Motive von Anarchie-Befürwortern?

Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon xander1 » Sa 7. Dez 2013, 16:02

Also, dass einige Mitmenschen Anarchie befürworten fand ich oft sonderbar.
Einige Anarchiebefürworter hätte ich als Linksparteiwähler eingeordnet, andere als Liberal oder so. Konservative und rechte Anarchiebefürworter kannte ich bisher nicht. Ein Anarchiebefürworter DiantheSaint aus youtube, den ich seit Jahren auf youtbe beobachte verspricht sich womöglich eine bessere Gesellschaftsform.

Meine Frage ist: Was treibt diese Menschen an, die Anarchie besser als Demokratie finden? Was wollen die damit erreichen? Würden die ein zweites Mal als Klon geboren, wären die dann wieder pro Anarchie?

Als Motivkategorien fallen mir also ein:
wirtschaftliche Gründe
gesellschaftliche Gründe
juristische Gründe
politische Gründe

Aber es gab und gibt immer wieder Anarchien. Wenn man mal nach Afrika schaut. Da war doch ein Land, wo Piraten oft Containerschiffe überfallen, wo keine Regierung ist, sondern nur Anarchie und Gewalt. Also ich verstehe die Anarchiebefürworter nicht.

Die malen sich teilweise ein utopisches Traumbild von einer Anarchie aus und ich kann mir nicht vorstellen, dass das dann so realität werden würde. Kommunisten waren auch Traumtänzer, bis dann Stalin kam. Die hatten auch so ein utopisches Bild.

Kann ich auch: Wenn alle meine Sklaven werden, wird es nur noch Wohlstand auf dem Planeten geben! Das war Sarkasmus. Wenn man ein gesellschaftliches oder politisches oder wirtschaftliches System oder was auch immer hat und dann sagt zu was das für ne Utopie führt, woher kann man sich da so sicher sein, dass das alles so toll wird, wenn es noch nie erprobt würde. Man könnte es nicht mal richtig an einem Computer simulieren!
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Re: Motive Anarchie-Befürworter???

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 7. Dez 2013, 18:33

Ich stimme dir in deiner Einschätzung zu. Hier hat man auch einige Exemplare an anarchistischem Denken, für sie ist alles andere, was nicht anarchistisch ist, faschistoid. Es wird oft in angemessener Form die politische Realität kritisiert - die Konsequenz (den Staat deswegen völlig abzuschaffen) teile ich jedoch nicht. Besonders obskur wird es, wenn zunächst soetwas wie Polizei abgelehnt wird, aber im selben Atemzug man sich für Sicherheitskräfte und Bürgerwehren ausspricht. Beamte, gewählte Politiker seien allesamt korrupt, aber die "völlig anderen" Volksvertreter wären das nicht... Man könnte das ewig mit den offensichtlichen Analogien fortsetzen. Desweiteren bezieht man sich auf nicht-staatliche Systeme, die angeblich völlig ohne Staat wesentlich bessere Arbeit leisteten - völlig ignoriert wird dabei, dass die nötige Infrastruktur, die politische Sicherheit und die Vertragspartnerschaften international nur durch staatlichen Einfluss möglich waren. Kein Unternehmen könnte ohne Staat so groß werden wie es die aktuellen Riesen sind.
Es beinhaltet eine riesige Naivität einerseits die Problematik vielerorts oft richtig zu erkennen, aber nicht zu erkennen, dass man keine anderen Konzepte vorschlägt oder nur solche, die ohne staatliche Vorarbeit nicht möglich wären. Der Staat bedeutet Organisation (im übrigen betrachten sich Anarchisten wohl weniger als Gegner der Demokratie, sondern als "echte" Demokraten, wie ich das mitbekommen habe; sie haben immer ein Problem mit dem Staat); damals war es noch ein Argument, dass es zu großen Aufwand bedeuten würde, diverse Vertreter direkt zu wählen (das kann man sich mit der heutigen Informationstechnologie abschminken), ein anderer wichtiger Punkt ist jedoch (den die Anarchisten nicht berücksichtigen), dass Gesetze, Rechte und Normen nur Illusion sind, die erst durch eine organisierte Kraft durchgesetzt werden müssen. Diese Kraft hat in heutigen westlichen Systemen eine demokratische Legitimation und Einschränkungen, die auch die demokratischen Fehltritte begrenzen - der Rechtsstaat (nicht alles, was kollektiv beschlossen wird, ist legitim und angemessen). Das sind Wahrheiten, die durch einen überschwänglichen Idealismus nicht erkannt werden, durch die Ideen von absoluter Freiheit, absoluter Gleichheit. Im Konzept der Anarchie wird in noch größerem Maße als beim Kommunismus ein illusorisches Menschenbild gezeichnet. Eine repräsentative Demokratie, die durch einen Staat Form annimmt, entspricht am ehesten den Wünschen des Menschen, ohne dabei ihm zu viele Freiheiten zu lassen, als dass er für seine Umgebung zu schädlich werden würde. In jedem Fall bedeutet "Staat" nichts weiteres als "Organisation" - konsequenterweise könnte man jede Form von Organisation als Anarchist ablehnen - ein Grund, wieso sich (wie bei den Kommunisten damals und heute) die Anarchisten unter sich selbst nicht selten spinnefeind sind.
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Gandalf » Mo 9. Dez 2013, 10:47

xander1 hat geschrieben:Also, dass einige Mitmenschen Anarchie befürworten fand ich oft sonderbar.
Einige Anarchiebefürworter hätte ich als Linksparteiwähler eingeordnet, andere als Liberal oder so. Konservative und rechte Anarchiebefürworter kannte ich bisher nicht. Ein Anarchiebefürworter DiantheSaint aus youtube, den ich seit Jahren auf youtbe beobachte verspricht sich womöglich eine bessere Gesellschaftsform.


Das Du Anarchisten neuerdings als "rechts" wahrnimmst, liegt wohl daran, das wir in den letzten Jahren nur 'linke Regierungen' hatten, die demnächst noch von einer linksextremen Opposition vor sich hergetrieben wird. Der Konservatismus wurde unter Stasi-Erika begraben (auch wenn das die Basis noch nicht realisiert hat) und der Liberalismus ist nicht im Parlament vertreten.

Hätten wir eine konservative Regierung, würdest Du Libertäre (Minarchisten und Anarchisten) 'als Links' wahrnehmen.

xander1 hat geschrieben:Meine Frage ist: Was treibt diese Menschen an, die Anarchie besser als Demokratie finden?

Die Lebenserfahrung. Meine (z.T. nicht eingetragenen) Vereine, funktionieren hervorragend auf Basis individuellen Pflichtbewusstseins. Tritt der Staat hingegen als "Förderer" auf (wie neuerdings in der bayerischen V erfassung vorgesehen) ist das Ende des individuell gestalteten Gemeinwohls (und desssen langfristiger Zusammenbruch) absehbar.

xander1 hat geschrieben:Was wollen die damit erreichen? Würden die ein zweites Mal als Klon geboren, wären die dann wieder pro Anarchie?

Es ist keine 'Entscheidung' - sondern eine Entwicklung! Die allerallermeisten, die sich gegen staatliche Übergriffe zu wehren versuchen, sind sich anfänglich nicht bewusst, das sie Anarchisten sind und würden das wohl strikt abstreiten, da staatllicherseits der Begriff Anarchie (= abwesenheit einer zentralen Herrschaft) mit Anomie (= Abwesenheit von Ordnung) gleich gesetzt wird. Offensichtlich so wie es bei Dir der Fall ist.

Anarchie bedeutet mit nichten Regellosigkeit und Chaos, sondern das entstehen einer spontanen Ordnung unter Freien mit gleichen Interessen.

xander1 hat geschrieben:Als Motivkategorien fallen mir also ein:
wirtschaftliche Gründe
gesellschaftliche Gründe
juristische Gründe
politische Gründe

Richtig. das deckt sich ja mit meiner obigen Aussage.

Ein Motiv ist jedoch unbeding dazu zu nehmen: Die nackte Angst, im Namen eines von Sozialisten definierten Gemeinwohls , das von 'sozialer Gerechtigkeit' und anderen Phantasmorgasmen schwärmt - defacto aber immer nur eine "Friedhofsgemeinschaft" sein kann, - geopfert und gemordet zu werden.

Bettina Röhl hat das mittelbar so ausgedrückt: Das fatale Menschenbild der GroKo

xander1 hat geschrieben:Aber es gab und gibt immer wieder Anarchien. Wenn man mal nach Afrika schaut.

Schau nicht nach Afrika, sondern in unser Gemeinwesen. Der staat tut alles dafür ständig(!) spontan entstehende anarchische Strukturen unter seine Kontrolle zu bringen.

Mal ein Beispiel dazu, damit Du Dir über Dein grundsätzlich falsches Verständnis von Anarchie im klaren wirst: Die 'Meldung von Benzinpreisen' erfolgte bis vor Einführung der "Martktransparenzstelle für Kraftsoffe" durch unzählige freiwillige Helfer an private Unternehmen, die diesbezüglich kkosntenlos werbefinanzierte "Apps" bereitstellten. Das war kostengünstig und effektiv für diejenigen, die dieses nutzten. Jetzt sind alle Tankstellen staatlich zwangsverpflichtet. die Pächter müssen Leute dafür abstellen, die diese Tabellen pflegen und ein Behördenmonstrum mit angeschlossener Propagandabteilung hat wieder "warme Sessel" anzubieten. Der Effekt: Es spart mittlweile niemand mehr Geld, sondern vergelicht nur noch 'auf einem insgesamt höheren Preisniveau', da sich die Multis auf die staatliche Durchdringung verlassen können, wenn sie ihre Preise am Maximum orientieren, das weitergemeldet werden muss. Der Staat hat also wieder ein Stück spontane Ordnung abgeschafft, und durch Funktionäre ersetzt, die von uns allen bezahlt wie die Maden im Speck leben und uns mit Lügenpüropaganda über ihre Erfolge gegen die bösen Ölmutlis zumüllen.
xander1 hat geschrieben: Da war doch ein Land, wo Piraten oft Containerschiffe überfallen, wo keine Regierung ist, sondern nur Anarchie und Gewalt. Also ich verstehe die Anarchiebefürworter nicht.

Du verstehst es deshalb nicht, weil in Somalia keine Anarchie herrscht, sondern Anomie


xander1 hat geschrieben:Kann ich auch: Wenn alle meine Sklaven werden, wird es nur noch Wohlstand auf dem Planeten geben! Das war Sarkasmus. Wenn man ein gesellschaftliches oder politisches oder wirtschaftliches System oder was auch immer hat und dann sagt zu was das für ne Utopie führt, woher kann man sich da so sicher sein, dass das alles so toll wird, wenn es noch nie erprobt würde. Man könnte es nicht mal richtig an einem Computer simulieren!


Umgekehrt wird ein Schuh d'raus: Weil KEIN gesellschaftliches System am Computer simuliert werden kann, ist allein schon der Versuch einer zentralen Gestaltung der Gesellschaft zum scheitern verurteilt und muss im Chaos (Anomie) enden. Die Versuche die bislang unternommen wurden kosteten bereits hunderte Millionen Menschenleben. Es wird auch beim "nächsten Versuch" nicht besser! Die Welt ist nicht durch einen zentralen Computer berechen- bzw. beherrschbar. Allein schon der Gedanke daran ist entweder verbrecherisch (faschistoid) oder zeugt von mangelnder Intelligenz logisch deduktiv die Realität erklären zu können. Und genau DAS wissen (durch 'Lebenserfahrung) überzeugte Anarchisten', denen wir den Liberalismus und die Marktwirtschaft zu verdanken haben, die uns alle nährt.

Ein 'thinktank' der hiesigen Szene: http://www.freiwilligfrei.de/
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 9. Dez 2013, 12:01

Gandalf hat geschrieben:Das Du Anarchisten neuerdings als "rechts" wahrnimmst, liegt wohl daran, das wir in den letzten Jahren nur 'linke Regierungen' hatten, die demnächst noch von einer linksextremen Opposition vor sich hergetrieben wird. Der Konservatismus wurde unter Stasi-Erika begraben (auch wenn das die Basis noch nicht realisiert hat) und der Liberalismus ist nicht im Parlament vertreten.

Nein, er hat schon recht. Schon mal was von der "Tea Party" gehört? Es geht da nicht um ein Tee-Kränzchen: Erklärte Gegner des staatlichen Eingriffs.
Gandalf hat geschrieben:
xander1 hat geschrieben:Meine Frage ist: Was treibt diese Menschen an, die Anarchie besser als Demokratie finden?

Die Lebenserfahrung. Meine (z.T. nicht eingetragenen) Vereine, funktionieren hervorragend auf Basis individuellen Pflichtbewusstseins. Tritt der Staat hingegen als "Förderer" auf (wie neuerdings in der bayerischen V erfassung vorgesehen) ist das Ende des individuell gestalteten Gemeinwohls (und desssen langfristiger Zusammenbruch) absehbar.

Wie gesagt, ein Ausdruck purer Naivität. Auf lokaler Ebene in einem Kaff lässt sich "Vereinspolitik" vielleicht gut durchsetzen, aber in einer Großstadt benötigt es bereits staatliche Strukturen. Im Übrigen geht der ehrenamtliche Kram an der Idee der Demokratie vorbei - denn die sind selten gewählt und damit fehlt ihnen die Legitimation, für eine größere Gruppe zu sprechen (außer für ihren Verein). Das Gemeinwohl scheint mir indes auch nicht die letzten Jahrtausende zusammengebrochen zu sein (in denen staatliche Strukturen auf der Welt existierten) - was allerdinge bis jetzt immer gescheitert ist, war die Etablierung einer Anarchie, und das innerhalb kürzester Zeit.
Gandalf hat geschrieben:Es ist keine 'Entscheidung' - sondern eine Entwicklung! Die allerallermeisten, die sich gegen staatliche Übergriffe zu wehren versuchen, sind sich anfänglich nicht bewusst, das sie Anarchisten sind und würden das wohl strikt abstreiten, da staatllicherseits der Begriff Anarchie (= abwesenheit einer zentralen Herrschaft) mit Anomie (= Abwesenheit von Ordnung) gleich gesetzt wird. Offensichtlich so wie es bei Dir der Fall ist.

Anarchie bedeutet mit nichten Regellosigkeit und Chaos, sondern das entstehen einer spontanen Ordnung unter Freien mit gleichen Interessen.

