Ich meinte eigentlich reale Beispiele, damit ich mal sehen kann, wie das funktioniert.
Nein, leider gibt es kein sozialistisches Land.
Nicht, wer es genau bezahlt.
Hier werden verschiedene Modelle vorgestellt:
http://www.grundeinkommen.info/fileadmin/Text-Depot/Newsletter8.pdfIm Endeffekt hab ich dann doch doppelt so viel gekriegt, wie ich verdient habe. Du meinst, das funktioniert in der gesamten Gesellschaft?
Nicht alle haben deine Ansprüche, es gibt auch Leute mit Familien und Luxusschiffahrtsdrang. Tatsächlich müssten wir erheblich weniger arbeiten, als wir tatsächlich arbeiten müssen. An sich haben uns die Maschinen die Arbeit zu großen Teilen abgenommen. Wir sind eine Dienstleistungsgesellschaft geworden. Die alte Hochschätzung von Arbeit ist jedoch geblieben. Es ist schon reichlich lächerlich: Wir sind so reich, dass wir uns eigentlich keine Sorgen mehr machen müssten, aber das Geld ist so idiotisch angelegt und verteilt, dass wir davon nichts merken. Mit Arbeitslosen-Gebashe wird diese Haltung stabilisiert. Übrigens auch eine urchristliche Ansicht, dieses Arbeit = Super. Dazu kann ich nur sagen, dass die Leute im Mittelalter Arbeit für absolut schrecklich gehalten haben, nur eben für notwendig (was sie damals ja auch noch war). Jetzt ist sie angeblich unersetzbarer Bestandteil vom Mensch-Sein. Die Leute sollten mal ins Mittelalter gehen und den Bauern erzählen, wie neidisch sie auf ihre Arbeit sind. Ich glaube, die könnten sie gerne haben.
realen Beispiele haben gezeigt, dass dieser Effekt eintritt
Planwirtschaft war auch eine ziemlich blöde Idee. So war das nicht unbedingt gedacht. Es ging eher darum, dass es kein Privateigentum an Produktionsmitteln geben sollte (Maschinen, Rohstoffe etc.) und um Kooperation statt Konkurrenzdenken. Dass eine Zentralstelle die Wirtschaft steuert ist schon sehr unsinnig. Es ging eher um eine demokratische Regulierung der Wirtschaft. Der Staat greift in die Wirtschaft ein, das ist noch übrig vom Sozialismus. Und ich denke doch, das reicht. Schließlich ist die Marktwirtschaft sehr effektiv, wenn man sie in Schach hält (ökologisch-soziale Einschränkungen). Alle bisherigen Versuche, Arbeitern ihre Fabriken selbst kontrollieren zu lassen, sind gescheitert. Es hat sich immer ein besonders schlimmer Tyrann an die Spitze gesetzt. So viel also zum Anarchismus.
Wäre die Steuerlast zur Finanzierung des Grundeinkommens nicht erheblich höher?
Nein, nicht erheblich. Es gäbe schließlich keine Rente mehr, keine Arbeitslosenversicherung, keine Behörden, die das alles verteilen müssen... Der Bürokratieabbau wäre enorm. Dazu noch eine einheitliche Gesundheitsversicherung plus die Dinge, die ich vergessen habe, und die Sache läuft. Außerdem wären die Lohnnebenkosten gleich 0, schließlich ist das Grundeinkommen in den meisten Modellen steuerfinanziert. Insofern müsste es auch Unternehmen gefallen.
Damit ginge doch der Anreiz verloren, freiwillig mehr zu arbeiten.
Im Gegenteil: Genau dieses Problem, das es tatsächlich mit der Arbeitslosenversicherung gibt, würde dann wegfallen: Wieso sollte man arbeiten, wenn die Arbeitslosenversicherung höher ist als der Lohn, den man für die Arbeit erhalten würde? Das Grundeinkommen würde jeder bekommen. Arbeit wäre also immer zusätzlich und man bekommt das Geld wirklich.
jeder hat die Möglichkeit, (mehr) Arbeit anzunehmen oder abzulehnen.
Im Gegenteil: Nicht jeder hat die gleichen Möglichkeiten, an Macht zu kommen. Allein schon, wenn du in eine reiche Familie geboren wurdest, bist du klar im Vorteil. Auch Leute, denen die intellektuelle Kapazität oder die Ellbogen fehlen, um sich durchzusetzen, sind im Nachteil. Im Kapitalismus wird asoziales Verhalten belohnt, wenn man sich das mal überlegt.
Ist Handel etwas verwerfliches, wo er doch die Geldkonzentration fördert?
Nein, gar nicht. Ich bin ja für Marktwirtschaft, nur nicht für Kapitalismus (freie Marktwirtschaft). Es gäbe auch im Sozialismus Leute, die reicher und Leute, die ärmer sind. Das ändert sich nie wirklich. Aber: Jeder kann sich im Sozialismus frei entfalten und gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben, hat außerdem ein Recht auf ein anständiges Leben, auch ohne Arbeit - von der es ohnehin zu wenig gibt, so dass momentan nicht einmal die Leute arbeiten können, die das wollen.
Sollen die Stundenlöhne frei verhandelbar sein, oder irgendwie vorgegeben?
Ich bin an sich gegen Mindestlöhne - wenn es dafür Grundeinkommen gäbe. Ich denke, Mindestlöhne sind wirtschaftlich unsinnvoll. Löhne würden wie bereits jetzt zwischen Gewerkschaften und Unternehmen ausgehandelt werden.
Ich bin da persönlich etwas unentschlossen, was ich von den nicht-anwesenden halten soll.
Wir leben in einer Zeit der politischen Gleichgültigkeit. Die Leute haben das Gefühl - nicht ganz unberechtigt - dass sie auf die Politik keinen Einfluss nehmen können und "die da oben sowieso machen, was sie wollen". Die Veranstaltung des Bürgermeisters ist vorbildlich, kann aber gegen ein gesamtgesellschaftliches Problem nicht viel ausrichten. Ich würde knallhart sagen: Wer sich zu schade ist, da mitzumachen, der kann eben auch nicht mitentscheiden. Logisch eigentlich.
Ich würde es vorziehen, wenn ich mich bei den meisten Fragen raushalten könnte.
Ich denke, diese Haltung würdest du ändern, wenn du wirklich mitentscheiden könntest. Wenn nicht: Niemand ist dazu gezwungen, es ist nur ein Angebot. Wenn sich die Leute nicht selbst regieren wollen, dann werden sie eben von denjenigen vertreten, die solche Angebote nutzen. Es liegt vielleicht auch daran, dass die Menschen so viel arbeiten müssen. Sie haben kaum Zeit, gute politische Entscheidungen zu treffen und sich richtig zu informieren (siehe Wahlergebnisse...). Das würde sich ändern.
Aber du bist tatsächlich der einzige Mensch, den ich kenne, der für eine moderne Form des Sozialismus eintritt.
Gibt es tatsächlich kaum noch. Mir fällt eigentlich nur der Literaturwissenschaftler Terry Eagleton ein, der auch so etwas vertritt. Aber ich vergesse hier bestimmt viele Leute. Die GBS werkelt ja daran, wie so ein System aussehen müsste, das ihre humanistischen Werte umsetzt. Bis das fertig ist und mich überzeugt, bleibe ich bei meiner modernen Version des Sozialismus.