" umschreiben. Das bedeutet jedoch noch nicht zwingend einer Abwertung anderer Nationen.

Dieser Patriotismus spielt im Fußball eine ganz wichtige Rolle, im Vereinsfußball ist es aber i.d.R. Lokalpatriotismus. Das heißt die Fußballfans identifizieren sich i.d.R. mit einem Verein aus ihrer Region. Ein Pfälzer geht normalerweise nur zum 1.FCK - und wer sich für den KSC, Waldhof Mannheim, Mainz 05, Eintracht Frankfurt oder den 1.FC Saarbrücken entscheidet, wird zumindest verwundert und fragend angeschaut. Nur die ganz großen und ganz erfolgreichen Clubs wie der FC Bayern, BVB und Schalke oder Gladbach (wegen ihrer Glanzzeiten aus den 70ern) finden überregional Fans.

Der Stolz der Fans steht und sinkt mit dem Erfolg ihres Vereins. Das heißt, der Erfolg der Mannschaft wird aufs eigene Leben übertragen - obwohl man als Fan objektiv betrachtet nur sehr wenig dazu beigetragen hat. Wenn man sich das entsprechende Trikot überzieht, zieht man damit auch den Erfolg oder das Image eines Vereins mit über. So weit ist alles noch im Bereich des Patriotismus und damit m.E. noch ziemlich unbedenklich und relativ harmlos.

Problematisch wird das ganze erst, wenn der Patriotismus in Nationalismus kippt. Das heißt wenn ich andere Fans abwerte, nur weil sie andere Farben tragen. Das kann bis hin zu offenem Haß gehen. Im Fußball gibt es etliche sehr plakative Beispiele für solche Haß-Rivalitäten: BVB-Schalke, Celtic-Rangers, oder auch im kleinen FCN-Fürth oder KSC-VfB. Dann kann es dir passieren, daß du völlig grundlos in eine Schlägerei verwickelt wirst, nur weil du mit dem falschen Schal an der falschen Stelle bist. Und schon hat man die häßliche Seite des Nationalismus am eigenen Leib erlebt. Und wegen dieser Nähe zum Nationlismus werben Nazis auch gerne in Fußballstadien.... wenn man nichts dagegen tut.

Und dieser Punkt, wo das ganze zu kippen beginnt, ist sehr schnell erreicht. Da braucht man nur ein wichtiges Spiel, ein paar fragwürdige oder falsche Schiedsrichterentscheidungen - und schon heizt sich das ganze auf. Und manche Fans sind dann nur mit Vernunft und Argumenten kaum noch wieder runterzukriegen.

Ich sehe diesen Patriotismus ziemlich kritisch, weil ich schon oft selbst miterlebt habe, wie schnell das ganze in einer aufgeheizten Atmosphäre kippen kann.
Benutzeravatar
Celtic
 
Beiträge: 152
Registriert: Fr 25. Nov 2011, 19:36
Wohnort: Südpfalz

Re: Grüne Jugend

Beitragvon Darth Nefarius » Di 3. Jul 2012, 17:02

xander1 hat geschrieben:Ich kannte ihn mal darunter für das Vaterland sterben zu wollen, wenns nötig ist. [...] Die Fußballfans erscheinen mir nicht so. Sie erhöhen ihren Stolz in sich, indem sie auf das Vaterland stolz sein können, durch Siege anderer Menschen in Sportwettkämpfen. Eigentlich gibts sowas in allen Ländern. Anscheinend ist das auch Patriotismus. Trotzdem finde ich beides grundverschieden: Kämpfen fürs Vaterland, wenns sein muss, und Eifern und Hoffen fürs Vaterland.

Nicht der Begriff, sondern der Umgang mit dieser Einstellung ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Manche neigen grundsätzlich zum Fanatismus, andere nicht, viele durchdenken ihren Glauben nicht und erkennen keine Widersprüche.
xander1 hat geschrieben:Heutige Jugendliche Nationalisten werden aus Gründen ihrer Pubertät zu Nationalisten und wollen provozieren bezüglich drittes Reich etc. usw.
Schon deshalb haben die Deutschen ein ganz anderes Verständnis für Nationalismus.