Anarchie bedeutet übersetzt "Herrschaftslosigkeit"; ein zentraler Punkt der Herrschaft ist die "Hierarchie"(nur durch diese durchsetzbar und umgekehrt auch nur dann vorhanden), diese wiederum ist Ordnung, Organisation. Wenn jemand also Herrschaft ablehnt, lehnt er auch Ordnung und Organisation ab. Gesellschaftliche Unordnung hat gewiss ihre Muster (so wie Molekülbewegungen im Medium), aber keineswegs das, was man gesellschaftlich als Ordnung bezeichnen würde - geschweige denn etwas, dass der staatlichen Ordnung auch nur das Wasser reichen könnte. Das Mittelalter mit seinen desaströsen Lebensbedingungen hatte auch seine "Ordnung", wohl kaum aber eine, die wir heute bevorzugen würden. Da war im Prinzip die Bevölkerung auch dem Chaos ausgesetzt - zumindest solange bis der lokale Monarch und die Kirchen ihre Steuern eintreiben wollten oder gerade Lust hatten, jemanden zu quälen.
Gandalf hat geschrieben:Ein Motiv ist jedoch unbeding dazu zu nehmen: Die nackte Angst, im Namen eines von Sozialisten definierten Gemeinwohls , das von 'sozialer Gerechtigkeit' und anderen Phantasmorgasmen schwärmt - defacto aber immer nur eine "Friedhofsgemeinschaft" sein kann, - geopfert und gemordet zu werden.

In einer Anarchie - so fürchten die meisten berechtigt - wäre Mord und Totschlag wesentlich häufiger an der Tagesordnung, wie historische Beispiele zeigen (nimm mal Robbespierre, oder die Anfangszeit der Revolution in Russland....). Sag doch einfach, wieso diese Angst bitte nicht gerechtfertigt wäre, wenn es keinen Staat mehr gibt, kein Gesetzbuch und keine Gewalt, welches dieses durchsetzt?!
Gandalf hat geschrieben:
xander1 hat geschrieben:Aber es gab und gibt immer wieder Anarchien. Wenn man mal nach Afrika schaut.

Schau nicht nach Afrika, sondern in unser Gemeinwesen. Der staat tut alles dafür ständig(!) spontan entstehende anarchische Strukturen unter seine Kontrolle zu bringen.

Ein guter Witz:"Schau nicht dahin, wo Anarchie in Reinform die Menschen leiden lässt, sondern dahin, wo sich Provinzialisten als Anarchisten sehen, obwohl sie sich genaugenommen in einem Staat befinden, der erst ihren Wohlstand (und damit ihnen die Freiheit zur begrenzten Selbstorganisation) ermöglichte." - einen Eisanbahnclub in Hinterweltlerhausen kannst du nicht als anarchistische Struktur preisen.
Gandalf hat geschrieben:
xander1 hat geschrieben:Da war doch ein Land, wo Piraten oft Containerschiffe überfallen, wo keine Regierung ist, sondern nur Anarchie und Gewalt. Also ich verstehe die Anarchiebefürworter nicht.

Du verstehst es deshalb nicht, weil in Somalia keine Anarchie herrscht, sondern Anomie

Falsch, denn selbst nach deinem "Verständnis" von Anarchie, kannst du auch dort eine "Selbstorganisation" festmachen: Die lokalen Warlords, die die bettelarmen Fischer zur Piraterie rekrutieren, organisieren die Überfälle. Wie auch vor 300 Jahren in der Karibik ist auf einem Schiff eine Hierarchie notwendig (Kapitän, 1.Maat,...), um einen Überfall zu koordinieren - eine Anarchie existiert de facto nicht.
Gandalf hat geschrieben:Umgekehrt wird ein Schuh d'raus: Weil KEIN gesellschaftliches System am Computer simuliert werden kann, ist allein schon der Versuch einer zentralen Gestaltung der Gesellschaft zum scheitern verurteilt und muss im Chaos (Anomie) enden.

Schwachsinn. Man muss sich nur an Ameisen und Termiten orientieren, dann hat man schon gute Modelle für ein Computerprogramm (die funktionieren übrigens auch), in dem eine Organisation durch gesellschaftliches System vorhanden ist.
Gandalf hat geschrieben: Die Versuche die bislang unternommen wurden kosteten bereits hunderte Millionen Menschenleben. Es wird auch beim "nächsten Versuch" nicht besser! Die Welt ist nicht durch einen zentralen Computer berechen- bzw. beherrschbar. Allein schon der Gedanke daran ist entweder verbrecherisch (faschistoid) oder zeugt von mangelnder Intelligenz logisch deduktiv die Realität erklären zu können. Und genau DAS wissen (durch 'Lebenserfahrung) überzeugte Anarchisten', denen wir den Liberalismus und die Marktwirtschaft zu verdanken haben, die uns alle nährt.
:lachtot: :lachtot: :lachtot: Um deine "Lebenserfahrung" etwas zu ergänzen, würde ich mich mal an deiner Stelle über die anarchistischen Systeme erkundigen, die nach den Revolutionen in Frankreich und Russland herrschten - die hatten auch beeindruckende Verlustzahlen (und das für den immer sehr kurzen Zeitraum, in denen sie existierten). Es ist auch lustig, wie du vom "nächsten Versuch" schreibst - als hätte man das Konzept des Staates erst vor einem Jahrhundert erfunden und kurz darauf wäre es gescheitert. Du musst der Realität ins Auge sehen und erkennen, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen in staatlichen Strukturen lebt und im Vergleich zu den tatsächlich Staatenlosen (und nicht Provinzialisten, die meinen, sie wären Anarchisten, weil sie ihren Fußballclub organisiert bekommen) auch wesentlich länger und wohlhabender.
Du brauchst im übrigen auch auf diesen Kommentar nicht zu antworten - ich reagiere lediglich auf deinen Unsinn, um nicht den Eindruck nach Außen zu erwecken, dass man hier im Forum deinen Standpunkt grundsätzlich teilen würde.
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon provinzler » Mo 9. Dez 2013, 13:46

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, er hat schon recht. Schon mal was von der "Tea Party" gehört? Es geht da nicht um ein Tee-Kränzchen: Erklärte Gegner des staatlichen Eingriffs.

Von so etwas ähnlichem wie der "Tea Party" sind wir hier in Deutschland aber weit entfernt. Wir haben ja nicht mal mehr eine vorgeblich liberale Partei im Parlament.

Darth Nefarius hat geschrieben:Anarchie bedeutet übersetzt "Herrschaftslosigkeit"; ein zentraler Punkt der Herrschaft ist die "Hierarchie"(nur durch diese durchsetzbar und umgekehrt auch nur dann vorhanden), diese wiederum ist Ordnung, Organisation. Wenn jemand also Herrschaft ablehnt, lehnt er auch Ordnung und Organisation ab.

Mit der Logik kannst du letztlich auch den "Führerstaat" legitimieren. So nach dem Motto: "Einer muss den Trotteln ja sagen wos langgeht".

Zum Rest:
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 9. Dez 2013, 17:37

provinzler hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, er hat schon recht. Schon mal was von der "Tea Party" gehört? Es geht da nicht um ein Tee-Kränzchen: Erklärte Gegner des staatlichen Eingriffs.

Von so etwas ähnlichem wie der "Tea Party" sind wir hier in Deutschland aber weit entfernt. Wir haben ja nicht mal mehr eine vorgeblich liberale Partei im Parlament.


Darum geht es nicht, die Anmerkung am anfang bestand darin, dass es wohl nur linke Anarchisten gäbe - das stimmt nicht. Und Ereignisse und Erfahrungen anderer Länder zu den eigenen Ideen hinzuzuziehen, ist nur logisch (falls auch du deine Haltung auf "Lebenserfahrung" zurückführst und deswegen meinst, dass der Anarchismus funktionieren müsse, obwohl die Geschichte eindeutig zeigt, dass es nicht so ist).
provinzler hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Anarchie bedeutet übersetzt "Herrschaftslosigkeit"; ein zentraler Punkt der Herrschaft ist die "Hierarchie"(nur durch diese durchsetzbar und umgekehrt auch nur dann vorhanden), diese wiederum ist Ordnung, Organisation. Wenn jemand also Herrschaft ablehnt, lehnt er auch Ordnung und Organisation ab.

Mit der Logik kannst du letztlich auch den "Führerstaat" legitimieren. So nach dem Motto: "Einer muss den Trotteln ja sagen wos langgeht".

Nein, hier ging es nur um eine logische Formalität, nicht um die Beführwortung irgendeines Systems. Der Staat ist nunmal nicht gleichzusetzen mit Demokratie und der Staat ist aber auch nicht gleichzusetzen mit Faschismus - aber jede Form von Herrschaft bedeutet Organisation - dies geht dem Anarchismus per definitionem völlig abhanden. Auch eine Demokratie ist ohne Organisation, ohne Hierarchie nicht möglich. Und es ging auch nie darum, dass einer "den Trotteln" sagen soll, wo es lang geht, sondern dass Menschen sich aufgrund von einfacherer Interessensvertretung gruppieren, Vertreter ernennen können. Auch dadurch entsteht bereits Hierarchie. Was du und die anderen Anarchos nicht begreifen ist, dass technisch gesehen "die Trottel" den wenigen sagen, wo es langgeht, nicht umgekehrt. Klar, dass mal ein Individuum eingeschränkt wird oder eben nicht zu 100% bekommt, was es will, ein Nebeneffekt der kollektiven meinungsfindung und Interessensvertretung - aber dies ist ein Kompromiss, den offensichtlich die Leute eher eingehen als den Staat völlig abzulehnen.
provinzler hat geschrieben:Zum Rest:
Du bist nichts, dein Staat ist alles...
Yes we gähn...

Tja, offensichtlich kannst auch du eine ernstgemeinte Frage nicht ehrlich beantworten wie diese:
Darth Nefarius hat geschrieben:In einer Anarchie - so fürchten die meisten berechtigt - wäre Mord und Totschlag wesentlich häufiger an der Tagesordnung, wie historische Beispiele zeigen (nimm mal Robbespierre, oder die Anfangszeit der Revolution in Russland....). Sag doch einfach, wieso diese Angst bitte nicht gerechtfertigt wäre, wenn es keinen Staat mehr gibt, kein Gesetzbuch und keine Gewalt, welches dieses durchsetzt?!

Also nochmal: Was meinst du, wieso es bis jetzt immer gescheitert ist, wieso die Menschen so große Furcht vor der Anarchie haben, wieso man sich Somalia nicht als Beispiel nehmen darf, wie Organisation mit Anarchie vereinbar sein soll????
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon provinzler » Mo 9. Dez 2013, 22:20

Darth Nefarius hat geschrieben: Was du und die anderen Anarchos nicht begreifen ist, dass technisch gesehen "die Trottel" den wenigen sagen, wo es langgeht, nicht umgekehrt.

Nicht wirklich. Wichtig ist nur auf irgendeine Weise den "Trotteln" auf irgendeine Weise genug Ablenkung und Almosen zukommen zu lassen (Brot und Spiele), dass die mitspielen. Wer den Mechanismus verstehen will, für den sind die Jahre 1933-45 in Deutschland geradezu ein Lehrbuch, dann können die Funktionäre im Prinzip machen was sie wollen. Wann brach die Unterstützung für das Naziregime zusammen? Als klar war, dass die nix mehr verteilen konnten. Wann war das DDR-Regime am Ende? Als es nix mehr zu verteilen hatte. Selbiges gilt für die Sowjetunion. Wann war die Weimarer Republik endgültig diskreditiert? Als sie mangels Kohle nix mehr zu verteilen hatte...
Ein Staat ist ein Herrschaftvehikel, nicht mehr und nicht weniger. Und wer nicht zum Funktionärszirkel gehört hat keine Macht, er lügt sich das höchstens vor (und rennt dann am großen Urnenkulttag zur säkularen Eucharistie).

Darth Nefarius hat geschrieben:Also nochmal: Was meinst du, wieso es bis jetzt immer gescheitert ist, wieso die Menschen so große Furcht vor der Anarchie haben, wieso man sich Somalia nicht als Beispiel nehmen darf, wie Organisation mit Anarchie vereinbar sein soll????

Anders gefragt: Warum haben soviele Menschen solche Panik vor Verantwortung? Der Anarchist muss will er gewalttätig werden seinen Gegnern in die Augen schauen. Der gemeine "Demokrat" versteckt sich feige hinter seinem anonymen Wahlzettel und schickt die Büttel vor...
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 9. Dez 2013, 23:53

provinzler hat geschrieben:Wichtig ist nur auf irgendeine Weise den "Trotteln" auf irgendeine Weise genug Ablenkung und Almosen zukommen zu lassen (Brot und Spiele), dass die mitspielen. Wer den Mechanismus verstehen will, für den sind die Jahre 1933-45 in Deutschland geradezu ein Lehrbuch, dann können die Funktionäre im Prinzip machen was sie wollen. Wann brach die Unterstützung für das Naziregime zusammen? Als klar war, dass die nix mehr verteilen konnten. Wann war das DDR-Regime am Ende? Als es nix mehr zu verteilen hatte. Selbiges gilt für die Sowjetunion. Wann war die Weimarer Republik endgültig diskreditiert? Als sie mangels Kohle nix mehr zu verteilen hatte...
Ein Staat ist ein Herrschaftvehikel, nicht mehr und nicht weniger. Und wer nicht zum Funktionärszirkel gehört hat keine Macht, er lügt sich das höchstens vor (und rennt dann am großen Urnenkulttag zur säkularen Eucharistie).

Tja, so sind die Menschen - ich habe nichts gegenteiliges behauptet. Es erklärt jedoch nicht, wie der Anarchismus an dem natürlichen Egoismus etwas ändern könnte - oder warum er sollte. Politische Systeme sind nicht für die Ewigkeit, sobald das System pleite ist, ist es beendet. Dennoch wird es langfristig durch ein ähnliches ersetzt - und das immer staatlich. Bei den Regimewechsel kommt es immer drauf an, wem man die Schuld (ob nun berechtigt oder unberechtigt geben kann): Bei einer Demokratie, in der die Herrschaft immer wieder wechselt (theoretisch), hat jeder irgendwo eine Teilschuld beim Zusammenbruch oder bei der Findung der Schuldigen - dadurch hält sich das System etwas länger. Es ist also sogar einleuchtend, dass die meisten dieser Verantwortlichen tatsächlich das übernehmen, was ihnen der offizielle Souverän aufgetragen hat (um eben nicht die Schuld beim Scheitern zu tragen).
Wie beim Kapitalismus (und vielen biologischen Systemen) gibt es eine zyklische Entwicklung. Man muss mal ganz nüchtern erkennen, dass Wirtschaftswachstum nicht unendlich ist, ebenso wie die Existenz eines Staates. Und doch entscheiden sich die Leute lieber einen neuen, etwas modifizierten Staat zu etablieren als permanent in Unordnung. Ich argumentiere nicht aus Idealismus, sondern aus nüchterner Überzeugung. Gerade mir ist klar, wie schnell ein System zusammenbrechen kann - mehr als den meisten in meinem Alter.
provinzler hat geschrieben:Anders gefragt: Warum haben soviele Menschen solche Panik vor Verantwortung?

