Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leisten?

Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon provinzler » Sa 15. Sep 2012, 12:31

Zappa hat geschrieben:Das ist schon korrekt, aber die nahmen auch immer an, dass außerhalb der Sphäre des Marktes eine konservative und werteorientierte Gesellschaft die Dinge irgendwie auch im Rahmen hielt. Warum und wie diese Gesellschaft funktioniert und wie genau die Abgrenzung vom Markt und der Gesellschaft definiert werden soll, hat sie kaum Interessiert. Ich wüsste auch nicht, wer je von ihnen ernsthaft thematisiert hätte, was passiert, wenn die Werte der (externen) Gesellschaft mit "dem Markt" in Konflikt geraten. Das Problem wurde ausgeblendet. Auch Röpke, der dieses Schnittstellenproblematik sieht, ja sogar unter ihr leidet, findet da kaum klare Antworten.

Das ist sicherlich richtig. Speziell von Mises merkt man des öfteren die Verwurzlung im kaiserlichen Österreich-Ungarn einhergehend mit bestimmten Wert- oder durchschimmernden Moralvorstellungen an der Zeit und der Kreise in denen er sich bewegte an. Das Problem beginnt eigentlich immer dann, wenn INdividuen oder Gruppen von Individuen sich anmaßen es besser zu wissen als der Markt, da bleiben diejenigen meistens irgendwo zwischen Marx und Murx stecken, weil sie nicht in der Lage sind, die Rückkopplungseffekte zu überblicken...Und schon findet man sich in der Interventionsspirale wieder...
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon stine » Sa 15. Sep 2012, 12:44

provinzler hat geschrieben:Allerdings kann ich mir nicht verkneifen, dass für Länder meistens wirtschafltich in der Tat auch für breite Massen auf mittlere Sicht (10-20 Jahre) nicht zum Schaden gereicht, wenn die Schüler des Liberalismus/Libertarismus irgendwo mal zufällig (meist im Zuge von Umwälzungen) an die Macht gespült wurden...(Erhard, Chicago-Boys, Thatcher...)

Zappa hat geschrieben:Das ist schon korrekt, aber die nahmen auch immer an, dass außerhalb der Sphäre des Marktes eine konservative und werteorientierte Gesellschaft die Dinge irgendwie auch im Rahmen hielt.

Womit wir wieder beim Thema Religion wären, oder?
Die Selbstregulierung eines freien Marktes ist so sicher, wie die Naturgesetze. Ob es dabei Leichen gibt oder nicht, hängt von der Gewissenhaftigkeit seiner Strippenzieher ab. Die "Bildung" dahinter spielt eben immer noch eine große Rolle.

Aber genauso verhält es sich mit dem atheistischen Kommunismus. Wenn Korruption und Machtgeplänkel die Strippenzieher leitet, so ist auch diese Staatsmethode menschenverachtend und keine Alternative zum freien Markt.

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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon provinzler » Sa 15. Sep 2012, 13:26

stine hat geschrieben:Womit wir wieder beim Thema Religion wären, oder?
Die Selbstregulierung eines freien Marktes ist so sicher, wie die Naturgesetze. Ob es dabei Leichen gibt oder nicht, hängt von der Gewissenhaftigkeit seiner Strippenzieher ab. Die "Bildung" dahinter spielt eben immer noch eine große Rolle.

Aber genauso verhält es sich mit dem atheistischen Kommunismus. Wenn Korruption und Machtgeplänkel die Strippenzieher leitet, so ist auch diese Staatsmethode menschenverachtend und keine Alternative zum freien Markt.

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EIns ist richtig. Die Marktgesetze gelten. Ob offen oder verdeckt spielt doch keine Rolle. Sie galten auch im sogenannten kommunistischen Osten. Auch die Menschen dort maximierten ihren Nutzen. Schwarzmarkt und ähnliche Vehikel erhöhen eigentlich nur Intransparenz und Nebenkosten. Und die ökonomischen Gesetze holen auch den größenwahnsinnigen Ikarus auf den Boden der Tatsachen zurück. Der Unterschied liegt in der ANreizstruktur.

Irrt der Privatmann, so irrt er mit dem eigenen Geld.
Irrt der Vorstand eines Unternehmens, so irrt er mit Geld, das ihm Menschen freiwillig anvertraut haben.
Irrt hingegen der Staat, so tut er das mit Geld, das er Menschen gewaltsam abgenommen hat. Und er nimmt die privaten Vermögenswerte noch gleich mit in Haftung für die Fehler.

...

Eine Marktwirtschaft kann das [falsche Entscheidungen verkraften], weil der Irrende ein Feedback erhält. Und wenn die Lehre bloß darin besteht sich von der Börse fernzuhalten. Irgendwann gehen dem Irrenden die Mittel aus, und die Fehlallokation hat ein Ende.
In der Staatswirtschaft gibt es kein Feedback. Wenn der beamtete Bürokrat irrt, dann erhöht er einfach die Steuern.
Die Fehlallokation wird noch vergrößert, indem immer größere Teile der Wirtschaftsleistung in die Ineffizienz abgleiten...
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon Nanna » Sa 15. Sep 2012, 13:31

provinzler hat geschrieben: Das Problem beginnt eigentlich immer dann, wenn INdividuen oder Gruppen von Individuen sich anmaßen es besser zu wissen als der Markt, da bleiben diejenigen meistens irgendwo zwischen Marx und Murx stecken, weil sie nicht in der Lage sind, die Rückkopplungseffekte zu überblicken...Und schon findet man sich in der Interventionsspirale wieder...

Das "weiß" der Libertarismus aber auch nicht. Der Libertarismus nimmt an, dass man den Markt einfach in Ruhe lassen und sein Regelwerk auf alle Teile der Gesellschaft ausdehnen sollte, was in der Summe zu einer Gleichgewichtssituation führen würde. Der Libertarismus, ganz besonders in der anarchischen Variante, begeht hier aber den Fehler, die Gesellschaft nur unter dem Blickwinkel der Ökonomie zu betrachten, also zu behaupten, Ökonomie wäre das einzige Regelwerk und Funktionsprinzip der Gesellschaft. Aber wie wir aus kulturunabhängigen Experimenten wissen, gibt es menschliche Verhaltensweisen (wie Rache für unsoziales Verhalten, wofür teils extreme Kosten auf sich genommen werden, nur um ein anderes Mitglied der Gesellschaft zu sanktionieren), die allen ökonomischen Rationalismen widersprechen. Wir funktionieren eben nicht nur nach ökonomischen Prinzipien und die Wirtschaft ist auch von Fragen betroffen (wie Verteilungsgerechtigkeit), die in der Gesellschaft nach anderen modi verfolgt werden als dem ökonomischen (Luhmanns Systemtheorie hilft hier echt weiter beim grundlegenden Verständnis).

Die Rückkopplungseffekte, von denen du sprichst, sind eben nicht nur ökonomischer Natur. Sicherlich ist der Libertarismus sehr gut darin, ökonomische Regelkreisläufe zu ergründen, aber mit externen Effekten wie der Tatsache, dass Menschen bestimmte Vermögensverteilungen als ungerecht empfinden und sich dagegen mit nicht-ökonomischen Mitteln auflehnen, kommt der Libertarismus nicht gut klar. Auch wenn Gandalf z.B. das gerne impliziert, ist der Libertarismus keine dezidiert politische Theorie, sondern eine hauptsächlich ökonomische, wodurch genau das passiert, was Zappa sagt, nämlich dass Teile der Realität ausgeklammert werden; und zwar Teile, die durchaus auf das ökonomische System einwirken und die man nicht einfach "abschaffen" kann, nur weil sie die Ökonomie an ihrem Funktionieren zu den Bedingungen des Libertarismus hindern.

