Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Mo 4. Feb 2013, 04:47

Nanna hat geschrieben:Es gibt natürlich eine bei den Linken geteilte Abneigung gegenüber hoher sozialer Ungleichheit, aber doch nicht primär und schon gar nicht allein aus Habgier und Missgunst heraus.

Die Missgunst spielt aber schon eine nicht unwesentliche Rolle, auch wenn sie freilich nicht alles erklärt, das wirst auch du zugeben.

Nanna hat geschrieben:Der Kommunismus entstammt als Idee dem Arbeitermilieu, dessen Lebenswirklichkeit von großindustrieller Fertigung geprägt war, der Libertarismus hat sich als Extremform des Liberalismus im (klein)unternehmerischen Umfeld herausgebildet, wo vor allem unternehmerische Autonomie im Fokus steht.

Das ist zweifelsohne richtig. Ich kann das wenigstens für mich persönlich und meinen familiären Hintergrund so bestätigen. Alles selbstständige Bauern und vereinzelt "eingeheiratete" selbstständige Handwerker. Leben und leben lassen. Sparsam sein, aber nicht geizig und andre am eigenen Wohlstand mitprofitieren lassen. Sich nix dreinreden lassen, aber auch die andern in Ruh lassen. Das ist so in etwa die Lebensphilosophie. Meine Uroma hat ihre Bauernrente komplett an die Kirche gespendet, weil sie es als Beleidigung empfand, Almosen zu kriegen. Für Leute, für die das Private politisch ist, natürlich absolut untragbar. Schließlich wissen überspitzt gesagt, meine lieben Mitmenschen ja besser als ich, welche Unterhosen am besten für mich sind. :irre:
Hier wiederhole ich die Frage, die ich dir an andrer Stelle und in andrem Kontext schon vor 4 Jahren gestellt hatte: Warum zum Henker ist es für manche so schwer zu ertragen, dass ich bin wie bin? Warum meinen dauern Menschen, sie müssten wir vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe? Warum sollte ich irgendwas tun oder meinen müssen, nur weil alle das tun? Ich verlange von niemanden, dass er mich mag. Ich verlange aber, dass er mich auch dann in Ruhe lässt, wenn er das was ich tue für falsch hält, solange ich niemanden irgendwas zu Leide tue. Und das gilt insbesondere auch für dieses komische Gebilde namens Staat, das mir vor einigen Jahren ein höfliches Schreiben zusandte die gesetzlich Renten"versicherung" sei ab jetzt "immer für mich da". Warum zum Henker sollte ich nicht die Freiheit haben, mein Leben ohne die zu verbringen? Das Risiko namens Leben auf die eigenen Kappe zu nehmen? Und ich wär auch niemandem böse, falls ich damit letztlich auf die Schnauze fallen sollte. Mit welchem Recht legt man mir eine Zwangsjacke an, mit der einzigen Begründung, dass die meisten meiner Mitmenschen, die Sicherheit solcher Zwangsjacken schätzen? Hier werde ich vom Individuum mit Würde, zum reinen Verwaltungsobjekt degradiert, zur reinen Verfügungsmasse in diesem politischen Wählerbestechungsspiel, das ich mit dem Wort widerlich und abstoßend noch freundlich beschrieben finde. Und dafür gibts in meinen Augen keine Entschuldigung. Auch nicht ein anders verlaufene Prägephase als junger Mensch...
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Mo 4. Feb 2013, 06:20

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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon stine » Mo 4. Feb 2013, 08:08

Nanna hat geschrieben:Es ist nicht so, dass sich da ein paar Neidhammel hingesetzt haben und wütend gefordert haben, dass alle gleichgeschoren zu sein haben. Es gibt natürlich eine bei den Linken geteilte Abneigung gegenüber hoher sozialer Ungleichheit, aber doch nicht primär und schon gar nicht allein aus Habgier und Missgunst heraus. Der gemeinsame Nenner der Linken ist vielmehr eine Besorgnis gegenüber allzu starker Ungleichverteilung von Macht und der daraus resultierenden Bedrohung des Einzelnen, aber auch der Gesamtgesellschaft. Daher kommt die Vorliebe der Linken für Umverteilung und für die Bürokratie ...

Träum weiter @Nanna. Deine Ausführung liest sich ja hervorragend, aber linke Machthaber selber machen doch vor, wie es sich gut leben lässt. Natürlich auf Staatskosten und nicht auf Eigenleistung.

Nanna hat geschrieben:Aber die Zeiten der traditionellen Kernfamilie sind vorbei und kommen aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht wieder. Das Ehegattensplitting wurde damals aus bestimmten gesellschaftlichen Gründen eingeführt, und es wird demnächst aus bestimmten gesellschaftlichen Gründen wieder abgeschafft werden, je nachdem wer die nächste Wahl gewinnt halt ein paar Jahre früher oder später. Und das ist ok so.
Woher willst du das wissen?
Mütter arbeiten aus ihrer guten Laune heraus gerne doppelt so viel? Meinst du das?
Babys werden gerne in die Krippen gebracht, weil sie absolut für Mamas Berufstätigkeit Verständnis aufbringen und der Papa freut sich, weil er abends seine disponierenden Fähigkeiten noch beim Einkauf beweisen kann und am Wochenende die Wäsche waschen darf. :ironie:

Es wird leider immer noch so getan, als wäre Familienmanagement heutzutage auch noch keine füllende Aufgabe. Klasse, das passt ausnahmsweise wieder zum Thread-Thema.

