"religiöse Gefühle" an naturwissenschaftlichen Unis

Re: "religiöse Gefühle" an naturwissenschaftlichen Unis

Beitragvon stine » Di 16. Jul 2013, 13:54

@Nanna: Ja, da hast du natürlich recht. Aber so müssen wir nicht nur die eigenen Extreme zur Räson bringen, sondern die fanatischen Einwanderer gleich mit. Und je mehr die Extreme aufeinander prallen, umso stürmischer wird es.
Ich kann niemanden aus dem Land werfen, aber sehr wohl könnte man darüber bestimmen, wer ins Land kommt! Wir brauchen deswegen dringend eine zuverlässige Zuwandererpolitik. DIE ist längst überfällig. Wir tun immer noch so, als wäre jeder willkommen, sofern er nur unter 30 ist.

LG stine
(ich sehe grade, dass @provinzler das ähnlich sieht)
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Re: "religiöse Gefühle" an naturwissenschaftlichen Unis

Beitragvon Nanna » Di 16. Jul 2013, 19:01

provinzler hat geschrieben:Der Unterschied ist IMHO weniger qualitativ als vielmehr quantitativ. Und das liegt in meinen Augen primär an unserer eigenen Einwanderungspolitik.

Ich bin extrem unzufrieden mit der Einwanderungspolitik in Deutschland, sehe diese aber auch als Manifestation eines kulturellen Problems. Eine Willkommenskultur gibt es nämlich in Deutschland nun wirklich nicht, in Kanada und Australien aber sehr wohl. Du bist ja selber schon längere Zeit im Ausland gewesen, wie enorm provinziell Deutschland da im Vergleich häufig ist, muss ich dir nicht erklären. Wir leben hier gern auf unserer Insel der Seligen und wenn das Fremde dann mal an der Tür klopft, kriegen wir einen Schreck und tun so, als hätte Beelzebub persönlich uns seine Aufwartung gemacht. Das ist dann natürlich für russische Ingenieure oder Ärzte nicht gerade attraktiv. Die deutsche Berichterstattung über die Welt ist auch von einer verbreiteten Unwissenheit geprägt, was ich z.B. immer daran merke, wenn in den Nachrichten nach Kairo geschaltet wird, um sich über die Lage in Jordanien aufklären zu lassen. Da ist schon eine kulturelle Indifferenz bis hin zur Abwehr da, die man auch mit einer progressiven Einwanderungspolitik nicht ändern könnte, wenn die Bevölkerung nicht einigermaßen dahinter steht.

stine hat geschrieben:@Nanna: Ja, da hast du natürlich recht. Aber so müssen wir nicht nur die eigenen Extreme zur Räson bringen, sondern die fanatischen Einwanderer gleich mit. Und je mehr die Extreme aufeinander prallen, umso stürmischer wird es.
Ich kann niemanden aus dem Land werfen, aber sehr wohl könnte man darüber bestimmen, wer ins Land kommt! Wir brauchen deswegen dringend eine zuverlässige Zuwandererpolitik. DIE ist längst überfällig. Wir tun immer noch so, als wäre jeder willkommen, sofern er nur unter 30 ist.

Ich sehe das eher so und habe das ja oben auch zum Ausdruck gebracht, dass eigentlich niemand so recht willkommen zu sein scheint. Und das rationalisiert man dann, indem man behauptet, dass man ja gerne Einwanderer hätte, nur eben gerne andere, Gebildetere und möglichst solche, die eigentlich schon als Deutsche mit ausländischen Namen ins Land kommen und vom ersten Tag an perfekt assimiliert integriert sind.