Meist wollen oder können sie nichtmal die Verantwortung für sich selbst tragen. Wenn keine Organisation existiert, kümmert man sich nur um seine eigene Existenz - und das meist sehr schlecht. Arbeitsteilung ist da der Schlüssel zum Erfolg bei einseitigen Talenten: Der eine geht jagen, der andere organisiert die Raststelle. So übernimmt jeder den Teil der Verantwortung, den er auch tragen kann und will, aber dabei erhält er die Legitimation nur durch die einzelnen Gruppenmitglieder, die sich eben vertreten lassen (am Ende muss die Jagd erfolgreich sein und die Raststelle gut geschützt - wenn das nichtder Fall ist, hat jeder einen Schaden). Wenn also nach einigen tausend Jahren sich herauskristallisiert, dass manche eher als Teil eines Kollektivs praktische Wirtschaftsleistungen (und andere) erbringen wollen und andere organisieren, wieviel diese am Ende wert ist, an wen sie geht und zu welchen Bedingungen, dann ist das eine logische Entwicklung aus dem Bestreben der Arbeitsteilung heraus.
provinzler hat geschrieben:Der Anarchist muss will er gewalttätig werden seinen Gegnern in die Augen schauen. Der gemeine "Demokrat" versteckt sich feige hinter seinem anonymen Wahlzettel und schickt die Büttel vor...

Oh, da bekomme ich aber Angst! :o0: Der Demokrat hat entschlossen, sich auf andere Bereiche seines Lebens zu konzentrieren als auf die Politik, die doch nur sehr austauschbar ist und nur effektiv ist, wenn sie mit Werten (also nicht mit moralischen, sondern mit wirtschaftlichen, politischen und militärischen) punkten kann, die nur vorhanden ist, wenn sich genügend Leute auch anstrengen, diese zu produzieren. Wenn jeder sich um die Politik kümmert, kann er an pratischer Stelle nichts ausrichten - und die Politik ihrerseits ist (wie gesagt) auf diese unpolitischen Leistungen angewiesen. In einer Gruppe (also einem Land z.Bsp.) benötigt jedoch der Verantwortungsträger auch Legitimation - und die erhält der praktische Arbeiter durch zertifizierte Kompetenz und der Politiker durch Wahl. Ich habe vor dem Abitur auch überlegt, ob ich wirklich Biochemie studiere oder eher Politik oder Wirtschaft, um später eben eine politische Karriere machen. Ich habe mich sogar in meiner Schulzeit ab und zu engagiert und mein Talent für Manipulation und Usurpation entdeckt. Zudem habe ich auch rhetorisches Geschick und wurde von vielen als "besserer Nietzsche" bezeichnet und gesehen. Ich wurde auch von einer Stiftung mit einem Geldpreis für mein künstlerisches Talent ausgezeichnet - aber ich kann nicht effektiv Politiker, Biochemiker, Philosoph und auch noch Künstler sein. Man macht zugunsten der Erfolgsaussichten immer Abstriche und konzentriert sich auf das, was einem am wichtigsten ist anstatt alles schlecht oder mittelmäßig zu machen. Auf provinzieller Ebene oder in der Jugend kommt man zwar als Universalgenie an, aber als Erwachsener wird man dann nur ein erbärmlicher Lehrer, wenn man sich nicht früh genug spezialisiert. So ist es mit den meisten Menschen, sie spezialisieren sich auf das, was ihnen wichtig ist und sie nach eigener Einschätzung besser können. Folglich existieren diese Büttel, die früher Taxifahrer waren oder 2mal sitzengeblieben sind oder sich ihren Doktortitel kaufen und diejenigen, die meinen, dass sie einen ausreichend gut vertreten können. Und es funktioniert ja - manchmal besser und manchmal nicht. Der Anarchismus funktionierte jedoch nie (falls man überhaupt meint, dass es je eine echte Anarchie gab).
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Nanna » Di 10. Dez 2013, 00:50

Gandalf hat geschrieben:Anarchie bedeutet mit nichten Regellosigkeit und Chaos, sondern das entstehen einer spontanen Ordnung unter Freien mit gleichen Interessen.

Das ist ja gut und schön, nur ist das ein irregulärer Spezialfall, der in der Realität in reiner oder ausreichend reiner Form zu selten vorkommt. Außerdem sind viele implizite Annahmen in diesem Satz enthalten, deren Gültigkeit nicht ohne weiteres garantiert ist.

So sind "Freie" beispielsweise davon abhängig, sich gegenseitig als Freie anzuerkennen. Sobald einer einseitig erklärt, den Anderen nicht als frei anzuerkennen, entsteht ein Konflikt, der potentiell gewaltsam als Kampf um Herrschaft ausgetragen wird (denn auch der Verteidiger hat nun eine starke Motivation, den Aggressor zu unterwerfen, um dessen destruktive Kraft in Schach zu halten). Das macht die ganze Angelegenheit schon von ihrem strukturellen Setting her unheimlich instabil. Jeder Naturwissenschaftler wird dir bestätigen können, dass derartige konfigurierte Systeme - ganz jenseits von menschlicher Ideologie, die ja auch nicht unnatürlich, sondern ein völlig regulär zu berücksichtigender Faktor ist - zum Kippen neigen und erst durch robustere Mechanismen (in diesem Fall: Dominanz, Hierarchie, Herrschaft, Machtkonzentrationen, Allianzen) in einen stabileren Zustand überführt werden. Und selbst dieser stabilere Zustand ist häufig noch ein ziemlich unübersichtliches Hauen und Stechen.

Das größere Problem sehe ich aber in den "gleichen Interessen". Entweder fasst man den Begriff "gleiche Interessen" so weit, dass er seine Unterscheidungskraft verliert und einfach nur noch für ein generelles Überleben-wollen steht. Oder man macht den Begriff so abstrakt, dass das Verfolgen von Interessen an sich schon als Ähnlichkeitsmerkmal ausreicht, d.h. "gleiche Interessen haben" nicht mehr bedeutet als "Interesse an irgendetwas haben". Dann subsummiert der Begriff aber im Prinzip fast jede Form von Interesse und rennt schnurstracks in einen riesigen Parcour massiver performativer Selbstwidersprüche.
Die Alternative ist, "gleich Interessen" so eng zu fassen, dass der Begriff auf konkret fassbare Interessen abzielt. In dem Fall kommt aber ein universaler Mechanismus zur Anwendung, der besagt, dass die Einschränkunge eines Begriffs nicht nur die Prägnanz erhöht, sondern auch die Menge des Ausgeschlossenen. Je spezifischer die "gleichen Interessen" also sind, desto weniger Leute können diese Interessen teilen. Es gibt unzählige Beispiele aus Politik, Wissenschaft und Alltag, die diesen Zusammenhang verdeutlichen. Ein Beispiel wäre die zersplitterte säkulare Szene in Deutschland, zu der auch die Brights gehören. Weil die Brights einen sehr spezifischen politischen Naturalismus meinen, der sich von anderen Interpretationen abhebt, ist dieses Weltbild zwar recht scharf umrissen, dafür fühlen nur ganz wenige Personen von spezifisch dieser Definition angesprochen. Will man mehr Personen einschließen, muss man die verwendeten Begriffe, auf die man sich bezieht, erweitern und die Definitionen vieldeutiger und schwammiger werden lassen. Genau deshalb hören Politiker von Volksparteien sich so unspezifisch und weichgespült an, weil sie absichtlich so sprechen, dass ihre Sprache für eine möglichst große Zahl subjektiver Interpretationen als Projektionsfläche taugt. Man kann nicht beides gleichzeitig haben: Spezifisch und prägnant sein und allgemein für viele Interpretationen und Weltbilder zugänglich. Genau deshalb sind "gleiche Interessen" entweder ein Platzhalter für alle möglichen, bei genauer Betrachtung eigentlich inkompatiblen Interessen, die nur durch den geschickten Rückgriff auf unspezifische Begriffe gekoppelt werden (solange jeder "gleiche Interessen" sagt und offen lässt, was er damit genau meint, kann man so tun, als sprächen alle vom selben Begriff, obwohl eigentlich nur das Zeichen identisch ist und nicht der Begriff), oder sie sind ein sehr eng gefasstes Konzept, das nur auf ganz wenige Personen zutrifft. In diesem Fall meinen zwar alle dasselbe, bleiben aber eine unbedeutende Randgruppierung und kommen über Dorfvereinsgröße nie hinaus. Klar geworden, wo hier das strukturelle Problem liegt?

Zuletzt noch: Eine "spontane Ordnung" entsteht tatsächlich fast in jeder Gruppe, egal ob auf einer mehrtätigen Reise mit eigentlich Fremden, in einer WG, einem Dorf oder auch nur beim Bäckerbesuch (kennt jeder: nach drei Sekunden ist klar, wer im Raum dominant und wer submissiv ist, wer eher die Beine einzieht und wer raumgreifend auftritt, wer als vertrauenswürdig, wer als wichtig und wer als sozial eher randständig eingeschätzt wird). Diese Ordnungen sind aber erstmal nur Ordnungen und nicht gute Ordnungen. Macht lässt sich auch, sehr subtil ausüben. Nicht zuletzt deshalb trennt Max Weber begrifflich zwischen "Macht" und "Herrschaft". Herrschaftsfreiheit bedeutet aber eben nicht Machtfreiheit. Das Ironische ist, dass informelle Machtbeziehungen durch ihre klandestine Natur teilweise gefährlicher sein können als offensichtliche Herrschaftsbeziehungen, wo klar definierte Herr-Knecht-Beziehungen vorherrschen anstelle von äußerlicher Gleichberechtigung, die die informellen Machtgefälle eher noch verschleiert. Was ich damit sagen will: Hierarchien bilden sich in sozialen Gruppen, selbst bei spontanen Zusammenkünften, ad hoc und meist unverzüglich. Es wäre deshalb naiv, anzunehmen, dass spontane Ordnungen grundsätzlich dazu neigen würden, herrschafts- und hierarchiefrei zu sein. Die Empirie scheint eher das Gegenteil zu bestätigen.

Gandalf hat geschrieben:Die nackte Angst, im Namen eines von Sozialisten definierten Gemeinwohls , das von 'sozialer Gerechtigkeit' und anderen Phantasmorgasmen schwärmt - defacto aber immer nur eine "Friedhofsgemeinschaft" sein kann, - geopfert und gemordet zu werden.

Und die Andere Seite hat Angst, im Namen selbstbezogenen Eigeninteresses geopfert und ermordet zu werden. Was im Prinzip erst mal nur zeigt, dass das Drohbild des Getötetwerdens von beiden Seiten problemlos ins Feld geführt werden kann und ohne weitere Erläuterungen als apodiktische Aussage nicht viel wert ist.

Gandalf hat geschrieben:
xander1 hat geschrieben:Aber es gab und gibt immer wieder Anarchien. Wenn man mal nach Afrika schaut.

Schau nicht nach Afrika, sondern in unser Gemeinwesen. Der staat tut alles dafür ständig(!) spontan entstehende anarchische Strukturen unter seine Kontrolle zu bringen.

Find ich interessant, wie geschickt du versuchst, xanders recht spezifische Problematisierung der Anarchie in ein Lamento gegen den alleskontrollierenden Staat zu drehen ohne einen Piep zu afrikanischen Beispielen zu bringen. Denn xander1 hat, was den empirischen Befund angeht, absolut recht: Es gibt kein (mir bekanntes) Beispiel einer Anarchie, die nicht auch eine Anomie wäre. Jede Anomie ist eine Anarchie, aber nicht zwingend umgekehrt - in der Theorie; in der Praxis gibt es keinen bekannten Beleg dafür abseits einiger kurioser Naturvölker, die traditionell ohne persönlichen Besitz und/oder sehr gewaltarm, aber auch auf extrem niedrigem zivilisatorischem Entwicklungsniveau leben.

Gandalf hat geschrieben:... Einführung der "Martktransparenzstelle für Kraftsoffe"...

Im Ernst, das ist dein Beispiel?

Aber wenn es unbedingt sein muss: Meiner oberflächlichen Webrecherche zufolge gibt es derzeit noch überhaupt keine verlässlichen Daten, was die Wirkung dieser Transparenzstelle angeht. Die freien Tankstellen jammern, weil sie teuer nachrüsten müssen (ok, verstehe ich), aber ob der Verbraucher effektiv geschädigt wird oder profitiert, kann derzeit noch keiner mit harten Zahlen belegen (aber ein bisschen hetzen gegen die "Maden im Speck mit ihrer Lügenpropaganda" geht ja immer).

Gandalf hat geschrieben:Weil KEIN gesellschaftliches System am Computer simuliert werden kann, ist allein schon der Versuch einer zentralen Gestaltung der Gesellschaft zum scheitern verurteilt und muss im Chaos (Anomie) enden.

Mal davon abgesehen, dass die logische Verknüpfung falsch ist, weil zentrale Steuereinheiten sehr wohl nichtlineare Systeme durch feedback-Schleifen unter Kontrolle halten können (von extrem seltenen Ausnahmefällen abgesehen), ist das niemandes Anspruch, wenn man von knallharten Leninisten absieht (Leninisten, nicht Marxisten. Marxisten der reinen Lehre sind Anarchisten so wie du, die arbeiten nur unter anderen Prämissen am Überflüssigwerden der Herrschaft). Und die letzten 10.000 Jahre Zivilisation haben beschleunigste Entwicklung mit beschleunigter Zunahme des Organisationsgrades bedeutet, nicht andersherum. Man kann mit großer Berechtigung an staatlichen Eingriffen viel kritisieren, aber die Grundthese, die du da präsentierst, hat keinen Realitätsbezug (nur reinsteigern kann man sich gut ;-) ).

Gandalf hat geschrieben:Allein schon der Gedanke daran ist entweder verbrecherisch (faschistoid) oder zeugt von mangelnder Intelligenz logisch deduktiv die Realität erklären zu können.

Ich würde mich an deiner Stelle schämen, Gedanken als verbrecherisch zu bezeichnen. Wenn hier etwas faschistoid ist, dann genau so eine Äußerung. Zeigt, wie ernst du es mit der Gedankenfreiheit offenbar meinst. Und bequem ist es ohnehin: Wer eine solche Meinung hat, ist per definitionem ein Verbrecher oder ein Idiot. Passiv-aggressives präventives Abbrechen der Kommunikation. Herzlichen Glückwunsch, so macht man sich Freunde.

