Verlangt Diskurs nach Resultat?

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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Lumen » Sa 13. Okt 2012, 00:24

Zappa hat geschrieben:Da muss man Dir aber entgegenhalten, dass jeder gezwungen ist seine grundlegenden "Fiktionen" mit einem Wahrheitsanspruch zu versehen. Selbst wenn er erkenntnistheoretisch defensiv positivistische Thesen vertritt, wird er zumindest versuchsweise annehmen seine Fiktion sei "für den Moment wahr". Ansonsten fand ich deine Analyse der verschiedenen Stadien des pathologischen Fan-Seins sehr anregend und auch gekonnt formuliert!


Danke und dem stimme ich zu, niemand kommt drumherum probeweise Dinge für "wahr" anzuerkennen. Ich gehe eher davon aus, dass wir nie eine Wahrheit kennen werden, und mein bereits mal gebraucht es Beispiel ist das des Rätselheftes, dass in einem Abteil liegen gelassen wurde. Jedes Feld, was wir in dem Kreuzworträtsel lösen führt zu weiteren Lösungen. Aber man kann es nur auf eine sehr begrenzte Weise ausfüllen. Aktuell ist es so, dass ganze Gebilde in den Ecken bereits "passen", aber in der Mitte fehlen noch Verbindungsstücke und diese könnten das ganze Ding nochmal umkrempeln. Aber immerhin ergibt das eingefüllte soweit einen Sinn. Zu unserer Enttäuschung werden wir Menschen den Zug aber eines Tages verlassen und dann feststellen, dass jemand den Lösungsteil des Rätselheftes rausgerissen hat. Wir werden nie wissen, ob die gefundenen Begriffe der offiziellen Lösung entsprechen. Wir wissen nur, ob die Seite mit dem Rätsel "stimmig" ausgefüllt ist.
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon stine » Sa 13. Okt 2012, 09:10

Vollbreit hat geschrieben:Im übrigen stimme ich Dir insofern zu, dass ich es als ebenso falsches Bild ansehen, Rationalisten als kalten Leute ohne Seele zu deklarieren, das entspricht m.E. nicht den Tatsachen und was bliebe dann auf der anderen Seite für Menschen die Empfinden und Denken können, das soll es Gerüchten zufolge ja durchaus auch geben? Wären sie dann nicht Irrationalisten, stine?
Ich schrieb doch bereits: Die meisten werden wohl irgendwo in der Mitte liegen!

Lumen hat geschrieben:Weil das aber religiöse Menschen routinemäßig tun und ihre Igoranz verherrlichen, haben ihre Ansichten per se etwas elitäres. Das ist sehr harmlos ausgedrückt. Durch die Geschichte hindurch, bis in heutige Zeit sind Andersgläubige, besonders aber Nichtgläubige entweder mit bösen Mächten im Bunde (frühere Sichtweise), oder haben mangels Gottesfürchtigkeit keine Moralvorstellungen oder wollen angelich abgekehrt von Gott in Sünde leben (heutige Sichtweise).
Und ich denke, du leidest unter Verfolgungswahn.
Die Jagd auf "Ungläubige" ist eine Alibifunktion und dort wo sie stattfindet geht es in erster Linie darum, seinen Kultstatus zu verteidigen. Es wird nicht gewünscht, sich nach irgendeiner Seite hin zu öffnen und fremde Einflüsse zu dulden. Es sind Männerfantasien alter Bartträger und Hyperaggressionen derer, die in ihrem Leben keinen anderen Sinn entdecken, als Krieg zu führen. Vermutlich ist es dem arabischen Geldadel auch ganz recht, wenn das arme Volk seine Gegner im Westen vermutet und nicht in den eigenen Reihen sieht. Die Hetze gegen den Westen wird ja durchaus mit viel Geld aus den eigenen Reihen unterstützt.

Ich würde allen (Stur)Gläubigen ein Theologie-Studium empfehlen, denn das klärt auf, was Religion wirklich ist und mäßigt die Gottesfurcht.

LG stine
Zuletzt geändert von stine am Sa 13. Okt 2012, 09:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon stine » Sa 13. Okt 2012, 09:25

Lumen hat geschrieben:Religionen haben kaum ein Konzept von Atomen, oder ähnlichen, haben sogut wie kein Konzept vom Kosmos, wissen fast nichts über Wellenlängen oder Wahrnehmungsapparaten. Das ist ein Gebiet, indem sich verschiedene, auch magische Theorien tummeln (z.B. Alchemie oder Homöopathie), aber nicht das Christentum. Der atheistische Buddhismus wäre aber ein Anwärter, der bei manchen Aussagen durchaus weiter kommt. Infantile Märchenreligionen allerdings nicht.
Religionen müssen das auch nicht. Es ist egal, ob du Christen oder Buddhisten nimmst, es geht immer nur um die "Innere-Wahrnehmung" und das arbeitet eben jede Religion etwas anders ab.
Ich kann zwar nicht für alles einen passenden Bibelspruch aus dem Ärmel schütteln, aber hier passte doch am besten der: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ Luk 20,25
Alternativ könnte man noch sagen: Gebt den Wissenschaftlen was den Wissenschaften ist und gebt den Menschen, was den Menschen hilfreich ist.