Du schreibst, Individuen oder Gruppen "maßen sich an" es besser zu wissen als der Markt. Nun, vielleicht stimmt das ja auch manchmal. Wenn die Börse geschlossen wird, weil die Händler vor lauter irrationaler Panik nur noch erratische Entscheidungen treffen, und die Börsenaufsicht zwei Tage wartet, bis sich die Leute wieder beruhigt haben, um einen Crash zu vermeiden, dann ist das vielleicht Interventionismus, hat aber sicher schon die ein oder andere ernste Situation entschärft. Beispiele sollten sich da genug finden lassen. Rückkopplungseffekte sind für niemanden wirklich absehbar, deshalb justiert man in der Politik ja auch dauernd nach (wirkt nach außen manchmal wie planloses Durchwursteln, ist es manchmal sicher auch). Ökonomisch kann man in der Theorie manches durchgehen lassen, aber extreme Crashes, die innerhalb von Tagen ganze Wirtschaftszweige umwälzen, sind nur für die Ökonomen erträglich, nicht unbedingt für die tausenden Betroffenen, die von heute auf morgen ihr Leben umstellen müssen. Stell dir vor, VW ginge morgen pleite, dann würde dem Libertarismus zur Folge ein riesiger Exodus aus Wolfsburg einsetzen, die Menschen würden woanders Arbeit suchen, relativ schnell auch welche finden und alles wäre ökonomisch gesehen wieder gut. Nur ist es in der Realität eben so, dass soziale Netzwerke zerrissen würden, Menschen unter Entwurzelung und Isolation leiden würden, ihrer Sicherheitsgefühle und Routinen beraubt wären und manche vielleicht auch nicht wegziehen wollen würden, weil sie für den Spottpreis, den ihre Immobilien wert wären, nicht verkaufen wollten. Psychologische Studien in der ehemaligen Sowjetunion haben ermittelt, dass radikale wirtschaftliche Umbrüche, wie Anfang der 90er geschehen, die Lebenserwartung der signifikant senken (mal in der Zeitung gelesen, schon ne Weile her) und zu überdurchschnittlich vielen psychischen Erkrankungen führen, weil die Leute da nicht mehr mitkommen. Wenn die Politik in solchen Fällen ein paar Milliarden Subventionen reinbuttern würde, um zumindest die größten sozialen Härten abzufedern, dann würde ich tatsächlich sagen, ja, die wissen es besser als der Markt! Das Funktionieren des Marktes kann nicht allein ein Fetisch sein, dem alles untergeordnet wird in der Hoffnung, dass dann auch alles andere gut werden wird. Manchmal, und gar nicht so selten, muss man intervenieren, um nicht-ökonomische Werte und Interessen zu schützen.
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon provinzler » Sa 15. Sep 2012, 14:03

Nanna hat geschrieben:Das "weiß" der Libertarismus aber auch nicht. Der Libertarismus nimmt an, dass man den Markt einfach in Ruhe lassen und sein Regelwerk auf alle Teile der Gesellschaft ausdehnen sollte, was in der Summe zu einer Gleichgewichtssituation führen würde. Der Libertarismus, ganz besonders in der anarchischen Variante, begeht hier aber den Fehler, die Gesellschaft nur unter dem Blickwinkel der Ökonomie zu betrachten, also zu behaupten, Ökonomie wäre das einzige Regelwerk und Funktionsprinzip der Gesellschaft. Aber wie wir aus kulturunabhängigen Experimenten wissen, gibt es menschliche Verhaltensweisen (wie Rache für unsoziales Verhalten, wofür teils extreme Kosten auf sich genommen werden, nur um ein anderes Mitglied der Gesellschaft zu sanktionieren), die allen ökonomischen Rationalismen widersprechen. Wir funktionieren eben nicht nur nach ökonomischen Prinzipien und die Wirtschaft ist auch von Fragen betroffen (wie Verteilungsgerechtigkeit), die in der Gesellschaft nach anderen modi verfolgt werden als dem ökonomischen (Luhmanns Systemtheorie hilft hier echt weiter beim grundlegenden Verständnis).

Von der EMH in ihrer absoluten Form gehen doch eh nur noch ein paar mathematische Theoretiker im akademischen Elfenbeinturm aus, weil sie ihre schönen mathematischen Formeln sonst in den Müll werfen müssten. LEtztlich sind Märkte eine dynamische Veranstaltungen, bei denen es bei rasanten Änderungen zu einem ÜBerschwingen kommt.

Nanna hat geschrieben:Die Rückkopplungseffekte, von denen du sprichst, sind eben nicht nur ökonomischer Natur. Sicherlich ist der Libertarismus sehr gut darin, ökonomische Regelkreisläufe zu ergründen, aber mit externen Effekten wie der Tatsache, dass Menschen bestimmte Vermögensverteilungen als ungerecht empfinden und sich dagegen mit nicht-ökonomischen Mitteln auflehnen, kommt der Libertarismus nicht gut klar. Auch wenn Gandalf z.B. das gerne impliziert, ist der Libertarismus keine dezidiert politische Theorie, sondern eine hauptsächlich ökonomische, wodurch genau das passiert, was Zappa sagt, nämlich dass Teile der Realität ausgeklammert werden; und zwar Teile, die durchaus auf das ökonomische System einwirken und die man nicht einfach "abschaffen" kann, nur weil sie die Ökonomie an ihrem Funktionieren zu den Bedingungen des Libertarismus hindern.

Auch hier Zustimmung. Wenn die Leute von der Behavioural Finance recht haben, dann treffen 80% der MEnschen ökonomische Entscheidungen im Wesentlichen auf der gleichen intellektuellen Basis wie Reptilien. Lediglich 20% nutzen dazu die neueren Werkzeuge die das Gehirn einem Homo sapiens zur Verfügung stellt. Genau das ist auch der Grund warum bei den allermeisten Menschen ob nun hochbezahlter Balltreter in kurzen Hosen in Madrid, oder müllsammelnder Slumbewohner in Bombay die AUsgaben immer genauso hoch sind wie die Einnahmen (oder bei ersteren oft auch höher).

Nanna hat geschrieben:Du schreibst, Individuen oder Gruppen "maßen sich an" es besser zu wissen als der Markt. Nu
n, vielleicht stimmt das ja auch manchmal.

Ich selbst maße mir das im Grunde jedesmal an, wenn ich eine Aktie kaufe oder verkaufe. Sonst könnte ich mir ja auch einfach einen Indexfonds anschaffen. Wesentlicher Unterschied. Ich agiere auf eigenes Risiko.

Nanna hat geschrieben:Wenn die Börse geschlossen wird, weil die Händler vor lauter irrationaler Panik nur noch erratische Entscheidungen treffen, und die Börsenaufsicht zwei Tage wartet, bis sich die Leute wieder beruhigt haben, um einen Crash zu vermeiden, dann ist das vielleicht Interventionismus, hat aber sicher schon die ein oder andere ernste Situation entschärft.

"Händler" gab es an der Börse vielleicht noch beim "Crash" 1987. Heute sind es im Wesentlich vollautomatische Handelsprogramme. Dass der HErdentrieb an Börsen immer wieder für allerlei Albernheiten in allerlei Richtungen sorgt, wer wüsste das besser als ich. Wer als mündiger Bürger Geld an der Börse investiert, sollte sich der Risiken bewusst sein. Aber klar, wenns schief geht, findet sich immer ein Sündenbock.
Übrigens Börsencrashs sind für die normale Wirtschaftsentwicklung völlig unerheblich, das gilt auch für 1929. MIt dem Börsencrash endete lediglich eine Illusion, die eigentlich schon ab 1927 nicht mehr von der Realität gedeckt war. Mit andren Worten die Wirtschaftsleistung war schon seit Ende 1926 in den USA stagnierend und später leicht rückläufig, was aber wegen der steigenden Börsenkurse keiner so richtig wahrnahm. Was interessierte schon das Arbeitseinkommen, wenn man an der Börse täglich viel mehr "gewinnen" konnte. Aktienblasen sorgen zwar beim Platzen für jede Menge Frust bei jeder MEnge gieriger aber ahnungsloser Anleger (meistens die NEulinge), sind aber ökonomisch eher harmlos.
Wesentlich gefährlicher sind Immobilienblasen und auch damals platzte eine solche (was heute weitgehend vergessen ist). Immobilienblasen sind deswegen gefährlicher weil sie weitaus stärker kreditgehebelt sind und damit einen langwierigen Prozess des Deleveragings nach sich ziehen. Komischerweise finden Poltiker den Boom immer richtig toll, am anschließenden Platzen der Blase ist dann immer der Kapitalismus schuld.
Und genau dieses Deleveraging in Verbindung mit dem infolge der Poltik Roosevelts eingetretenen Investitionsstreik der privaten Unternehmungen sorgte dann auch für die anhaltende Wirtschaftsflaute. Das Problem in Deutschland hingegen war ein völlig andres, übrigens dem sehr ähnlich das Griechenland hat, solange es den Euro nicht verlassen darf. In Deutschland waren die Börsenkurse übrigens auch schon seit 1927 rückläufig.

Nanna hat geschrieben:Wenn die Politik in solchen Fällen ein paar Milliarden Subventionen reinbuttern würde, um zumindest die größten sozialen Härten abzufedern, dann würde ich tatsächlich sagen, ja, die wissen es besser als der Markt! Das Funktionieren des Marktes kann nicht allein ein Fetisch sein, dem alles untergeordnet wird in der Hoffnung, dass dann auch alles andere gut werden wird. Manchmal, und gar nicht so selten, muss man intervenieren, um nicht-ökonomische Werte und Interessen zu schützen.

So wie die paar 2000 Mrd. € die man in Deutschland in diesem Fass ohne Boden namens Neufünfland versenkt hat? Profitiert haben ein paar Westbanken, und ein paar Finanzvermittler, die wohlhabenden gierigen und ignoranten Wessis SChrottimmos als Altersversorge angedreht haben, aber ansonstend ist die Zufriedenheit der Ostdeutschend geradezu erdrückend. Nicht unerhebliche Teil wählen sogar wieder die alte Einheitspartei vor lauter Begeisterung...