Gandalf hat geschrieben:Ein 'thinktank' der hiesigen Szene: http://www.freiwilligfrei.de/

"Gesetze sind Todesdrohungen" - "Die totale Befreiung vom gefährlichsten Glauben" - "Wählen - was für ein idiotisches Spiel" - "Schulpflicht ist staatlich organisierte Kindesmisshandlung" - "Warum ich nicht gegen einen Hitler stimmen würde" - "Voluntaristischer Widerstand ist gewaltfrei und unpolitisch"

Ja... wie soll ich's diplomatisch ausdrücken? Klingt jetzt eher... also... ein bisschen...ziemlich... vollkommen... bekloppt?
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon provinzler » Di 10. Dez 2013, 02:00

Eins vorweg noch für Darth Nefarius: Ich seh mich eher als Minarchist, denn als Anarchist. Wahrscheinlich bin ich nicht mal das ganz. Aber wir haben bei sehr vielen Themen sehr eingefahrene Denkmuster, die uns über Schule, Medien usw. permanent eingetrichtert wurden, dass ich manchmal und seis als reine Denksportübung mit Extremmeinungen zu kokettieren, weil sie aus meiner Sicht auf äußerst oberflächlicher Ebene angegriffen weren. Und manche Formulierungen reizen mich extrem zum Widerspruch.
Ich bin (auch aufgrund persönlicher Erfahrungen) extrem misstrauisch was Kollektive angeht und habe extreme Bauchschmerzen damit, wenn Kollektive unkontrolliert Entscheidungen über das Individuum oder Untergruppen treffen. Und dann taucht unweigerlich das nächste Problem auf: Wer kontrolliert die Kontrolleure? Das ist so die Grundstimmung aus der heraus meine Beiträge und Kommentar stets erfolgen. Ich werde allergisch, wenn Leute meinen andre zwangsweise mit irgendwas beglücken zu müssen/dürfen. Sei es nun eine bestimmte Vorstellung über Ernährung, die Zusammensetzung von Aufsichtsräten oder ein Ponzischeme, dass man euphemistischen "Rentenversicherung" nennt.


Nanna hat geschrieben:So sind "Freie" beispielsweise davon abhängig, sich gegenseitig als Freie anzuerkennen. Sobald einer einseitig erklärt, den Anderen nicht als frei anzuerkennen, entsteht ein Konflikt, der potentiell gewaltsam als Kampf um Herrschaft ausgetragen wird

Die Frage ist immer wer als Aggressor auftritt. Ich vermute mal Menschen wie @Gandalf tun das eher selten. Weder direkt noch indirekt.
Nanna hat geschrieben: Will man mehr Personen einschließen, muss man die verwendeten Begriffe, auf die man sich bezieht, erweitern und die Definitionen vieldeutiger und schwammiger werden lassen.

Oder wenn man es zynisch mit Nietzsche sagen will, wer die Zahl seiner Anhänger erhöhen will, muss Nullen suchen. Ist übrigens so ein bisschen das Problem der liberalen/libertären Szene in den letzten Jahren in Deutschland. Wir haben hier eben keine "Tea Party", sondern gleich ein halbes Dutzend an Vereinigungen und Parteien, wo einzelne Gruppen jeweils ihr spezielles Steckenpferd reiten, und von denen sich dann laufend weitere Gruppen abspalten, weil man sich in irgendeinem Punkt nicht einig ist. Ich schätze das liberal/libertäre Wählerpotential in Deutschland auf ca. 15-20%. Manche sind aus früheren Zeiten noch der Union verbunden, ein Teil ist bei der FDP, manche setzten auf das Pferd AfD oder die Piraten (war zwischendurch auch mal ne Hoffnung), und dann gibts noch die Kleinveranstaltungen, die sich bei der Bayernpartei (und das ist kein Scherz!), der Partei der Vernunft und sonstigen Kleinparteien herumtreiben und diejenigen, denen das ganze nur noch auf den Keks geht. Eine gemeinsame Plattform? Fehlanzeige. Aufhänger für Streitigkeiten sind dann oft so unwichtige Randbereiche, wie die Frage nach einem Schächtverbot. Die FDP hatte es 2009 mit klaren Ansagen in begrenzten Bereichen geschafft dieses Potential zu mobilisieren und fast komplett zu erreichen. Im Ergebnis hat mans komplett verbockt, und sich von der Union vorführen lassen, in erster Linie weil man in der FDP-Spitze immer noch nicht begriffen hat, dass die veröffentlichte Meinung hierzulande(75% der deutschen Journalisten wählen grün oder rot), dem Großteil der FDP-Wähler von 2009 gepflegt am Arsch vorbei geht.
Und im Ergebnis sind nun 100% des Parlaments in sozialistischer/sozialdemokratischer Hand.

Nanna hat geschrieben:Aber wenn es unbedingt sein muss: Meiner oberflächlichen Webrecherche zufolge gibt es derzeit noch überhaupt keine verlässlichen Daten, was die Wirkung dieser Transparenzstelle angeht. Die freien Tankstellen jammern, weil sie teuer nachrüsten müssen (ok, verstehe ich), aber ob der Verbraucher effektiv geschädigt wird oder profitiert, kann derzeit noch keiner mit harten Zahlen belegen (aber ein bisschen hetzen gegen die "Maden im Speck mit ihrer Lügenpropaganda" geht ja immer).

Der Staat könnte, wenn er wollte, den Benzinpreis jederzeit senken, in dem er die Steuern drauf senkt. Der Benzinpreis besteht zum größten Teil aus Steuern. Wenn ichs richtig im Kopf hab sind zwei Drittel Steuern und Abgaben, und der Rest geht an die komplette Produktionskette, vom Bohrloch bis zur Zapfsäule (wohlgemerkt als Umsatz, davon werden dann Löhne, Maschinen, Pipelines und sonstige kosten noch bezahlt). Der Vorwurf an die Tankstellen (oder die Ölkonzerne) sich selbst zu bereichen ist angesichts dieser Zahlen einfach nur eine dreiste Propagandalüge. Wenn ich mal sehr großzügig von seiner Gesamtmarge von 10% auf dieses Drittel ausgehe, dann sind etwa 3% des Benzinpreises Gewinne der beteiligten Unternehmer, vom Ölkonzern bis zum Tankstellenbetreiber. Verglichen mit den 67% Staatsanteil ist das witzlos. Wenn man die Steuern und Abgaben die in der Produktionskette noch so anfallen (auf Löhne, Gewinne etc.) dann liegt der Staatsanteil am Benzinpreis bei mindestens 80%. Also wer "treibt" hier Benzinpreise?
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon xander1 » Di 10. Dez 2013, 09:26

Ich habe keine klare Vorstellung von Anarchie, aber ich bin offen, d.h. ich wäre bereit mit überzeugen zu lassen. Früher dachte ich auch mal, dass die Zinseszinsgegner Spinner sind. Da war ich ein Kind. Heute weiß ich, dass Wirtschaftswachstum linear erfolgt und man deshalb logartithmisch-ähnliche oder konstant-ähnliche Zinsmodelle oder was auch immer braucht als mathematische Funktion anstelle die exponentielle Funktion des Zinseszinses. Aber wer dazu was loswerden will, bitte in dem Thema / den Themen, die wir dazu bereits haben. Ich wollte damit nur sagen, dass ich keinen Gesichtsradius von Null habe und mich gerne überzeugen lasse.

Wie kann man sich sicher sein, dass Anarchie nicht zu Anomie führt?
Wenn da mein Fehler drin steckt, muss das ja Gründe haben, dass ich das Annehme. (Tatsächlich habe ich mir über den Unterschied und die Gemeinsamkeit von beidem noch keine Gedanken gemacht.)
Man bräuchte Erfahrungswerte der Geschichte wo nur Anomie, nur Anarachie, beides und keins von beidem geherrscht hat und dazu dann gute Erklärungen warum das so war.

Im Moment denke ich, dass Anarchie vielleicht in einer Zukunft möglich sein könnte, so wie sie als Wunschvorstellung existiert, wenn genug darüber erprobt und ausgedacht ist. Für die Planwirtschaft hat man vor einigen Jahren entdeckt helfen Computer, die, ich weiß nicht mehr, irgendwas simmulieren, womit man effekte haben kann, die die Marktwirtschaft auch so hat. Aber was das genau war weiß ich nicht mehr - die News die ich dazu gelesen habe ist viele Jahre her. Also was ich damit sagen will ist, dass Gesellschaftliche Politische Wirtschaftliche Systeme auch eine Frage der Technologie sind.

Ich möchte aber betonen, dass es mir in dem Thema auch besonders um die Motive der Anarchisten geht, die noch nicht deutlich genug genannt worden sind. Über Anarchie selbst reden kann man ja trotzdem.
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Darth Nefarius » Di 10. Dez 2013, 12:30

provinzler hat geschrieben:Eins vorweg noch für Darth Nefarius: Ich seh mich eher als Minarchist, denn als Anarchist. Wahrscheinlich bin ich nicht mal das ganz. Aber wir haben bei sehr vielen Themen sehr eingefahrene Denkmuster, die uns über Schule, Medien usw. permanent eingetrichtert wurden, dass ich manchmal und seis als reine Denksportübung mit Extremmeinungen zu kokettieren, weil sie aus meiner Sicht auf äußerst oberflächlicher Ebene angegriffen weren. Und manche Formulierungen reizen mich extrem zum Widerspruch.

Das kenne ich. Auch ich habe aufgrund meiner Affinität zum Ungehorsam und zum Skeptizismus mich mit den vermeindlichen Schrecken der Gesellschaft (also Philosophien, die abgelehnt werden) auseinandergesetzt und schon länger angenommen (Egoismus, Nihilismus, Darwinismus....). Dabei bin ich aber nie rein rationalistisch an die Sache herangegangen, sondern habe auch gern die Realität, die Geschichte bei der Betrachtung bestimmter Weltbilder hinzugezogen, um mir die Haltung der Gesellschaft zu erklären und den Ruf bestimmter Denkweisen (es hat gewiss einen kausalen Grund - die Frage ist, ob der Grund zur Ablehnung auch rational ist oder nur aus Unverständnis erwächst).
Meine Ablehnung des Anarchismus erwächst aus meiner eigenen Familiengeschichte und dem Erleben eines Zusammenbruchs, dem Scheitern von großen Persönlichkeiten und was für eine "Demokratie" ein in vieler Hinsicht fortschrittlicheren System beerbt. Es steckt eine gewaltige Ironie in dem Betrauern des Scheiterns eines Systems drin, welches einerseits in der jüngeren Vergangenheit Wohlstand und Karriere bedeutete (und nicht mehr politische Lügen als westliche Demokratien) und andererseits doch in weiter zurückliegender Geschichte für viele Grausamkeiten auch an der eigenen Familie verantwortlich war. In solchen Geschichten verliert man alles, was auch nur ansatzweise zum Idealismus führen könnte und erkennt, dass Stabilität einen großen Wert hat - erstmal unabhängig von der Politik. Wir haben also beide unsere Erfahrungen.
provinzler hat geschrieben:Ich bin (auch aufgrund persönlicher Erfahrungen) extrem misstrauisch was Kollektive angeht und habe extreme Bauchschmerzen damit, wenn Kollektive unkontrolliert Entscheidungen über das Individuum oder Untergruppen treffen.

Ab einer bestimmten Ebene gibt es nur noch die Selbstkontrolle. Wenn jemand niemandem mehr untersteht, so wird er dennoch nicht willkürlich: Es bleiben Überzeugungen, Ideen, Ziele. Aber de facto gibt es keine uneingeschränkte Macht, jeder kann gestürzt werden, wenn er den Bogen überspannt. Dieses Stürzen ist (wenn du so willst) auch eine Form der Kontrolle, die nicht immer offiziell legitimiert aber dennoch praktisch angewendet (idealerweise) von einer ausreichenden Mehrheit durchgeführt wird. Auch ein absolutistischer Monarch ist nur solange an der Macht wie ihn seine Diener dulden. Es muss keine offizielle Prüfstelle zur Kontrolle der Arbeit bestimmter Menschen geben, im Zweifelsfall kann jeder über jeden Macht ausüben (wie schon Nanna indirekt angemerkt hat). Du magst diese Politik durch die Hintertür zwar ablehnen, aber die Alternative ist nunmal die staatliche, bürokratische Kontrolle, die deutlich transparenter ist - und plötzlich sieht der Staat doch gar nicht mehr so schrecklich aus!
provinzler hat geschrieben:Ich werde allergisch, wenn Leute meinen andre zwangsweise mit irgendwas beglücken zu müssen/dürfen. Sei es nun eine bestimmte Vorstellung über Ernährung, die Zusammensetzung von Aufsichtsräten oder ein Ponzischeme, dass man euphemistischen "Rentenversicherung" nennt.

Dich kann niemand zwingen, eine befreiende Erkenntnis durch den Nihilismus. Es kommt eben darauf an, welche Bedingungen du als gesetzt betrachtest: Nichtmal deine Rentenversicherung musst du annehmen, du kannst einfach auswandern; wenn du in deiner Kantine keinen Veggie-Day unterstützt, geh woanders essen. Wenn es dir nichts ausmacht, dich öfters außerhalb der Gesellschaft zu bewegen, hast du viele Freiheiten. Auch da gibt die Geschichte sehr viele herausragende Persönlichkeiten her, die sich einfach über Konventionen hinweggesetzt haben: Napoleon krönt sich selbst, Cesare Borgia tritt vom Kardinalsamt zurück, Kopernikus, Darwin (.....) zweifeln das kirchliche Weltbild an (nicht zu vergessen die ganzen Menschenrechtler, die gegen Rassismus angekämpft haben)....
Eine Ordnung ist immer nur ein Angebot - und meist ist es einfach nützlicher, sie anzunehmen als grundsätzlich zu boykottieren.
provinzler hat geschrieben:Die Frage ist immer wer als Aggressor auftritt. Ich vermute mal Menschen wie @Gandalf tun das eher selten. Weder direkt noch indirekt.

Jemandes Gedanken bereits als faschistoid zu bezeichnen, nur weil sie nicht den eigenen entsprechen, ist eine gewaltige Aggression. Wenn eine solche ideologische Überzeugung erstmal vorhanden ist, ist auch körperliche Gewalt nicht fern: Entmenschliche deinen Feind, dann ist es einfacher, ihm den Kopf einzuschlagen. Gandalf bekommt das ziemlich gut hin - ich hoffe er bekommt keine Gelegenheit, dies in letzter Konsequenz auch auszuleben.
provinzler hat geschrieben:Aufhänger für Streitigkeiten sind dann oft so unwichtige Randbereiche, wie die Frage nach einem Schächtverbot. Die FDP hatte es 2009 mit klaren Ansagen in begrenzten Bereichen geschafft dieses Potential zu mobilisieren und fast komplett zu erreichen. Im Ergebnis hat mans komplett verbockt, und sich von der Union vorführen lassen, in erster Linie weil man in der FDP-Spitze immer noch nicht begriffen hat, dass die veröffentlichte Meinung hierzulande(75% der deutschen Journalisten wählen grün oder rot), dem Großteil der FDP-Wähler von 2009 gepflegt am Arsch vorbei geht.
Und im Ergebnis sind nun 100% des Parlaments in sozialistischer/sozialdemokratischer Hand.