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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Vollbreit » Mo 4. Feb 2013, 10:12

Nanna hat geschrieben:Ich persönlich tendiere (mit Hannah Arendt, die sich stark dagegen gewandt hat, Verantwortung von Individuen auf Systeme zu übertragen, auch wenn ich der Meinung bin, dass sich in zunehmender Komplexität vieles versendet) zu letzterem, also die Einzelpersonen verantwortlich zu machen - d.h. im Sozialismus diejenigen innerhalb der Behörden, die das Morden veranlasst und organisiert haben und im Kapitalismus diejenigen, die es sich in ihren Industriellenvillen gut gehen lassen, während die Arbeiter Körper und Geist für die Produktion ruinieren.


Die Herausforderung besteht vermutlich auch darin, in manchen Systemen Invididuum zu bleiben, bzw. mehr noch, zu erkennen, wo man eines zu bleiben hat und wo man das entspannende Bad in der Menge nehmen kann.

Der Jubel beim Sport ist was anderes, als das Grölen von Parolen, auch wenn sich vermut beides ähnlich anfühlt.

M.E. ist die Beziehung zwischen Individuum und Masse (allgemein: Prozessen, in denen eher Funktionalität als Individualität gefragt ist) eine oszillierende und keine totale. Immer wieder mal wird das Funktionieren im Dienste des Ganzen gefordert, doch in anderen Bereichen des Lebens das Individuum, minunter ein stündlicher Wechsel, mehrmals am Tag.


Nanna hat geschrieben:Mir auch nicht und ich nehme keinen der beiden in Schutz. Ich sage nur, dass uns diese assoziativen Verbindungen von Sozialismus und Massenmord nicht weiter bringen, schon gar nicht in Verbindung mit Linksradikalismus in Deutschland. Es sind genauso wenig alle Menschen mit linker Einstellung im Herzen geheime Massenmörder wie alle Menschen mit rechter Einstellung im Herzen geheime Rassisten und Sozialdarwinisten sind. Auf so was brauchen wir uns nicht einzulassen, das ist eine Ebene der Betrachtung, die mit oberflächlich noch wohlwollend umschrieben wäre.


Und vermutlich wird hier zu sehr der Fehler im ideologischen Überbau gesucht. Vermutlich kann jedes Denksystem sich verhärten und fundamental werden, später soagr gewalttätig, für mich ist das eher eine Frage der Interpreten, als des Systems.
Zwar gibt es auch einen inneren Zusammenhang zwischen der Wahl des ideologischen Systems und dem Grad an eigener Pathologie/Normalität, aber das i-Tüpfelchen setzt das Individuum mit seiner Interpretation, wenn es schon so weit ist, sich eine eigene zu erlauben und nicht immer auf die Vorturner schielt.


provinzler hat geschrieben:Nein, der gemeinsame Nenner der Linken ist der tiefsitzende Neid.


Auch meiner Meinung nach eine empirisch nicht ganz falsche Einschätzung – aber wo sollte das Sammelbecken der Angehängten und Entrechteten schon liegen, wo explizit snobistischen Ansätze gerade ihnen nichts zu bieten haben?- aber doch ein wenig zu verlockend, weil es Dir unsausgesprochen die Deutungshohiet zuspielt: Woran genau erkennst Du denn (und wer beurteilt das?) wo die Grenze zwischen der berechtigten Kritik an sozialen Missständen und Neid liegt?
Der Antrieb, auch Empirie, kann auch nicht nur Neid sein, frisch von gestern:
http://www.zeit.de/politik/2013-01/wutb ... ie-protest

Bewusster und unbewusster Neid ist übrigens der tiefsitzende Antrieb der Narzissten, deren ideologischen Ausrichtung, wenn es eben noch geht, immer in Richtung Besonderheit und Elite geht. Das geht auch mit linken Ideen, aber organischer bieten sich von je her die rechten an: Wo ich bin, ist oben.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon stine » Mo 4. Feb 2013, 11:29


Interessanter Artikel, obwohl ich so manchen Protest nicht nachvollziehen kann. Hier ist es wohl dann doch so, dass einigen agilen Frührentnern die passende Aufgabe fehlt. :wink:

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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Mo 4. Feb 2013, 13:48

Vollbreit hat geschrieben:aber doch ein wenig zu verlockend, weil es Dir unsausgesprochen die Deutungshohiet zuspielt: Woran genau erkennst Du denn (und wer beurteilt das?) wo die Grenze zwischen der berechtigten Kritik an sozialen Missständen und Neid liegt?

Und wer darf definieren, wie lange oder ob überhaupt Kritik an unterschiedlichen materiellen Verhältnissen "berechtigt" ist? Ich habe einige Freunde, die obwohl noch recht jung, bereits beachtliche Vermögen aufweisen (mittel bis hoch fünfstellig, in zwei Fällen sechsstellige Eurobeträge). Die Quellen sind unterschiedlich, in einem Fall eine Erbschaft, in einem Fall Unternehmertum, in zwei Fällen extreme Sparsamkeit und Erwerbstätigkeit seit dem 16. Lebensjahr. Und alle können bestätigen, dass man in D oder auch in Ö sein Vermögen eher kleinreden sollte, will man nicht massive Ressentiments schüren.

Bewusster und unbewusster Neid ist übrigens der tiefsitzende Antrieb der Narzissten, deren ideologischen Ausrichtung, wenn es eben noch geht, immer in Richtung Besonderheit und Elite geht. Das geht auch mit linken Ideen, aber organischer bieten sich von je her die rechten an: Wo ich bin, ist oben.

