fopa hat geschrieben:Um mir mal Hilfe aus wikipedia zu holen...
wikipedia hat geschrieben:Wertvorstellungen oder kurz Werte bezeichnen im allgemeinen Sprachgebrauch unter anderem als erstrebenswert, in sich wertvoll oder moralisch gut betrachtete Eigenschaften bzw. Qualitäten, die Objekten, Ideen, praktischen bzw. sittlichen Idealen, Sachverhalten, Handlungsmustern, Charaktereigenschaften und dergleichen beigelegt werden.
Diese Betrachtungsweise (auf die Werte und ihre Notwendigkeit) ist zwar allgemein, aber nicht logisch begründet. Die Definition kenne ich und habe auch kein Problem mit ihr.
fopa hat geschrieben:Dabei möchte ich festhalten, dass es meiner Meinung nach keine Werte als "objektive Erkenntnisse" gibt, sondern immer eine "subjektive Haltung" sind.
Von diesem Wertebegriff ausgehend, basieren Gesetze also auf Werten.
Ja, momentan tun das die meisten. Aber das bedeutet nicht, dass sie per se nur auf Werten basieren können. Sie sind ein Regelwerk, das gebrochen und eingehalten werden kann. Regeln können auf unterschiedlichen Dingen basieren, wie Gesetze. Oft gibt es Präzedenzfälle, die ein neues Gesetz fordern, da ist nicht irgendein Wert die Basis.
fopa hat geschrieben: Werte können aber auch durch sozialen Druck/Förderung (parallel zu deinen Sanktionen/Subventionen durch Gesetze) Verhalten anderer Menschen beeinflussen. Sie können aber auch ganz schlicht eine Art individueller, "innerer Verhaltenscodex" sein, der nicht missionarisch verbreitet werden muss, sondern direkt nur das individuelle Verhalten (und damit indirekt das Zusammenleben mit anderen) beeinflusst.
Wir wissen beide, dass dieser introvertierte Umgang nicht die Regel ist und sich aus der Natur der Werte ergibt. In Eurppa mag uns es so erscheinen, dass Werte nicht aggressiv durchgesetzt werden, aber nur, weil es uns gut genug geht, um nicht über soetwas zu streiten. Das haben wir nicht Moral und Ethik, sondern einer guten geographischen Lage und der Zivilisation zu verdanken.
fopa hat geschrieben:Werte (oder Wertvorstellungen) an sich sind also keine Illusionen, denn sie haben ganz konkrete, reale Auswirkungen, sind also selbst real.
Sie SIND eine Illusion. Eine Illusion kann sehr wohl das alltägliche Leben beeinflussen, die Realität. So ist es mit der Gottesvorstellung doch auch, oder nicht? Eine Illusion prägt unser Leben. Aber eine Lüge wird durch den Ausspruch und den Glauben nicht real. Die Definition einer Illusion ist nicht, dass sie keinen Einfluss auf das reale Leben hat. Eine Fata Morgana kann einen durstigen auch dazu bringen, in ihre Richtung zu gehen, wird sie deswegen real? Nun, sie wird wahrnehmbar, eine reale Illusion, aber wohl ein Trugbild und damit eine Illusion.
fopa hat geschrieben:Um auf meinen Wunsch zurückzukommen: Ich wünsche mir, dass wir (Menschen) erkennen, dass es keine überweltlichen Werte (oder Moral) gibt, sondern dass das menschliche Zusammenleben auf dem beruht, was Menschen bewegt (nämlich individuelle Wertvorstellungen) und dass man sich darüber verständigen muss. Dazu muss man seinen Mitmenschen als einem selbst gleichwertig ansehen - unabhängig von dem, was seine Wertvorstellungen sind. Das schließt Wettbewerb und Streitkultur natürlich nicht aus.
Um Einsprüchen vorzubeugen, sei noch gesagt, dass Wertvorstellungen natürlich auch (vielleicht sogar hauptsächlich) biologischen Verhaltensmustern entspringen können.