Ja, man kann dem Liberalismus berechtig nachweinen, aber Politik kann sich schnell ändern und wir werden ja noch sehen, ob die FDP nicht wieder reinkommt oder die ganzen Pläne "unter Finanzierungsvorbehalt" überhaupt durchgeführt werden. Ich persönlich habe das Gefühl, dass die FDP vom Stand wieder auf 10% kommt, sobald diese Regierung zeigt, wie wenig sie auf stabile Finanzen setzt (es ist nur eine Frage der Zeit). Und dann gibt es wieder die umgekehrte Entwicklung, dass die Finanzen stabil sind, aber die Leute nach mehr Zuwendung schreien. Die FDP wirkt dann wieder als Madigmacher und verliert erneut an Legitimation - so ist Demokratie (es könnte wesentlich schlimmer sein, durch diese Wechsel gibt es wenigstens langfristig eine Balance zwischen wirtschaftlicher Stabilität und sozialer Fürsorge).
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Gandalf » So 15. Dez 2013, 13:48

angesichts der Tatsache, dass Du mich auch hier persönlich in der Schublade "Anarchist" ablegst, obwohl ich lediglich diese - 'konstruktive Eigenschaft vieler Zusammenschlüsse, die auf Eigentumsrechte basieren" - zu beschreiben versuche, die man in jedem Dorf antrifft, in dem noch Eigeninitiative auf Lebendigkeit der Beziehungen hindeutet, hält sich meine Diskussionsbereitschaft weitestgegends in Grenzen.

Nanna hat geschrieben:
Gandalf hat geschrieben:Anarchie bedeutet mit nichten Regellosigkeit und Chaos, sondern das entstehen einer spontanen Ordnung unter Freien mit gleichen Interessen.

Das ist ja gut und schön, nur ist das ein irregulärer Spezialfall, der in der Realität in reiner oder ausreichend reiner Form zu selten vorkommt. Außerdem sind viele implizite Annahmen in diesem Satz enthalten, deren Gültigkeit nicht ohne weiteres garantiert ist.

Wie bitte..? ein "...irreguläreer Spezialfall"?? - Sag mal in welchem Elfenbeinturm lebst Du eigentlich - oder hast Du zu viele Zombie-Filme geschaut (Ein aktuelles Genre das von Libertären aufmerksam verfolgt wird, da es doch 'zeigen soll', das 'nach dem staaltichen Zusammenbruch' die die Menschen IMMER UND AUSSCHLIEssLICH aufeinander los gehen und sich gegenseitig morden. Das gigantische finanzielle Mittel in solche Produktionen gesteckt werden, zeigt sich einen "Bedarf" an)

Die nicht-eingetragenen Vereine waren und sind die Stütze einer liberalen Gesellschaft, die auf Eigeninitiative baut. In meinem persönlichen und unmittelbaren Umfeld existieren mindestens 2 Dutzend solcher Vereine und 2 davon habe ich selbst mit gegündet. Z.B. ganz einfach weil z.NB. weder Staat und Telekom nicht in der Lage waren für eine ausreichende Internetverbindung auf dem Dorf zu sorgen. Der nicht-e.V. ( dem sogar bei Bolschewikipedia ausdrücklich eine gewisse "staatsferne" nachgesagt wird) hat das geschafft, während andernorts immer noch versucht wird, mittels Politik die Behörden zu veranlassen, Felischtöpfe rüberwachsen zu lassen. "Fleischtöpfe" die man anderen abgenommen hat. Genauso wie meine Vorfahren Selbstschutzgruppen gebildet haben (Freiwillige Feurewehren) oder Straßen und 'private Wasserleitungen' gebaut haben, - die mittlerweile durch die fusionierten Kommunen enteignet wurden, weil man die Wasserversorgung in einen (Stadtwerke-) GmbH überführt hat. (Das lamentieren über die "böse Privatisierung des Wassers"allerorten ist also regelmäßig eine Farce.)

Ich habe leider keine Statistik gefunden wieviele nicht-e.V.' es in D gibt. Aber ich gehe nicht davon aus, das es ein "irregulärer Spezialfall" ist, sondern vermute her, dass Du so sehr und so nah an den Zitzen staatlicher Nährlösungen hängst, die wie Pilze auf dem Mist knospen und mangels Abstand deshalb den Überblick verloren hast.

Nanna hat geschrieben:So sind "Freie" beispielsweise davon abhängig, sich gegenseitig als Freie anzuerkennen.

Freiheits- und Menschenrechte sind stets (natürliche) Abwehrrechte. Die hat ein jeder Mensch, - unanbhängig davon ob Du oder irgendjemand anders sie anerkennen mag. Sie begannen mit der 'ersten Amöbe', die sich mit einer Membran gegen die Umwelt abgrenzte.

Freiheitsrechte sind abstrakt und damit nicht positiv zu definieren - und so ist es für die Gegner stets leicht sie anzugreifen. Der Freie muss daher das Recht haben sich zu wehren - dies wird ihm tatsächlich heute (wieder zunehemend) vom Staat, bzw. seinen von kollektivistisch verblendeten Ideologen abgestritten, für die es in enem Markt, in dem sich Freie untereinander zur Arbeitsteilung absprechen (... wie in einem nicht-ev.) keine Nachfrage gibt. "Freie" sind tatsächlich von 'Freundlichkeit' abhängig. Aber genauso ist die Natur aufgebaut. Wäre sie prinzipiell unfreundlich, würde es uns nicht geben. Und an diesem Prinzip gilt es sich zu orientieren und nicht an einzelnen Räubern und Parasiten, die immer wieder auftreten. Obwohl diese natürlich auch notwendig sind- um das Immunsystem zu stärken und in der Wacht nicht nachzulassen.

Nanna hat geschrieben:Genau deshalb sind "gleiche Interessen" entweder ein Platzhalter für alle möglichen, bei genauer Betrachtung eigentlich inkompatiblen Interessen, die nur durch den geschickten Rückgriff auf unspezifische Begriffe gekoppelt werden (solange jeder "gleiche Interessen" sagt und offen lässt, was er damit genau meint, kann man so tun, als sprächen alle vom selben Begriff, obwohl eigentlich nur das Zeichen identisch ist und nicht der Begriff), oder sie sind ein sehr eng gefasstes Konzept, das nur auf ganz wenige Personen zutrifft. In diesem Fall meinen zwar alle dasselbe, bleiben aber eine unbedeutende Randgruppierung und kommen über Dorfvereinsgröße nie hinaus. Klar geworden, wo hier das strukturelle Problem liegt?


Ja - es liegt in Deinen 'statischen Vorstellungen' begründet. Die Natur und lebende System sind hingegen dynamisch und - wie gesagt ich war und bin in genügend Vereinen unterwegs gewesen', das ich mitbekommen habe, wie dieses "Wesen" je nach Anforderung 'oszilliert'. Solange ein übergeordnetet Zweck "heiß" ist, braucht es überhautp keine starren Strukturen. Es fügt sich (scheinbar) alles wie von selbst. Es fragt keioner lange rum, sondern tut was nötig (und sinnvoll) ist. Dann gibt es wieder ("langweileige) Phasen in denen der Verein Gefahr läuft sich zu verzetteln, es wird um Formalien gestritten. u.a. viel auch Neumitglieder keinen Bezug mehr zum Gründungsgrund haben. In dieser Phase ist ein 'straker, zentraler Vorstand erforderlich, der den Laden zusammenhält und evtl. motivieren musss. Dann tritt meistesn noch ein 'linker Intellektuller' (meist in Form eines Lehrers) auf, der "Haftungsfragen" aufwirft und bei manchen Leuten die Idee virulent macht, man müsse den Verein in eine juristische Person wandeln. Andere Kräfte hingegen versuchen die wachsende Macht des Vorstandes in so einer Phase zu begrenzen... Homöostase - ein 'lebendes System' also, das Du mit Deinem statischen Schubladendenken nicht erfassen kannst.

Auf Staat und die Gesellschaft bezogen: Ich fände es gut wenn das System ständig zwischen Anarchie und Minarchie oszilliieren würde. Keiner würde zu mächtig - und das Individuum könnte sich durch Erfahrung und nicht durch Angstmache weiter entwickeln.
Nanna hat geschrieben:Und die Andere Seite hat Angst, im Namen selbstbezogenen Eigeninteresses geopfert und ermordet zu werden. Was im Prinzip erst mal nur zeigt, dass das Drohbild des Getötetwerdens von beiden Seiten problemlos ins Feld geführt werden kann und ohne weitere Erläuterungen als apodiktische Aussage nicht viel wert ist.

Falsch. Wer mit anderen Geschäfte machen will (Arbeitsteilung anbietet) tötet ihn nicht. Er würde sich ja selbst schaden. Bei sozialistischen Ideologien ist das anders: Mangels oekonomischer Konzepte (Deduktiv nachweisbare Knappheit existiert nicht, sondern induktiv erlebter Überfluss wird vorausgesetzt (= die Basis dieser Neididelogien) leitet man sich 'positive Rechte' ab, andere bestehlen und berauben zu dürfen.
Nanna hat geschrieben:afrikanischen Beispielen zu bringen. Denn xander1 hat, was den empirischen Befund angeht, absolut recht: Es gibt kein (mir bekanntes) Beispiel einer Anarchie, die nicht auch eine Anomie wäre. Jede Anomie ist eine Anarchie, aber nicht zwingend umgekehrt - in der Theorie; in der Praxis gibt es keinen bekannten Beleg dafür abseits einiger kurioser Naturvölker, die traditionell ohne persönlichen Besitz und/oder sehr gewaltarm, aber auch auf extrem niedrigem zivilisatorischem Entwicklungsniveau leben.


Eben! Du argumentierst am Thema vorbei: Anrchie, basiert immer auf 'Eigentumsrechten'! ..am eigenem Körper - und dem was man vermittels Einsatz von Körper und Geist rechtmäßig erworben hat. Egal aob als Individuum oder als Gruppe. Da die Piraten in Somalia auf Raub aus sind, Eigentumsrechte an Leib und Vermögen nicht achten, sind sie keine Anarchisten, sondern eine Mafiaorganisation. Mehrere solcher rivalisierenden Gruppen ergeben dann die Anomie.

BTW: Die meisten der 10 christlichen Gebote sind Anweisungen das Eigentum des anderen zu achten und zu Eigentumsverhältnisse zu ehren. Die jüdisch/christliche Lehre kommt dem Anarchokapitalismus also sehr nahe. Dies ist wohl auch der Grund warum diese bei Sozialisten so unbeliebt ist und dort ein latenter Antisemitismus vorherrscht und der sich auch in der Kapitalismuskritik generell und manchmal gut getarnt wiederfindet.

Nanna hat geschrieben:Aber wenn es unbedingt sein muss: Meiner oberflächlichen Webrecherche zufolge gibt es derzeit noch überhaupt keine verlässlichen Daten, was die Wirkung dieser Transparenzstelle angeht. Die freien Tankstellen jammern, weil sie teuer nachrüsten müssen (ok, verstehe ich), aber ob der Verbraucher effektiv geschädigt wird oder profitiert, kann derzeit noch keiner mit harten Zahlen belegen (aber ein bisschen hetzen gegen die "Maden im Speck mit ihrer Lügenpropaganda" geht ja immer).

Nanna hat geschrieben:Mal davon abgesehen, dass die logische Verknüpfung falsch ist, weil zentrale Steuereinheiten sehr wohl nichtlineare Systeme durch feedback-Schleifen unter Kontrolle halten können


ja, der Thermostat meiner Heizung funktioniert so - Die Preisbildung in der Natur - NICHT! Ganz einfach deshalb, weil Du NIE alle Parameter erfasen kannst und NIE alle erforderlichen Berechnugnen druchführen kannst (das hatten wir auch schon: Nur ein Quantenrechner kann das - indem man ihn - also die Wirklichkeit- "fragt".) - Kurzum, weil diejenigen (Planwiertschaftler) die solches versprechen, nicht die Bohne Ahnung davon haben, wie Wirtschaft, als der Umgang mit Knappheiten effizient funktioniert. Mit welchen Algorithmen arbeitet ein System, das davon ausgeht, das Berechnungen stets abgeschlossen sind?


Nanna hat geschrieben:(von extrem seltenen Ausnahmefällen abgesehen), ist das niemandes Anspruch, wenn man von knallharten Leninisten absieht (Leninisten, nicht Marxisten. Marxisten der reinen Lehre sind Anarchisten so wie du, die arbeiten nur unter anderen Prämissen am Überflüssigwerden der Herrschaft).

Freiheitsfreunde, wie ich, die mit anarchischen Strukturen gute Erfahrungen gemacht haben, wissen, das ein Anarchismus ohne Eigentumsrechte nicht funktionieren kann. Man könnte ja nicht mal eine Busreise planen, noch unternehmen, weil man nicht sicher sein kann, das nicht ein anderer den Bus gerade eben für "bessere Nutzung" aquiriert hat.
Genausogut könnnte man postulieren, das im Kommunismus Hund und Wurst freidlich nebeneinander liegen (obwohl genau da die frühen sozialitischen Spinner als Weltbild verkaufen wollten und wohl immer noch tun)

Nanna hat geschrieben:Und die letzten 10.000 Jahre Zivilisation haben beschleunigste Entwicklung mit beschleunigter Zunahme des Organisationsgrades bedeutet, nicht andersherum. Man kann mit großer Berechtigung an staatlichen Eingriffen viel kritisieren, aber die Grundthese, die du da präsentierst, hat keinen Realitätsbezug (nur reinsteigern kann man sich gut ;-) ).

Auch hier birngst du wieder vieles ducheinander in Deinem Schubladenbekenntnis. Aber ohne jetzt nochmal alles aufdröseln zu wollen: Wie erklärst Du dir, das man erst seit ca. 200 Jahren eine realistische Chance hat, die immer noch zunehmend eBevölkerung auf der Erde zu ernähren?
Nanna hat geschrieben:
Gandalf hat geschrieben:Allein schon der Gedanke daran ist entweder verbrecherisch (faschistoid) oder zeugt von mangelnder Intelligenz logisch deduktiv die Realität erklären zu können.

Ich würde mich an deiner Stelle schämen, Gedanken als verbrecherisch zu bezeichnen. Wenn hier etwas faschistoid ist, dann genau so eine Äußerung. Zeigt, wie ernst du es mit der Gedankenfreiheit offenbar meinst. Und bequem ist es ohnehin: Wer eine solche Meinung hat, ist per definitionem ein Verbrecher oder ein Idiot. Passiv-aggressives präventives Abbrechen der Kommunikation. Herzlichen Glückwunsch, so macht man sich Freunde.


Wer versucht hier präventiv was abzubrechen? Kann ich etwa Gednaken lesen? Unabhängi davon ws jemand denkt, kann ich ihn immer nur an seinen Hadlungsmustern beurteilen! Hast Du selbst noch nie verbrecherische Gedanken gehabt? Noch nie jemand was "an den Hals" gewünscht? Glaubst du im Ernst, das es überhaupt Menschen auf der Welt geben könnte, die noch nie verbrecherische GEDANKEN durchdacht haben?? Ist dir überhaupt der Unterschied zwischen verbrecherischen Gedanken und Verbrechen bewusst? Ein Verbrechen ist eine moralische Kategorie (also ein 'praktisches Handlungsmuster' ) - ein Gedanke ein Bereich der Ethik (also u.a. der Religion). Dies widerum bewusst durcheinander zu bringen - ist verbrecherisch. Und das "Freunde machen" geschieht eben nicht durch "denken" - sondern durch tätige Handlung. Ich kann also von Dir oder irgendjemand anderes auf den ersten Blick "nichts halten" - ob es dabei bleibt bestimmt auuschließlcih der praktische Umgang und nicht die Unterstellung.