[MOD]Fehlende Namen bei Zitaten eingefügt.[/MOD/Myron]
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon webe » Sa 15. Sep 2012, 21:28

stine:

Wenn ein Bill Gates Krankenhäuser und dergleichen spendet, ist das etwas positives. Schmeisst eine Rentnerin mit einer Kleinrente in einen Bettlerhut ein paar Silberlinge und spendet für die Heilsarmee noch ein Dutzend Groschen ist es ebenfalls eine gute Tat, nur mit dem Umstand, Mister Gate hat Donald-Ducks-Geldtresor und seine Sozialspenden machen nur einen minderen Prozentsatz aus, während der Dame ihre Spendenfreigiebigkeit sie in einen finanziellen Engpass bringen kann, somit sie ihm Gegensatz zu dem Reichen sich keine Schwarzwälderkirschtortestückchen in einem Kaffehaus sich mehr einverleiben kann.
Diese Frau ist die wahre und soziale Heldin! :applaus: :2thumbs: :applaus:

Reichtum wie das von Bill Gate sollte unmöglich sein! Millionäre sind akzeptabel. :up: Millardäre und Multimillionäre sollten out sein, trotz US-Fernsehserien! :2thumbs: Tut mir leid, stine! :down:

provinzler:

Du hast nicht richtig recheriert, Blüms Rentenkasse wurde geplündert und machen wir das gleiche Spiel mit den privaten Rentenversicherungen, dann sind die konkursreif! :kopfwand:

Ich weise nur auf jene Finanzleistung unseres Staates hin in Richtung Israel, wo Steuerzahler dafür aufkommen, die keine Berührung mit dem Hitler-Regime hatten, wobei Konzerne wie Bosch, Deutsche Bank und Genossen starke Verbindungen hatten und mit kleinen Abfindungen sich freikauften.

Renten- und Sozialkasse haben Aussiedler, Ostdeutsche unteranderem in vielen Spielarten finanziert, wobei jene Glückliche noch keinen einzigen Furz in jene Körperschaften abgelassen hatten, somit auch keinen einzigen Groschen!

Deshalb nochmals, wir können uns den Wohlstaat solange leisten, solange wir Reiche, Eingesiedelte und perverse Geheimdienste freihalten können!

-dies sollte man so schreiben dürfen- :applaus:
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon webe » Sa 15. Sep 2012, 22:00

Gandolf:

Bei einer Aufrechnung müssen alle Fakten auf den Tisch gelegt werden, die der Sozialgeschwächten, die der Arbeitenden, die der Unternehmer, Beamten und die der Politiker!

Wenn wir uns 16 Bundesländer und 2 Hauptstädte-Berlin und Bonn, die Subventionen an die kirchliche Organisationen, als einziger Staat Eingliederungen von Aussiedlern zu hohen Konditionen, in der Wirtschaftskrise einen Hauptstadtwechsel unsw. leisten können, dann auch einen üppigen Wohlfahrtsstaat!

Manchmal habe ich das Gefühl, die Uni und Hochschulen, die bilden nicht, sondern verbilden. Was nützt mir die geblümte Sprache, wenn ich damit nicht mehr die Ursache erkennen kann! Wir brauchen nicht den Romantiker, eher denn Experten!

Ostdeutschland hätte nicht dem Ausverkauf dienlich sein sollen, sondern langsam an den Westen unter gemeinsamen Überbau, den Ministerien, Verwaltungen und Gesetzen, angenähert werden müssen.

Von diesen Chaos-Szenen spricht niemand, hat uns aber letzendlich viele Milliarden gekostet: Mit dem Ersparten könnten die Sozial-und Hartzempfänger Urlaub in Mallorca machen! :motz: :lachtot:

Wenn man Kritik am Wohlfahrtstaat übt, muss man auch jene Verschleuderungen in Betracht ziehen, die der Staat zu Unsummen verschleudert! Schlecker hat seinen Konkurs geplant-soll man sagen dürfen- und wir tragen die Nachfolgekosten, und hier gibt es noch andere Beispiele!
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon provinzler » So 16. Sep 2012, 00:55

webe hat geschrieben:stine:

Wenn ein Bill Gates Krankenhäuser und dergleichen spendet, ist das etwas positives. Schmeisst eine Rentnerin mit einer Kleinrente in einen Bettlerhut ein paar Silberlinge und spendet für die Heilsarmee noch ein Dutzend Groschen ist es ebenfalls eine gute Tat, nur mit dem Umstand, Mister Gate hat Donald-Ducks-Geldtresor und seine Sozialspenden machen nur einen minderen Prozentsatz aus, während der Dame ihre Spendenfreigiebigkeit sie in einen finanziellen Engpass bringen kann, somit sie ihm Gegensatz zu dem Reichen sich keine Schwarzwälderkirschtortestückchen in einem Kaffehaus sich mehr einverleiben kann.
Diese Frau ist die wahre und soziale Heldin! :applaus: :2thumbs: :applaus:


Diese Rentnerin nötigt einem noc mehr Respekt ab, keine Frage auch wenn sie mit ihrem Engagement wohl kaum in die ZEitung kommt.

webe hat geschrieben:Reichtum wie das von Bill Gate sollte unmöglich sein! Millionäre sind akzeptabel. :up: Millardäre und Multimillionäre sollten out sein, trotz US-Fernsehserien! :2thumbs: Tut mir leid, stine! :down:

Da isser ja wieder. Der gute typisch deutsch NEid. :mg:
Millionäre lassemer noch zu, damit der FC Bayern nicht auf einem Niveau mit F91 Düdelingen gurken muss. Aber wehe jemand erfindet ein Produkt, dass vielen Menschen nützt und wird damit richtig reich.

webe hat geschrieben:Du hast nicht richtig recheriert, Blüms Rentenkasse wurde geplündert und machen wir das gleiche Spiel mit den privaten Rentenversicherungen, dann sind die konkursreif! :kopfwand:

Das ist alles irrelevant, weil diese Zahlungen alle immer aus den laufenden Einnahmen bezahlt werden. Sowohl die jungen Ossis als auch die Kinder der Aussiedler zahlen ja auch in die Kasse ein. Das einzige was wirklich nennenswert ist sind die Witwenrenten. Und die waren immer aus dem Staatshaushalt finanziert. 20 Mrd. sind das insgesamt an versicherungsfremden LEistungen die aus dem Staatshaushalt bezahlt werden. 60 Mrd. werden jährlich zugeschossen um Löcher zu stopfen die auf Systemfehlern beruhen (Stichwort Ponzischema).
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon stine » So 16. Sep 2012, 10:43

Hinterbliebenenversicherungen zähle ich unbedingt mit zur Leistung eines funktionierenden Wohlfahrtstaats. Schließlich hat man jahrzehntelang dafür plädiert, dass Mutti sich zu Hause um die Familie kümmern soll und Vati von vorne und hinten bedient. Dass das heute out ist und Frauen sich selber durchbringen sollen, ist ja schon das Ergebnis eines langsam vor sich hinsiechenden Wohlfahrtstaats.
Nicht mehr lange und das Ehegattensplitting, die Witwenrente und das Kindergeld sind für freie Selbstverdiener Vergangenheit.
In der Abspeckphase werden dann nur noch Beamte mit ihren Familien dauerhaft und Arbeitslose zeitbegrenzt vom Staat versorgt.

Dann ist auch die Welt für webe wieder in Ordnung.

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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon stine » So 16. Sep 2012, 10:50

webe hat geschrieben:Wenn wir uns 16 Bundesländer und 2 Hauptstädte-Berlin und Bonn, die Subventionen an die kirchliche Organisationen, als einziger Staat Eingliederungen von Aussiedlern zu hohen Konditionen, in der Wirtschaftskrise einen Hauptstadtwechsel unsw. leisten können, dann auch einen üppigen Wohlfahrtsstaat!
Eben deswegen nicht mehr.
Man hat jahrelang das Geld zum Fenster rausgeworfen, das Herr Schröder mit seiner Agenda 2010 wieder einzusparen versuchte. Arbeit für alle und Sozialtransfer runter, das Motto einer freien Gesellschaft nach linken Parolen.
Von einem freien Markt war das meilenweit entfernt.
Wie man gesehen hat, brachte die Unterstützung von Riesenkonzernen (VW, OPEL, Holzmann...) nur Steuerausgaben. Die Profiteure waren nicht die entlassenen Arbeiter.

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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon provinzler » So 16. Sep 2012, 11:15

stine hat geschrieben:Hinterbliebenenversicherungen zähle ich unbedingt mit zur Leistung eines funktionierenden Wohlfahrtstaats. Schließlich hat man jahrzehntelang dafür plädiert, dass Mutti sich zu Hause um die Familie kümmern soll und Vati von vorne und hinten bedient. Dass das heute out ist und Frauen sich selber durchbringen sollen, ist ja schon das Ergebnis eines langsam vor sich hinsiechenden Wohlfahrtstaats.

