Theologie abschaffen (an den Hochschulen)

Theologie abschaffen (an den Hochschulen)

Beitragvon Lucky » Do 7. Jun 2007, 14:33

Hallo,

einige von euch kennen vielleicht folgenden Text ( http://www.ibka.org/artikel/theol.html ). Es ist ein Plädoyer für die Abschaffung der theologischen Fakultäten, das ich von der Argumentation her gut nachvollziehen kann.

Ich frage mich gerade, welche politischen Schritte nötig sind, theologische Fakultäten abzuschaffen. Könnte das eine Landesregierung "handstreichartig" veranlassen - oder müsste dazu das jeweilige Landeshochschulgesetz angepasst werden, oder gar eine bundesweite Regelung her? Ich vermute, es liegt tatsächlich innerhalb der Kompetenzen einer Landesregierung; natürlich wäre das bereits berufene Personal nicht betroffen (Freiheit der Lehre, Beamtenstatus), aber ich will auch keinen Personen "an den Kragen" sondern ich möchte, dass diese Fakultäten mittelfristig auslaufen. Der wissenschaftliche Anteil der Fakultäten (z. B. Historiker, Altsprachler) kann im Rahmen anderer Fächergruppen weitergeführt werden.

Die Hochschulen befinden sich zur Zeit in einer Umbruchphase (Bolognaprozess, Studiengebühren, Neuorganisation, Einführung von Hochschulräten), es ist daher eine gute Gelegenheit, gewisse Reformen einfließen zu lassen und den Theologie-Anachronismus einzudämmen. Der Argumentation, nur noch Fächer, die den Kriterien der Wissenschaftlichkeit genügen, zuzulassen, dürften sich auch viele Agnostiker und sogar "liberale Christen" nicht verschließen. Zudem kann man Mittel einsparen, indem die Kirchen selbst solche Lehrkräfte finanzieren müssen, die ihre eigenen Ausbildungsziele umsetzen. Priesterseminare gibt es ja bereits, dorthin kann alles verlagert werden, was an einer staatlichen Einrichtung fehl am Platze ist.

Was kann man also tun?
Sind die großen Parteien für solche Reformen zu haben? Wäre es ein geeignetes Wahlkampfthema, für das man eine Partei bzw. einzelne Politiker begeistern könnte? Welche Bundesländer könnten den Anfang machen (Bayern ist wohl ungeeignet).

Falls es bereits Initiativen in dieser Richtung gibt, klärt mich bitte auf. Vielleicht habe ich etwas in diesem Forum übersehen.

Lucky
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Beitragvon Pip » Mi 20. Jun 2007, 09:38

Hallo Lucky,

der Bestand katholischen theologischen Fakultäten wird in Artikel 19 des Reichskonkordates geregelt, welches zwischen den Nazis und dem Vatikan 1933 geschlossen wurde, und auch für die BRD noch Gültigkeit besitzt (näheres bei wikipedia).
Um diesen Vertrag zu kündigen müsste also der Bund tätig werden, da es sich um Aussenpolitik handelt. Die Kosten, auch für theologische Fakultäten, werden vom Staat getragen, und laut Artikel 18 RK eine Streichung der Leistungen nur im gegenseitigem Einverständnis möglich. Das heißt im Klartext:
Selbst wenn sich die Bundesländer (welche die Universitäten finanzieren) dazu entschließen würde, die theologischen Fakultäten nicht mehr zu bezahlen (unwahrscheinlich), wäre die Zustimmung des Vatikans nötig, um die Zahlungen einzustellen (mehr als unwahrscheinlich).

Das ist zwar vollständig verrückt, aber aus der Nummer wieder raus zu kommen ist ohne eine massive Gefährdung der Staatsbeziehungen zwischen dem Vatikan und der BRD nicht möglich. Und welcher Politiker würde darüber auch nur nachdenken...
Pip
 

Re: Theologie abschaffen (an den Hochschulen)

Beitragvon Nox » Mi 20. Jun 2007, 10:27

Hallo :winken:

Lucky hat geschrieben:Falls es bereits Initiativen in dieser Richtung gibt, klärt mich bitte auf. Vielleicht habe ich etwas in diesem Forum übersehen.
Die Laizisten
Artikel: Kirche an Hochschulen

Lucky hat geschrieben:Was kann man also tun?
Am besten im Laizistenforum registrieren und den Stein noch ein wenig anschubsen, der gerade ins Rollen gerät *g*
http://www.forum.laizisten.de

Um Politiker dazu zu bringen sich klar gegen die Kirchen zu richten brauchen wir einiges an Organisationstalent, Rückhalt in der Bevölkerung - und Mechanismen um Druck ausüben zu können... Studenten (und andere) lokal zu organisieren ist wohl der erste notwendige Schritt. In Mainz wurde die erste laizistische Hochschulgruppe gegründet, in Göttingen gab es schon vor Gründung der Laizisten ähnliches und in anderen Städten werden Gründungen vorbereitet.

Der andere Weg sind die Massenmedien... Der Spiegel hat schon bewiesen, dass er sich an das Thema nicht heranwagt, sondern es lieber schönredet und die unwichtigen Teile, die bahandelt werden auch noch verfälscht.

Gestern bei Maischberger ("Aufstand der Ungläubigen: Keine Macht für Gott!") haben sich alle so lange gegenseitig übertönt, dass auf Kirchen-/Religionsprivilegien und Subventionen nicht mehr eingegangen werden konnte...

Wenn bei soetwas die richtigen Themen vernünftig erläutert werden könnten wäre das ebenfalls ein gewaltiger Schritt vorwärts.
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Beitragvon the jug of milk » Mi 20. Jun 2007, 12:36

Was kurz und mittelfristig politisch erreichbar wäre, ist eine Überprüfung der luxuriösen Ausstattung der theologischen Fakultäten und entsprechende Mittelkürzungen. Wie z.B. der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein kürzlich anregte.
Ansonsten ist jeder der den Kampf gegen die Kirchenprivilegien aufnehmen möchte, bei uns willkommen! Egal ob Student oder nicht. :2thumbs:
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Beitragvon HF******* » Mi 20. Jun 2007, 13:56

Nur mal so am Rande: Nach dem Lüdemann Urteil sind die Theologischen Fakultäten an den Unis, damit sie nicht total abdrehen sondern auch noch etwas mitbekommen… quasi um einer Radikalisierung entgegen zu wirken.

Das Reichskonkordat dürfte nur den Bund betreffen, die Länder sind daran wohl nicht gebunden - ich habe das Konkordat allerdings nicht gelesen und kenne mich in dem Bereich bisher nicht aus.
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Beitragvon Klaus » Mi 20. Jun 2007, 14:01

Das Reichskonkordat betrifft den Bund im Sinne der Rechtsnachfolge des III.Reichs. Die Bundesländer haben aber eigene, rechtliche Regelungen mit dem Klerus, die können aber nur abgeschafft werden, wenn das Reichskonkordat weg ist.
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Beitragvon HF******* » Mi 20. Jun 2007, 14:07

Meinst Du die Staatskirchenverträge, soetwas, was Hamburg gerade geschlossen hat?
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Beitragvon Klaus » Mi 20. Jun 2007, 14:13

Genau, aber auch im Dritten haben die Staaten einzelne Verträge abgeschlossen, bis hinunter in die Kommunen, da ist alles geregelt worden.
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Re: Theologie abschaffen (an den Hochschulen)

Beitragvon jana23 » So 1. Mär 2009, 14:57

Interessante Sache! Bin ich ich aber wirklich dagegen...
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