Alles was ich will ist, für mein eigenes Leben "oben" zu sein. Ich will was mein Leben angeht, im Chefsessel sitzen, und nicht Schachfigur für irgendwelche korrupten Politiker sein. Das heißt nicht, dass man nicht trotzdem im Leben manchmal Kompromisse eingehen muss. Aber ich will nicht von morgens bis abends von der Wiege bis zur Bahre von diesem korrupten Haufen bevormundet werden, nur weil ein hinreichend großer Teil meiner Mitmenschen sich das so wünscht.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Mo 4. Feb 2013, 14:29

stine hat geschrieben: Woher willst du das wissen?
Mütter arbeiten aus ihrer guten Laune heraus gerne doppelt so viel? Meinst du das?

Weil er sich hauptsächlich in Akademikerkreisen bewegt. Denn in den übrigen Kreisen spielt das Thema "Karriere" eine absolut untergeordnete Rolle. Die einzige Aufstiegsmöglichkeit in ihrem Beruf für eine Arzthelferin ist, den Arzt zu heiraten, sonst ist sie eigentlich schon mit Anfang 20 am Limit. Deswegen sind auch die wenigen Arzthelferinnen jenseits der 35 meistens mit dem Arzt verheiratet. :lachtot:
Der Rest hat sich irgendwann verabschiedet. Und wenn die Kinder dann größer sind, machen diese Frauen dann irgendeinen Job, der in erster Linie Spaß macht, seis nun in einer Gärtnerei oder als Schneiderin. "Karriere" machen sie dann aber meistens genausowenig wie in den meisten Fällen die zugehörigen Männer. Nur in Akademikerkreisen hält sich diese "Karrierillusion" bei Männlein und Weiblein. Spätestens wenn dann einem dann Gymnasiallehrerinnen von ihrer "Karriere" vorschwafeln, bei der sie mit 40 planmäßig mit ihrer Alterskohorte zur OStRin und mit 50 zur StDin befördert wurde, wirds dann hochgradig lächerlich. :lachtot:
Ungefähr so, als würde ich mein gutes dutzend Tore in der C-/D-Jugend in der Hammelklasse meines Landkreises als meine "Fußballkarriere" bezeichnen. :lachtot:
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Vollbreit » Mo 4. Feb 2013, 16:13

provinzler hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:aber doch ein wenig zu verlockend, weil es Dir unsausgesprochen die Deutungshohiet zuspielt: Woran genau erkennst Du denn (und wer beurteilt das?) wo die Grenze zwischen der berechtigten Kritik an sozialen Missständen und Neid liegt?

Und wer darf definieren, wie lange oder ob überhaupt Kritik an unterschiedlichen materiellen Verhältnissen "berechtigt" ist?


Keiner alleine, das ist ja der Punkt. Das ist eine sich verlagernde Diskurswolke, bei der eben nicht einer sagen kann, was richtig und falsch ist und die deshlab immer hinreichend unscharf bleiben muss.

provinzler hat geschrieben:Und alle können bestätigen, dass man in D oder auch in Ö sein Vermögen eher kleinreden sollte, will man nicht massive Ressentiments schüren.


Das kann sein, ich kann es nicht beurteilen.

provinzler hat geschrieben:Alles was ich will ist, für mein eigenes Leben "oben" zu sein. Ich will was mein Leben angeht, im Chefsessel sitzen, und nicht Schachfigur für irgendwelche korrupten Politiker sein. Das heißt nicht, dass man nicht trotzdem im Leben manchmal Kompromisse eingehen muss. Aber ich will nicht von morgens bis abends von der Wiege bis zur Bahre von diesem korrupten Haufen bevormundet werden, nur weil ein hinreichend großer Teil meiner Mitmenschen sich das so wünscht.


Geht mir prinzipiell auch so, ich sehe aber diesbezüglich keine Gefahr. Ich habe es nie vermocht, die Politik sonderlich ernst zu nehmen, von daher geht von ihr in meinem Weltempfinden auch kein Drohpotential aus.

Ich finde es wichtig herauszufinden, was man eigentlich will (was gar nicht so leicht ist) und dies dann umzusetzen. Für mich ergeben sich da im Grunde aber auch keine Reibungspunkte mit der Politik.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon stine » Mo 4. Feb 2013, 16:22

Vollbreit hat geschrieben:Ich finde es wichtig herauszufinden, was man eigentlich will (was gar nicht so leicht ist) und dies dann umzusetzen. Für mich ergeben sich da im Grunde aber auch keine Reibungspunkte mit der Politik.
So einfach ist es aber nicht für alle. Viele sind dabei ihren Lebensentwurf gestalten zu wollen und da ist es sehr wohl ein Unterschied, ob der Staat mit Strafsteuern daherkommt oder mit Subventionszuckerl lockt.

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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Vollbreit » Mo 4. Feb 2013, 16:53

Ich behaupte ja nicht, dass es keine frustrierenden Lebenserfahrungen gibt, aber im Großen und Ganzen ist das glaube ich, gerade bei uns, recht einfach. Aber das wäre eher so eine Lebenszufriedenheitsdebatte, die wenig mit Sexismus und m.E. eben auch wenig mit Politik zu tun hat. Wobei ich mir bewusst bin, dass wir hier zu den absolut Privilegierten der Welt gehören und ich mir nur deshalb den Luxus erlauben kann, bestimmte Selbstverständlichkeiten hinzunehmen, die anderswo keine sind.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon stine » Mo 4. Feb 2013, 17:18

ja, ja, uns gehts doch allen gut!
Aber warum mosert dann die Opposition ständig am Status Quo herum?

