Wie genau lautet die Geschlechterfrage? (und VIELES mehr...)

Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Nanna » Di 22. Okt 2013, 15:49

provinzler hat geschrieben:Ich sage nur, dass ich gewisse Zweifel habe, solange die Interessenlage der Beteiligten so ist wie sie nunmal ist. Die meisten Menschen, auch Wissenschaftler, neigen dazu Scherereien aus dem Weg zu gehen, in dem sie das von vornherein machen was man von ihnen erwartet. Und dann kommt irgendwann der "Commitment Bias" ins Spiel.

Wir werden ja in den nächsten Jahrzehnten sehen, wie es so läuft mit den Modellen, also ob Vorhersagen eintreffen. Und missversteh mich nicht: Es wäre mir tausendmal lieber, einzugestehen, dass ich mich in meinem Vertrauen in die Wissenschaftler geirrt habe. Ich gehe nur davon aus, dass das nicht der Fall sein wird und es bleibt wirklich nur zu hoffen, dass wir wenigstens die Folgen kreativ genug abfedern.

provinzler hat geschrieben:Wenn du dir mal anschaust wo die meisten Probleme auftreten, dann ist das in der Regel da, wo Allmendeprobleme auftreten. Beispielsweise bei der Regenwaldrodung. Wäre der in der Hand privater Eigentümer, würde da nicht so rücksichtslos abgeholzt. (Ich jedenfalls kenne keinen Bauern, der seinen Wald niederbrennen würde, um mehr Anbaufläche zu haben...)

Kommt auch auf den Eigentümer an. Wenn die Ackerfläche mehr Ertrag abwirft als ökologisch verträgliche Nutzung (die durchaus auch Profit bringt, ich weiß aber nicht, wie viel), dann haut auch der Privatbesitzer den Wald weg. Und es ist auch nicht so, als ob Businesskulturen sich da nicht unterscheiden würden. Für die Einen ist die Zerstörung des biologischen Erbes vielleicht ein absolutes No-Go, für die Anderen eine sentimentale Floskel.

Hinzu kommt, dass nicht alle Allmenden privatisierbar sind oder das zumindest (aus meiner Sicht aus verständlichen Gründen) von den meisten Menschen nicht geduldet würde. Denk z.B. an die Ozeane. Sollen wir die auch privatisieren?
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon provinzler » Di 22. Okt 2013, 17:00

Nanna hat geschrieben:Wir werden ja in den nächsten Jahrzehnten sehen, wie es so läuft mit den Modellen, also ob Vorhersagen eintreffen. Und missversteh mich nicht: Es wäre mir tausendmal lieber, einzugestehen, dass ich mich in meinem Vertrauen in die Wissenschaftler geirrt habe. Ich gehe nur davon aus, dass das nicht der Fall sein wird und es bleibt wirklich nur zu hoffen, dass wir wenigstens die Folgen kreativ genug abfedern.

Ich sag übrigens nicht, dass es nicht vielleicht wärmer wird. Ich sage nur, dass ich bei diesen Modellen massive Zweifel habe. Wir reden hier über vielfach rückgekoppelte nicht-lineare Systeme, über deren Innenleben und Wechselwirkungen wir fast nix wissen. Egal wieviel Computerpower du da draufwirfst, da kann nicht viel sinnvolles rauskommen. Und wenn ich so ein Modell dann über eine lange Zeitachse (50-100 Jahre) laufen lasse, dann summieren sich die Fehler.
Nochmal mich machen skeptisch:
- die Interessenlagen der Beteiligten
- der Umgang mit Kritikern (bis hin zur Forderung der Todesstrafe für Skeptiker*!)
- die angeblich exakten Ergebnisse bei der Berechnung der genannten nicht-linearen-Systeme mit vielfacher Rückkopplung
- dass Messwerte ignoriert oder sogar gefälscht werden, wenn sie nicht ins Modell passen

Nanna hat geschrieben:Kommt auch auf den Eigentümer an. Wenn die Ackerfläche mehr Ertrag abwirft als ökologisch verträgliche Nutzung (die durchaus auch Profit bringt, ich weiß aber nicht, wie viel), dann haut auch der Privatbesitzer den Wald weg. Und es ist auch nicht so, als ob Businesskulturen sich da nicht unterscheiden würden. Für die Einen ist die Zerstörung des biologischen Erbes vielleicht ein absolutes No-Go, für die Anderen eine sentimentale Floskel.