Witwen- und Waisenrenten sind wohl die älteste Form von Sozialstaat und die gabs in verschiedenster Form auch schon vor Bismarck. Du hast sehr richtig erkannt, dass das massive politische Drängen auf die Frauen einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (es wurden ja einige Dinge gesetzlich geändert auch beim Thema Unterhalt) für die aktuelle Politik den schönen Vorteil hat dem Ponzischema neue Einzahler hinzuzufügen. Interessant wirds allerdings wenn dann die Forderungen irgendwann im großen Stil zum tragen kommen. Der aktuellen Politgeneration kann das aber egal sein. Dieses System wird wie jedes Ponzischema mit mathematischer Sicherheit gegen die Wand fahren.
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon stine » So 16. Sep 2012, 17:09

provinzler hat geschrieben:... das massive politische Drängen auf die Frauen einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (es wurden ja einige Dinge gesetzlich geändert auch beim Thema Unterhalt) für die aktuelle Politik den schönen Vorteil hat dem Ponzischema neue Einzahler hinzuzufügen.

Und das ist so schlau gemacht, dass die Frauen von heute auch noch voller Stolz in die Jobs drängen und ihre Kinder freiwillig der Erziehung durch Dritte überlassen. Hier ist das Ende des Wohlfahrtstaats doch schon längst erreicht. Diese Rechnung zahlen vorerst unsere Kleinsten, die viel zu früh abgenabelt werden müssen, damit Mutti an den Arbeitsplatz zurückkommt. Die Erziehung der Kleinsten über lohnabhängige Steuerzahler (Erzieher, Suppenköchinnen etc.) ist ein zusätzliches Plus an den Staat. Ich nenne das zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Die Propaganda für Krippenplätze ist so gut gemacht, dass das Wort Kinderkrippe zum Wort des Jahres gewählt werden wird und alle, die bisher ohne ausgekommen sind, werden sich fragen, wie sie das überhaupt schaffen konnten. Frauen werden so niedergemacht, dass sie inzwischen selbst der Überzeugung sind, dass ihre Leistung nichts wert ist, sofern diese nicht über Lohnarbeit erfolgt. Wir steuern auf eine DDR Arbeitswelt zu, die sich allerhöchstens noch darin unterscheidet, dass die Krippenplätze neuwertig und nach architektonischen Wunschvorstellungen sauber ausgeführt wurden. Das hilft den Alleingelassenen zwischen 0 und 3 allerdings wenig.

Die Karriere der Durchschnittsfrauen, sind wir doch mal ehrlich, findet häufig im unteren Lohnsegment statt, weil sie als Familienfrauen meist nur stundenweise arbeiten können und wollen. Die Kinderkrippe deckt niemals eine volle Stundenwoche. Also, warum dann sich nicht die paar Jahre um die Familie kümmern?

Fazit: Ein Wohlfahrtsstaat ist dann am Ende, wenn man anfängt darüber nachzudenken, den Familien die Zeit der Kindererziehung nicht mehr zu gönnen und den Steuervorteil für Familien, sowie das Kindergeld für alle, politischen Interessen opfert. Spätestens hier sollten allen die Augen aufgehen, auch denen, die immer noch allen Ernstes glauben, die Frauen würden den Kahn mit ihrer Erwerbstätigkeit aus dem Dreck ziehen können.

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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon webe » So 16. Sep 2012, 23:12

Viele Familien, die ein hohes Einkommen haben, bekommen Kindergeld. Früher hat der Privatversicherte seine kids und Ehefrau in die gesetzlichen Krankenversicherung abgeschoben.
Fakt ist, dass wir gar keine freie Marktwirtschaft haben. Dies ist nur eine freche Suggerierung. Siehe Ärzte, Anwälte, Taxifahrer, Krankenhäuser- sind nur wenige Beispiele für unsere Planwirtschaft. Erich Honecker grüsst Euch! Anwälte haben eine Gebührenordnung, was Konkurrengebaren einschränkt, andere Berufsgruppen sind vor Konkurrenten geschützt, da jene keine Möglichkeit haben, in den schon aufgeteilten Markt frisch hereinzustossen.

Und dann regt sich Gandolf und Co. auf, wenn man die Reichen mehr finanziell zur Kasse bittet.

Unser Wohlfahrtsstaat ist die Hängematte der Reichen, bei den Armen wird eingespart: Warum zahlt der Frisörmeister mehr Steuern als Daimler-Benz?

Eine linke Partei kann diese Wirtschaft nur ehrlicher machen und den Mittelstand stärken, während die Bürgerlichen-von SPD bis CDU, FDP, Grüne sie nur noch korrupter machen! :motz:

Wie lange können wir uns noch die Hängematte für die Reichen leisten?
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon webe » So 16. Sep 2012, 23:25

stine:

Hast Du schon geguckt, wie hoch die Haushaltgelder für Sozialer sind? Vergleiche sie mal mit anderen Bereichen!

-Warum lösen wir nicht Militär, Geheimdienste auf-die letzteren haben wieso ein Eigenleben mit viel Scheisse beschmiert- und Subventionen an die Religionen, Israel?
Rechnet mal diese Dinge auf, und wir können unsere Sozialleistungen ausbauen, aber nicht für Aussiedler bitte!

Wir müssen mehr europäisch denken und handeln-in Richtung EG! :2thumbs: Hier liegt unsere Zukunft, eine EG-Wehrmacht aufbauen, die nationalen Armeesn verschrotten, unsw.. :applaus:

-Aber eines muss ich erwähnen, dass aus dem Mittelstand oft eine grosse Liberalität, soziales Verständnis in die Gesellschaft und Politik einflüsst. Während Viele aus der Unterschicht aus Protest rechte Parteien wählten, und auch oft mehr Abneigung gegen Einwanderungen haben.- :up:

DrogerieMarkt DM-Gründer und Besitzer ist reich, aber dennoch denkt er sozial und würde auch solches, wenn die Politik es nicht abbremsen würde, umsetzen, siehe Bürgergeldvorschlag. Solche Zeitgenossen verdienen unseren Respekt und daher keinen Neid auf ihr Vermögen oder ihren Erfolg! Sie sind die Garanten für eine soziale Gese :2thumbs: :applaus: llschaft! :applaus:
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon provinzler » Mo 17. Sep 2012, 05:04

webe hat geschrieben:Fakt ist, dass wir gar keine freie Marktwirtschaft haben. Dies ist nur eine freche Suggerierung. Siehe Ärzte, Anwälte, Taxifahrer, Krankenhäuser- sind nur wenige Beispiele für unsere Planwirtschaft. Erich Honecker grüsst Euch! Anwälte haben eine Gebührenordnung, was Konkurrengebaren einschränkt, andere Berufsgruppen sind vor Konkurrenten geschützt, da jene keine Möglichkeit haben, in den schon aufgeteilten Markt frisch hereinzustossen.

Zustimmung an dieser Stelle.

Warum zahlt der Frisörmeister mehr Steuern als Daimler-Benz?

Ich wette , dass du mir keinen Frisörmeister zeigen kannst, der weltweit 2011 insgesamt 2,42 Mrd. € an Ertragssteuern abgedrückt hat (Oder auch nur 1,2 Mrd. € in Deutschland).
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon stine » Mo 17. Sep 2012, 07:14

Er meinte sicher im Verhältnis zum Umsatz. Aber mal Spaß beiseite.

@webe ist immer noch die Antwort schuldig, ab wann "reich" sein beginnt. Wieviel darf jemand im Monat verdienen, damit er sein Geld noch für sich und die Seinen ausgeben darf ohne Gefahr zu laufen, dem linken Flügel unangenehm aufzufallen?
Darf man sich ein Haus erwirtschaften oder ist das Leben in lebenslanger Miete vorzuziehen und wem soll dann das Mietobjekt gehören?

:o0: stine
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon Gandalf » Mo 17. Sep 2012, 20:47

Nanna hat geschrieben:Wenn ich Gandalf richtig verstehe, kann der Libertarismus auf Solidarkonzepte verzichten, weil unter den Bedingungen eines real existierenden Libertarismus Solidarität unnötig ist, weil jeder genug hat. Das halte ich für eine arg jenseits der Grenzen des Realistischen konstruierte Utopie, die für weder für momentane noch zukünftige Zustände besonders viel Relevanz haben wird.


Die 'konstruierte Utopie' liegt hier wohl nicht am Libertarismus, sondern in Deinen Vorstellungen über diesen begründet

Es geht nämlich überhaupt nicht darum Ideologien auf Basis von voraus-gedeuteten Fakten zu konstruieren (wie das manche auch hier tun), sondern darum, wissenschafltich streng deduktiv zu begründen, wie Menschen geholfen werden kann, ihre Ziele und Wünsche umzusetzen, - ohne das dies auf Kosten anderer geschehen muss.