Und Sexismus? Enteignung der Kinder, die politische Beeinflussung in das Selbstbestimmungsrecht der Frauen, all das wird propagiert, was ist das denn?
Hätten Männer seit Jahrzehnten den Part in der Familie übernommen, dann hätten wir heute das Berufsbild des Homemanagements ganz selbstverständlich.

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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Mo 4. Feb 2013, 18:10

Vollbreit hat geschrieben:Keiner alleine, das ist ja der Punkt. Das ist eine sich verlagernde Diskurswolke, bei der eben nicht einer sagen kann, was richtig und falsch ist und die deshlab immer hinreichend unscharf bleiben muss.

Also eine irgendwie diffus definierte Masse, und da gilt wieder das berühmte Schillerzitat "Mehrheit ist Unsinn". Es sind ganz klar aggressive Übergriffe auf bestimmte Gruppen, die man anschließend moralisch verbrämt.

Vollbreit hat geschrieben:Geht mir prinzipiell auch so, ich sehe aber diesbezüglich keine Gefahr. Ich habe es nie vermocht, die Politik sonderlich ernst zu nehmen, von daher geht von ihr in meinem Weltempfinden auch kein Drohpotential aus.


Nun vor etlichen Jahren musste ich einen Eiertanz aufführen, um zu verhindern, von dieser kriminellen ORganisation entweder als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Berufssadisten, oder als nahezu unbezahlter Zwangsarbeiter zur Stützung dieses Irrsinnssystems herangezogen zu werden, als Leibeigener auf Zeit. Wenn das oder auch die hohen Schutzgelder, die erpresst werden, keine gravierenden Übergriffe auf die eigene Lebensplanung darstellen sind, dann weiß ich auch nicht mehr.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Vollbreit » Mo 4. Feb 2013, 18:21

@ stine:

Nein, uns geht es nicht allen gut. Aber wir verhungern, verdursten und erfrieren nicht, haben ein Dach überm Kopf und keinen Krieg im Land. Das ist eher die weltweite Ausnahme, statt die Regel.
Dennoch haben wir unsere Probleme, aber einen Standard der hoch genug ist, dass wir sie selbst angehen und lösen können.


@ provinzler:

Eine aggressive Unterdrückung kann ich so nicht erkennen.
Das Arbeitsamt wird so weit ich weiß nicht aktiv, wenn man es nicht selbst aktiviert hat.
Dann allerdings kann das ein ausgesprochen lästiger Verein sein, das ist wohl wahr.
Die haben eigentlich nur ein Interesse, einen irgendwie aus ihrer Statistik zu bekommen.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon stine » Mo 4. Feb 2013, 18:40

Vollbreit hat geschrieben:@ stine:Nein, uns geht es nicht allen gut. Aber wir verhungern, verdursten und erfrieren nicht, haben ein Dach überm Kopf und keinen Krieg im Land. Das ist eher die weltweite Ausnahme, statt die Regel.
Dennoch haben wir unsere Probleme, aber einen Standard der hoch genug ist, dass wir sie selbst angehen und lösen können.
Wenn wir nicht hungern, frieren und verdursten müssen und alle ein Dach über dem Kopf haben, wem geht es dann schlecht?

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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Mo 4. Feb 2013, 18:51

Vollbreit hat geschrieben:Das Arbeitsamt wird so weit ich weiß nicht aktiv, wenn man es nicht selbst aktiviert hat.


Das Kreiswehrersatzamt allerdings schon...
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Vollbreit » Mo 4. Feb 2013, 19:35

stine hat geschrieben:Wenn wir nicht hungern, frieren und verdursten müssen und alle ein Dach über dem Kopf haben, wem geht es dann schlecht?


Einigen von denen, denen das allein für ein glückliches Leben nicht ausreicht, die außerdem Wert auf Beziehungen, Selbstverwirklichung oder was auch immer legen. Den Überarbeiteten, die gerne Kinder hätten, aber Karriereeinbrüche befürchten, den Depressiven, denen mit gescheiterten Partnersachaften und so weiter.
Die könnte ich mir zumindest als Kandidaten vorstellen.


@ provinzler:

Ach ja, das habe ich schon verdrängt.
Stimmt, da bin ich auch in die Fänge einer Organisation mit Kriminellen geraten, bei der es augenscheinlich nur um Geld ging. Damals dachte ich noch, das sei die Ausnahme...
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Gandalf » Mo 4. Feb 2013, 21:08

..so jetzt muss ich doch auch noch schnell einen OffTopic loswerden:
Nanna hat geschrieben:Mir auch nicht und ich nehme keinen der beiden in Schutz. Ich sage nur, dass uns diese assoziativen Verbindungen von Sozialismus und Massenmord nicht weiter bringen, schon gar nicht in Verbindung mit Linksradikalismus in Deutschland

Es sind mehr als nur assoziative Verbindungen (wenn das so stimmt) http://s14.directupload.net/images/130204/r54a5pth.jpg.
Des weiteren halte ich es für keinen Zufall, das in dem Teil unseres Landes, in dem eine bestimmte Sozialisierung erfolgte, ein gewisser "Drehtüreffekt" zwischen linken und rechten sozialistischen Extremen besteht, bis hin zu den NSU-Morden. - Und der Grund ist eben genau diese Art der Sozialisierung und das fehlende 'aktive individuelle Freiheitsverständnis'.
Hitler und seine Schergen haben zudem genau hier aufgepasst, wie Holocaust geht: http://de.wikipedia.org/wiki/Holodomor (erschreckend, - ist mir selbst erst seit kurzem bekannt, da es offenbar ein weiteres Tabu-Thema bei uns ist und das Alleinstellungsmerkmal des "größten gezielten Massenmordes aller Zeiten durch Deutsche, bzw. und/oder Nazis" gefährdet.


