Wie genau lautet die Geschlechterfrage? (und VIELES mehr...)

Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon JustFrank » Mi 5. Sep 2012, 12:55

Kittner hat in seinen Kabarettprogrammen am Ende immer eine Unterschriftenaktion durchgeführt und stets darauf hingewiesen, dass Kugelschreiber und Kugelschreiberinnen am Ausgang bereit lägen.

Und Monika Griefhahn, die gefordert hat auf Radwegschildern ein Damenfahrrad darzustellen, wurde nahegelegt sich doch konsequenterweise in Monika Griefhuhn umzubenennen.

Zeigt uns mal wieder, dass zu eigehende Betrachtungen der Geschlechterfrage meist nicht besonders sinnhaft sind.

Aber die eigentliche Frage ist doch, weshalb Frauen und Männer permanent aneinander vorbei quatschen, während sie beim Poppen exakt aufeinander passen?
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon chulinn » Mi 5. Sep 2012, 14:44

Hallo Vollbreit,
http://de.wikipedia.org/wiki/Gender_Studies beschreibt zwar das Thema, schweigt sich aber aus ob es eine Gender-Frage gibt oder nicht. Soll das also heißen es gibt garkeine (wohldefinierte) Gender-Frage?
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Vollbreit » Mi 5. Sep 2012, 14:56

Es gibt nicht (genau) eine Gender-Frage, sondern Gender Studies kreisen um ein ganzes Feld von Fragen, bspw. inwieweit Geschlechterrollen natürlich sind oder gesellschaftlich konsturiert.
Und was daraus folgt, für Erziehung, die Beziehung von Mann und Frau und so weiter.

Es ist vielleicht ein bisschen wie mit der Sinnfrage, den Begriff gibt es auch, aber er verweist nicht darauf, dass es genau eine einzige ausformulierte Sinnfrage gibt, wie: Was soll das alles?
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Darth Nefarius » Do 6. Sep 2012, 11:09

mat-in hat geschrieben:Sehr geehrte Anwesende und Anwesendinnen...

Bei den Piraten würde man "Sehr geehrte Eichhörnchen" sagen.
JustFrank hat geschrieben:Aber die eigentliche Frage ist doch, weshalb Frauen und Männer permanent aneinander vorbei quatschen, während sie beim Poppen exakt aufeinander passen?

Eine sehr gute Frage, leider hat sich noch keine Dame dazu bequemt, an dieser Diskussion teilzunehmen, ich würde zu gern deren Position lesen. Nun, technisch gesehen gibt es Unstimmigkeiten zwischen jeder Person, unabhängig vom Geschlecht. Praktisch betrachtet ist mir als Mann aufgefallen, dass es aber nicht ganz so ist. Kaum korrigiert man bei einer Mail die Rechtschreibung eines Wortes mit halbem Witz, wird man mit Schweigen und Missachtung gestraft. Andersherum denke ich mir oft, wie blöde und widerwertig ein weiblicher Charakter sein kann, dann wandert mein Blick aber nach unten.... :titten:
Ja, auch als biologienaher, angehender Naturwissenschaftler muss ich sagen, dass ich die Grausamkeit der Evolution nicht nachvollziehen kann. Wieso ist dieser offenkundige Masuchismus des Mannes, die Nähe eines so widerborstigen, empfindlichen und streitlustigen Wesens zu suchen, ein so verbreitetes Phänomen? Warum hat sich das noch nicht herausgemendelt und warum sind wir nicht alle die beinahe-homo-/metrosexuellen Männer, die immer zum Einkauf mitkommen, den tratsch genießen und sich überall rasieren? Ich muss zugeben, darauf habe ich keine zufriedenstellende Antwort. :-/ :kopfwand:
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon stine » Do 6. Sep 2012, 16:16

Wie man alles übertreiben kann...

Aus dem Bücherregal zieht sie eine Geschichte über zwei männliche Giraffen, die traurig sind über ihre Kinderlosigkeit - bis sie ein verlassenes Krokodil-Ei finden. In fast allen Büchern kommen homosexuelle Paare, alleinerziehende Elternteile oder Adoptivkinder vor. Märchenklassiker wie Schneewittchen oder Aschenputtel fehlen, weil sie, wie es heißt, das Klischee bedienen. Die Erzieher unterstützten die Kinder auch dabei, im Spiel auf neue Ideen zu kommen, sagt Rajalin. "Ein konkretes Beispiel ist vielleicht, wenn sie 'Familie' spielen und die Rolle der Mutter schon besetzt ist und sie streiten. Dann schlagen wir zwei Mütter vor oder drei Mütter und so weiter."