Die These des Solidarkonzeptes lautet dementsprechend beispielhaft: Anstatt den Menschen Fische zu schenken, sollte man ihnen beim Bau einer Angel helfen.

Das ist weitaus solidarischer, als das Konzept der angeblich so "warmherzigen" kollektivistischen Ideologien. Diese wollen letzlich nur Abhängigkeiten schaffen, um ihren unilateralen Herrschaftsanspruch zu rechtfertigen. "Sozis" z.B. steuern ja nicht mal eigene Hilfe bei, sondern nehmen anderen etwas weg, mit der vorgeblichen 'Begründung, das andere (vornehmlich die eigene Klientel) es nötiger bräuchten - DAS ist (menschenverachtende) Ideologie - und keine wirkliche Solidarität.

Was diese 'selbstgefälligen Solidarkonzepte' von Gutmenschen in Afrika angerichtet haben und anrichten, kann man ja jeden Tag "in der Zeitung lesen". Kleinbauern müssen ihr Land aufgeben, weil sie durch die "Hilfslieferung der EU" um ihre Existenz gebracht werden und so (egal ob beabsichtigt oder nur "gut gemeint") wieder einen willkommen Nährboden für "unzufriedene Massen" liefern, auf dem kollektivistische Ideologien nur all zu gut gedeihen können.

Hat jemand schonmal verfolgt was mit den "gut gemeinten" Altkleiderspenden geschieht und was diese anrichten?
http://www.dokumentarfilm24.de/2011/12/ ... ft-werden/
(ja, ich muss zugeben, ich bin auch schon auf solche "Solidarhilfen" hereingefallen und hatte in gutes Gewissen dabei..)

Oder hier Äthiopien. Wie eine zentralisitsche Planwirtschaft (wieder mal) Bauern enteignet und so Hungerkatastrophen auslöst (und wie sich die naiven Solidaritätsbemühungen der Sozis und Gutmenschen nicht nur abzocken lassen, sondern das Regime stützen)

Demgegenüber stehen die 'praxeologischen Erfolge', libertärer Erkenntnisse und damit 'tatsächliche Hilfe', über die halt eben regelmäßig nichts in den linkspopulistischen Mainstream-Medien zu lesen ist:
http://www3.giz.de/E+Z/zeitschr/ez100-6.htm
Nanna hat geschrieben:Wie sähe also ein mögliches Solidarsystem für Behinderte im Libertarismus aus? Wie würden Libertäre mit dem gegebenen Problem umgehen, dass Teile der Gesellschaft nicht freiwillig in ein solches Solidarsystem einzahlen? Lässt man die Behinderten dann dahinsiechen oder führt man doch Zwangsbeteiligungen am Solidarsystem ein?


Erzähl mir nichts über Behinderte. Ich habe im engeren Familienkreis selbst zwei Fälle (Ein "Down-Syndrom" kombiniert mit Bullimie und Parkinson kombiniert mit Altersdemenz) und kann Dir aus erster Hand erzählen, wie und wo man sich (nicht) auf die staatliche Vorsorge und werthaltige Versicherungsleistung verlassen kann und wie Leute, die ihr Leben lang gearbeitet haben, dennoch auf die 'Hilfe' ihrer (funktionierenden) Familie angewiesen und sind. Ich kann Dir auch von Pflegeheimen, Selbsthilfegruppen, Tagesschwestern und Betreuungskreisen erzählen, wenn Dich das interessiert!? (und von "Berufs-H4lern" die sich um all die Sachen keinen Kopf machen, weil ihnen der Staat und "Horden" von hoch bezahlten Sozialarbeitern und Beamten "gerne" diese Verantwortung abnehmen)

Hast du schon mal was davon gehört, das man sich auch privat versichern kann, wenn man will (... es viele aber gerade deshalb 'nicht können', weil ihnen die staatlichen System einfach zu viel von ihrem Einkommen abpresst und so in Abhänigkeit hält? - siehe auch die "Riester-Rente") - und das es zumindest in ländlichen Gegenden noch viele andere Arten von gelebter Solidarität innherhalb der Familie (wie etwa z.B. sowas altmodisches wie "Leibgedinge" auf das Familieneigentum) gibt, die man mit seinen Geschwistern oder Erben frei vereinbaren kann?

Nanna hat geschrieben:Analog dazu: Was passiert mit Leuten, die sich am Markt vorbei ausgebildet haben, die beispielsweise viel Geld durch die Investition in eine teure Ausbildung verloren haben, die wegen technischer Fortschritte oder Verschiebungen es Marktinteresses nicht mehr gebraucht wird? Ist das dann alleiniges Unternehmerrisiko der jeweiligen Person?


Die Hobbys, verschiedene Persönlichkeitsenwicklungskurse und unrealistische Spekualtionen mancher Leute kosten erfahrungsgemäß (viel) Geld. Findest Du es gerechtfertigt Kosten für Freizeitbeschäftigung, Lebenserfahrung und Spekulation auf andere (z.B. fleissige Handwerker mit kurzen staatlichen Schulbildungszeiten und die brav ihre Steuern zahlen) abwälzen - also sozialisieren zu dürfen? (Es wird ja häufig unterstellt, das Bänker oder "Intellektuelle allgemein" genau das machen)

Nanna hat geschrieben:
Gandalf hat geschrieben:Im dümmsten Fall bekommt der Benachteiligte "immer zu wenig" zugeteilt und der "Bestrafte immer zuviel" abgezogen, weil ja auch der "Adminsitrator" sich seinen Teil (leistungslos im Namen der Verteilungsgerechtigkeit) abzweigen möchte und die beiden Streithähne "noch dümmer" aussehen lässt, in einem System, das nur 'Benachteiligte' und 'Bestrafte' (und Selbstgerechte) produziert.


Das Problem ist nicht, dass der Administrator keine Leistung erbringt, sondern dass du die Leistung, die er erbringt, für überflüssig hältst.


Zunächst: Ich wäre Dir sehr verbunden, wenn Du auf das eingehen würdest (..zu falsifizieren versuchst), was ich geschrieben - und nicht auf Deine, (möglichweise auf einem falschen Wissenschaftsverständnis beruhenden induktiv begründeten Unterstellungen. (Eine Frage die ich schon anderweitig und ganz allgemein aufgeworfen habe und bislang nicht beantwortet wurde. Ich muss wohl demnächst eine Thread dazu eröffnen, um das mal offiziell aufs Tablett zu bringen.)

Ich habe hier nirgends gesagt das der Administrator keine Leistung erbringt, die den Wohlstand der Beteiligten an einem System beeinflusst!

Der Administrator erbringt sehr wohl eine - nämlich im Beispiel, eine mit 'negativem Wert' für den Wohlstand des Gesamtsystems!?

Wenn es Dir also Ernst ist, eine nach wissenschaftlichen Kriterien erstellte These zu falsifizieren, dann sollte es Dir nicht schwer fallen, Beispiele, - also deduktiv begründete (Gedanken-)Experimente, - zu erstellen, die zeigen, das eine "auf Zwang beruhende Absprache" mindestens genauso gute Ergebnisse erzielt, wie die behauptete "Freiwillige"!?

Nanna hat geschrieben: Das liegt daran, dass es für dich keine anderen Gründe gibt, irgendwo Leistung zu bringen, als den, dass vorher jemand angekündigt hat, dafür zu bezahlen.


Unterstellung Nr. 999x

Ich habe hier ausdrücklich und mehrfach Gründe angeführt, das auch Gemeinschaften funktionieren (können), ohne das vorher Bezahlung angekündigt wird!? Sei es nun innerhalb Familien oder am anarchisch organisierten Gruppen, wie "nicht eingetragenen Vereinen"!?

Nanna hat geschrieben:Gesamtgesellschaftlich kann es aber sinnvoll sein, zwangsfinanzierte Zwangssysteme zu haben (auch das Justizsystem gehört dazu, deine Gerichtsgebühren musst du zahlen, ob du willst oder nicht), die die Stabilität des gesamten Systems garantieren. Da werden wir aber auch nicht auf einen grünen Zweig kommen, weil du Herrschaft als destabilisierend siehst und ich als notwendige (nicht hinreichende) Bedingung für Stabilität.


Einfach nur eine weitere (persönliche) Unterstellung. Unabhängig davon, das es auch bei uns in D mittlerweile z.B. (private) "Scharia-Schiedsgerichte" gibt, die z.B. bei zivilrechtlichen Streitfragen auch von der Justiz anerkannt werden, so sie denn überhaupt dort bemerkt werden.