Nanna hat geschrieben:Ja... wie soll ich's diplomatisch ausdrücken? Klingt jetzt eher... also... ein bisschen...ziemlich... vollkommen... bekloppt?

Unabhängig davon, dass ich mich selbst auch schon mit ihnen heftig gezofft habe, können sie ihre Aussagen stets gut begründen. Und "Zoff" ist auch eine Art Handlung aus dem Verständnis erwachsen kann. Des weiteren kann man dort direkt auch mal mit Stefan Blankertz, Peter Boehrigner oder Olvier Janich diskutieren, die sich dort immer wieder einfinden - also denjenigen, die ich als 'intellektuelle Speerspitze" der Freiheitsfreunde in D bezeichen würde Und die sich auch nicht immer gut sind, wenn es um Anarchismus vs. Minarchismus geht. Oft stelle ich aber auch dort ein gewisses Schubladendenken fest, das zu keiner Emergenz führt

Stefan Blankertz (ein entschiederner Anarchokapitalist): http://www.youtube.com/watch?v=TeESiWpL ... ture=share
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Darth Nefarius » So 15. Dez 2013, 16:31

Gandalf hat geschrieben:angesichts der Tatsache, dass Du mich auch hier persönlich in der Schublade "Anarchist" ablegst, obwohl ich lediglich diese - 'konstruktive Eigenschaft vieler Zusammenschlüsse, die auf Eigentumsrechte basieren" - zu beschreiben versuche, die man in jedem Dorf antrifft, in dem noch Eigeninitiative auf Lebendigkeit der Beziehungen hindeutet, hält sich meine Diskussionsbereitschaft weitestgegends in Grenzen.

Ist "Anarchist" für dich etwa eine Beleidigung? In deinen vorigen Kommentaren hast du den Anarchismus deutlich verteidigt und versucht zwischen Anomie und Anarchie zu unterscheiden (Was wohl praktisch unmöglich ist und nur theoretisch geht). In Dörfern findet man vieles - selten Privatsphäre oder moderne, liberale Ansichten und gewiss kein leistungsorientiertes Handeln oder einen Horizont und ein Interesse, welches über den nächsten Hügel hinausgeht. Wenn man einen Stammbaum, der weit genug nur im entsprechenden Dorf verwurzelt ist, vorzuweisen hat, ist man gewiss willkommen und die Leute unterstützen sich gegenseitig - aber wenn du das nicht hast, giltst du als misstrauenswürdiger Fremder. Die Menschheit hat zum Glück Städte vorzuweisen, wo beinahe die gegenteiligen Regeln gelten.
Meinetwegen haben wir also unterschiedliche Präferenzen der Umgebung - praktisch gesehen kannst du jedoch so ein Gefüge nicht in einer Stadt erzwingen und die Städte wirst du auch nicht abschaffen können. Anarchie ist schlichtweg nicht durchsetzbar - mal abgesehen davon, dass ich mir keine Gesellschaft wie in einem Dorf wünsche. Was sind schon lebendige Beziehungen? Ist es tatsächlich ein Hinweis auf eine lebendige Beziehung, wenn der Nachbar alles über dich wissen will? Ist es tatsächlich ein Hinweis auf eine lebendige Beziehung, wenn er sich permanent und ungebeten in deine Angelegenheiten einmischt? Spricht es für eine lebendige Beziehung, wenn eine Gesellschaft kollektiv Druck bei jeder Entscheidung aufbaut wenn ihr etwas nicht passt? Das Dorf ist ein Mini-Überwachungsstaat - wenn für dich das wichtigste ist, dass dein Eigentum geschützt ist und nicht deine anderen Rechte, kannst du damit vielleicht ganz gut in einem Dorf leben. Aber eine solche Gesellschaft kann dir genausogut deinen Besitz wegnehmen wie jede andere auch. In einer Gesellschaft mit ausreichender Distanz und Anonymität hast du keine ideellen Rechte, sondern praktische Vorteile, da ein Kollektiv sich nicht so schnell formt und auch nur in sehr wichtigen Angelegenheiten.
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon xander1 » So 15. Dez 2013, 17:47

http://www.booktv.org/Watch/15167/On+Anarchism.aspx

Hier eine Berühmtheit über Anarchie.
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Nanna » Mo 16. Dez 2013, 03:29

Gandalf hat geschrieben:angesichts der Tatsache, dass Du mich auch hier persönlich in der Schublade "Anarchist" ablegst, obwohl ich lediglich diese - 'konstruktive Eigenschaft vieler Zusammenschlüsse, die auf Eigentumsrechte basieren" - zu beschreiben versuche, die man in jedem Dorf antrifft, in dem noch Eigeninitiative auf Lebendigkeit der Beziehungen hindeutet, hält sich meine Diskussionsbereitschaft weitestgegends in Grenzen.

Ich verweise auf den Beitrag von Darth Nefarius, der ausreichend dargelegt hat, warum es so wirkt, als sei "Anarchist" bzw. "Anarchie-Befürworter" mehr eine Selbstbeschreibung deinerseits als eine Fremdzuschreibung meinerseits. Du sagst ja auch in diesem Beitrag selbst, dass du ein "Oszillieren zwischen Anarchie und Minarchie" optimal fändest, also wie soll ich dich und deine Person anders klassifizieren?

Gandalf hat geschrieben:Wie bitte..? ein "...irreguläreer Spezialfall"?? - Sag mal in welchem Elfenbeinturm lebst Du eigentlich - oder hast Du zu viele Zombie-Filme geschaut (Ein aktuelles Genre das von Libertären aufmerksam verfolgt wird, da es doch 'zeigen soll', das 'nach dem staaltichen Zusammenbruch' die die Menschen IMMER UND AUSSCHLIEssLICH aufeinander los gehen und sich gegenseitig morden. Das gigantische finanzielle Mittel in solche Produktionen gesteckt werden, zeigt sich einen "Bedarf" an)

Das ist viel zu lustig, um nicht darauf zu antworten. Also: Ja, ich hab schon mal einen oder zwei Zombiefilme gesehen, aber meine Leidenschaft ist es nicht. Zu viele Ungereimtheiten, z.B.: Warum fressen die Zombies sich nie gegenseitig? Das regt mich jedes Mal auf. Da ist doch noch Fleisch dran! Aber teilweise gutes Popcornkino. Und klar ist da ein Bedarf: Der Mensch im Ringen mit einer feindlichen und unberechenbaren Umwelt, das ist eine der Urerzählungen der Menschheit. Neu verpackt, gute Grafik, joa, kann man sich zwischendurch mal geben.

Gandalf hat geschrieben:Die nicht-eingetragenen Vereine waren und sind die Stütze einer liberalen Gesellschaft, die auf Eigeninitiative baut.

Wer hat jetzt nochmal genau was gegen Vereine gesagt?

Gandalf hat geschrieben:Bolschewikipedia

Das größte private spendenfinanzierte kollaborative freiwilligkeitsbasierte und superleicht für alle Menschen mit Internetanbindung zugängliche Werk der Menschheit. Das ist der Titel, den du ihm gibst? Du musst echt in einer tristen Welt leben.

Gandalf hat geschrieben:Genauso wie meine Vorfahren Selbstschutzgruppen gebildet haben (Freiwillige Feurewehren) oder Straßen und 'private Wasserleitungen' gebaut haben, - die mittlerweile durch die fusionierten Kommunen enteignet wurden, weil man die Wasserversorgung in einen (Stadtwerke-) GmbH überführt hat. (Das lamentieren über die "böse Privatisierung des Wassers"allerorten ist also regelmäßig eine Farce.)

Du erwartest nicht, dass ich zu Fällen, von denen ich keine Ahnung habe(n kann), irgendwas sagen werde, oder?

Gandalf hat geschrieben:Ich habe leider keine Statistik gefunden wieviele nicht-e.V.' es in D gibt. Aber ich gehe nicht davon aus, das es ein "irregulärer Spezialfall" ist, sondern vermute her, dass Du so sehr und so nah an den Zitzen staatlicher Nährlösungen hängst, die wie Pilze auf dem Mist knospen und mangels Abstand deshalb den Überblick verloren hast.

Ich treibe z.B. gerade im Rahmen eines nicht-e.V. ein privates Sportprojekt im niedrigen fünfstelligen Eurobereich voran, und nein, staatliche Förderung gibt's dafür wirklich nicht. Nicht immer glauben, dass Andere ihre von deiner Meinung abweichende Meinung nur deshalb haben, weil sie irgendjemand dafür bezahlt. Paranoia ist ein ganz schlechter Ratgeber, weil sie einem erzählt, man habe alles und jeden durchschaut, und das ist erfahrungsgemäß fast immer falsch.

Gandalf hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:So sind "Freie" beispielsweise davon abhängig, sich gegenseitig als Freie anzuerkennen.

Freiheits- und Menschenrechte sind stets (natürliche) Abwehrrechte. Die hat ein jeder Mensch, - unanbhängig davon ob Du oder irgendjemand anders sie anerkennen mag.

Du kannst jemandem noch so viele Freiheitsrechte zuschreiben, wie du willst, das macht ihn nicht zu einem Freien.

Gandalf hat geschrieben:Freiheitsrechte sind abstrakt und damit nicht positiv zu definieren - und so ist es für die Gegner stets leicht sie anzugreifen.

Newsflash: Sachen, die sich als leicht angreifbar erweisen, haben sich im Laufe der Evolution als nicht dauerhaft bestandsfähig erwiesen. Kannst ja mal als Gazelle zum Löwen gehen und dem anbieten, arbeitsteilig zu antworten. Da sagt der dir "Machen wir doch schon, du machst die Arbeit und ich krieg die Teile" (sorry, war'n ganz mieser Kalauer) und das war's mit der Kooperation.
Ich weiß, dass Staat und Freiheit für dich nicht zusammen gehen, aber es hat seine Gründe, dass es sowohl bei Praktikern in der Politik als auch was die empirischen Befunde angeht einen breiten Konsens darüber gibt, dass die nachhaltige Sicherung und Durchsetzung von Freiheitsrechten an den Aufbau starker Institutionen im Rahmen von "good governance" gebunden ist.

Gandalf hat geschrieben:Homöostase - ein 'lebendes System' also, das Du mit Deinem statischen Schubladendenken nicht erfassen kannst.

Zwei Punkte:
1. Du hast meine Behauptung, dass minimalorganisierte Vereine nicht über Dorfvereinsgröße hinauskommen, überhaupt nicht angesprochen. Wenn es doch jemand versucht, dann kommt etwas heraus wie bei den Piraten. Oder wie bei Occupy. Riesige Menschmassen, ein Gefühl der Transzendenz und Verbundenheit und dann bricht das ganze mangels Superstruktur wieder schnell zusammen, ohne irgendwas zu erreichen. Ausnahmen sind Revolutionen, aber da geht es immer nur darum, genug Momentum für die Zerstörung einer bestehenden Ordnung zu mobilisieren, im Nachhinein übernehmen dann trotzdem wieder gut organisierte Eliten die Macht.
2. Planbarkeit kann ein solches Umfeld nicht schaffen, wird aber für größere Investitionen eigentlich immer benötigt.

Gandalf hat geschrieben:Auf Staat und die Gesellschaft bezogen: Ich fände es gut wenn das System ständig zwischen Anarchie und Minarchie oszilliieren würde. Keiner würde zu mächtig - und das Individuum könnte sich durch Erfahrung und nicht durch Angstmache weiter entwickeln.

Ja... kannst du das bitte irgendwo anders umsetzen? Das wäre sehr rücksichtsvoll von dir. Ich mag meinen Rechtsstaat und meine Polizei und meine Verwaltung und meinen Sozialstaat, auch wenn ich mich oft über ihn ärgere. Ist aber auf jeden Fall besser als das T(r)ollhaus, das dir da vorschwebt (bzw. sicherlich nicht vorschwebt, aber entstehen würde, setzte man so eine Vision um. Die Leute würden schnell Hurra rufen, wenn wieder einer käme, der die Komplexität der Wirklichkeit reduziert und ihnen einen Orientierungs- und Ordnungsrahmen bereitstellt. Dass du dauernd über Dorfvereine und Dorfbäcker redest, ist eventuell auch Ursache eines blinden Flecks bei dir, weil Dorfgemeinschaften mit ihrer hohen sozialen Kontrolle viele Güter wie z.B. die soziale Kontrolle, die die Einhaltung einer häufig recht rigorosen lokalen Sozialordnung garantiert, implizit bereitstellen, die aber in größeren Verbänden nicht mehr derart automatisch generiert werden können - und schon gar nicht auf eine Weise, die sich so natürlich anfühlt, dass man gar nicht mehr immer merkt, dass man in seinem Verhalten stark von einer bestehenden Ordnung mitgelenkt wird. Daher ist Darth Nefarius' Bild des Dorfes als Mini-Überwachungsstaat nicht ganz verkehrt und genau dieses Phänomen verhindert auf kleiner Dorfebene, dass es zu den Problemen, mit denen sich komplexere Gesellschaften herumschlagen, überhaupt nicht erst kommt. Man sieht diese Regelungsbedürfnisse vielleicht weniger, wenn man sich nicht permanent in einem (groß)städtischen Umfeld bewegt. Nur so als Denkanstoß, dass deine Vision da vielleicht zu sehr von deinem persönlichen Umfeld aus auf das große Ganze geschlossen ist).

Gandalf hat geschrieben: Anrchie, basiert immer auf 'Eigentumsrechten'! ..am eigenem Körper - und dem was man vermittels Einsatz von Körper und Geist rechtmäßig erworben hat. Egal aob als Individuum oder als Gruppe. Da die Piraten in Somalia auf Raub aus sind, Eigentumsrechte an Leib und Vermögen nicht achten, sind sie keine Anarchisten, sondern eine Mafiaorganisation. Mehrere solcher rivalisierenden Gruppen ergeben dann die Anomie.