Ich verstehe nicht, warum ein Mädchen nicht mehr Mädchen sein darf und ein Junge nicht mehr ein Junge?
Erklärt mir das hier einer?
Warum müssen sie das Gleiche spielen und warum dürfen Mädchen keine Kleidchen mehr tragen?

Die Frage nach den Geschlechtern stellt sich jenen, die sich nicht entscheiden können, was sie sein wollen oder neidvoll kleine Erfolge des anderen oder gar des eigenen Geschlechts beäugen und feststellen, dass sie da nicht mithalten können. Mir persönlich hat sich die Geschlechterfrage noch nie gestellt. Ich bin aber auch im Vorteil: Ich kann Röcke anziehen und hohe Absätze an den Schuhen haben oder mit Sportschuhen und Hosen aus dem Haus gehen. Welcher Mann kann das schon?

:mg: stine
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 7. Sep 2012, 10:48

Wenn ich das so lese, würde es mich schon deprimieren irgendwann mal in ferner Zukunft eine Tochter zu haben, die bewusst mit Barbies und Puppen spielt und ihre kleine Einbauküche will, und am liebsten alles in pink hat. :(
Nein, soweit darf es nicht kommen! Zum Glück gibt es da die PID und korrupte Ärzte.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon stine » Fr 7. Sep 2012, 11:02

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn ich das so lese, würde es mich schon deprimieren irgendwann mal in ferner Zukunft eine Tochter zu haben, die bewusst mit Barbies und Puppen spielt und ihre kleine Einbauküche will, und am liebsten alles in pink hat. :(
Ja, das wäre der Hammer!
Und stell dir vor, du hättest einen kleinen Sohn, der nur an Autos interessiert ist, obwohl du ihm ständig die Püppchen seiner Schwester zum Spielen vorhältst.
Man muss dieses einseitige Interesse SOFORT NEUTRALISIEREN!!! :motz:

LG stine
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 8. Sep 2012, 10:05

Nun, ich könnte das kaum unterdrücken. Wenn es Präferenzen gibt, kann man nur enttäuscht sein, muss aber mitspielen, um das Kind nicht zu verstören. Auch wenn ich das nicht gutheißen würde, bliebe mir wohl keine andere Wahl, als mich zu fügen. Ich habe hier oft deutlich gemacht, dass ich Erziehung nur für den Feinschliff halte, nicht für richtungsweisend. Wenn ich schon eine Katzenberger in die Welt setzen würde, dann soll sie gefälligst die beste ihrer Art werden. Aber da es PID gibt, muss ich das Risiko nicht eingehen.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon stine » Sa 8. Sep 2012, 10:44

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn es Präferenzen gibt...
Die gibt es. Das kannst du mir ruhig glauben und Kindergärten wie der beschriebene "Egalia" in Schweden sind nichts anderes, als der Auswuchs einer feministischen Gesellschaft. Es wird nicht egalisiert, sondern umgedreht. In einem Artikel hieß es, dass es im Kindergarten keinerlei Spielzeugautos gäbe, um die Buben nicht zu verführen. Puppen und Küchen gibt es aber genug.
Was das soll, weiß ich nicht.
Ich kann mir nur vorstellen, dass es ein großer Mangel ist, fast keine Männer in den Erzieherberufen zu haben. Das ist alles fest in Frauenhand und die Kinder müssen das aushalten. Wer eingefleischte Erzieherinnen kennt, der weiß wovon ich spreche.

LG stine
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Julia » So 9. Sep 2012, 12:26

stine hat geschrieben:Warum müssen sie das Gleiche spielen und warum dürfen Mädchen keine Kleidchen mehr tragen?

http://a7.sphotos.ak.fbcdn.net/hphotos-ak-prn1/562564_406213532742310_208899849140347_1277517_1531828172_n.jpg

Darth Nefarius hat geschrieben:Was Feministen (und ich schreibe bewusst in diesem Zusammenhang nicht Feministinnen) nicht verstehen, ist der Unterschied zwischen grammatischem und tatsächlichem Geschlecht. Ein Amt hat nur ein grammatisches Geschlecht, ein Tisch und ein Schuh auch. Deswegen kann ich zu Merkel auch Kanzler sagen, zu einer weiblichen Lehrkraft Lehrer und brauche nicht diese sprachliche Verstümmelung "Innen" anzufügen.