Nanna hat geschrieben:Der Kommunismus entstammt als Idee dem Arbeitermilieu, dessen Lebenswirklichkeit von großindustrieller Fertigung geprägt war, der Libertarismus hat sich als Extremform des Liberalismus im (klein)unternehmerischen Umfeld herausgebildet, wo vor allem unternehmerische Autonomie im Fokus steht.


Das Marx dem Arbeitermilieu entstammt ist mir neu!?

Zur "Lebenswirklichlichkeit der großindustriellen Fertigung", sollte man vlt. mal zuvor Frederic Bastiat anschauen, damit man auch das sieht was man nicht sieht: http://www.bastiat.de/index2.html

Denn was man üblicherweise in dieser Zeit NICHT sieht:
- Die Unternehmer mussten aus ihrem Eigentum heraus freiwillig 'Vorkasse' an die Arbeiter leisten, bevor überhaupt die erste Maschine - wenn überhaupt mit Gewinn verkauft werden konnte. Also genau die kapitalistische Arbeitsteilung die eine friedvolle Vermögensumverteilung zu den Produktiven hin bewirkt. Ganz im Gegensatz zur politisch gesteuerten Umverteilung von gewaltsam erlangtem Eigentum durch Fürsten oder Funktionäre an ihre "Hörigen".
-was wäre den die Alternative gewesen, wenn die frühen Kapitalisten keine Massenproduktion aufgestellt und damit keine Arbeiter eingestellt hätten? Über die Heerscharen die verhungert wären oder in den Jahrhunderten zuvor in Elend leben mussten, - darüber wird regelmäßig KEIN Wort verloren. Lediglich "Märchen" zeugen noch davon wie früher die Bevölkerungskontrolle erfolgte, wenn das Brot knapp wurde:
- Man schickte "Hänsel und Gretel" in den Wald..(ach wie süß und "grün" - aus heutiger Sicht)
- Marx machte doch wohl genau das, was man heutzutage den "gierigen Kapitalisten" vorwirft: Er dachte sich eine effektive Methode aus, wie man sich an der Arbeitsteilung der Produktiven bedienen kann, - ohne sich selbst die Hände schmutzig zu machen.

Zum enstehen der liberalen Bewegungen (sagt denn den heutigen Studenten Wilhelm von Humboldt und seine liberalen Ideale nichts mehr? Warum sind Universitäten nach ihm benannt?) hab ich hierzu einen ebenfalls interessanten Artikel gefunden:

Freiehit und Wohlstand durch Systemwettbewerb (Das hies es bei der Gründung der EU übrigens auch mal)
Fazit
Der klassische Liberalismus zur Zeit des Deutschen Bundes von 1815 bis 1866 führte innerhalb weniger Generationen von einem durch die Napoleonischen Kriege ruinierten Agrarstaat zu einer der produktivsten Industrienationen der Welt. Der Auslöser dieses einzigartigen Wirtschaftsaufschwungs war ein liberaler institutioneller Rahmen mit Gewerbe- und Vertragsfreiheit, stabilen Eigentumsrechten, Freihandel und einem Systemwettbewerb, der deshalb so lange existierte, weil es auf Ebene des Deutschen Bundes keine Zentralregierung gab. Das Geldsystem basierte auf einem Gold- und Silberstandard, und mit der Hamburger Bank gab es gar eine Finanzinstitution, die sich an eine 100% Deckung bei der Ausgabe von Buchgeld und Krediten hielt. Insbesondere in der Zeit von 1848 bis 1862 war Deutschland auf dem besten Weg zu einer idealen „Österreichischen Welt“. Diese Entwicklung wurde mit dem Aufstieg Otto von Bismarcks abrupt beendet.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Nanna » Mo 4. Feb 2013, 23:02

provinzler hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Es gibt natürlich eine bei den Linken geteilte Abneigung gegenüber hoher sozialer Ungleichheit, aber doch nicht primär und schon gar nicht allein aus Habgier und Missgunst heraus.

Die Missgunst spielt aber schon eine nicht unwesentliche Rolle, auch wenn sie freilich nicht alles erklärt, das wirst auch du zugeben.

Die Frage ist, bei wem sie das tut. Bei den linken, rational argumentierenden Theoretikern wahrscheinlich in der Mehrzahl eher weniger. Bei wütenden Angehörigen der unteren Mittelschicht, die Slogans wie "Wir zahlen nicht für eure Krise" intelligent finden, wohl schon eher. Allerdings kann man natürlich auch missgünstig sein und trotzdem Recht haben, das eine sagt über das andere erstmal nichts aus. Und ist Missgunst nicht letztlich auch eine zentrale Triebfeder des Kapitalismus?

provinzler hat geschrieben:Sich nix dreinreden lassen, aber auch die andern in Ruh lassen. Das ist so in etwa die Lebensphilosophie. Meine Uroma hat ihre Bauernrente komplett an die Kirche gespendet, weil sie es als Beleidigung empfand, Almosen zu kriegen. Für Leute, für die das Private politisch ist, natürlich absolut untragbar.