These: Herrschaft, die sich der Kontrolle und damit 'negativer Rückkoppelung' durch die Beherrschten entzieht, wirkt stets destabilisierend, da sie sich als "externer Faktor" verselbständigt und sich selbst verstärkende positive Rückkopellungen den Haushalt

Das war doch der ursprüngliche Sinn der Demokratie: Kontrolle und Transparenz der Herrschenden - also für 'Regelgerechtigkeit zu sorgen und nicht für 'Tauschgeschäfte', die für Privilegien von A+B sorgen, wenn gleichzeitig C+D andere Privilegien bekommen.

(Insofern ist auch hier eine unterstellende Vermutung, dass das Verständnis von "Tauschgeschäften" nur auf die Ökonomie anzuwenden sei. Ich halte es für entschieden zu kurz gegriffen. Wenn ich etwas vermute dann das: 'Tauschgeschäfte' sind eine universelle Eigenschaft aller lebenden Systeme. Aber das hier nur am Rand. Vlt mal in einem Physik-Thread)


Mach doch bitte mal eine Rechnung auf, wo und an welcher Stelle der "externe Adminitrator in Form des real existierenden Staates" Vorteile in das Gesamtsystem einbringt, die nicht vom Gesellschaftssystem selbst erbracht werden - abzüglich der Nachteile (Krisen und Verwerfungen), die er auf Grund seiner sich zunehmende verselbständigenden Administratortätigkeit ausübt!

Fangen wir mal an:

staatliche Justiz:

Vorteil: Produktion und Durchsetzung von unabhängiger "Gerechtigkeit"
Nachteil: Was Gerechtigkeit ist, ist von der herrschenden Ideologie abhängig, die regelmäßig nicht mit dem Gerechtigkeitsempfinden der betroffen Menschen übereinstimm und oftmals nur dazu dient den Status Quo der herrschenden Schicht zu schützen.
- Schützen z.B. Gesetze gegen die Kinderarbeit tatsächlich Kinder oder werden dadurch Kinder in Pakistan wie "einst Hänsel und Grete im Wald ausgesetzt", weil man sie nicht ernähren kann? (und niemand berichtet darüber, sondern nur über die guten Gesetze der Gutmenschen)
- Schützt ein gesetzlicher Mindestlohn die Arbeitslosen oder die Arbeit -Habenden? (und verhindert Arbeitsplätze)

Frage: Inwieweit können auch private Schiedsgerichte diese Aufgabe (nicht)- übernehmen?

..

Wirtschaft?

Geldsystem?

Wohlstand?

Jeder hat ein Recht auf eine eigene Meinung, aber niemand eines auf eigene Fakten.

Dieser Sinnspruch legt imho einen kapitalen Denkfehler bei Dir nahe, der mir schon öfter begegnet ist: Meinungen wären möglicherweise fehlerbehaftete subjektive Interpretationen von Fakten eines Beobachters, währenddessen man aus Fakten, 'objektiv eine wissenschaftliche These erstellen' könnte(?)

Ist das der Kern Deiner Aussage?
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon webe » Mo 17. Sep 2012, 21:17

Gandalf:

Könntest Du einen Thead mit dem Thema Pflegeheime, Selbsthilfegruppen und Deinen Erfahrungswerten machen? Diese Richtung wird für unser Alter immer wichtiger und dürfte daher auch für junge Generationen informativ sein, um entsprechende Vorsorgeweichen für Später zustellen.

Hut ab vor jenen Leuten, die solche Dinge hautnah erlebt haben oder noch erleben. Also auch Gandalf mein Respekt.

provinzler:

Hast Du mal die Abschreibungen zur Kenntnis genommen?
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon provinzler » Mo 17. Sep 2012, 22:23

webe hat geschrieben:
Hast Du mal die Abschreibungen zur Kenntnis genommen?


Die von mir mir genannten Zahlen sind die tatsächlich gezahlten Steuern von Daimler. Worauf du mit den Abschreibungen rauswillst weiß ich allerdings nicht. ich habe allerdings den schweren Verdacht, dass dir nicht ganz klar ist, was eine Abschreibung eigentlich ist...
GB 2011 liegt ja allgemein verfügbar vor als Diskussionsgrundlage...
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon Nanna » Mo 17. Sep 2012, 23:42

Gandalf hat geschrieben:Es geht nämlich überhaupt nicht darum Ideologien auf Basis von voraus-gedeuteten Fakten zu konstruieren (wie das manche auch hier tun), sondern darum, wissenschafltich streng deduktiv zu begründen, wie Menschen geholfen werden kann, ihre Ziele und Wünsche umzusetzen, - ohne das dies auf Kosten anderer geschehen muss.

Die These des Solidarkonzeptes lautet dementsprechend beispielhaft: Anstatt den Menschen Fische zu schenken, sollte man ihnen beim Bau einer Angel helfen.

Nichts gegen deduktive Systeme, aber auch die müssen den Faktencheck (die Falsifikation) aushalten. Gegen den Grundgedanken, den du hier äußerst, habe ich ja nicht nur nichts, ich pflichte ihm sogar bei. Allerdings glaube ich nicht, dass die Angelbauhilfe allein realistischerweise für eine Gesamtgesellschaft funktionieren kann. Liberalismus und Libertarismus, insbesondere in der anarchischen Spielart, setzen ein hohes Maß an Selbstreflektion, eines, von dem ich behaupte (!), dass die Mehrheit der Menschen damit überfordert ist. Anderen keine Kosten aufzubürden bedeutet ja permanent auch die Interessen Anderer mitdenken zu müssen. Davon sind viele überfordert, manche kapieren es gar nicht, und selbst den Menschen mit bester Absicht ist es nicht immer möglich, die Folgen ihrer Handlungen zu überblicken.
Klar, deine Antwort ist vermutlich, dass sich das Problem lösen ließe, wenn alle Folgen von Handlungen vernünftig eingepreist würden. Ich bezweifle aber, dass das immer geht, das Beispiel mit der unregulierten Autobahn, wo der Drängler sich geschwindigkeitsmäßig bereichert und die Mehrheit mit dem dadurch verursachten Stau kämpfen muss, habe ich ja schonmal gebracht. Anstelle des Staus lassen sich sicher genug andere Beispiele finden, wo eine Handlung, wenn sie nicht künstlich sanktioniert wird, unfaire Vorteile verschafft (also Kosten für Zielerreichungen Anderen aufbürdet). Deshalb bleibe ich dabei, dass es Fälle gibt, in denen Systeme Steuerung brauchen, d.h. eine künstliche Veränderung der Randbedingungen, damit möglichst wenig Kosten bei Nichtverursachern hängen bleiben - weil es eben gerade in unregulierten Systemen gute Möglichkeiten geben kann, sich Vorteile zu erschleichen, u. U. dergestalt, dass die Gemeinschaft geschädigt wird (also alle anderen Teilnehmer ein klein wenig) und es keinen personell identizifierbaren Geschädigten gibt, der Schadensersatz einfordern könnte.

Übrigens, wer bezahlt eigentlich den Angelbauunterricht?

Gandalf hat geschrieben:Das ist weitaus solidarischer, als das Konzept der angeblich so "warmherzigen" kollektivistischen Ideologien. Diese wollen letzlich nur Abhängigkeiten schaffen, um ihren unilateralen Herrschaftsanspruch zu rechtfertigen. "Sozis" z.B. steuern ja nicht mal eigene Hilfe bei, sondern nehmen anderen etwas weg, mit der vorgeblichen 'Begründung, das andere (vornehmlich die eigene Klientel) es nötiger bräuchten - DAS ist (menschenverachtende) Ideologie - und keine wirkliche Solidarität.

Na, wer geht jetzt hier induktiv vor? Du bastelst ja hier jetzt auch eine Theorie anhand unbelegter Fakten, etwa, dass Sozis keine Hilfe beisteuern. Ich denke, die Behauptung ließe sich herausfordern, insbesondere in dieser Ausschließlichkeit.

Mag sein, dass es im Sinne des empowering eines bislang Ohnmächtigen das Solidarischste ist, denjenigen zum Selbsterhalt zu ermächtigen, also durch das metaphorische Erlernen des Angelbauens und -benutzens. Da würde aber wahrscheinlich auch kaum ein "Sozi" widersprechen, ganz im Gegenteil: Der freie Zugang zu Produktionsmitteln ist ja gerade ein Kernziel des Sozialismus. Die Frage ist aber doch, was wir dem Einzelnen aufbürden, um eine Angel zu erhalten. Muss er seine Familie verlassen, in ein anderes Land ziehen, wo es gerade Holz für Angeln gibt, und danach zu lächerlichen Bedingungen Fische fangen, die ihm gerade den Lebensunterhalt ermöglichen? Wer bezahlt für die Straßen, die ihn dorthin bringen und wer garantiert für seine Sicherheit? Und wenn er ausrutscht und mit einem komplizierten Splitterbruch im Straßengraben landet, wer rettet ihn, wenn er kein Geld für seine Genesung bezahlen kann?