Was FeministInnen verstanden haben ist dass diese Verwendung von Sprache einen Einfluss auf unsere Wahrnehmung hat.

Stahlberg, Dagmar & Sabine Sczesny hat geschrieben:In der feministischen Linguistik wird angenommen, daß maskuline Bezeichnungen, die generisch benutzt werden (Bezeichnungen von Personen beiderlei Geschlechts durch die maskuline Form, wie z.B. die Wissenschaftler, die Studenten), weibliche Personen weniger vorstellbar oder sichtbar machen als männliche Personen. Verschiedene experimentelle Untersuchungen konnten diese Annahme für den englischen Sprachraum bestätigen. Für die deutsche Sprache existieren dagegen bislang sehr wenige Studien zu dieser Frage. Es werden vier Experimente vorgestellt, die untersuchen, ob unterschiedliche Sprachversionen - ,Beidnennung‘ (Studentinnen und Studenten), ,Neutral‘ (Studierende), ,Generisches Maskulinum‘ (Studenten) und “Großes I“ (StudentInnen) - den gedanklichen Einbezug von Frauen beeinflussen. Über alle Experimente hinweg zeigte sich, daß bei Personenreferenzen im generischen Maskulinum ein geringerer gedanklicher Einbezug von Frauen zu beobachten war als bei alternativen Sprachformen wie der Beidnennung oder dem “Großen I“ (z.B. seltenere Nennungen von beliebten weiblichen Persönlichkeiten oder von politischen Kandidatinnen für das Amt des Bundeskanzlers/der Bundeskanzlerin der BRD).

Quelle: Psychologische Rundschau, 2001, Jg. 52, Nr. 3, S.131-140

Oh und was in einer Diskussion über die Geschlechterfrage neben Brüsten nicht fehlen darf:
Bild
Zuletzt geändert von Nanna am So 9. Sep 2012, 12:47, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Bitte die Urheberrechtsbedingungen beachten.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon stine » So 9. Sep 2012, 13:06

Es kann schon sein, dass der Artikel "DER" den Wissenschaftler im Vorbeifliegen als Mann wahrnehmen lässt, genauso wie DER Arzt oder DER Lehrer männlich sind. Aus diesem Grund hat man den weiblichen Anhang "in" nun auch überall mit eingeführt. So sollte es also kein Problem mehr sein, sich jeden Beruf auch in weiblicher Besetzung vorstellen zu können. Wer das noch mehr ausbügeln will kann ja künftig ein DAS davorsetzen, wie die Egalia-Schweden das nun machen.
Das Wissenschaftler, das Arzt oder das Lehrer.
Eine ungarische Freundin von mir praktiziert das schon 20 Jahre lang :mg: .

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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon provinzler » So 9. Sep 2012, 13:13

Julia hat geschrieben: (z.B. seltenere Nennungen von beliebten weiblichen Persönlichkeiten oder von politischen Kandidatinnen für das Amt des Bundeskanzlers/der Bundeskanzlerin der BRD).



Angesichts der Beliebtheit von Politikern insgesamt würde ich das sogar als Privileg bewerten. :mg:
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Darth Nefarius » So 9. Sep 2012, 16:35

stine hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn es Präferenzen gibt...
Die gibt es.

Das brauchst du ausgerechnet mir, dem Typen, der hier immer alles auf Triebe und Gene reduzieren will, nicht erklären. Was du zitiert hast, war nicht derspringende Punkt (übrigens gibt es zum Ursprung dieser Redewendung eine biologische Anekdote).
Das kannst du mir ruhig glauben und Kindergärten wie der beschriebene "Egalia" in Schweden sind nichts anderes, als der Auswuchs einer feministischen Gesellschaft. Es wird nicht egalisiert, sondern umgedreht. In einem Artikel hieß es, dass es im Kindergarten keinerlei Spielzeugautos gäbe, um die Buben nicht zu verführen. Puppen und Küchen gibt es aber genug.
Was das soll, weiß ich nicht.