Als ob deine Uroma damit nicht politisch gehandelt hätte. ;-)
Ich finde diese Lebensphilosophie ja persönlich auch erstmal sehr sympathisch. Du gibst aber schon selbst den entscheidenden Hinweis, nämlich dass deine Uroma ein Mensch war, der offenbar sehr gut und standfest in moralischen Kategorien denken und auch danach handeln konnte. Zudem wird sie, wenn ich mal annehme, dass sie über einen bescheidenen Lebensstil auf dem Dorf in festen Sozialstrukturen nicht hinausgekommen ist, wenig Möglichkeiten gehabt haben, durch ihren Lebenswandel die Gesellschaft zu destabilisieren. In urbanen, dynamischeren und schnelllebigeren Kontexten mit um Potenzen größerer Komplexität stößt so eine Form der Lebensführung aber schnell an ihre Grenzen und wird auch nicht von allen gelebt werden können; nicht nur unbedingt übrigens aus Missgunst, Habgier oder Boshaftigkeit heraus, sondern auch weil Einzelne ihr Handeln in komplexen Zusammenhängen schwer überblicken können. Auf dem Dorf mit einer bescheidenen Landwirtschaft mag es ökologisch angehen, Fleisch zu essen, aber wenn in der Stadt jeder jeden Tag ein Pfund Fleisch aus Massentierhaltung in sich hineinschaufelt ohne, anders als der aufmerksame Bauer, zu registrieren, was das mit der Natur macht, entsteht Regelungsbedarf. Und das ist jetzt noch eines der trivialeren, wenig abstrakten Beispiele.

provinzler hat geschrieben:Schließlich wissen überspitzt gesagt, meine lieben Mitmenschen ja besser als ich, welche Unterhosen am besten für mich sind. :irre:

So blöd es für dich klingen mag, aber wenn deine Unterhosen aus Asbest wären, hätte ich Verständnis für deine lieben Mitmenschen. Und wir können uns halt nicht alle darauf verlassen, dass du dich vor jedem Unterhosenkauf eingehend über Material, Herstellungsbedingungen und Umweltfreundlichkeit informierst (oder es, allein zeitlich, überhaupt kannst) und es als dein Eigeninteresse ansehen wirst, hier zumindest gewisse Mindeststandards einzuhalten. Da wir täglich mehrere hundert größere Entscheidungen treffen (und Entscheidungen so ziemlich das anstrengste sind, was das Gehirn leisten kann) macht es durchaus Sinn, dass erstmal mit einem grobmaschigen Kontrollnetz diejenigen Unterhosen ausgesiebt werden, bei denen es klare moralische Einwände gegen den Verkauf gibt.

provinzler hat geschrieben:Hier wiederhole ich die Frage, die ich dir an andrer Stelle und in andrem Kontext schon vor 4 Jahren gestellt hatte: Warum zum Henker ist es für manche so schwer zu ertragen, dass ich bin wie bin? Warum meinen dauern Menschen, sie müssten wir vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe? Warum sollte ich irgendwas tun oder meinen müssen, nur weil alle das tun?

Ich bin der Meinung, dass du hier eine gewaltige Herausforderung des menschlichen Zusammenlebens ungerechtfertigterweise auf eine Frage von fashion reduzierst, so, als ginge es darum, dass deine Klassenkameraden deine Schuhe nicht mögen. Darum "wie du bist" geht es aber gar nicht und wenn du dich dafür permanent angegriffen fühlst, solltest du dich fragen, ob du dich da nicht ein bisschen zu wichtig nimmst. Du hast in deinem Lebenswandel weitgehende Autonomie, deutlich weitergehende wahrscheinlich, als man im Dorf deiner Uroma hatte, wo man sich vermutlich als Mann schwer getan hätte, mit pinkgefärbtem Irokesenschnitt und Silbersteckerchen im Ohr oder ähnlichen eigentlich nur oberflächlichen Extravaganzen nicht der dörflichen Verachtung anheim zu fallen. Und selbst in diesem Fall wäre das alles eine gesellschaftliche Frage, keine staatliche. Auch zwei Sachen, die du manchmal nicht klar genug auseinander hältst, finde ich.

provinzler hat geschrieben:Ich verlange von niemanden, dass er mich mag. Ich verlange aber, dass er mich auch dann in Ruhe lässt, wenn er das was ich tue für falsch hält, solange ich niemanden irgendwas zu Leide tue.

Auf den unterstrichenen Absatz kommt es an. Es ist leiderverdammt schwierig, im dicht besiedelten Mitteleuropa zu leben, ohne irgendjemandem auf die Füße zu steigen, häufig sicherlich unabsichtlich, aber trotz allem mit demselben Ergebnis. Und natürlich behauptet es sich leicht, man habe niemandem geschadet, wenn man 20t CO2 jährlich in die Atmosphäre geblasen hat, weil kein direkt Geschädigter so einfach auszumachen ist. Zusammenleben auf engem Raum erfordert Regeln, das solltest du als familienaffiner Mensch gut wissen. Und diese Regeln können auch nicht permanent offen für Verhandlungen oder Sonderwünsche sein. Wenn fünf Familienmitglieder vier unterschiedliche Urlaubsziele im Blick haben, gibt es nunmal Enttäuschte und man hat nicht immer die Option, ein Familienmitglied einfach zuhause zu lassen, sowohl aus organistorischen Gründen wie auch um des Zusammenhalts der Gemeinschaft willen, der in anderen Situationen vielleicht von größter Wichtigkeit ist. Dann wird halt einer gezwungen, an die Adria mit zu fahren, obwohl er unbedingt nach England wollte. Und auch wenn es im Großen um andere Themen geht, ist das Grundproblem erstmal das gleiche, nämlich dass manchmal weder eine schwarz-weiße Friss-oder-stirb-Lösung möglich ist (à la "mach mit oder hau ganz ab") und aber auch keine Extrawürste gebraten werden können, weil das Regelsystem auch so schon unheimlich komplex ist.

provinzler hat geschrieben:Und das gilt insbesondere auch für dieses komische Gebilde namens Staat, das mir vor einigen Jahren ein höfliches Schreiben zusandte die gesetzlich Renten"versicherung" sei ab jetzt "immer für mich da". Warum zum Henker sollte ich nicht die Freiheit haben, mein Leben ohne die zu verbringen? Das Risiko namens Leben auf die eigenen Kappe zu nehmen? Und ich wär auch niemandem böse, falls ich damit letztlich auf die Schnauze fallen sollte.