Ich komm ja aus einer Gegend, wo ältere Leute Wald noch als das "Sparbuch der Bauern" bezeichnen.
Es ist also nicht möglich, dass da auch kulturelle Dinge mit reinspielen.
Ich wollte nur darauf hinweisen, dass die größten Schwierigkeiten immer bei Allmendegütern auftreten.



*übrigens nicht von irgendwelchen kuriosen Spinnern, sondern von einem verbeamteten Professor
http://www.spiegel.de/unispiegel/studiu ... 75802.html
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Nanna » Di 22. Okt 2013, 18:11

provinzler hat geschrieben:Ich sag übrigens nicht, dass es nicht vielleicht wärmer wird. Ich sage nur, dass ich bei diesen Modellen massive Zweifel habe. Wir reden hier über vielfach rückgekoppelte nicht-lineare Systeme, über deren Innenleben und Wechselwirkungen wir fast nix wissen. Egal wieviel Computerpower du da draufwirfst, da kann nicht viel sinnvolles rauskommen. Und wenn ich so ein Modell dann über eine lange Zeitachse (50-100 Jahre) laufen lasse, dann summieren sich die Fehler.

Ist ein berechtigter und mathematisch sicher plausibler Einwand. Trotzdem scheint sich eine gewisse Tendenz ja abzuzeichnen. Die statistischen Fehlerbreiten, die ja teilweise erheblich sind, werden ja zudem auch angegeben. Ich denke/hoffe, dass die Leute, die das Zeug ausrechnen, genug von Mathe verstehen, um sich der Grenzen solcher Berechnungen bewusst zu sein.

provinzler hat geschrieben:- die Interessenlagen der Beteiligten

Da komme ich nicht ganz mit. Ich verstehe zwar dein Argument, dass die Forscher größtenteils von Staaten bezahlt werden, auch wenn ich es übertrieben finde. Aber wenn wir um des Arguments Willen mal diese Kette akzeptieren, aus welchem Grund sollten dann die politischen Eliten einen Klimawandel herbeifantasieren?

provinzler hat geschrieben:- der Umgang mit Kritikern (bis hin zur Forderung der Todesstrafe für Skeptiker*!)

Aus der Perspektive von jemandem, der den Klimawandel für ein wissenschaftlich gut erforschtes Gebiet hält und die Zeit zum Handeln als begrenzt ansieht, macht es durchaus Sinn, sich dagegen zu wehren, dass Skeptiker, die polemisch gesagt häufig auch nur nicht auf ihr 500-PS-SUV verzichten wollen und da nicht weniger für sich beanspruchen können, eine eigennützige Agenda zu verfolgen, das ganze Thema zur Unkenntlichkeit zerreden. Zumal der Konsens eben ist, dass der Klimawandel nicht so zweifelhaft ist, wie du glauben machen willst. Die Ironie an der Geschichte ist, dass sich auf diese Weise beide Seiten vorwerfen, den Klimawandel aus purem Eigeninteresse zu vertreten oder zu leugnen.

Die Geschichte mit der Todesstrafe ist ein ziemlich unfaires Argument, weil es da um die einzelne Äußerung eines schrägen Vogels ging, der gerade von ebenjenem Establishment demontiert wird, dem du vorwirst, insgeheim mit ihm einer Meinung zu sein.

provinzler hat geschrieben:- die angeblich exakten Ergebnisse bei der Berechnung der genannten nicht-linearen-Systeme mit vielfacher Rückkopplung

Ich bin kein Mathematiker oder Physiker, aber ich werde mal einen dazu fragen.

provinzler hat geschrieben:- dass Messwerte ignoriert oder sogar gefälscht werden, wenn sie nicht ins Modell passen