Nun, ich denke da gilt wieder das Gleiche: Manche sind wesentlich radikaler und neigen zum Fanatismus und dann auch zur Aggression. Du solltest solche Sachen nicht als Symptom der Pubertät betrachten.
xander1 hat geschrieben:Wenn dann ein Amerikaner in diese öfftl.-rechtl. Sendung kommt, dann kennt er anscheind auch nicht unseres Begriffsverständis. Er hat in der Sendung Nationalismus verwechselt mit Nationalsozialismus. Es ist ja nicht so, dass Patriotismus sofort zu Nationalsozialismus überschwenkt. Dazwischen gibts noch Stufen, wie den Nationalismus.

Ach, er war einfach fehl am Platz und kannte einfach nicht die Geschichte, um eine fundierte Meinung haben zu können, er war einfach ein Amerikaner, der nur sich selbst sieht. Und der Begriff "Nationalsozialismus" ist nicht die Endstufe von Nationalismus, sondern nur eine propagandistisch kluge EInbeziehung der Arbeiter und damit ein Teil der linken Wählerschaft, das "-sozial-" kannst du klar rausstreichen, es hatte keine Bedeutung.
xander1 hat geschrieben:Die Patrioten (nicht Faschisten) im zweiten Weltkrieg hatten auch Moral. Es gab einige, die nicht glauben wollten, dass KZs gebaut wurden sind.

Ja, deswegen sollte man erkennen, dass Moral oder Ethik nur leere Begriffe sind, Illusionen, die wie unsere Willkür nur subjektiv sind. Ich lehne Moral ab, die Verweigerung Situationen spezifisch zu bewerten und nur nach Dogmen, die schlecht begründet sind, zu agieren, ist Moral. Darüber sollte ein intelligenter Mensch hinauswachsen.
Die Juden widerum behaupten, dass diese das nicht sagen können, weil sie Argumente haben, dass die Deutschen davon gewusst haben müssten. Ein entfernter Verwandte meinte vor langer Zeit, dass ein Deutscher sowas nie machen würde (KZs). Aber das ist ein anderes Thema.

Nein, es gehört auch zum Phänomen der nationalistischen Ideologie und deren Moralvorstellungen: Der Selbstbetrug, das Leugnen und das Überhöhen des eigenen Volkes.
Celtic hat geschrieben:Patriotismus kann man mit etwas altbacken mit "Vaterlandsliebe" umschreiben. Das bedeutet jedoch noch nicht zwingend einer Abwertung anderer Nationen.

Da fällt mir der Filmspruch ein:
"Das ist nichts Persönliches." und dann wird abgedrückt. Mir ist völlig egal, ob jemand wirklichen Hass für sein Gegenüber empfindet, solange er friedlich bleibt. Wenn allerdings ganz kaltblütig Schaden angerichtet wird, betrachte ich das als Bedrohung. Ich denke, dass diese kaltblütige Einstellung auch unter Nationalisten verbreitet ist, nicht nur der pure Hass. Und, sind sie deswegen harmloser?
Hass spielt keine primäre Rolle für die Aktionen.
Celtic hat geschrieben:Dieser Patriotismus spielt im Fußball eine ganz wichtige Rolle, im Vereinsfußball ist es aber i.d.R. Lokalpatriotismus. Das heißt die Fußballfans identifizieren sich i.d.R. mit einem Verein aus ihrer Region. Ein Pfälzer geht normalerweise nur zum 1.FCK - und wer sich für den KSC, Waldhof Mannheim, Mainz 05, Eintracht Frankfurt oder den 1.FC Saarbrücken entscheidet, wird zumindest verwundert und fragend angeschaut.

Wegen solcher GEschichten kann ich mit Fußball Nichts anfangen. :crystalball: Dieses Phänomen müsste man mal populationsbiologisch untersuchen. Sind diese Gemeinden wirklich so inzestuös?
Benutzeravatar
Darth Nefarius
 