Ja, vielleicht können wir aber nicht verantworten, dass wir gescheiterte Mittvierziger einfach dahinkrepieren lassen, wenn sie "auf die Schnauze gefallen" sind. Vielleicht geht das mit unserem Verständnis einer mitmenschlichen Gesellschaft nicht auf dasselbe Blatt Papier. Vielleicht wollen wir nicht, dass wir im Alter dafür sorgen müssen, dass wir dich am Ende doch mitversorgen müssen und für deine Fehlschläge blechen müssen, ohne dass du uns jemals etwas dafür zurückgegeben hast. Vielleicht gibt es die Option "Vollkommener Ausstieg" für dich als Menschen einfach nicht, vielleicht passt das schlichtweg nicht zu unserer Eigenschaft als sozialem Tier. Vielleicht sind wir auch der Ansicht, dass deine Fitness etwas ist, was dir mindestens zu einem Teil durch den Umstand deiner Geburt in einen bestimmten Ort und durch bestimmte Gene zugefallen ist und vielleicht empfinden wir es als unverständlich, dass du die Wahl bekommen solltest, dich auszuklinken, während ein - durch denselben Zufall der Geburt - dummer und schwacher Mensch diese Option nicht besitzt. Vielleicht können wir nicht akzeptieren, dass jemand, der keinerlei Solidarität zeigt, einen Platz in unserer Mitte verdient hat.

Ob das heißt, dass du unbedingt in die gesetzliche Rentenversicherung musst, sei mal dahingestellt. Aber einen minimalen Beitrag musst du als starkes Mitglied der Gemeinschaft einfach leisten und ich bin da durchaus gewillt, von einer mitmenschlichen Pflicht zu sprechen, die zur menschlichen Existenz als sozialem Wesen schlicht und ergreifend dazugehört. Die Diskussion über die Details, wie man das organisiert, wäre sicherlich deutlich einfacher zu führen, wenn du das als Grundlage akzeptieren könntest.

stine hat geschrieben:Deine Ausführung liest sich ja hervorragend, aber linke Machthaber selber machen doch vor, wie es sich gut leben lässt. Natürlich auf Staatskosten und nicht auf Eigenleistung.

Was meinst du damit genau?

stine hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Aber die Zeiten der traditionellen Kernfamilie sind vorbei und kommen aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht wieder. Das Ehegattensplitting wurde damals aus bestimmten gesellschaftlichen Gründen eingeführt, und es wird demnächst aus bestimmten gesellschaftlichen Gründen wieder abgeschafft werden, je nachdem wer die nächste Wahl gewinnt halt ein paar Jahre früher oder später. Und das ist ok so.
Woher willst du das wissen?
Mütter arbeiten aus ihrer guten Laune heraus gerne doppelt so viel? Meinst du das?
Babys werden gerne in die Krippen gebracht, weil sie absolut für Mamas Berufstätigkeit Verständnis aufbringen und der Papa freut sich, weil er abends seine disponierenden Fähigkeiten noch beim Einkauf beweisen kann und am Wochenende die Wäsche waschen darf. :ironie:

Wie gesagt, die Kita ist für mich kein Schreckensort. Und was das Ehegattensplitting angeht, so hat das mit Müttern und Vätern überhaupt nichts zu tun, sondern nur mit Ehepaaren, unabhängig von der Existenz irgendwelchen Nachwuchses. Dass ich den gefördert sehen will, habe ich eigentlich deutlich gemacht, aber warum wir kinderlose Ehepaare subventionieren sollen, sehe ich nicht ein.

provinzler hat geschrieben:Und wer darf definieren, wie lange oder ob überhaupt Kritik an unterschiedlichen materiellen Verhältnissen "berechtigt" ist?

Unabhängig davon, wie man diese Frage nun beantworten wollte: Du denkst mir zu viel und zu oberflächlich über das "Wer" nach. Das Wer ist irrelevant, wenn die Definition stimmig und anwendbar ist. Es gibt Argumente, die für und gegen die Kritik an materieller (Un)Gleichverteilung sprechen, aber du konzentrierst dich mehr darauf, wer sie äußert, als darauf mit welcher Begründung diese Argumente versehen werden. Und darum sollte es doch eigentlich in einer Diskussion gehen, oder nicht?

Für Gandalfs historischen Exkurs fehlt mir gerade die Zeit, vielleicht die nächsten Tage. Nur das: Ich weiß, dass Marx bürgerlich war, aber seine Lehren haben erst über die Arbeiterschaft ihre Reichweite erlangt. Im Übrigen rede ich hier auch nicht dem Sozialismus das Wort, sondern mache nur darauf aufmerksam, dass die Stilisierung des Sozialismus als Mordmaschine weder mit den Intentionen der Macher noch den Hoffnungen der Unterstützer vereinbar ist. Und ihr würdet euch einen riesigen Gefallen tun, wenn ihr aufhören würdet, Menschen mit linker Einstellung als das personifizierte Böse anzusehen und lieber mal nach Schnittmengen suchen würdet, eben z.B. mal untersuchen würdet, wie viel ihr gemeinsam habt in eurer gemeinsamen Ablehnung von Oligarchien.
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon provinzler » Di 5. Feb 2013, 01:29