Gandalf hat geschrieben:Was diese 'selbstgefälligen Solidarkonzepte' von Gutmenschen in Afrika angerichtet haben und anrichten, kann man ja jeden Tag "in der Zeitung lesen". Kleinbauern müssen ihr Land aufgeben, weil sie durch die "Hilfslieferung der EU" um ihre Existenz gebracht werden und so (egal ob beabsichtigt oder nur "gut gemeint") wieder einen willkommen Nährboden für "unzufriedene Massen" liefern, auf dem kollektivistische Ideologien nur all zu gut gedeihen können.

Hat jemand schonmal verfolgt was mit den "gut gemeinten" Altkleiderspenden geschieht und was diese anrichten?

Die Entwicklungshilfe ist ja nun eines der kontroversesten Forschungsgebiete, aber das heißt nicht, dass jede Form von Entwicklungshilfe automatisch schlecht ist. Auch das Erlernen des Angelrutenbaus ist ja Entwicklungshilfe, die erstmal Ressourcen kostet, die irgendwer bereitstellen muss. Niemand hat gesagt, dass beliebige Solidarkonzepte sinnvoll wären oder dass Solidarkonzepte eine vollbefriedigende Lösung für jedes Problem wären. Aber die Diagnose halte ich für richtig, dass es ohne Solidarkonzepte in vielen Fällen schlechter wäre als ohne.

Gandalf hat geschrieben:Oder hier Äthiopien. Wie eine zentralisitsche Planwirtschaft

Dass ich nicht Äthiopien im Sinn hatte, als ich von Solidarkonzepten sprach, ist nicht ersichtlich gewesen?

Gandalf hat geschrieben:Erzähl mir nichts über Behinderte. Ich habe im engeren Familienkreis selbst zwei Fälle (Ein "Down-Syndrom" kombiniert mit Bullimie und Parkinson kombiniert mit Altersdemenz) und kann Dir aus erster Hand erzählen, wie und wo man sich (nicht) auf die staatliche Vorsorge und werthaltige Versicherungsleistung verlassen kann und wie Leute, die ihr Leben lang gearbeitet haben, dennoch auf die 'Hilfe' ihrer (funktionierenden) Familie angewiesen und sind. Ich kann Dir auch von Pflegeheimen, Selbsthilfegruppen, Tagesschwestern und Betreuungskreisen erzählen, wenn Dich das interessiert!? (und von "Berufs-H4lern" die sich um all die Sachen keinen Kopf machen, weil ihnen der Staat und "Horden" von hoch bezahlten Sozialarbeitern und Beamten "gerne" diese Verantwortung abnehmen)

Mich würde mal interessieren, wie ich in deinem Kopf aussehe. Aber mal von jemandem, der Behinderung aus erster Hand kennt, zu jemandem, auf den das auch zutrifft: Ich habe nicht nur mehrere Pflegefälle im familiären Umfeld kennengelernt, von denen manche im Heim und manche daheim gepflegt wurden, sondern auch über mehrere Jahre einen schwerkranken Menschen selbst häuslich gepflegt und nebenher ein Studium geschmissen und den ganzen Spaß über einen Nebenjob finanziert. Was solche Situationen bedeuten und wie weit (und wie weit nicht) dabei die Hilfe des Staates reicht, ist mir hinlänglich bekannt. Nachdem wir uns jetzt hoffentlich ausreichend unserer persönlichen Erfahrungsschätze versichert haben, würde ich gerne wieder etwas distanzierter herangehen:
Der Staat sorgt für eine Minimalversorgung und kümmert sich besonders um die Fälle, wo es eben keine funktionierende Familie gibt. Hätten wir alle das Glück, in gesunden, loyalen Familienstrukturen zu leben, müsste der Staat sich weniger um "Berufshartzer" kümmern. Die Realität sieht aber anders aus. Den Langzeitarbeitslosen die Unterstützung zu verweigern, wird wenig bringen, außer dass mehr Obdachlose und mehr Verzweiflungskriminalität entstehen wird. Generell stelle ich mir das Leben von Hartz-IV nicht angenehm vor, denn mit der Hilfe kommen eben auch Bevormundung und das Gefühl, nichts wert zu sein. Ich halte es deshalb nur für eine Minderheit, die wirklich findet, dass sie es ganz schlau anstellt, von Hartz-IV zu leben. Die Hilfe kommt aber eben auch und gerade der Mehrheit zugute, die arbeiten wollen würde, fände sie eine Beschäftigung. Manche Probleme dabei sind hausgemacht, ja, das bestreite ich gar nicht, aber der Grundgedanke, und um den geht es mir hier, ist sehr sinnvoll, also dass Leute nicht ins Bodenlose fallen, wenn sie das Pech haben, weder Arbeit noch Familie zu haben. Übrigens ist ja auch die Familie ein Solidarsystem, das nicht Bestandteil des Libertarismus ist.

Gandalf hat geschrieben:Hast du schon mal was davon gehört, das man sich auch privat versichern kann, wenn man will (... es viele aber gerade deshalb 'nicht können', weil ihnen die staatlichen System einfach zu viel von ihrem Einkommen abpresst und so in Abhänigkeit hält? - siehe auch die "Riester-Rente") - und das es zumindest in ländlichen Gegenden noch viele andere Arten von gelebter Solidarität innherhalb der Familie (wie etwa z.B. sowas altmodisches wie "Leibgedinge" auf das Familieneigentum) gibt, die man mit seinen Geschwistern oder Erben frei vereinbaren kann?

Sofern man diese hat, ja. Und ich komme selbst aus einer ländlichen Familie und weiß auch hier sehr genau, wovon du redest. Da reden wir aber, wie gesagt, über traditionale Familienvorstellungen, die selbst nicht Bestandteil des Libertarismus sind, sprich, sofern du auf diese zurückgreifst, lässt du den Libertarismus von Bedingungen zehren, die er selber nicht garantieren kann. Und man kann nunmal nicht entscheiden, in solche Familienstrukturen hineingeboren zu werden. Familie ist eine primordiale, also geburtlich gegebene Eigenschaft. Solidarsysteme zielen ja gerade auf die Unterstützung von Menschen ab, die dieses soziale Netz nicht besitzen. Klar ist das dann auch nicht die Schuld derer, die in loyaleren, stabileren Verhältnissen leben, aber diese sind nunmal die Starken in der Gesellschaft, die den Schwachen beistehen sollten.

Gandalf hat geschrieben:Die Hobbys, verschiedene Persönlichkeitsenwicklungskurse und unrealistische Spekualtionen mancher Leute kosten erfahrungsgemäß (viel) Geld. Findest Du es gerechtfertigt Kosten für Freizeitbeschäftigung, Lebenserfahrung und Spekulation auf andere (z.B. fleissige Handwerker mit kurzen staatlichen Schulbildungszeiten und die brav ihre Steuern zahlen) abwälzen - also sozialisieren zu dürfen? (Es wird ja häufig unterstellt, das Bänker oder "Intellektuelle allgemein" genau das machen)

Ja und nein. Es gibt, in der Wissenschaft beispielsweise, Zweige, die sind nicht besonders produktiv im volkswirtschaftlichen Sinne. Auch Kultureinrichtungen entfalten einen mehr ideellen als materiellen Nutzen für die Gesellschaft. Ich bin der Meinung, dass kulturelle Werte den allgemeinen Schutz und die Pflege der Gesellschaft verdienen, auch dann, wenn es simple Geister gibt (müssen ja nichtmal zwingend Handwerker sein), denen sich der Mehrwert solcher Einrichtungen nicht erschließt und die trotzdem dafür mitzahlen sollen. Mir ist der Schutz des Individuums wichtig, aber auch die Gesellschaft als Superstruktur bedarf der Pflege und das geht häufig leider über das Verständnis mancher Einzelner hinaus.

Mir ging es aber darum, dass Einzelne z.B. durch die Wahl ihrer Ausbildung, Risiken auf sich nehmen, die zum lebenslangen Ruin führen können. Ich halte es für gerechtfertigt, dass die Gemeinschaft einspringt, wenn jemand sein Studienfach falsch gewählt hat und jetzt ohne richtiges Einkommen dasteht. Es geht mir nicht darum, dass das Kollektiv der individuellen Person ein Einkommen verschafft, das jenseits aller Marktmöglichkeiten liegt, aber zumindest die Chance auf einen Neuanfang sollte die Gesellschaft bieten; wenn das temporäres Durchfüttern mit Hartz-IV bedeutet, dann sei's drum. Ich möchte keine Zustände wie in Chile, eurem vielfach gepriesenen Musterland, wo Studenten mit zehntausenden Euro Kredit ins Berufsleben starten und dann manchmal weniger als tausend Euro Montagsgehalt erhalten (was bedeuten kann, dass z.B. so schlecht verwertbare Studiengänge wie Journalismus ökonomisch gesehen kaum noch Sinn machen, obwohl Journalisten ein Schmieröl für eine freie Gesellschaft sind; und weniger Studenten führen gerade nicht zu einer Marktbereinigung, weil kleine Institute tendentiell noch teurer werden), was bedeutet, dass sie keine Familie gründen und keine Rücklagen bilden können.

