ganimed hat geschrieben:Ich behaupte nicht, "dass es eigentlich nichts zu verbessern gibt". Ich finde die Welt grässlich und würde mir viele Verbesserungen wünschen. Und hier kann ich den Begriff "Verbesserung" vielleicht am besten so definieren, dass ich sage: die Welt soll in Zukunft besser sein, als sie jetzt ist.
Was ich an dem Artikel und seinem Zielvorschlag (Verbesserung um 10%) logisch unsinnig finde, ist, dass nicht definiert wird, was mit "Verbesserung" gemeint ist und von was die 10% die 10% sind.
Wenn implizit gemeint sein sollte (was ich jetzt mal vermute), dass man mit der Ausgangsmenge das aktuelle Gut-sein des Menschen meint, und mit 10% Verbesserung meint man, dass der Mensch morgen also 110% gut ist, dann ist das ziemlicher Unfug.
Es sollte doch jeder für sich entscheiden, wo er 10% mehr tun möchte.
Es ist ja nicht so, dass man nicht mit Angeboten, was es zu tun gäbe, was man mal machen sollte, was bestimmt richtig wäre und so weiter, überschüttet wird.
Die Reaktion ist doch oft genug die, die stine auch zeigte: Sie weiß, wo sie bestimmt mehr machen könnte, aber das führt irgendwie zu einem Gefühl der Ohnmacht und der Überforderung und um das abzuwehren landen die einen in der Resignation, die anderen im Zynismus … weil's, so habe ich es auch schon öfter gehört, zuviel ist.
ganimed hat geschrieben:Aber was ist, wenn ich sowieso schon seit 5 Wochen von Frau Meier aus der Wohnung nebenan ausgeschimpft werde im gemeinsamen Hof.
Dann könntest Du versuchen, Deine Beziehung zu Frau Meier ein klein wenig zu verbessern, denn da liegt dann ja offenbar der Druck.
ganimed hat geschrieben:Will sagen: wir leben in einer Welt, in der tausende von Frau Meiers von allen Seiten auf uns einreden, wir tausende von Artikeln lesen (vielleicht nicht täglich, aber immerhin) und wir tausende von anderen Einflüssen bekommen. Zudem kaufen wir gar nicht jeden Tag 50 Flaschen, manchmal sind es nur 30 und manchmal bringen wir sie nicht selber in den Müll. Völlig unmöglich, da fundiert von 10% zu reden, oder überhaupt von "Verbesserung".
Von fundiert und genau definiert ist doch gar nicht die Rede, bewusst nicht.
Es geht ja gerade nicht darum, den Nervereien und Vorhaltung noch eine weitere hinzuzufügen, die uns haarklein vorrechnen, was wir alles falsch machen und warum die Welt untergeht, wenn wir nicht bis 2015 alle dies oder das tun. Statt dessen steht da doch:
„
Wer kann mitmachen?Jeder, der die Idee versteht und die ist wirklich leicht. Weltanschaulich gibt es keine Grenzen, ob Atheisten oder Gläubige, politisch Linke oder Rechte, arm oder reich, Veganer, Femistinnen und auch weltanschaulich ungebundene Individualisten, ich glaube jeder kann seinen moderaten Beitrag zum Gelingen eines etwas besseren Ganzen beitragen. Das dürfen ruhig mehr als
zehn Prozent werden, aber es ist ein bescheidener Ansatz, jeder kleine Beitrag bewirkt etwas.
Was genau soll ich machen?Was immer ihr wollt.