Ja, und genau deshalb geht jede Anarchie so leicht in eine Anomie über. Es muss nur einer kapieren, dass er seinen Gewinn vervielfachen kann, wenn zehn Leute unterjocht. Das, was Zwei erwerben, wird allen Zehn zum Überleben gegeben, das was nochmal Zwei überleben, wird einem Elften gegeben, der sich davon eine Knarre kauft und auf die anderen zehn armen Schweine aufpassen darf. Die restlichen sechs Teile gehen in den Palast, wo der Anführer mit der noch größeren Knarre sitzt. Wozu erst lang Arbeit leisten und tauschen, wenn man den schnellen, effektiven Umweg gehen kann? Und irgendeiner kapiert das aber so was von schnell, das ist eine sichere Wette. Genau dann beginnt der Prozess, den wir in der Menschheitsgeschichte schon unzählige Male hatten, nämlich, dass Leute hochrüsten, sich zu Kollektiven zusammenschließen, diese Kollektive gemeinschaftlich finanzieren müssen (die Geburt der Steuern), usw... kennst die Geschichte ja. Es ist egal, wenn 90% der Menschheit für eine Anarchie nach deiner Vorstellung geeignet wären (ich denke eher <1%), es reicht, wenn nur einige wenige in einer einmal erreichten Anarchie den Geist der Herrschaft wieder aus der Flasche lassen. Dass alle kapieren, dass der freie Gütertausch für alle das Beste wäre, kannst du mal gleich vergessen, so homogene Überzeugungen wirst du nie in irgendeiner Gesellschaft finden und als allerletztes in einem Gesellschaftsmodell, das auf Pluralität ausgelegt ist. Irgendwo laufen immer ein paar Schwache und Orientierungslose herum, die sich für einen Raubzug auf die Bessergestellten gewinnen lassen, und auch Schwache werden stark, wenn sie sich organisieren bzw. von einer Elite effektiv gemandaged werden. Ein oder zwei Mal und mit der Hilfe von Söldnern sind solche Bedrohungen für privatwirtschaftlich organisierte Siedlungen vielleicht abzuwehren, aber die grundlegende Dynamik, die damit in Gang gekommen ist, dass hierarchisch organisierte Gewaltorganisationen in der Welt sind, kriegst du in einer Anarchie nicht mehr in den Griff, und zwar deshalb, weil die Anarchie eine Anarchie ist: Es gibt keine Institutionen, die gleichzeitig ausreichend ermächtigt und organisiert genug sind, um so einer Bedrohung wirksam zu begegnen. Überdies bist du mit dem typischen Problem asymmetrischer Bedrohungen konfrontiert: Ein Gegner muss nur wenig tun (Machtprojektion und Androhung von Gewalt reicht vollkommen aus, da muss kein einzelner Tropfen Blut fließen), um dein anarchisches Gesamtsystem in Bewegung zu versetzen, d.h. entweder geht es schnell und das Anarchische ist zugunsten von Sicherheitsapparaten mit robustem Mandat schnell verschwunden oder eine so massive Mittelbindung in Sicherheitsdienste muss erfolgen (9/11-Effekt), dass kollektive Zwangsabgaben zur Finanzierung früher oder später nicht mehr ausbleiben. Und das reicht als Keim der Staatlichkeit, der nur an einem von tausend Orten der Welt aufgehen muss und dann von dort aus territorial expandiert.

Gandalf hat geschrieben:ja, der Thermostat meiner Heizung funktioniert so - Die Preisbildung in der Natur - NICHT! Ganz einfach deshalb, weil Du NIE alle Parameter erfasen kannst und NIE alle erforderlichen Berechnugnen druchführen kannst

Äh... wo hab ich nochmal genau von Fünfjahresplänen und Festpreisen gesprochen? Ich hab nur gesagt, dass zentrale Regelungseingriffe nicht per definitionem zum Scheitern verurteilt sein müssen, weil man ja nachregeln kann.

Gandalf hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Und die letzten 10.000 Jahre Zivilisation haben beschleunigste Entwicklung mit beschleunigter Zunahme des Organisationsgrades bedeutet, nicht andersherum. Man kann mit großer Berechtigung an staatlichen Eingriffen viel kritisieren, aber die Grundthese, die du da präsentierst, hat keinen Realitätsbezug (nur reinsteigern kann man sich gut ;-) ).

Auch hier birngst du wieder vieles ducheinander in Deinem Schubladenbekenntnis. Aber ohne jetzt nochmal alles aufdröseln zu wollen: Wie erklärst Du dir, das man erst seit ca. 200 Jahren eine realistische Chance hat, die immer noch zunehmend eBevölkerung auf der Erde zu ernähren?

Ich würde annehmen, die Lernphase der vorhergehenden 9.800 Jahre hatte vermutlich etwas damit zu tun. ;-)

Gandalf hat geschrieben:Ist dir überhaupt der Unterschied zwischen verbrecherischen Gedanken und Verbrechen bewusst?

Der, den du dir ausgedacht hast, damit deine Privatdefintionen passen? Nö. Sollte er?

Gandalf hat geschrieben:Ein Verbrechen ist eine moralische Kategorie (also ein 'praktisches Handlungsmuster' ) - ein Gedanke ein Bereich der Ethik (also u.a. der Religion). Dies widerum bewusst durcheinander zu bringen - ist verbrecherisch.

Wenn ich das semantisch richtig zusammen setze, sagst du gerade, dass ein Gedanke nicht verbrecherisch sein kann, weil ein Verbrechen immer Praxis und nicht Überlegung ist. Der Ausdruck "verbrecherischer Gedanke" ergibt vor diesem Hintergrund überhaupt keinen Sinn mehr, sondern ist ein Selbstwiderspruch, und ich frage mich, warum du ihn dann verwendest.

Gandalf hat geschrieben:Oft stelle ich aber auch dort ein gewisses Schubladendenken fest, das zu keiner Emergenz führt.

Ich glaube ja, dass Menschen sich einfach nur durch die Anzahl ihrer inneren Schubladen unterscheiden, nicht durch deren An- oder Abwesenheit.
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Gandalf » Mo 16. Dez 2013, 20:48

Nanna hat geschrieben:Du sagst ja auch in diesem Beitrag selbst, dass du ein "Oszillieren zwischen Anarchie und Minarchie" optimal fändest, also wie soll ich dich und deine Person anders klassifizieren?

...als einen Suchenden..

Nanna hat geschrieben:. Zu viele Ungereimtheiten, z.B.: Warum fressen die Zombies sich nie gegenseitig? Das regt mich jedes Mal auf. Da ist doch noch Fleisch dran!

Abgesehen davon, dass Du hier wohl bewusst an meiner Intention vorbeigehst, weswegen ich zu dieser Bemerkung kam. Das passt schon und ist keine Ungereimtheit: Seelenlose trachten danach Lebendige auszubeuten.
Nanna hat geschrieben:
Gandalf hat geschrieben:Die nicht-eingetragenen Vereine waren und sind die Stütze einer liberalen Gesellschaft, die auf Eigeninitiative baut.

Wer hat jetzt nochmal genau was gegen Vereine gesagt?

Du - negierst ihre Organisationsform, die eine Anarchie ist.


Nanna hat geschrieben:
Gandalf hat geschrieben:Bolschewikipedia

Das größte private spendenfinanzierte kollaborative freiwilligkeitsbasierte und superleicht für alle Menschen mit Internetanbindung zugängliche Werk der Menschheit. Das ist der Titel, den du ihm gibst? Du musst echt in einer tristen Welt leben.


sorry erst mal, das ich Dich hier (unbeabsichtigt) auf's Glatteis geführt habe, worauf Du ein fulminantes Eigentor schießt. Ich meinte mit 'Bolschewikipedia' ausschließlich 'die deutsche' Wikipedia und habe gedacht, dass Du um die Unterschiede zur originären, angelsächsischen weist.

Fulminantes Eigentor deshalb: Wikipedias wurde von 'Jimmy Wales' gegründet. Wikipedia dazu:
Political and economic views
Wales in June 2008
Wales is a self-avowed Objectivist,[69] referring to the philosophy invented by writer Ayn Rand in the mid-20th century emphasizing reason, individualism, and capitalism.

When asked by Brian Lamb about Rand's influence on him in his appearance on C-SPAN's Q&A in September 2005, Wales cited integrity and "the virtue of independence" as important to him personally. When asked if he could trace "the Ayn Rand connection" to having a political philosophy at the time of the interview, Wales labeled himself a libertarian, qualifying his remark by referring to the United States Libertarian Party as "lunatics" and citing "freedom, liberty, basically individual rights, that idea of dealing with other people in a matter that is not initiating force against them" as his guiding principles.[13] An interview with Wales served as the cover feature of the June 2007 issue of the libertarian magazine Reason.[12] In that profile, he described his political views as "center-right".

In a 2011 interview with The Independent, he expressed sympathy with the Occupy Wall Street and Occupy London protesters, saying, "You don't have to be a socialist to say it's not right to take money from everybody and give it to a few rich people. That's not free enterprise."[81]


..und mehr AnaCap wie bei Ayn Rand geht gar nicht :santagrin:

Wenn Du also dieses "monumentale WErk" namens Wikipedia als das "Das größte private spendenfinanzierte kollaborative freiwilligkeitsbasierte und superleicht für alle Menschen mit Internetanbindung zugängliche Werk der Menschheit. " bezeichnest - feierst Du Das Werk eines Anarcho(-Kapitalisten) und glühenden Ayn Rand Anhängers - der nach seinen Verlautbarungen seine Kraft aus ihren Werken gezogen hat ..und um diese Motivation geht es ja hier .. :applaus:

Dazu (leider) im Gegensatz dazu die (auf dem Gebiet der Politologie) degenierte 'typisch deutsche' Variante: Es haben sich (linke) Möchtegern-Demagogen dieses Werkes bemächtigt: http://deutsche-wirtschafts-nachrichten ... n-meinung/
Es scheint sogar so zu sein das manche als Editoren auftretende "GenderInnen und linken Feminister" noch nicht mal auf's Klo gehen, um andere zuzumüllen oder sperren zu können, wenn sie es wagen ihre pseudowissenschaftlichen Ergüsse und gegenseitigen Lobhudelungen zu hinterfragen. Es scheint sich also hier um (vom Sozialstaat) bezahlte Gruppen zu handeln, die mit unendlich viel Zeit bewaffnet und rundum versorgt die ursprüngliche, Eigenintitiative und Wettbewerb basierende Idee systematisch kaputt machen. Ohne diese staatliche Stütze würde es diese Plünderer dessen, was andere erschaffen haben, gar nicht geben. Warum sollte man auch noch für ein systematisch links-gescheiteltes Agit-Prop-Werk dann auch noch freiwillig Spenden?


Nanna hat geschrieben:Du kannst jemandem noch so viele Freiheitsrechte zuschreiben, wie du willst, das macht ihn nicht zu einem Freien.

Wenn er die Möglichketi hat, sich verteidigen zu können (physisch oder psychisch) dann schon.

Nanna hat geschrieben:
Gandalf hat geschrieben:Freiheitsrechte sind abstrakt und damit nicht positiv zu definieren - und so ist es für die Gegner stets leicht sie anzugreifen.

Newsflash: Sachen, die sich als leicht angreifbar erweisen, haben sich im Laufe der Evolution als nicht dauerhaft bestandsfähig erwiesen.

Unsinn. Die Evolution wird u.a. durch Viren und anderes Zeugs im Konkurrenzkampf um Ressourcen angetrieben. Ohne diesen 'Wettbewerbsdruck' würde es auch Dich nicht geben und Du könntest keine Familie gründen.
Nanna hat geschrieben:Kannst ja mal als Gazelle zum Löwen gehen und dem anbieten, arbeitsteilig zu antworten. Da sagt der dir "Machen wir doch schon, du machst die Arbeit und ich krieg die Teile" (sorry, war'n ganz mieser Kalauer) und das war's mit der Kooperation.

ja.. mieser Kalauer

Nanna hat geschrieben:Ich weiß, dass Staat und Freiheit für dich nicht zusammen gehen, aber es hat seine Gründe, dass es sowohl bei Praktikern in der Politik als auch was die empirischen Befunde angeht einen breiten Konsens darüber gibt, dass die nachhaltige Sicherung und Durchsetzung von Freiheitsrechten an den Aufbau starker Institutionen im Rahmen von "good governance" gebunden ist.

Ich habe doch nun bereits mehrfach gesagt, wie Staat und Freiheit zusammen gehen, auch wenn Du immer und imemr wieder das Gegenteil behauptest. Juristische Personen lassen sich aus verscheidenen Gründen nicht immer vermeiden. - Aber wenn sie da sind, müssen sie sich ständig und immer wiedeer auf's neue hinterfragen lassen. Das wohl schärfste Mittel zur Begrenzung zentralstaatlicher (All-)Machtansprüche wäre wohl das (Grund-)Recht auf Sezession. (Was wohl bald in der EU exerziert werden wird. Die Erfolge sind schon jetzt spübar. Die Allmachtsfantasierer zeigen Nerven und lassen ihre Masken fallen)

Nanna hat geschrieben:Zwei Punkte:
1. Du hast meine Behauptung, dass minimalorganisierte Vereine nicht über Dorfvereinsgröße hinauskommen, überhaupt nicht angesprochen.

..ich kenne viele (nicht eingetragene Vereine), die 'weit über Dorfgröße' organisiert sind. Der größte Verein von Dorflümmeln dieser Art dürfte die SPD sein. Im übrigen scheint für Dich 'Größe' auffälligerrweise ein Qualtitätsmerkmal an sich zu sein? ..woher kommt das?

Nanna hat geschrieben: Wenn es doch jemand versucht, dann kommt etwas heraus wie bei den Piraten. Oder wie bei Occupy. Riesige Menschmassen, ein Gefühl der Transzendenz und Verbundenheit und dann bricht das ganze mangels Superstruktur wieder schnell zusammen, ohne irgendwas zu erreichen. Ausnahmen sind Revolutionen, aber da geht es immer nur darum, genug Momentum für die Zerstörung einer bestehenden Ordnung zu mobilisieren, im Nachhinein übernehmen dann trotzdem wieder gut organisierte Eliten die Macht.


Wenn es tatsächlich so wäre, würden wir immer noch im Feudalsystem leben unter Fürsten mit absolutistischer Macht. ist es so? - Nein. Daher ist Dein "Menetekel" nichts anderes als klappern im Wald, um nicht selbst Verantwortung in einer solchen, auf Freiwilligkeit basierenden Struktur übernehmen zu müssen. Du solltest etwas Dankbarkeit gegenüber denjenigen zeigen, die sich in den vergangen Jahrhunderten für Deine Freiheitsrechte geopfert haben, die Du jetzt genießt, - indem Du 'mit über dieses Geschenk wachst', für das andere mit Blut und Tränen bezahlt haben.
Nanna hat geschrieben:2. Planbarkeit kann ein solches Umfeld nicht schaffen, wird aber für größere Investitionen eigentlich immer benötigt.

Hab ich doch bereits gesagt!? Eigentumsrechte machen überhaupt erst eine Plan möglich!
Nanna hat geschrieben:. Nur so als Denkanstoß, dass deine Vision da vielleicht zu sehr von deinem persönlichen Umfeld aus auf das große Ganze geschlossen ist.

Ist es nicht. Und auch das habe ich beretis unzählige male gesagt, bzw begründet: 'Spontane Ordnungen' enstehen nicht deswegen, weil man vom besonderne auf' Allgemeine schließt, - sondern sind Ausdruck einer Deduktion; - eine emergente Eigenschaft komplexer Systeme. Und nochmal: Warum konnten unsere Vorfahren überhaupt staatliche Ordnungen und Herrschaftsstrukturen aufbrechen, wenn die doch angeblich so stabil sind? Warum funktioniert (auch der "minimale") Faschismus erwiesenermaßen nicht, ohne Menschen Gewalt anzutun?
Nanna hat geschrieben:Ja, und genau deshalb geht jede Anarchie so leicht in eine Anomie über. Es muss nur einer kapieren, dass er seinen Gewinn vervielfachen kann, wenn zehn Leute unterjocht.