Und wieder fängst du an, aus deinem Weltbild das Recht ableiten zu wollen, permanent regelnd in mein Leben einzugreifen. Du definierst einen Schaden, denn du weder in Art noch Höhe nachweisen kannst, und leitest daraus das Recht ab in mein Leben einzugreifen. Wenn du am nachhaltigsten CO2 sparen willst, solltest du übrigens das Atmen einstellen. Und ob ich als gescheiterter Mittvierziger dann vor mich hinkrepiere oder mir gleich die Kugel gebe, geht dich schlicht nichts an.
Ich hatte auch nirgends geschrieben, dass ich mit den Menschen um mich rum heute nicht durchaus auskomme. Im Unterschied zur Schule kann mir mein Umfeld nämlich heute in eigener Verantwortung aussuchen.
Wer sagt dir im Übrigen, dass ich nicht solidarisch bin? Weil ich nicht bereit bin eine räuberische und mörderische kriminelle Vereinigung gutzuheißen, die von sich behauptet, sie wäre für Solidarität zuständig?
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Re: Günther Jauch: Sexismus-Debatte

Beitragvon Nanna » Di 5. Feb 2013, 01:57

provinzler hat geschrieben:Und wieder fängst du an, aus deinem Weltbild das Recht ableiten zu wollen, permanent regelnd in mein Leben einzugreifen.

Ja, woraus denn sonst? Du leitest doch genauso aus deinem Weltbild das Recht ab, mir die Einmischung in das Leben Anderer zu verbieten.

Der ganze Sinn gesellschaftlichen Diskurses ist ja, dass verschiedene Weltbilder in bestimmten Punkten so zur Übereinstimmung gebracht werden, dass man miteinander auskommen kann. Dabei wird jeder Abstriche bei seinen Maximalforderungen machen müssen. Du wirst absolute Unabhängigkeit nicht durchsetzen können (und ich glaube, dass du das auch weißt) und die Linken werden keinen allumfassenden Regelanspruch der Gesellschaft durchbekommen (das ist MIR vollkommen klar und ich will das auch gar nicht).

provinzler hat geschrieben:Du definierst einen Schaden, denn du weder in Art noch Höhe nachweisen kannst, und leitest daraus das Recht ab in mein Leben einzugreifen.

Ja, weil kaum ein Wissenschaftler noch einen Zweifel daran hat, dass wir gerade dabei sind, unseren Lebensraum zu ruinieren. Und wenn du dann so tust, als bestünde das Problem nicht und als wäre massiver CO2-Ausstoß kein Problem, muss ich im Interesse des Gemeinwohls in dein Leben eingreifen. Ich wäre vorsichtiger, wenn das hieße, dich unmenschlich zu behandeln, aber solange es nur heißt, dass du auf den ein oder anderen Komfort verzichten bzw. mehr Geld dafür bezahlen oder ein paar Klimaschutzsubventionen mitbezahlen musst, halte ich deine Einwände für Befindlichkeiten, die mir Angesichts der Massivität des Problems nicht weiter relevant erscheinen.

provinzler hat geschrieben:Und ob ich als gescheiterter Mittvierziger dann vor mich hinkrepiere oder mir gleich die Kugel gebe, geht dich schlicht nichts an.

Doch tut es, alles andere wäre Gleichgültigkeit. Ich würde dich nicht zum Annehmen von Hilfe zwingen, aber ich würde dafür sorgen, dass sie dir zur Verfügung steht, und zwar unabhängig davon, ob du sie wünschtest oder verdient hättest. Ich will auch nicht in einer Gesellschaft leben, die solch einen Sozialdarwinismus betreibt und gutheißt und ich bin unheimlich dankbar, dass ich die Mehrheit der Menschen in diesem Land auf meiner Seite habe. Wenn deine Unzufriedenheit der Preis dafür ist, dann tut's mir leid, dass du ihn zahlen musst, aber ich halte ihn für das deutlich kleinere Übel.

provinzler hat geschrieben:Ich hatte auch nirgends geschrieben, dass ich mit den Menschen um mich rum heute nicht durchaus auskomme. Im Unterschied zur Schule kann mir mein Umfeld nämlich heute in eigener Verantwortung aussuchen.

Dein Umfeld ja, die Gesellschaft, in der du lebst, nicht, genausowenig wie die Familie, in die du geboren wurdest. Und solange du dein enges Umfeld selbst bestimmten kannst, verstehe ich nicht, worin dein Problem besteht. Wenn du's isolationistischer willst, musst du dir wohl eine Hütte in den Rocky Mountains kaufen oder ins Kloster gehen. Sorry, der Planet ist halt nur begrenzt groß und irgendwie müssen wir miteinander auskommen hier. GERADE mit den Menschen, mit denen uns keine intuitive Freundschaft verbindet.

provinzler hat geschrieben:Wer sagt dir im Übrigen, dass ich nicht solidarisch bin? Weil ich nicht bereit bin eine räuberische und mörderische kriminelle Vereinigung gutzuheißen, die von sich behauptet, sie wäre für Solidarität zuständig?

Keine Ahnung wie der Eindruck enstanden ist, vielleicht dadurch, dass du keine Gelegenheit auslässt zu betonen, dass du möglichst weit weg willst von jeder Form organisierter Gesellschaft? Du kannst mir aber gern erklären, wie für dich Solidarität mit Schwächeren aussähe, vielleicht gefällt mir dein Ansatz ja. Wäre schön, wenn es ein massenkompatibler Ansatz wäre, denn solange nur du ihn verfolgst, ist er reichlich irrelevant für eine Gesellschaft.
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