Euch selbst vertrauen an erster Stelle. Lasst euch was einfallen, es wird schon stimmmen. Wenn ihr ein gutes Gefühl dabei habt, dann wird das so falsch nicht sein. Schaut nicht 10 Jahre in die Zukunft (kein Mensch kann sagen, was in 5 Monaten ist), sondern macht heute irgendwas. Ruft ne Freudin an und fragt, wie’s ihr geht, hebt eine weggeworfene Flasche im Wald auf, schreibt ein paar nette Zeilen, da gibt es bestimmt was, von dem ihr denkt: “Eigentlich müsste man mal…” Macht es doch einfach. Nicht mit Brachialgewalt, immer mal wieder ein wenig.“
Quelle:
http://www.psyheu.de/6638/ein-bescheide ... n-prozent/ganimed hat geschrieben:„Man kann sich eine Verbesserungstendenz höchstens einbilden, einreden und vormachen. Was der Artikel also vorschlägt "verbessere dich, wenn du magst, um 10%" ist undefiniert und praktisch undefinierbar, weil a) die Art der Verbesserung nicht definiert ist und b) sie schon gar nicht messbar ist.“
Darum geht es ja offenbar gerade nicht, da der Reiz des Ansatzes darin bestehen könnte, es gerade nicht mit Breifwaage abzuwiegen:
„Die zehn Prozent sind ein Symbol, eine Idee. Wer sich radikaler ändern will, kein Problem, wer gerade nicht mal zehn Prozent hinbekommt, weil es ihm schlecht geht
oder er alle Kraft braucht, okay, dann geht es im Moment eben nicht.“
Quelle:
http://www.psyheu.de/6638/ein-bescheide ... n-prozent/ganimed hat geschrieben:Ich will behaupten, dass jeder, der von 10% redet bei etwas, wo man nie und nimmer Prozentzahlen benutzen kann, dass der gequirlten Unsinn redet.
Denke, das löst sich auf, wenn man dem Autor unterstellt, dass es ihm nicht um 10% geht, sondern um eine Idee, die man auch „Lieber wenig, statt gar nichts“ nennen könnte, wobei „wenig“ wohl nicht als Fehler betrachtet wird.
ganimed hat geschrieben:Und jeder, der darauf eingeht und sich vornimmt, wirklich mal so etwa 10% Verbesserung vorzunehmen, kann sich fast mühelos irgendeinen Unsinn zusammenrechnen, der zwar nicht stimmt, aber sich gut anfühlt und einem die Illusion vermittelt, zur Verbesserung der Welt beizutragen.
Ja, wenn man unterstellt, dass die Mitmenschen, nachlässige und böswillige Trottel sind, denen es darum geht, nichts an ihrem Leben und der Welt zu ändern und die im Grunde nur nach einem Vorwand suchen, dies auch weiterhin nicht zu tun.
In der Kurzeinführung zum zweiten Artikel heißt es aber:
„Die Kraft der zehn Prozent ist ein bescheidener Ansaz, der auf Kooperation, die Intelligenz, das Selbstvertrauen und die Kreativität seiner Mitspieler setzt. Wir haben es in der Hand.“
http://www.psyheu.de/?s=zehn+prozent ganimed hat geschrieben:In dem Artikel hätte also faktisch ebensogut stehen können: "Bildet euch einfach ein, ihr hättet durch 10% Fluxlipuxli zur Besserung der Welt beigetragen. Und denkt euch einfach selber aus, was ihr ganz persönlich unter Fluxlipuxli versteht. Und lächelt entspannt denn alles wird gut."
Im Grunde, ja.
Denn wer sich 10% entspannt und dadurch selbst besser fühlt, ist ein 10% entspannterer Mensch, etwas, was in einer Burnout-Gesellschaft, bei der viele zwischen Depression und Überforderung pendeln ja auch schon mal etwas wert ist.
ganimed hat geschrieben:Ein Aufruf, sich etwas vorzumachen und sich weniger zu sorgen. Psychologisch also relativ sinnvoll. Wenn ich nur drauf reinfallen könnte.
Das Angebot es in Eigenregie zu machen und jederzeit, je nach aktuellen Lebensbedingungen und eigenen Wunsch etwas mehr (oder etwas weniger) zu machen habe ich mehrfach gelesen.
Aber mal anders gefragt: Wie würdest Du den/die Artikel oder Ansatz verbessern? Der Autor hat uns ja erlaubt oder aufgefordert, das zu tun.
Was fehlt, was müsste korrigiert werden, um wen zu erreichen und wen nicht zu verprellen?