Wie wird der Charakter der Menschen sich in hunderten Jahren

[xander1]

Wie wird der Charakter der Menschen sich in hunderten Jahren entwickeln? Was werden das für Menschen sein?

[xy831]

Eine schöne Frage. Da hat es mich doch glatt gereizt, mich hier anzumelden.

Ich würde einen Blick in die Literaturgeschichte werfen. Wenn man Texte von Autoren der griechischen Antike liest oder z.B. Stücke von Shakespeare betrachtet, dann zeigt sich doch eine große Übereinstimmung der beschriebenen Charaktere und ihrer Motive mit heute lebenden Menschen. So ist zum Beispiel die Liebesgeschichte aus Romeo und Julia auch heute für die meisten Menschen gut nachvollziehbar, da wir eben ähnlich denken und fühlen.

Andererseits habe ich schon den Eindruck, dass der Charakter der Gesellschaft an sich seit der Zäsur des zweiten Weltkriegs sehr starke Veränderungen erfährt. Wir werden immer unselbständiger und zugleich immer abhängiger von den zivilisatorischen Errungenschaften. Während es früheren Dorfbewohnern ein leichtes war, ein Huhn zu schlachten, wenn sie etwas zu Essen haben wollten, sind die wenigsten von uns heute noch zu so grundsätzlichen Tätigkeiten in der Lage. Nahrung gibt es bei uns im Supermarkt und viele Städter haben auch keine Ahnung mehr wie die Ausgangsstoffe auf dem Feld aussehen.

Deshalb würde ich für die Zukunft Folgendes vermuten:
1. Es wird auch in ferner Zukunft eine Schicht unterpriviligierter Menschen geben, die in relativer Armut lebt und deren Verhalten und Denken sehr ähnlich ist zu dem ähnlicher Schichten in unserer heutigen oder in früheren Zeiten.
2. Hinzu kommt eine hochzivilisierte Schicht von Städtern, die nur noch in einer allumfassenden Betreuung/Bevormundung durch Staat und Konzerne zu leben wissen. Selbst so grundlegende Tätigkeiten, wie das Ansprechen eines attraktiven Menschen des anderen Geschlechts, wird diesen Menschen nicht mehr möglich sein. Der Staat muss auch hier durch geeignete algorithmen-basierte Zuordnungsprogramme Abhilfe schaffen. Das ist aber nicht weiter schlimm, da Kinder sowieso durch künstliche Befruchtung gezeugt werden und außerhalb des Mutterbauchs in einer Maschine ausgebrütet werden. Gewalt und Verbrechen sind von dieser Schicht kaum noch zu erwarten. Ihre Psyche wird durch geeignete Medikamente und kleine neurochirurgische Eingriffe für immer in ruhige, besonnene Bahnen gelenkt.

Stanisław Lems Buch Transfer ist vielleicht eine gute Abhandlung zu diesem Thema (Wikipedia: Transfer (Stanisław Lem)).

[stine]

Wow, das klingt futuristisch!
Ich nehme an, dass 100 Jahre keine allzu große Zeitspanne sind und die Austragung menschlicher Föten außerhalb der Gebärmutter noch nicht erreicht werden wird. Das "Zuordnungsprogramm" für künftige Paare finde ich nett, aber ich denke, dass es gegen die Menschenrechte sein wird, auch in hundert Jahren noch.

Wie war die Welt denn 1914? Und was hat sich bis hierher geändert?

Ich denke, die Machtzentralen dieser Welt werden nicht mehr so schnell mit Krieg bei der Hand sein, weil die Angst vor der eigenen Vernichtung doch sehr groß geworden ist und weil niemand mehr für einen Weltkrieg die Verantwortung übernehmen möchte. Eine Weltordnung wird also immer wahrscheinlicher, heißt, in hundert Jahren wird sowas wie die UNO die Staaten der Welt zum dauerhaften Frieden verpflichten.

Die Gegensätze arm und reich werden bleiben, weil ohne Gegensätze keine Energie fließen kann. Es wird also Wirtschaftsstandorte geben, die unterpriviligierte Länder am Leben erhalten, weil man sich von dort immer wieder Arbeiter nachholen kann. Angehörige reicher Länder machen keine grobe Dienstleistung mehr, wollen aber doch mit Dienstleistung versorgt sein. Was für die Einen einen Abstieg bedeuten würde, muss für die Anderen immer noch ein Aufstieg bleiben.