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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon stine » Sa 13. Okt 2012, 09:33

Vollbreit hat geschrieben:Viel besser ist doch Mario Barth sublimiert (auf die Steilvorlage habe ich Wochen gewartet, jetzt geb ich sie mir selbst, aber es lohnt sich):
Das Vedeo war geil, pass auf, kein Witz!

:up: stine
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Zappa » Sa 13. Okt 2012, 11:09

stine hat geschrieben:Religionen müssen das auch nicht. Es ist egal, ob du Christen oder Buddhisten nimmst, es geht immer nur um die "Innere-Wahrnehmung" und das arbeitet eben jede Religion etwas anders ab.
Ich kann zwar nicht für alles einen passenden Bibelspruch aus dem Ärmel schütteln, aber hier passte doch am besten der: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ Luk 20,25
Alternativ könnte man noch sagen: Gebt den Wissenschaftlen was den Wissenschaften ist und gebt den Menschen, was den Menschen hilfreich ist.

Das ist vielleicht deine Definition von Religion, einer durch die Aufklärung demütigen, die sich ins Private zurück zieht. Mit so einer "Religion" hätte wohl kaum jemand im Zusammenleben ein Problem, ich würde das auch eher "Weltanschauung" und "Suche nach innerer Wahrheit" nennen.

Die Probleme fangen aber regelhaft dann an, wenn auf solchen Gedankengebäuden Moralvorstellungen, Kosmologien und Regeln für das Zusammenleben aufgestellt werden und genau dass maßt sich jede Religion, die diesen Namen verdient und für sich beansprucht, an. Und dann sind wir im Dissenz. @Lumen hat ja aus gutem Grund das Beispiel der Kosmologie genannt. So krachend, wie die Religionen hier daneben lagen und so drastisch besser Wissenschaft als Methode der Erkenntnisgewinnung überlegen ist, sollten sich die Religionen auch aus anderen "Fachgebieten" gefälligst demütig heraushalten. Wenn ich dann sehe wie selbstgefällig sich kirchliche Würdenträger immer noch zu moralischen Problemen äußeren, dann kommt mir schon die Galle hoch. Und da schlummert immer noch der alte weltliche Wahrheitsanspruch der Religionen, der Keim des fundamentalistisches Übels, der in jedem religiösen Gedankengebäude wohnt.
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Vollbreit » Sa 13. Okt 2012, 11:40

Lumen hat geschrieben:Für die Beschreibung des Kapitalismus sind einzelne Kapitalisten nicht sehr interessant.


Kommt auf die Perspektive an, für den Soziologen sind eigentlich nie einzelne Individuen interessant.
Man kann aber einen Diskurs schlecht mit „der Gesellschaft“ führen.

Lumen hat geschrieben:Beziehungsweise wird die Ideologie oder Kategorie nicht immer jedem Individuum gerecht. Daher auch Wahrscheinlichkeiten. Anders gesagt, Schwäne sind (für gewöhnlich, mit hoher Wahrscheinlichkeit) weiß, aber nicht alle weißen Vögel sind Schwäne. Junge Schwäne haben kein weißes Gefieder und es gibt auch seltene schwarze Schwäne.


Sehr richtig, die Tatsache, dass der erste schwarze Schwan eine Allhypothese widerlegt, bedeutet ja nicht, dass nicht dennoch „einige“ Schwäne weiß sein können. Und „einige“ ist hier im Sinne der Logik gemeint, soll also heißen „nicht alle“ und „nicht keiner“ kann also 0,01% ebenso wie 99,99% umfassen.

Lumen hat geschrieben:Die Behauptung, dass man einem Individuum im Falle von Religionen nicht gerecht werden würde, ist offensichtlich falsch. Kann es Moslems ohne Glaube an Allah geben?


Das ist nicht der Punkt. Der besteht darin, dass Du einen Menschen der Moslem ist abschließend dadurch beurteilen möchtest, dass er Moslem ist. Damit entindividualisiert Du ihn. Es könnte aber einen Unterschied zwischen einem jungen, männlichen, fanatisierten Moslem geben, der gerade mehrere narzisstische Kränkungen durchlitten hat und einer 50 jährigen verheirateten Professorin für Zoologie, die Muslima ist.
Du möchtest über diese Frau gerne Deine Vorurteile in gewohnter Weise ausschütten dürfen und das tust Du dadurch, dass Du auf Stammtischniveau argumentierst. Vom Moslem weiß man ja, wie der so tickt.