Ach, so ziemlich alles in unserem Verhalten lässt sich auf biologische Muster zurückführen, auch negative Aspekte (damit meine ich Entartungen von Trieben, die nicht mehr kontrolliert und kanalysiert werden). Werte sind ein solches Derivat, das rechtfertigt aber nicht ihre Existenz oder sollte sie uns dulden und gutheißen lassen. Unnützliche oder schädliche Ausprägungen von Triebhaftigkeit versuchen wir durch Bildung zu unterdrücken, zu lenken. Und so könnte auch ein Anspruch nach Werten von vornerein überflüssig gemacht werden, würde nur vermittelt werden, dass es sich ohne Werte leben lässt (und das auch noch friedlich). Werte sind immer moralisch, deinen Wunsch kannst du auch nicht ohne Zwang ausdrücken ("sollen"). Werte beinhalten Zwang, viele akzeptieren ihn, andere leisten Widerstand. Was bleibt also? Entweder setzt man mit Gewalt diesen durch, oder lässt es bleiben, konzentiert sich auf den Willen. Natürlich geht das nicht immer, aber körperlicher Zwang aus geistigem Zwang ist ein größeres Verbrechen als körperlicher Zwang aus Willen (das war abstrakt für: Die Gesetze und ihre Durchsetzung müssen manchmal ausgeübt werden, aber dann wenigstens auf einer natürlichen, realen Basis wie dem Willen, nicht den Werten).
fopa hat geschrieben:Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist immer so ein Problem mit Gedankenspielen, sie sind nicht zutreffend.
Ich finde das Gedankenspiel nach wie vor zutreffend. Ich hatte es deswegen wiederholt, weil in deiner Abwandlung seine Kernaussage verloren gegangen war...
Es ist insofern nicht zutreffend, als das nicht alle Menschen die Existenz wahrnehmen (eigentlich keiner). Wenn ich jetzt behaupten würde, dass Flügelschuhe uns zum Fliegen brächten und ein Gedankenspiel, dass die Gravitation nicht funktioniert, als Argument nähme, wäre damit auch nichts bewiesen.
fopa hat geschrieben:Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn jemand heute (oder auch schon im Mittelalter) meinte, Gottes Gegenwart zu spührenn und ihn zu hören, hält man ihn für geisteskrank.
Es ging nicht um
jemanden, sondern um
alle. Wenn alle meinen, etwas wahrzunehmen, muss es noch nicht real sein, aber für das Zusammenleben reicht es, wenn alle glauben, es sei real.
Ist dir eigentlich bekannt, wie wir unsere Farben wahrnehmen? Wenn wir etwas als "blau" bezeichnen, regnen diverse andere Farben des Spektrums auf unsere Retina ein, die meisten sind nicht "blau". Unser Gehirn fasst diese Wahrnehmung zusammen, filtert, ignoriert. Damit erscheint uns nicht alles in Regenbogenfarben, sondern in blau, rot, grün.....
Und das, obwohl das alle Menschen (die nicht farbenblind sind) dies anders wahrnehmen, ist bewiesen und in der Wissenschaft anerkannt. Wir sind sehr wohl dazu in der Lage, Illusionen oder verschobene Wahrnehmungen zu erkennen, unsere Wahrnehmung zu verändern. Selbst etwas so bombensicheres wie die Wahrnehmung von Farben wurde hinterfragt und tatsächlich revidiert. Wenn alle etwas wahrnehmen, bleibt die Interpretation als Variable. Würden wir alle irgendeine körperlose Präsenz wahrnehmen, glaubten die einen an einen Gott, die anderen würden unser Gehirn untersuchen und vielleicht feststellen, dass ein gigantisches Magnetfeld uns Halluzinationen sehen lässt (so ein Experiment mit einem Magnetfeld hat tatsächlich so ein Ergebnis zustande gebracht: Das Wahrnehmen einer geistigen Präsenz. Das war natürlich zu erwarten, da elektrische Impulse für die Reizweiterleitung im Gehirn wichtig sind uns es somit für starke Magnetfelder anfällig ist). Und Skeptiker (wie uns) wird es immer geben, solange der IQ der Spezies nicht zu stark gesunken ist. Mir reicht es nicht, dass alle glauben, etwas sei real. Wenn es für mich nicht real ist, verliert es seine Berechtigung zu beanspruchen, dass es real sei.