Mal davon abgesehen frage ich mich, wie der Thread es jetzt innerhalb von wenigen Beiträgen geschafft hat, von einer intoleranten Studentin auf das doch sehr andere Feindbild ungebildeter und krimineller Hartz-IV-Horden zu extrapolieren, das mir bei der Frage der Qualifikation der Einwanderer eher zugrunde liegen scheint. Das bestätigt irgendwie meinen Verdacht, dass der Skepsis gegenüber Einwanderern ein weitaus diffuseres emotionales Unwohlsein gegenübersteht als eine faktenorientierte Analyse der Lage. Denn dann wäre aufgefallen, dass das Problem, das wir beim Threadstart noch diskutiert haben, höchstwahrscheinlich nicht durch eine andere Zuwanderungspolitik verhindert worden wäre.
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Re: "religiöse Gefühle" an naturwissenschaftlichen Unis

Beitragvon provinzler » Mi 17. Jul 2013, 01:20

Ich weiß nicht, wie stark das wirklich ein Deutschlandspezifisches Phänomen ist, oder ob das nicht vielmehr eine Frage dessen ist, mit welchen Leuten man als Ausländer in einem fremden Land zu tun bekommt. Meine persönlichen Erfahrungen waren eigentlich fast durchweg positiv. Allerdings hab ich im Lauf der letzten drei oder vier Jahre einige Erfahrungen gemacht, die eher darauf hindeuten, dass es bestimmte Probleme (fast) überall gibt. Wir beide gehören einer relativ kleinen kosmopolitischen Elite an und laufen Gefahr unsere eigenen Werte und Erfahrungen ohne Weiteres auf unser Mitmenschen zu projizieren.
Wir sollten nicht unterschätzen, dass sich hinter ablehnendem Verhalten, gehörige Ängste verstecken. Dazu muss man sich vermehrt unter Leute mischen, deren Lebenswirklichkeit eine andre ist. Wenn ich in den Semesterferien bei meinen Eltern bin, hab ich das automatisch. Frag nicht, wieviele Menschen meine Entscheidung für ein Semester nach Spanien zu gehen "mutig" genannt haben ("hätt ich mich nie getraut"). Ich weiß bis heute eigentlich nicht so wirklich wieso. Ich mein, ich konnte die Sprache, hatte vor Ort Ansprechpartner und im allerschlimmsten Fall hätte ich mich nur in den Flieger setzen müssen und wäre in zwei Stunden wieder zu Hause gewesen. Für mich kein Grund, mir groß Sorgen zu machen. Aber es gibt erwachsene Menschen für die ist eine Fahrt mit dem Bus in die nächste Kreisstadt ein Abenteuer, das sie sich nur in "qualifizierter" Begleitung zutrauen. Eine zweistündige Zugfahrt in unsere schöne Landeshauptstadt? Für manche allein undenkbar.
Das sind reale Ängste vor dem Unbekannten, und wenns bloß ein ungewohntes Verkehrsmittel oder eine unbekannte Stadt ist. Für uns beide vielleicht schwer nachzuvollziehen, aber es scheint vielen Menschen so zu gehen. Und ich bezweifle sehr, dass die Deutschen die einzigen sind, die solche Ängste plagen. Generell frage ich mich, wo diese Ängste eigentlich herkommen, denn sie scheinen mir auch eine nicht unwichtige Triebfeder für das permanente Geschrei nach immer noch mehr Staat zu sein (obwohl wir eh schon viel zu viel davon haben). Woher kommt dieser massiver Wunsch nach einem Leben, das dem eines Tiers im Zoo gleicht. Käfig mit kleinem Bewegungsspielraum, dafür geregelte Verpflegung und keine Verantwortung (und kein Risiko). Das ist so weit weg von meiner Lebenswirklichkeit, dass ich solche Dinge zwar noch wahrnehme, aber beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen kann.

Nanna hat geschrieben:Mal davon abgesehen frage ich mich, wie der Thread es jetzt innerhalb von wenigen Beiträgen geschafft hat, von einer intoleranten Studentin auf das doch sehr andere Feindbild ungebildeter und krimineller Hartz-IV-Horden zu extrapolieren, das mir bei der Frage der Qualifikation der Einwanderer eher zugrunde liegen scheint. Das bestätigt irgendwie meinen Verdacht, dass der Skepsis gegenüber Einwanderern ein weitaus diffuseres emotionales Unwohlsein gegenübersteht als eine faktenorientierte Analyse der Lage. Denn dann wäre aufgefallen, dass das Problem, das wir beim Threadstart noch diskutiert haben, höchstwahrscheinlich nicht durch eine andere Zuwanderungspolitik verhindert worden wäre.