Das ist beispielsweise wo passiert (und wenn, dann bitte ein Beispiel, wo dies systematisch geschehen ist. Einzelne Ausreißer rauszuschmeißen oder oben und unten mal ein Quantil mit seltsamen Daten abzuschneiden und ähnliche "Tricks" sind in der Statistik vollkommen akzeptiert, um ein klares Ergebnis zu kriegen. Das wird normalerweise auch immer entsprechend angegeben.)?

provinzler hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Kommt auch auf den Eigentümer an. Wenn die Ackerfläche mehr Ertrag abwirft als ökologisch verträgliche Nutzung (die durchaus auch Profit bringt, ich weiß aber nicht, wie viel), dann haut auch der Privatbesitzer den Wald weg. Und es ist auch nicht so, als ob Businesskulturen sich da nicht unterscheiden würden. Für die Einen ist die Zerstörung des biologischen Erbes vielleicht ein absolutes No-Go, für die Anderen eine sentimentale Floskel.

Ich komm ja aus einer Gegend, wo ältere Leute Wald noch als das "Sparbuch der Bauern" bezeichnen.

Ich komme auch aus so einer Gegend und meine Familie hat auch selbst ein paar nette Streifen guten bayerischen Wald, den keiner roden würde, selbst wenn's erlaubt wäre. Aber mit der Rentabilität von Tropenwäldern kenne ich mich nicht aus. Letztlich könnte es halt sein, dass man den Leuten selbst dann staatlich verbieten müsste, den Wald zu roden, wenn er Privateigentum wäre. Ich weiß nicht, ob dir das als Lösung schmecken würde.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon provinzler » Di 22. Okt 2013, 19:47

Nanna hat geschrieben:Ist ein berechtigter und mathematisch sicher plausibler Einwand. Trotzdem scheint sich eine gewisse Tendenz ja abzuzeichnen. Die statistischen Fehlerbreiten, die ja teilweise erheblich sind, werden ja zudem auch angegeben. Ich denke/hoffe, dass die Leute, die das Zeug ausrechnen, genug von Mathe verstehen, um sich der Grenzen solcher Berechnungen bewusst zu sein.

Die volle Version dieser IPCC-Berichte ist übrigens meistens deutlich vorsichtiger und abwägender als die Zusammenfassung für Politiker/Presse/NGOs. Da bewegt man sich mehr im Konjunktiv, und zieht auch teilweise andre Sichtweisen in Betracht. Die Wissenschaftler sind sich auch der prinzipiellen Untauglichkeit ihrer Modelle bewusst (jedenfalls was längerfristige Prognosen angeht).
Der Kabarettist (und Physiker) Vince Ebert zitiert in diesem Video hier: http://www.youtube.com/watch?v=smmwvWCqpQM folgende Stelle aus dem offiziellen Weltklimabericht (müsste wohl der 2007er sein):

"Klimamodelle arbeiten mit gekoppelten nicht-linearen, chaotischen Systemen. Dadurch ist eine langfristige Voraussage des Systems Klima nicht möglich"


Nanna hat geschrieben:Das ist beispielsweise wo passiert (und wenn, dann bitte ein Beispiel, wo dies systematisch geschehen ist. Einzelne Ausreißer rauszuschmeißen oder oben und unten mal ein Quantil mit seltsamen Daten abzuschneiden und ähnliche "Tricks" sind in der Statistik vollkommen akzeptiert, um ein klares Ergebnis zu kriegen. Das wird normalerweise auch immer entsprechend angegeben.)?

WikiLeaks hat vor paar Jahren mal paar interne Emails veröffentlicht. Und natürlich kamen die diversen eingesetzten Regierungskomissionen zu dem Ergebnis, dass die Regierung nicht gelogen hat. (Sehr überzeugend, muss ich schon sagen. Wenn wir mal annehmen, dass ich Recht habe, kontrollieren sich die Täter quasi selber und bescheinigen sich selbst, korrekt gehandelt zu haben.)
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