Es wird Religionsaufklärung an den Schulen geben und die Weltreligionen werden sich auf friedfertige Auslegungen einigen müssen, weil sie sonst abgeschafft werden.

Energie wird unendlich vorhanden sein, weil man gelernt hat, Naturkräfte sinnvoll zu nutzen und Energie dauerhaft zu speichern.

Mobilität wird ein Freizeitvergnügen werden, weil man geschäftlich nur noch per Kommunikationsnetze miteinander verkehrt. Das Aussehen wird im Berufsleben eine untergeordnete Rolle spielen, weil man eh nicht mehr mitbekommt, wie der Geschäftspartner aussieht.

Privat wir das Aussehen dafür immer wichtiger. Der menschliche Körper wird in den hochzivilisierten Ländern nach Wunsch geformt und das Alter wird man so gut es geht vertuschen wollen. Es wird wieder Wert darauf gelegt, Männlein von Weiblein unterscheiden zu können. Die geschlechtslose Jeans hat ausgedient und die Frauen haben von ihren homosexuellen Brüdern gelernt, was echte Männer wirklich wollen. Die Schönheitschirurgie wird ihren Höhepunkt erleben.

Schwangerschaften, Geburten und Kindergeburtstage werden in den hochzivilisierten Ländern mit Feuerwerk und Familienauflauf gefeiert werden, da eine Familie selten mehr als ein Kind in die nächste Generation schicken wird. Jedes Kind wird somit zum Prinz oder zur Prinzessin.

Und was ändert sich bei den Brights?
Stine wird es nicht mehr geben

stine

[xander1]

So ist zum Beispiel die Liebesgeschichte aus Romeo und Julia auch heute für die meisten Menschen gut nachvollziehbar, da wir eben ähnlich denken und fühlen.

Inwiefern?

Wir werden immer unselbständiger und zugleich immer abhängiger von den zivilisatorischen Errungenschaften.

stimmt

Während es früheren Dorfbewohnern ein leichtes war, ein Huhn zu schlachten, wenn sie etwas zu Essen haben wollten, sind die wenigsten von uns heute noch zu so grundsätzlichen Tätigkeiten in der Lage.

Dazu gibts von der Band U2 so ein Bild wo man die Evolutionsstufen des Urmenschen zum Menschen sieht und am Ende einen Mensch mit Einkaufskorb.

Nahrung gibt es bei uns im Supermarkt und viele Städter haben auch keine Ahnung mehr wie die Ausgangsstoffe auf dem Feld aussehen.

Viele Dörfler auch nicht!

2. Hinzu kommt eine hochzivilisierte Schicht von Städtern,

Ich vermute mal, dass du dich mit dem Dorfleben nicht groß auskennst. Dorfbewohner sind genauso zivilisiet wie Stadtbewohner. Ich habe eine lange Zeit sowohl in der Großstadt, als auch auf dem Dorf gelebt!

Selbst so grundlegende Tätigkeiten, wie das Ansprechen eines attraktiven Menschen des anderen Geschlechts, wird diesen Menschen nicht mehr möglich sein.

Hää? Wie kommst du denn darauf? Wie sollte es zu sowas kommen? Was sind die logischen Zwischenstufen, die dazu führen sollten?

Der Staat muss auch hier durch geeignete algorithmen-basierte Zuordnungsprogramme Abhilfe schaffen.

Ich bin Informatiker und zweifle sehr stark daran, dass sowas irgendwas bringen sollte.

Das ist aber nicht weiter schlimm, da Kinder sowieso durch künstliche Befruchtung gezeugt werden und außerhalb des Mutterbauchs in einer Maschine ausgebrütet werden.

OK die PID gibts ja schon heute. Das ist für viele eine Option. Also insofern nix neues mehr.

Gewalt und Verbrechen sind von dieser Schicht kaum noch zu erwarten.

Wirds aber trotzdem noch geben, da wir ja nachschub aus dem Ausland bekommen, mit Menschen aus Ländern wo mehr Kriminalität vorherrscht.

Ihre Psyche wird durch geeignete Medikamente und kleine neurochirurgische Eingriffe für immer in ruhige, besonnene Bahnen gelenkt.

Auch das erscheint mir eher als reine Spekulation.