Gandalf hat geschrieben:Zunächst: Ich wäre Dir sehr verbunden, wenn Du auf das eingehen würdest (..zu falsifizieren versuchst), was ich geschrieben - und nicht auf Deine, (möglichweise auf einem falschen Wissenschaftsverständnis beruhenden induktiv begründeten Unterstellungen. (Eine Frage die ich schon anderweitig und ganz allgemein aufgeworfen habe und bislang nicht beantwortet wurde. Ich muss wohl demnächst eine Thread dazu eröffnen, um das mal offiziell aufs Tablett zu bringen.)

Ja, tu das bitte.

Gandalf hat geschrieben:Wenn es Dir also Ernst ist, eine nach wissenschaftlichen Kriterien erstellte These zu falsifizieren, dann sollte es Dir nicht schwer fallen, Beispiele, - also deduktiv begründete (Gedanken-)Experimente, - zu erstellen, die zeigen, das eine "auf Zwang beruhende Absprache" mindestens genauso gute Ergebnisse erzielt, wie die behauptete "Freiwillige"!?

Zwangsabsprachen kommen besonders dann zum Tragen, wenn freiwillige Absprachen erst gar nicht zustande kommen können. Das gilt immer da, wo entweder Einzelne unverhältnismäßig viele Ressourcen (Machtmittel) besitzen, die eine derart starke strukturelle Schieflage erzeugen, dass die Schwächeren zwar vielleicht nominell, aber de facto nicht mehr frei sind. In dem Fall können Zwangsabsprachen (künstlich veränderte Randbedingungen) die Blockade aufbrechen, so dass ein Funktionieren des Systems wieder gewährleistet ist. Beispiele wären Mono- und Oligopole.
Der andere Fall, wo solche Zwangsabsprachen regelmäßig sinnvoll sind, ist der, dass zu viele Spieler beteiligt sind, um alle Einzelinteressen verhandeln und berücksichtigen zu können. Der Straßenverkehr wäre eine Katastrophe, müsste das Verkehrsministerium mit jedem Fahrer einzeln Verkehrsregeln aushandeln, unmöglich wäre es zudem, einen einheitlichen Katalog zu erstellen. Die Zwangsstandardisierung führt hier überhaupt erst dazu, dass Straßenverkehr stattfinden kann. Auch bei Industriestandards kann das zwangsweise Vorgeben eines Standards (einheitliche Handyladegeräte beispielsweise) dazu führen, dass Wettbewerb überhaupt erst stattfindet.

Ich sage nicht, dass Zwangsabsprachen den freiwilligen grundsätzlich vorzuziehen sind, sondern das beide ihren eigenen Gültigkeitsbereich haben, in dem sie besser funktionieren als die jeweils andere Möglichkeit.

Gandalf hat geschrieben:Ich habe hier ausdrücklich und mehrfach Gründe angeführt, das auch Gemeinschaften funktionieren (können), ohne das vorher Bezahlung angekündigt wird!? Sei es nun innerhalb Familien oder am anarchisch organisierten Gruppen, wie "nicht eingetragenen Vereinen"!?

Ja, aber das sind alles Kleingruppen, deren Funktionieren sich nicht so einfach auf die Gesamtgesellschaft übertragen lässt. Zudem gibt es auch in solchen Gruppen Zwangssysteme, die über weichere, weniger sichtbare, aber deshalb nicht unbedingt weniger wirksame soziale Sanktionen ausgeführt werden, als bei juristisch eindeutig kodifizierten Zwängen. Gerade Familien sind auch dafür bekannt, häufig dysfunktional zu sein. Natürlich können solche Gemeinschaften funktionieren, das bestreite ich nicht und das ist ja auch nicht der Punkt. Interessant ist ja viel mehr der Punkt, wo diese Gruppen eben nicht mehr funktionieren. Was passiert dann?

Gandalf hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Gesamtgesellschaftlich kann es aber sinnvoll sein, zwangsfinanzierte Zwangssysteme zu haben (auch das Justizsystem gehört dazu, deine Gerichtsgebühren musst du zahlen, ob du willst oder nicht), die die Stabilität des gesamten Systems garantieren. Da werden wir aber auch nicht auf einen grünen Zweig kommen, weil du Herrschaft als destabilisierend siehst und ich als notwendige (nicht hinreichende) Bedingung für Stabilität.


Einfach nur eine weitere (persönliche) Unterstellung. Unabhängig davon, das es auch bei uns in D mittlerweile z.B. (private) "Scharia-Schiedsgerichte" gibt, die z.B. bei zivilrechtlichen Streitfragen auch von der Justiz anerkannt werden, so sie denn überhaupt dort bemerkt werden.

Diese Scharia-Schiedsgerichte gelten nur in einem sehr begrenzten Rahmen, genauso wie die Mediationsverfahren, die ja auch von gerichtlicher Seite wegen der Arbeitslast ausdrücklich gewünscht sind. Im Zweifel, wenn die Parteien sich aber eben nicht einigen können, braucht es dann doch das staatliche Gerichtssystem mit dem Gewaltmonopol im Rücken, das eine durch geltendes Recht standardisierte Entscheidung fällen und durchsetzen kann.

Gandalf hat geschrieben:These: Herrschaft, die sich der Kontrolle und damit 'negativer Rückkoppelung' durch die Beherrschten entzieht, wirkt stets destabilisierend, da sie sich als "externer Faktor" verselbständigt und sich selbst verstärkende positive Rückkopellungen den Haushalt

Das war doch der ursprüngliche Sinn der Demokratie: Kontrolle und Transparenz der Herrschenden - also für 'Regelgerechtigkeit zu sorgen und nicht für 'Tauschgeschäfte', die für Privilegien von A+B sorgen, wenn gleichzeitig C+D andere Privilegien bekommen.

Das ist sicherlich ein Demokratieverständnis, das auch meinem erstmal sehr nahe kommt. Allerdings wird es da haarig, wo "Privilegien" primär ein Nachteilsausgleich sind. Die Idee dahinter ist ja, Menschen mit ungünstigen Startbedingungen so weit weiterzuhelfen, dass sie in ihrem Leben realistischerweise eine Chance haben, zumindest in die Nähe dessen zu kommen, was Anderen einfach zufliegt (oder an diesen Punkt zurückzukehren, wenn sie einen Schicksalsschlag hinnehmen mussten). Regelgerechtigkeit könnte (Konjunktiv, einfach, um den Gedanken mal zuzulassen) hier eben auch beinhalten, dass die Einzelnen befähigt werden, in vergleichbarer Weise von den Regeln Gebrauch zu machen. Sonst gilt schnell das alte Prinzip, nach dem dem gegeben wird, der schon hat, usw.

Gandalf hat geschrieben:staatliche Justiz:
[...]

Frage: Inwieweit können auch private Schiedsgerichte diese Aufgabe (nicht)- übernehmen?

Nicht mehr heute, ok? Ich muss ins Bett.

Gandalf hat geschrieben:Jeder hat ein Recht auf eine eigene Meinung, aber niemand eines auf eigene Fakten.

Dieser Sinnspruch legt imho einen kapitalen Denkfehler bei Dir nahe, der mir schon öfter begegnet ist: Meinungen wären möglicherweise fehlerbehaftete subjektive Interpretationen von Fakten eines Beobachters, währenddessen man aus Fakten, 'objektiv eine wissenschaftliche These erstellen' könnte(?)

Ist das der Kern Deiner Aussage?

Jein. Ich weiß sehr genau, wie unsicher der Begriff "Fakt" ist. Du wirst vermutlich nicht bestreiten, dass Empirie wertvoll ist, insbesondere ja dann, wenn es um's Überprüfen der eigenen Theorie (Meinung) geht. Man kann dieselben Sachverhalte mit unterschiedlichen Theorien beschreiben und diese können ähnliche Gültigkeit oder Ungültigkeit haben (das macht die eine Theorie "richtiger" als die andere, da würde, meine ich, grundsätzlich auch dein verehrter Popper in etwa zustimmen). Wenn wir also empirische Fakten ermitteln, die sich mit den bisherigen Theorien beißen, haben wir ein Problem. Und niemand hat nunmal das Recht, eine Meinung zu vertreten bzw. Wahrheit für sie zu beanspruchen, wenn empirische Fakten dagegen sprechen, dass die Theorie wahr ist. Gerade im politischen Betrieb hat die Wahrheit oftmals eine prekäre Stellung, und ich will lediglich daran erinnern, dass es ohne den Faktencheck nicht geht. Weiterführend hat die gute alte Hannah Arendt in "Wahrheit und Politik" dazu einige brilliante Gedanken geäußert.
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