Ja, ich halte diese Methodik auch für unsinnig und alles andere als gleichmachend.
Julia hat geschrieben:Was FeministInnen verstanden haben ist dass diese Verwendung von Sprache einen Einfluss auf unsere Wahrnehmung hat.

Sie haben nicht verstanden, dass ihre Wahrnehmung verschoben ist, wenn sie in einem grammatischen Geschlecht eine Diskriminierung sehen. Das ist pedantisch und auch noch sachlich nicht korrekt. Ach, und nochwas zur Wahrnehmung: Bei jedem "Innen" kriege ich das :kotz:
So viel zu meiner Wahrnehmung.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Julia » So 9. Sep 2012, 17:07

Darth Nefarius hat geschrieben:Sie haben nicht verstanden, dass ihre Wahrnehmung verschoben ist, wenn sie in einem grammatischen Geschlecht eine Diskriminierung sehen. Das ist pedantisch und auch noch sachlich nicht korrekt.

Du redest an der Problematik vorbei. Es geht nicht um die Wahrnehmung von FeministInnen sondern um die Wahrnehmungen von Versuchspersonen, wenn diese mit dem generischen Maskulinum konfrontiert werden. Und diese wurden experimentell untersucht. Das Ergebnis zeigt, dass die Begriffe eben nicht neutral wahrgenommen werden und darin liegt ein Problem unabhängig davon ob diese Wahrnehmung sachlich korrekt ist oder nicht. Das menschliche Gehirn scheint sich hier nicht an deine Spielregeln halten zu wollen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ach, und nochwas zur Wahrnehmung: Bei jedem "Innen" kriege ich das [Kotzen]

Da du selber nicht viel Rücksicht auf die Befindlichkeiten anderer nehmen zu scheinst, brauchst du hier jetzt nicht viel Mitleid erwarten.

Ich habe neulich in einem sehr von Männern dominierten Umfeld (technische Universität) einen Vortrag von Richard M. Stallman gehört in dem er fiktiven Personen grundsätzlich weibliche Pronomen gegeben hat. Die leicht irritierten Blicke der nicht weiblichen Mehrheit waren durchaus erheiternd.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Darth Nefarius » So 9. Sep 2012, 17:26

Julia hat geschrieben: Es geht nicht um die Wahrnehmung von FeministInnen sondern um die Wahrnehmungen von Versuchspersonen, wenn diese mit dem generischen Maskulinum konfrontiert werden. Und diese wurden experimentell untersucht. Das Ergebnis zeigt, dass die Begriffe eben nicht neutral wahrgenommen werden und darin liegt ein Problem unabhängig davon ob diese Wahrnehmung sachlich korrekt ist oder nicht.

Dieses Ergebnis zeigt mir, dass nicht die Sprache, sondern die Gesellschaft reformiert werden sollte, wenn überhaupt. Was ist denn so schädlich oder verwerflich daran, wenn man Assoziationen hat? Die kann man schlecht unterdrücken. Wenn ich von Hebammen höre, denke ich an ein weibliches Geschlecht. Wenn ich von "-Innen" höre, wwird mir übel. Die Sprache zu vergewaltigen sit doch nicht die Lösung für Gleichberechtigung! Eine meist unschädliche Assoziation durch eine unangenehme (Übelkeit bei "-Innen") zu tauschen, scheint mir nicht effizient.
Julia hat geschrieben:Das menschliche Gehirn scheint sich hier nicht an deine Spielregeln halten zu wollen.

Ich spiele nie nach Regeln.
Julia hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ach, und nochwas zur Wahrnehmung: Bei jedem "Innen" kriege ich das [Kotzen]

Da du selber nicht viel Rücksicht auf die Befindlichkeiten anderer nehmen zu scheinst, brauchst du hier jetzt nicht viel Mitleid erwarten.

Das tue ich auch nicht. Ich will damit ausdrücken, dass Befindlichkeiten (weder meine, noch die der Versuchsteilnehmer) relevant für eine sachliche Fragestellung sind.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Nanna » So 9. Sep 2012, 17:38

Julia hat geschrieben:Ich habe neulich in einem sehr von Männern dominierten Umfeld (technische Universität) einen Vortrag von Richard M. Stallman gehört in dem er fiktiven Personen grundsätzlich weibliche Pronomen gegeben hat. Die leicht irritierten Blicke der nicht weiblichen Mehrheit waren durchaus erheiternd.