Komisch - warum ist mir das bei den Vereinen, die ich kenne, noch nie eingefallen? Du bringst mich vielleicht auf Gedanken... :lachtot:

Nanna hat geschrieben:Das, was Zwei erwerben, wird allen Zehn zum Überleben gegeben, das was nochmal Zwei überleben, wird einem Elften gegeben, der sich davon eine Knarre kauft und auf die anderen zehn armen Schweine aufpassen darf. Die restlichen sechs Teile gehen in den Palast, wo der Anführer mit der noch größeren Knarre sitzt. Wozu erst lang Arbeit leisten und tauschen, wenn man den schnellen, effektiven Umweg gehen kann? Und irgendeiner kapiert das aber so was von schnell, das ist eine sichere Wette. Genau dann beginnt der Prozess, den wir in der Menschheitsgeschichte schon unzählige Male hatten, nämlich, dass Leute hochrüsten, sich zu Kollektiven zusammenschließen, diese Kollektive gemeinschaftlich finanzieren müssen (die Geburt der Steuern), usw... kennst die Geschichte ja.


Ja, ich kenne diese (Mafia-)Geschichten- und Filme. So hat das bis vor. ca. 200 Jahren regelmäßig funktioniert. Mit Beginn des Manchesterliberalismus traten jedoch die Herkunft, der Stand, das Erbe (Leibeigenschaft) - und die mafiösen Beziehungen immer mehr in den Hintergrund. Mit dem Recht Eigentum haben und erwerben zu können, zählten ausschließlich nur individuelle Fahigkeiten und persönlicher Fleiß - mit anderen Worten, die Geschichte ist völlig anders und konträr zu dem abgelaufen was Du hier zusammenreimst. (und Steuern und Zwagsabgaben gab es schon vor dem Zusammenschluß zu arbeitsteiligen Kollektiven. Sie gab und gibt es dort, wo Gewalt existiert)

(und auf die fortfolgenen Wiederholungen von gleichgerichteten Tatsachenverdrehungen von wegen nicht funktionierender oder nicht-entstehen könnender herrschaftsfreier Organisatiosnform gehe ich jetzt nicht mehr ein - irgendwann ist mal Schluss. Du benimmst Dich so wie ein Kritiker eines Elektromotors, von dem Du einmal gehört hast, das dieser generellen Leistungsverlusten unterliegt und deshalb jede Arbeit zur Minimierung von Leistungsverlusten von vorne herein vergebliche Mühe wäre, da diese "sowieso nicht auszumerzen sind". ..auch hier - bezüglich den Motoren, die die Welt antreiben, - könntes Du was von Jimmy Wales bzw. Ayn Rand lernen)

Nanna hat geschrieben:Äh... wo hab ich nochmal genau von Fünfjahresplänen und Festpreisen gesprochen? Ich hab nur gesagt, dass zentrale Regelungseingriffe nicht per definitionem zum Scheitern verurteilt sein müssen, weil man ja nachregeln kann.

..und ich hab gesagt: Was nutzt das beste Heizungssteuerprogramm, wenn in diesem die Fensterfläche der Wohnung und die Himmelsrichtung ..und und und .. nicht berücksichtigt ist?

Nanna hat geschrieben:Ich würde annehmen, die Lernphase der vorhergehenden 9.800 Jahre hatte vermutlich etwas damit zu tun. ;-)

..und? was hast DU daraus gelernt?


Nanna hat geschrieben:Wenn ich das semantisch richtig zusammen setze, sagst du gerade, dass ein Gedanke nicht verbrecherisch sein kann, weil ein Verbrechen immer Praxis und nicht Überlegung ist.

Richtig - das Ergebnis einer Handlung ist eine 'Wirkung' - Ein Gedanke hat hingegen keine, - wenn keine Handlung folgt. Zumal in einem bewussten Menschenverstand stets ein Bündel sich widersprechender Gedanken miteinander in Wettstreit liegen und auch unbewusste Berechnugen durchgeführt werden, - bis eine Handlung erfolgt

Nanna hat geschrieben: Der Ausdruck "verbrecherischer Gedanke" ergibt vor diesem Hintergrund überhaupt keinen Sinn mehr, sondern ist ein Selbstwiderspruch, und ich frage mich, warum du ihn dann verwendest.

Inwiefern ist es ein Widerspruch, das Gedanken keine Wirkungen sind, sondern nur welche vermittels Handlung haben können?

Nanna hat geschrieben:Ich glaube ja, dass Menschen sich einfach nur durch die Anzahl ihrer inneren Schubladen unterscheiden, nicht durch deren An- oder Abwesenheit.


Zu guter Letzt sind wir also wieder vollkommen konform :up: Ich glaube nämlich auch, das Emergenzen sich allein durch die Anzahl von von möglichen Universen im Mulitversum unterscheiden.
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 18. Dez 2013, 15:31

Gandalf hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Du sagst ja auch in diesem Beitrag selbst, dass du ein "Oszillieren zwischen Anarchie und Minarchie" optimal fändest, also wie soll ich dich und deine Person anders klassifizieren?

...als einen Suchenden..

Wie tiefsinnig! :erschreckt: Alle anderen sind natürlich nur faschistoide, seelenlose Deppen, oder?
Gandalf hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:
Gandalf hat geschrieben:Die nicht-eingetragenen Vereine waren und sind die Stütze einer liberalen Gesellschaft, die auf Eigeninitiative baut.

Wer hat jetzt nochmal genau was gegen Vereine gesagt?

Du - negierst ihre Organisationsform, die eine Anarchie ist.

:lachtot: :lachtot: :lachtot: Vereine sollen eine Anarchie sein? Es spielt also keine Rolle, dass es auch in Vereinen eine Hierarchie gibt, dass sich die meisten Mitglieder in den Vereinen ihr Geld zum Leben woanders herholen, dass diese Vereine wohl kaum außerhalb der Infrastruktur und der Sicherheit des Staates überleben könnten?
Der Rest ist es nicht wert, darauf zu antworten - nur der letzte Satz hier zeigt schon, dass hier jemand, der sein ganzes Leben wahrscheinlich in einem Kaff verbracht hat, glaubt, er könne die Probleme der Welt mit Provinzpolitik lösen.
Ich habe übrigens den Verdacht, dass die meisten Anarchiebefürworter nie selbst erlebt haben, wie das Leben ohne Staat ist - sie haben nie einen Zusammenbruch erlebt, sind wahrscheinlich in sicheren Verhältnissen aufgewachsen und spucken auf genau das, was ihren Wohlstand erst ermöglichte. Diese Ignoranz einer gut behüteten Generation scheint auch oft ein Problem von Migrantenkindern zu sein, deren Eltern zurecht versuchten aus einem abartigen, vielleicht sogar religiös-fundamentalistischen System zu entkommen - und ihre Kinder glauben in ihrem verwöhnten Leben, dass genau dieer Fundamentalismus die Lösung aller Probleme wäre. Ich will jetzt nicht einen auf Sarrazin machen; ich meine auch nicht, dass dies grundsätzlich oder mehrheitlich so passieren würde, aber es ist ein Phänomen, das auffällig ist und sollte nur ein Beispiel sein für gesellschaftliche Rückschritte aufgrund von Ignoranz, die auf jeder gesellschaftlichen Ebene (sobald sie erstmal wohlhabend genug ist) und in jedem Millieu zu finden sind. Religion eignet sich nur eben in vielen Fällen als gutes Beispiel dafür: Auch in der ehemaligen Sowjetunion sind jetzt plötzlich alle lammfromm, ohne zu sehen, wie dieser Erzkonservativismus nur Rückschritte hervorruft.
Ein weiteres Beispiel wären die verschiedenen arabischen Revolutionen, die zwar einerseits Diktatoren stürzten, jetzt aber andererseits diese wiederum durch religiöse Diktatoren ersetzen.
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon provinzler » Mi 18. Dez 2013, 20:21

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich habe übrigens den Verdacht, dass die meisten Anarchiebefürworter nie selbst erlebt haben, wie das Leben ohne Staat ist - sie haben nie einen Zusammenbruch erlebt, sind wahrscheinlich in sicheren Verhältnissen aufgewachsen und spucken auf genau das, was ihren Wohlstand erst ermöglichte.

Sagen wir eher den Resten dessen, was diesen Wohlstand ermöglichte. Wir sind seit längerem auf dem absteigenden Ast. Wir regeln zwar, welche Krümmung Gurken haben dürfen, und bald wirds auch noch eine ausführliche Vorschrift über die korrekte Sitzhaltung aufm privaten Klo geben (inkl. einer Liste amtlich zertifizierter Klolektüren), aber gleichzeitig lassen wir zu, dass Kinder in unsren Schulen zusammengeschlagen werden, Schutzgelder zahlen müssen oder noch schlimmeres (und zwar nicht nur in den sogenannten "Brennpunkten"!) und sich die Unterrichtsvollzugsbeamten so verhalten wie die berühmten drei Affen (Nix sehen, nix hören, nix sagen), ohne dass das für die weitere Karriere dieser Leute irgendwelche Konsequenzen hätte. Wenn du mich als Minarchisten fragen würdest, was ich für essentielle Staatsaufgaben halte, wären meine ersten Antworten "innere und äußere Sicherheit". Da aber unser Staat längst die meiste Energie der Bekämpfung einer qua statistischer Definition unbesiegbaren Armut, Muschiquoten in Aufsichtsräten und Gurkenkrümmungen widmet, fehlen letztlich die Ressourcen für die elementarsten Dinge eines funktionierenden Gemeinwesens. Gurkenkrümmungen und Aufsichtsratsbesetzungen erfordern keine Intervention (außer natürlich aus Perspektiver derjenigen, die damit gewaltsam Wettbewerber ausschalten wollen), Gewaltanwendung zu unterbinden ist aus meiner Sicht allerdings elementar.
Und ich vermute schwer, dass unser Staat auch genau daran scheitern wird, dass er sich zuviel in irgendwelchen Nebenschauplätzen verzettelt, und das Elementare darüber vernachlässigt...
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Darth Nefarius » Do 19. Dez 2013, 11:47

provinzler hat geschrieben:Wir sind seit längerem auf dem absteigenden Ast. Wir regeln zwar, welche Krümmung Gurken haben dürfen, und bald wirds auch noch eine ausführliche Vorschrift über die korrekte Sitzhaltung aufm privaten Klo geben (inkl. einer Liste amtlich zertifizierter Klolektüren), aber gleichzeitig lassen wir zu, dass Kinder in unsren Schulen zusammengeschlagen werden, Schutzgelder zahlen müssen oder noch schlimmeres

Wenigstens gibt es noch einen Ast, solange der Staat existert. Es gibt genug historische Beispiele von kurzfristigen Anarchien während größerer Umbrüche - Massenmord, Arbeitslosigkeit, manchmal auch Krieg waren die Folge. Ist dir eigentlich aufgefallen, dass nach diesen Umbrüchen die Menschen sich immer für Diktaturen entschieden haben - endgegen ihrer Ideale zu Zeiten der Revolutionen? Das liegt daran, dass Armut und Angst vor dem Tod jeden Idealismus wegspült und einen nur noch auf Sicherheit hoffen lässt.
Keine Ahnung, von welchen Schutzgeldern du redest - wenn überhaupt wird das nur von denen verlangt, die wahrscheinlich sowieso mehr als genug haben. Natürlich musst du da nicht mitspielen und kannst deinem Kind beibringen, sich zu verteidigen. Falls du nur allgemein von Mobbing und schlägereien sprichst, dann weiß ich, was du meinst. Ja, in den Schulen herrscht aufgrund der Feigheit der Lehrer Anarchie - wie würde es erst aussehen, wenn das überall so wäre? Ich hatte Glück im Unglück, weil ich offensichtlich trotz meines scheinbar einladenden Aussehens immer die anderen grün und blau schlagen konnte, wenn sie es bei mir versuchten. Soetwas zehrt an den Nerven und bringt einem (neben der weiteren Lebensgeschichte) bei, dass Anarchie kein angenehmes Leben bedeutet.
provinzler hat geschrieben:Wenn du mich als Minarchisten fragen würdest, was ich für essentielle Staatsaufgaben halte, wären meine ersten Antworten "innere und äußere Sicherheit". Da aber unser Staat längst die meiste Energie der Bekämpfung einer qua statistischer Definition unbesiegbaren Armut, Muschiquoten in Aufsichtsräten und Gurkenkrümmungen widmet, fehlen letztlich die Ressourcen für die elementarsten Dinge eines funktionierenden Gemeinwesens.

So mag es den Anschein haben, aber wir sind nicht in Italien und haben nicht mit einer großen Mafia in der Politik und Religion zu kämpfen. Deutschland gilt als ein relativ korruptionsfreies Land und folglich ist die Sicherheit kein Thema - sie besteht in ausreichendem Rahmen. Wenn ein Problem quasi geregelt ist, redet natürlich niemand mehr darüber: Wenn es keinen absolutistischen Monarchen gibt, ärgert sich niemand über dessen Willkür; wenn Wirkstoffe wie Proteaseinhibitoren oder Transkriptasehemmer die Lebenserwartung von HIV-positiven Menschen in westlichen Ländern fast auf Normalniveau bringt, verliert die Gesellschaft auch das Interesse; wenn es keine nennenswerte Mafia gibt, redet auch keiner über sie. Ich würde dir recht geben, wenn ich auf der Straße Willkür, Erpressung und Gewalt sehen würde (und ich lebe in einer Großstadt) - das ist aber nicht der Fall. Krieg will auch keiner mit uns anfangen, was wohl bedeutet, dass der Auftrag "innere und äußere Sicherheit" erfüllt wird.
provinzler hat geschrieben:Und ich vermute schwer, dass unser Staat auch genau daran scheitern wird, dass er sich zuviel in irgendwelchen Nebenschauplätzen verzettelt, und das Elementare darüber vernachlässigt...

Es scheint mir eher eine logische Entwicklung zu sein, eine Analogie: In den Naturwissenschaften ist Grundlagenforschung eher selten geworden, da quasi alles bekannt ist. Es kommt nur noch auf besondere Details an, darauf eine besondere Verbindung zu finden, die xyz beeinflusst oder die atomare Struktur von abc aufzuklären. Der Aufwand zusammen mit dem benötigten Geld steigt exponentiell an - und man erhält in den seltensten Fällen tatsächlich etwas nützliches. Aber auch da hat der Staat zur Kostenreduzierung beigetragen un die evidenzbasierte Medizin eingeführt - was bedeutet, dass es sich nur lohnt an etwas zu forschen oder etwas zu entwickeln (im Bereich der Medizin), das auch besser ist als aktuell vermarktete Präparate. Ich halte das für durchaus sinnvoll - und du kannst dir sicherlich vorstellen, wie teuer und nutzlos die Medizin wäre, wenn jedes Pharmaunternehmen nur ein Atom in einer Struktur austauschen müsste und wieder ein Patent hätte (teilweise ist es auch so, aber es ist eingegrenzt).
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