Beiträge: 2625
Registriert: Di 22. Nov 2011, 16:23

Re: Grüne Jugend

Beitragvon stine » Mi 4. Jul 2012, 07:19

Celtic hat geschrieben:Dieser Patriotismus spielt im Fußball eine ganz wichtige Rolle, im Vereinsfußball ist es aber i.d.R. Lokalpatriotismus. Das heißt die Fußballfans identifizieren sich i.d.R. mit einem Verein aus ihrer Region. Ein Pfälzer geht normalerweise nur zum 1.FCK - und wer sich für den KSC, Waldhof Mannheim, Mainz 05, Eintracht Frankfurt oder den 1.FC Saarbrücken entscheidet, wird zumindest verwundert und fragend angeschaut.
60er gegen Bayern,
Hundebesitzer gegen Katzenliebhaber,
Familien gegen Dinkis,
Arbeiter gegen Beamte und Sozialmittelbezieher,
Bauern gegen Städter,
die Gruppendefinition ist nach unten beliebig offen. Das Ganze kann man bis auf die eigene Person herunterzubrechen, die am Ende alles alleine richtig macht. Und genau das ist der Punkt, warum Sozialpolitik so ein empfindliches Pflänzchen ist. Der Versuch der Gleichmacherei ist aber dennoch keine befriedigende Lösung, weil es bei jedem einen bestimmten Punkt der eigenen Abgrenzung gibt. Bis hierher und nicht weiter. Man lässt sich nicht gerne vereinnahmen.

Celtic hat geschrieben:Nur die ganz großen und ganz erfolgreichen Clubs wie der FC Bayern, BVB und Schalke oder Gladbach (wegen ihrer Glanzzeiten aus den 70ern) finden überregional Fans.
Nur beim nationalen Fußballl fühlen sich die 60er und die Bayern, die Hundebesitzer und die Katzenliebhaber, die Familien und die Dinkis, die Arbeiter, die Beamten und die Sozialmittelbezieher, die Bauern und die Städter wieder überregional verbunden.
Das ist es, was die Sozialpolitik so niemals hinbekommt.

:wink: stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Re: Grüne Jugend

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 4. Jul 2012, 16:05

stine hat geschrieben:Der Versuch der Gleichmacherei ist aber dennoch keine befriedigende Lösung, weil es bei jedem einen bestimmten Punkt der eigenen Abgrenzung gibt. Bis hierher und nicht weiter. Man lässt sich nicht gerne vereinnahmen.

Viel weniger gerne lässt man sich ausgrenzen, das ist ein wesentlich größeres Problem.
stine hat geschrieben:Nur beim nationalen Fußballl fühlen sich die 60er und die Bayern, die Hundebesitzer und die Katzenliebhaber, die Familien und die Dinkis, die Arbeiter, die Beamten und die Sozialmittelbezieher, die Bauern und die Städter wieder überregional verbunden.
Das ist es, was die Sozialpolitik so niemals hinbekommt.

Zeigt aber gleichzeitig die Verlögenheit des einzelnen Lokalpatrioten, bzw. die Unsinnigkeit des Gefühls. Es sind immer noch irgendwelche internationalen Spieler-Söldner, die nichts mit dem Hunde-/Katzenliebhaber aus Dortmud, Hamburg oder München zu tun haben, die das Spiel verlieren und gewinnen. Sobald sie gewinnen, ist man stolz und assoziiert deren mit der eigenen Leistung. Wenn sie verlieren, hat man nichts mit denen zu tun. Es geht nur um ein kleines Erfolgsgefühl für Menschen, die im richtigen Leben meist versagen.
Benutzeravatar
Darth Nefarius
 
Beiträge: 2625
Registriert: Di 22. Nov 2011, 16:23

Re: Grüne Jugend

Beitragvon stine » Mi 4. Jul 2012, 16:34

Darth Nefarius hat geschrieben:Es geht nur um ein kleines Erfolgsgefühl für Menschen, die im richtigen Leben meist versagen.
Das möchte ich nicht gesagt haben. Es geht darum, sich als Gemeinschaft mit gleichem Interesse (auch wenns nur kurz ist) zu sehen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Viel weniger gerne lässt man sich ausgrenzen, das ist ein wesentlich größeres Problem.
Das passiert, wenn man sich und seine Probleme immer in den Mittelpunkt stellt. Ich kenne eigentlich niemanden, der IMMER ausgegrenzt ist und der NIRGENDWO dazugehört. Sollte ich so jemanden einmal treffen, dann müsste ich auf einen außergewöhnlichen Kauz vorbereitet sein.

:wink: stine
Benutzeravatar
stine
 
Beiträge: 8022
Registriert: Do 27. Sep 2007, 08:47

Nächste

Zurück zu Gesellschaft & Politik

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 12 Gäste