Ein Geografieprofessor, bei dem ich ein Semester lang eine Vorlesung gehört habe, macht das auch grundsätzlich so, und ich muss zugeben, dass ich auch hin und wieder ein bisschen irritiert geschaut, einfach auch weil das schon dem gewohnten Sprachgefühl widerspricht. Andererseits arbeite ich selber in einem größeren Hiwi-Team, das zu mehr als 50% weiblich besetzt ist, und da sprechen auch die Frauen grundsätzlich von "wir Studenten" und keiner hat da, glaube ich, etwas anderes als gemischtgeschlechtliche Gruppen vor Augen, einfach weil es in diesem Umfeld völlig normal ist, dass mindestens die Hälfte der Leute weiblich ist. Es scheint also auch ein bisschen am Umfeld zu liegen, in dem man sich bewegt. Wenn man ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis gewohnt ist und eh nicht anders kennt (ich war auch an einer Schule mit zwei Dritteln Mädchen, da waren "Schüler" logischerweise nie nur die Buben), hat man vielleicht die entsprechende Prägung nicht so mitbekommen. Insofern wäre es interessant, ob Angehörige patriarchalisch geprägter Subkulturen ungegenderte Benennungen wie "die Ärzte" oder "die Lehrer"anders wahrnehmen als Leute, die in einem stark gleichberechtigten Umfeld leben. Kennst du dazu irgendwelche Studien?

Irgendwie lässt sich das Problem für mich sprachlich auch nicht so ganz zufriedenstellend lösen. Spricht man von "Studentinnen und Studenten" betont man die ganze Zeit, dass es zwei Sorten gibt, das verstärkt die Kluft ja eher. Spricht man nur von "Studenten", ist man grammatisch auf der korrekten Seite, perpetuiert aber tendentiell patriarchalische Perspektiven auf die Welt. Und spricht man von Studentinnen, wird man in den Augen der meisten Menschen erst recht nur ein bestimmtes Geschlecht meinen, weil man unter "Studenten" wegen der maskulinen Bezeichnung der neutralen Berufsform ("der Student" als "ein beliebiger Student eines beliebigen Geschlechts") auch einen Anteil an Frauen sehen kann, unter "Studentinnen" aber kaum einen Anteil an Männern vermuten wird. Der Idealfall wäre wohl ein viertes Geschlecht, das geschlechtsneutral ist, aber keine Sachen bezeichnet, sondern eben Personen, nur wo soll das herkommen? Alternativ kann man natürlich von "Studierenden" sprechen, was aber grammatisch wieder Blödsinn ist, weil nicht jeder Student in jedem beliebigen Augenblick studiert, also "studierend" ist - oder hat schon mal jemand "protestierende Studierende" (=in Bücher vertiefte Demonstranten) oder gar "tote Studierende" gesehen?
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon provinzler » So 9. Sep 2012, 18:06

Nanna hat geschrieben:Ein Geografieprofessor, bei dem ich ein Semester lang eine Vorlesung gehört habe, macht das auch grundsätzlich so, und ich muss zugeben, dass ich auch hin und wieder ein bisschen irritiert geschaut, einfach auch weil das schon dem gewohnten Sprachgefühl widerspricht. Andererseits arbeite ich selber in einem größeren Hiwi-Team, das zu mehr als 50% weiblich besetzt ist, und da sprechen auch die Frauen grundsätzlich von "wir Studenten" und keiner hat da, glaube ich, etwas anderes als gemischtgeschlechtliche Gruppen vor Augen, einfach weil es in diesem Umfeld völlig normal ist, dass mindestens die Hälfte der Leute weiblich ist.

Das wird bei uns auch so verwendet und in meinem Studiengang hats ~90% Männer. Und du wirst schwerlich vehementere Feminismus-Opposition finden, als bei unseren Mädels. Die sehen das rumreiten auf solchen Formalien, soweit ich das mitbekomme, in erster Linie als schlecht kaschierte Minderwertigkeitskomplexe. Und die teils verwendete Wortwahl beweist mir immer wieder wie boshaft Frauen untereinander sein können.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Nanna » So 9. Sep 2012, 18:21