Wobei das mit der Toleranz so eine Sache ist. Wenn eine "Protestgruppe" in irgendwelche Kirchen kackt, hat es nichts mit Intoleranz zu tun, diese Aktion im wahrsten Sinne des Wortes "scheiße" zu finden, und ich hätte da durchaus gewisses Verständnis, wenn man da in einem Akt der Selbstjustiz die Delinquenten nötigte, die fragliche Stelle ohne jegliche Hilfsmittel auf biologischem Wege wieder zu reinigen. Menschlich hätte ich Verständnis, wohlgemerkt, die rechtliche Sache ist ein andres Thema. Intolerant verhalten sich dann allenfalls diese selbsternannten "Protestierer". Toleranz ist nämlich erstens keine Einbahnstraße, und bedeutet außerdem "erdulden" oder "ertragen" und nicht "gut finden müssen". Ich kann Homosexualität widerlich und abstoßend finden, solange ich darauf verzichte, es meinem Nachbarn mit freiwilligen Partnern seiner Wahl verbieten zu wollen, bin ich nicht "intolerant".
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Re: "religiöse Gefühle" an naturwissenschaftlichen Unis

Beitragvon stine » Mi 17. Jul 2013, 07:34

provinzler hat geschrieben:Generell frage ich mich, wo diese Ängste eigentlich herkommen, denn sie scheinen mir auch eine nicht unwichtige Triebfeder für das permanente Geschrei nach immer noch mehr Staat zu sein (obwohl wir eh schon viel zu viel davon haben). Woher kommt dieser massiver Wunsch nach einem Leben, das dem eines Tiers im Zoo gleicht. Käfig mit kleinem Bewegungsspielraum, dafür geregelte Verpflegung und keine Verantwortung (und kein Risiko).
Das ist eine gute Frage! Ich denke, dass es damit zu tun hat, dass die Wirtschaft nicht mehr zuverlässig unser Brötchengeber ist. Einen Beruf lernen und dann sein Leben damit gestalten ist nicht mehr. Heute haben viele Menschen eine sehr gute, allerdings oft eine sehr abstrakte Ausbildung, und wissen im Anschluss gar nichts damit anzufangen, ganz zu schweigen davon, dass sich 100 Bewerber auf nur eine adäquate Stelle bewerben müssen. Nicht einmal die Verbeamtung ist einem heute noch sicher und der Lebensabend in Armut ist für viele Gewissheit.
Klar, dass der Ruf nach Verstaatlichung der Arbeitsplätze immer lauter wird. Dabei wird aber leider vergessen, dass Staatsbetriebe am wenigsten funktionieren.

Nanna hat geschrieben:Mal davon abgesehen frage ich mich, wie der Thread es jetzt innerhalb von wenigen Beiträgen geschafft hat, von einer intoleranten Studentin auf das doch sehr andere Feindbild ungebildeter und krimineller Hartz-IV-Horden zu extrapolieren, das mir bei der Frage der Qualifikation der Einwanderer eher zugrunde liegen scheint.
Die Frage ist schnell beantwortet:
Nanna hat geschrieben:Übrigens, weil ich es gerade sehe, da gibt es eine interessante neue Studie: ZON: Deutschland fehlt die Toleranz

Die Rede über eine fundamentalistische Studentin auf kleine unschuldige Einwanderlein zu lenken, war deine eigene Idee! :wink:
Da kommt man dann eben sehr schnell auf die (richtige) Einwandererpolitik zu sprechen.

Im Übrigen kann ich @provinzler darin zustimmen, dass dort die meisten Vorbehalte gegen Fremdes existieren, wo die Problematik am wenigsten zu spüren ist. In der ländlichen Idylle fällt ein Araber eben mehr auf, als ein Bayer in München. :mg:

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