Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leisten?

Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon Gandalf » So 23. Sep 2012, 17:20

provinzler hat geschrieben:
Gandalf hat geschrieben:Ich habe dazu eine sehr interessante Grafik gefunden, die zwar die Einkommensunterschiede in den USA der letzten 100 Jahre thematisiert, aber für uns genauso zutreffen sollte:

In der BRD gibts seit Gründung nur unbedeutende Schwankungen was die Verteilung von Einkommen angeht. Ein paar dutzend Manager und Fußballer machen in einer Statistik die Bevölkerungsdezile a 8 Millionen Leute vergleicht schlichtweg das Kraut nicht fett...


Auf welche Quellen berufst Du Dich da? Mir liegt anderes vor:
http://de.wikipedia.org/wiki/Einkommens ... eutschland

Seit den 1990er Jahren verzeichnet Deutschland, nachdem diese in vorangegangenen Jahren sehr komprimiert war, eine zunehmende Lohnspreizung. Dabei vollzieht sich die Spreizung im oberen Quantil durch enorme Gehaltserhöhungen der Arbeitnehmer mit bereits hohem Einkommen und im unteren Quantil durch fallende Arbeitseinkommen der Un- und Geringqualifizierten. Weiterhin ist zu beobachten, dass sich die Hoch- und die Geringverdiener stark von den mittleren Lohnklassen entfernen.

Ein Einflussfaktor der steigenden Lohnspreizung in Deutschland war die Wiedervereinigung
.


..also Geldemengenausweitung wegen Wiedervereinigung

Hier hat sich jemand die Mühe gemacht die Einkommensentwicklung und Verteilung in Bezug zur Geldmengenausweitung zu setzen:

http://www.meudalismus.dr-wo.de/html/version_2003.htm

Bild



Auch hier das Ergebnis:
Nach alledem bleibt festzustellen, dass die Einkommen des Großteils (rund 95%) der Bevölkerung seit Jahrzehnten wertmäßig stetig geringer werden, selbst wenn sie - gemessen an einem Lebenshaltungsindex - zu wachsen scheinen. Mit anderen Worten: Die Masse der Bevölkerung kann sich im Vergleich zu den Reichen stetig weniger leisten, und sie nimmt folglich immer weniger an der Volkswirtschaft teil. Die wirtschaftliche Bedeutung von 95% der Menschen in Deutschland sinkt seit den 60er Jahren stetig und rapide. Der Einbruch der Konjunktur ist die logische und zwingende Folge.


..und natürlich kommen "die Verursacher", also die Falschgeldhersteller selber, zu ganz anderen "'Erklärungsmodellen":
http://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensverteilung
Die Europäische Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass die Entwicklung des Arbeitseinkommens das Ergebnis einer komplexen Wechselwirkung zwischen technologischem Fortschritt, Organisation des Arbeitsmarktes und in geringerem Maße anderen Triebkräften, etwa der Öffnung des Handels ist.[8]
Wesentlich für die Interpretation der Lohnspreizung ist die Tatsache, dass diese (ähnlich wie die Lohnquote) im Konjunkturverlauf spürbar schwankt. Ein Hauptgrund ist, dass die Einkommen der Beschäftigten in den oberen Quantilen weitaus höhere variable Gehaltsbestandteile beziehen, die mit der Gewinnsituation der Unternehmen schwankt. Weiterhin folgt die Anpassung der Tarifgehälter typischerweise dem Konjunkturverlauf mit einer zeitlichen Verzögerung. Hierdurch steigt die Lohnspreizung am Anfang eines Aufschwungs an, um am Ende des Aufschwungs wieder zu sinken.