fopa hat geschrieben:Gibt es unterschiedliche Auffassungen, muss man entweder in einer vernünftigen Streitkultur herausfinden, was richtig ist, sich gegebenenfalls auf einen Kompromiss einigen oder einfach dem anderen seine Meinung lassen - oder man haut sich gegenseitig die Köppe ein, bis die andere Auffassung vom Antlitz der Erde getilgt ist (auch eine Form der natürlichen Auseinandersetzung). Hätte man in der Geschichte öfter die zuerst genannte statt der zuletzt genannten Vorgehensweise gewählt, wären wir in unserer Entwicklung möglicherweise schon ein ganzes Stück weiter.
Das ist richtig. Es ist allerdings kein Zufall, dass viele der Konflikte so ausgegangen sind. Es liegt in der Natur des Gegensandes der Diskussion: Werte, Illusionen, Glaube. Diese Dinge sind absolutistisch geprägt, sie lassen selten Kompromisse zu (nach dem Motto:"Okay, Montags bis Donnerstags sind wir Christen, Freitags bis Sonntags Moslems", oder "Na, einigen wir uns darauf, dass es einen halben Gott gibt. Das ist mehr als keiner und weniger als einer."). Deswegen wäre es logisch, sie zu vermeiden, anstatt mehr von ihnen zu fordern.
fopa hat geschrieben:Meiner Auffassung nach gehören Vorgehensweisen/Methodiken genauso zur Bildung wie stumpfes Wissen (das du Weisheit nennst), denn schließlich bekommt man diese Vorgehensweisen auf demselben Wege vermittelt wie Faktenwissen, nämlich von den Eltern, in der Schule, der Uni oder wo auch immer.
Das sehe ich auch so. Trotzdem wird der Gegenstand der Bildung nicht zu einem Wert. Das Wissen, wer um 1500 Papst war, ist kein Wert. Vielleicht verstehst du, was ich meine, wenn ich es so herum aufziehe: Werte und Tugenden sind seit jeher als nicht äquivalent betrachtet worden. Tugenden sind erstrebenswerte Eigenschaften, Fähigkeiten. Diese können aber wertneutral (wie selbst der unfähige Kant es verstand) auch an sogenannte "böse" Menschen vergeben sein. Ein Bankräuber kann gut planen können, ebenso wie ein Architekt. Ist deswegen gutes Planen ein Wert? Nein, es ist eine Tugend. Bildung ist eine Tugend, kein Wert. Tugenden werden im allgemeinen als gut bewertet (sie genießen Wertschätzung, wie du es formuliertest), aber sie werden nicht als Werte anerkannt.
fopa hat geschrieben:Ja, ich meine, dass Menschen nur das glauben, was sie wahrnehmen.
Eine unrealistische Prämisse mehr für das Gedankenspiel. Das wäre glatt einen Wunsch wert, auf den wir uns einigen könnten.
fopa hat geschrieben: An etwas anderes können sie auch gar nicht glauben, denn wie sollten sie zu dem Glauben gekommen sein? Mit Wahrnehmung meine ich hier aber nicht "die Realität", sondern das, was davon im Gehirn ankommt und wie es verarbeitet wird, was natürlich etwas völlig ein vollkommen anderes "Bild der Realität" sein kann, wozu auch das Wunschdenken gehört.
Ich glaube fast, ich kenne das Wort, das du suchst. Fängt es mit einem "I" an und endet mit einem "llusion"??
Komm schon, du hast es fast.
fopa hat geschrieben:Werte sind jedoch kein Wunschdenken, denn Werte kann man begründen bzw. sollte man begründen können.
Hmm. Und wie?
fopa hat geschrieben:Es gibt gute Argumente dafür, pünktlich zu sein, nicht zu morden und Steuern zu bezahlen. Solche Werte begründen sich auf einem weltlichen, für alle erkennbaren Fundament. Insbesondere dann, wenn sie sich aus naturwissenschaftlichen Erkenntnissen ableiten.
Wenn ein Argument aus naturwissenschaftlichen Erkenntnissen oder dem Willen basieren, sind es keine moralischen Größen mehr. Es sind Motive. Werte basieren auf moralischen Begründungen, Motive auf dem Willen.