provinzler hat geschrieben:Übrigens noch eine Frage, die mich schon seit längerem beschäftigt. Wenn wir mal davon ausgehen, dass die deutsche Bundesregierung versteht, oder zumindestens Leute beschäftigt, die verstehen, was da in der Eurozone grade abläuft, und ihr mal unterstellen, dass sie ihren Amtseid zu erfüllen trachtet, dann kann die aktuelle Politik eigentlich nur bedeuten, dass Frankreich und Co. massive Repressionshebel in der Hand haben, die die Regierung regelmäßig dazu bewegen, die Ersparnisse ihre Bürger in ein Fass ohne Boden zu werfen. Wir reden hier immerhin schon über Summen im 13-stelligen Bereich. Meine Frage, an diejenigen (Nanna?), die von Politik mehr verstehen als ich: Welche Erpressungsmöglichkeiten können das sein, dass sie deutsche Regierungen zu solch irrsinnigen und wahnwitzigen Aktionen bewegen können?
Um da jetzt verspätet noch ein paar Worte dazu zu verlieren:
Ich glaube erstmal, dass du zu sehr von deinem subjektiven Verständnis davon ausgehst, wie Politik funktioniert. Natürlich sind Interessensausgleiche und gegenseitige Erpressungen zwischen verschiedenen Akteuren an der Tagesordnung, aber die Vorstellung, dass sich Politik so abspielt, dass sich da Teilchen gegenseitig anstoßen (=erpressen) und dann alles seinen determinierten Gang läuft, ist schon etwas unterkomplex.
Versetz dich mal einen Augenblick in die Lage der Bundesregierung. Muss Frankreich denn die Bundesregierung erpressen? Muss Frankreich überhaupt nur einen Piep sagen? Reicht nicht aus, dass alle, ohne dass es einer aussprechen müsste, ganz genau wissen, dass der Euro und mit ihm ein großer Teil der EU auf der Kippe stehen, ein Konstrukt, an dem die Europäer seit 60 Jahren mühsam herumschrauben und das keiner ernsthaft wieder loshaben will? Europa ist in den letzten Jahren von separatistischen und nationalistischen Tendenzen ganz schön durchgeschüttelt worden, und denk bitte daran, dass die Perspektive der "Ausgründung", die bei den Libertären offensichtlich positiv besetzt ist, nicht das ist, was in den Köpfen der Regierenden herumgeistert. Bei denen gehen eher die Warnlampen des 20. Jahrhunderts wieder an und das meines Erachtens zu Recht, denn was der nationalistische Mob da von sich gibt, hat mit dem, was Gandalf durch Ausgründung bezweckt, nichts zu tun. Ich betone das deshalb, weil ich nicht sicher bin, ob du dich hier nicht ein wenig mehr bemühen müsstest, die Lage durch die Brille der Bundesregierung zu betrachten. Solange du, und so scheint es mir, davon ausgehst, dass heimlich alle so denken wie du und hinter einem davon abweichenden Verhalten entweder böser Wille (ausbeuterische Staatsklasse) oder Erpressbarkeit stehen, wirst du beim Verstehen des Verhaltens der Regierung nicht voran kommen.
Ich denke, dass es viel banaler ist, als irgendwelche geheimen Pistolen, die da jemandem auf die Brust gesetzt werden: Die Regierung weiß, dass die Konsequenzen eines verfallenden Europas dramatisch wären und dass ihr im wesentlichen nur die Flucht nach vorne bleibt. Sprich, wir kaufen Zeit und kaufen Länder heraus und versuchen in der Zwischenzeit irgendwie die Integration voranzutreiben, so dass wir beim nächsten Mal besser gewappnet sind. Die öffentlichen statements sind da im Kern des Inhalts von der Wahrheit vermutlich nicht besonders weit entfernt.
Übrigens, das mit der Feindstaatenklausel und dem Weltkrieg ist wirklich blanker Unsinn, damit kann man niemanden mehr erpressen und schon gleich zehn mal nicht in dieser Größenordnung, und Schachtschneider... naja.