Der schankende Konjukturverlauf beinflusst den Konjunkturverlauf und führt zu Lohnspreizungen - toll :rollsmile:
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon provinzler » So 23. Sep 2012, 18:50

Gandalf hat geschrieben:Auf welche Quellen berufst Du Dich da? Mir liegt anderes vor:
http://de.wikipedia.org/wiki/Einkommens ... eutschland

Die Wirtschaftswoche hatte ein Sonderheft zu 60 Jahre soziale Marktwirtschaft, mit unzähligen Grafiken zum Thema. Unter andrem auch die Einkommensverteilung (äquivalenzgewichtetes Nettoeinkommen) nach Dezilen. Die Grafik ging als von 1949 bis 2009 und schwankte für das oberste Dezil in einer Bandbreite von ca. +-10% um den Mittelwert des Einkommensanteils. Hier schwankten die Einkommensanteile auch am stärksten. Für die andren Dezile waren die Schwankungen geringer. Auch die gern angeführte Lohnquote hat sich nach den historisch ungewöhnlich hohen Werten in den 70ern und 80ern lediglich wieder an ihre langfristigen Normalwerte angeglichen.
Viele marktschreierisch beklagte Entwicklungen der letzten Jahre sind lediglich eine "reversion to the mean".
Da ich die Zeitung irgendwann weggeworfen habe, kann ich leider nur noch qualitativ wiedergeben und keine exakten Zahlen mehr liefern.
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon webe » Mo 24. Sep 2012, 23:16

Habt ihr auch mal nach Tabellen Ausschau gehalten, die von der Wirtschaft aufgezwungene Sozialleistungen verfolgen!

Was kostet uns das Contergan-Verbrechen?
Wie weit unsere gesetzlichen Sozialsysteme damit belastet wurden und werden, und jene Betroffene weiterhin nicht richtig entschädigt wurden!

Wirtschaft und Religion haben genug Menschen geschädigt und zu Opfer gemacht! Dafür musste da ssoziale Netz dafür herhalten und die Verursacher vergolden ihren Arsch auf Kosten der Allgemeinheit!

Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat für jene Kriminelle leisten?

-------------------------

Wo ein Wille ist, findet sich auch ein Weg für den Erhalt des Wohlfahrtsstaates, wo aber ein Unwille schwellt, da finden sich unzählige und endlose Gründe, ausgemalt mit bizarren Tabellen und Ergebnissen.
In dieser Richtung arbeiten auch die Religiösen und haben ihren Erfolg.
Es scheint, die Atheisten sind zum Teil religiöser als die Religionen und die Religiösen sind atheistischer als die Atheisten: Siehe ihr Erfolg-Kapitalhochertrag und Geistesunterwerfungin breiter Version! :down:
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon provinzler » Di 25. Sep 2012, 02:57

Ich bezweifle sehr, dass derartige Aktivitäten das Problem des deutschen Wohlfahrtsstaats sind. Dessen Hauptproblem ist an allen Fronten (Rente, GKV, PV) die demografische Situation in der sich die Relation Einzahler zu Auszahler permanent verschlechtert.
Das ist pure Mathematik und völlig ideologiefrei.

Dein Kapitalistenbild ist übrigens hochamüsant. :lachtot:
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon provinzler » Mo 5. Nov 2012, 13:45

Apropos Vermögensverteilung. Die diesbezüglichen Statistiken haben übrigens alle den gleichen methodischen Fehler in der Erhebung. Sie ignorieren den größten Vermögensposten der meisten Menschen, nämlich den versicherungsmathematischen Wert der Renten- und Pensionsansprüche. Wenn ein Selbstständiger zur Altersvorsorge Vermögen geschaffen hat, das 1.000€ im Monat an Einkommen abwirft, dann gilt das als Vermögen. Hat ein Beamter Anspruch auf 2.500€ monatliche Pension bis Lebensende, wird das nicht als Vermögen erfasst. Das ist übrigens auch ein prinzipielles Problem jeder Vermögenssteuer. Es ist eine schlichte Diskriminierung von Selbstständigen und Freiberuflern.
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon stine » Mo 5. Nov 2012, 15:21

Genau, gut nachvollziehbar, wo es klemmt.
Und außerdem stört langsam auch der Ruf nach Arbeitsplätzen, wenn man im Gegenzug nicht das Unternehmertum fördern möchte. Wo, um alles in der Welt, frage ich mich jedesmal, sollen die Arbeitsplätze denn entstehen?

LG stine
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