Ja, das macht die Sache noch komplizierter: Manche sehen das konsequente Verwenden männlicher Sammel- bzw. Berufsbezeichnungen als Diskriminierung und andere (gerade jüngere Frauen, die nicht mehr so patriarchalisch geprägt aufgewachsen sind, scheint mir) sind regelrecht stolz darauf, dass sie sich da einen selbstverständlichen Postgender-Platz in diesen Bezeichnungen erkämpft haben. Der Begriff mag grammatisch männlich sein, aber was darunter gesehen wird, ist eben doch subjektiv unterschiedlich. Das macht es wirklich nicht einfach, da eine Sprache zu verwenden, die alle respektvoll finden und die nicht gleichzeitig als hohles Phrasendreschen erscheint.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon Julia » So 9. Sep 2012, 18:27

Darth Nefarius hat geschrieben:Eine meist unschädliche Assoziation durch eine unangenehme (Übelkeit bei "-Innen") zu tauschen, scheint mir nicht effizient.

Ich weiß nicht wie du zu der Einschätzung der Unschädlichkeit kommst, wenn wir einen Sprachgebrauch haben, der die Hälfte der Menschheit regelmäßig ausblendet.
Und was deine Übelkeit angeht, vielleicht solltest du der mal auf den Grund gehen, die scheint mir nämlich auch wenig sachlich.

Übrigens, statt Hebamme bietet sich zum Beispiel "Entbindungspfleger/in" an.

Darth Nefarius hat geschrieben:Dieses Ergebnis zeigt mir, dass nicht die Sprache, sondern die Gesellschaft reformiert werden sollte, wenn überhaupt.

Das natürlich auch. Ich denke aber dass das Sichtbarmachen von Frauen durch einen veränderten Sprachgebrauch auch schon einen Einfluss auf die Gesellschaft hat, man kann die Gesellschaft und ihre Sprache ja nicht komplett isoliert betrachten.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich will damit ausdrücken, dass Befindlichkeiten (weder meine, noch die der Versuchsteilnehmer) relevant für eine sachliche Fragestellung sind.

Ich glaube du stellst einfach die falschen Fragen. Die Frage ist nicht was in deinem Grammatikbuch steht, sondern wie die gesellschaftliche Realität aussieht. Und für diese sind menschliche Wahrnehmungen von großer Bedeutung.

Nanna hat geschrieben:Andererseits arbeite ich selber in einem größeren Hiwi-Team, das zu mehr als 50% weiblich besetzt ist, und da sprechen auch die Frauen grundsätzlich von "wir Studenten" und keiner hat da, glaube ich, etwas anderes als gemischtgeschlechtliche Gruppen vor Augen, einfach weil es in diesem Umfeld völlig normal ist, dass mindestens die Hälfte der Leute weiblich ist

Mag auch daran liegen, dass in dem Fall bekannt ist wie die Gruppe zusammengesetzt ist, von der gesprochen wird.
Das Gehirn hat also noch zusätzliche Informationen. Wenn diese aber fehlen ertappe ich mich oft dabei einen männlichen Prototyp vor Augen zu haben.

Nanna hat geschrieben:Irgendwie lässt sich das Problem für mich sprachlich auch nicht so ganz zufriedenstellend lösen.

In vielen Fällen ist das Problem durch geschlechtsneutrale Formulierungen umgehbar. Beispiele hier:
http://www.frauenbeauftragte.uni-muench ... hreibungen

provinzler hat geschrieben:Die sehen das rumreiten auf solchen Formalien, soweit ich das mitbekomme, in erster Linie als schlecht kaschierte Minderwertigkeitskomplexe.

Es gibt auch heute noch Frauen, die das Wahlrecht für Frauen abschaffen wollen und denken Feminismus verursacht Pickel.
Zuletzt geändert von Julia am So 9. Sep 2012, 18:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie genau lautet die Geschlechterfrage?

Beitragvon stine » So 9. Sep 2012, 18:38

Julia hat geschrieben:http://www.frauenbeauftragte.uni-muenchen...Umschreibungen

Also die Alternativen sind gut, aber dann sollte man doch künftig noch ein Wortvermeidungsprogramm, ala Thesaurus, installiert bekommen, damit sich im Text kein maskuliner Fehler mehr verstecken kann.
Ich finde man kann alles auf die Spitze treiben und eine Frauenbeauftragte hat wohl viel Zeit, oder? Vielleicht könnte sie so ein Programm für die nächste Word-Version mal in Auftrag geben? Bei der IT-Fachabteilung.

:idea: stine
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