Die Garnierung Deiner aggressiven Vorurteile mit Gallup-Statistiken und Dennett-Zitaten, ändert nichts daran, dass es falsch geschlossene Vorurteile sind, pars pro toto. Ist falsch, bleibt falsch.

Lumen hat geschrieben:Es ist nicht wichtig, in welche Kategorie, eine Aussage einer Religion gestopft wird. Entweder sie bezieht sich auf das, was wir gemeinhin Wirklichkeit nennen, oder nicht. Wenn sie das tut, ist sie in derselben Arena wie wissenschaftliche Theorien. Daher kann man Gott auch als "Gott Hypothese" bezeichnen. Du hast recht, dass du das nicht getan hast. Du gehst da Trickreicher vor.


Guck mal, wieder kannst Du nur aus Deiner geschlossenen Sichtweise heraus argumentieren.
Das ist fade und so ganz und gar ohne Erkenntnisfortschritt und vor allem ohne Diskurswillen.
Du willst gar nicht mit mir reden, es interessiert Dich nicht, was ich denke, weil Du meinst, es längst zu wissen. Das Urteil steht fest, die Beweise werden noch gesucht. Verräterisch.

Lumen hat geschrieben:Du vermischt religiöse Apologetik (ein Begriff den ich übrigens wertfrei meine, und meines Wissens auch keine abwertende Bedeutung hat) mit Wissenschaftskritik, aber beides getrennt voneinander.


Ich habe die Frage gestellt, warum in Wissenschaftstheorie und Erkenntnistheorie Religion nicht vorkommt. Kannst Du sie mir beantworten oder nicht? Da wird ja nun mal alles verwurstet auch marxistische Literaturkritik. Religion war nie dabei, warum wohl?
Weil Religion gar nicht den Anspruch hat Welt zu erklären, in einem wissenschaftlichen oder philosophischen Sinn.
Das galt vielleicht mal vor einigen 1000 Jahren, heute hat Religion, gerade aus deskriptiv-soziologischer Großeinstellung betrachtet, ganz andere Funktionen.

Lumen hat geschrieben:Das ist keine schlechte Idee, vielleicht auch Zufall, aber im Endeffekt entsteht bei mir dann doch der Eindruck, dass beide Bereiche doch nicht ganz so getrennt voneinander sind, wie du es gerne darstellst.


Das ist eine diskussionswürdige Aussage, zu der ich gerne Stellung nehme:
Es stimmt, zu einem gewissen Teil. Der sieht bei mir – nicht bei anderen – so aus, dass ich die Bilder einer heiligen Schrift zum allergrößten Teil, sofern ich sie kenne, übertragen und metaphorisch deuten würden, aber eher selten im kirchlichen Kanon. Das macht oft Sinn, ist für mich aber eher von spielerischem Interesse, da die Möglichkeiten der Interpretationen breit sind und das was rauskommt an der Kunst des Interpreten liegt, nicht unbedingt im Gehalt der Bilder und Mythen.
Eine wortwörtliche Deutung ist aus meiner Sicht indiskutabel.

Mein eigentliches Interesse ist die Erfahrungsebene der Mystik, die oft – aber nicht immer – in einen religiösen Kontext eingebettet ist, sich aber über diesen erhebt. Mit anderen Worten, Mystik hat mit Religion im Grunde nichts zu tun und ob man nun kontemplatives Dasitzen als „Stilles Gebet“ oder „Zazen“ deklariert oder „Selbsterfahrung“ oder „Innenschau“ oder oder oder, ist im Grunde nachrangig und unbedeutend.

Auf der Ebene des Mystik würde ich allerdings von Erkenntnissen reden, weil es sich dabei um selbst gemachte Erfahrungen handelt, die zwischen ausgedehnten Episoden exzessiver Langeweile, die man tolerieren können muss, die Geschenke von diversen Erleuchtungserfahrungen unterschiedlicher Ausgedehntheit und Qualität verpackt hält.
Diese Erkenntnisse sind im Status des Erlebens nie objektiv, aber sie können nachher natürlich rational eingetütet werden. Aber eben auch mythisch oder narzisstisch, hier spielt die Ich-Struktur im Hintergrund eine Rolle.
Das Wesentliche der mystischen Erfahrung ist aber gar nicht die nachherige Einordnung, sondern, wenn es gut geht, die immense Wucht der Eindrücke, die oft mit nichts anderem zu vergleichen ist.
Diese Idee, dass es eine Sphäre reiner archetypischer Erfahrung gibt, ist ja richtig. Man kann es erleben und es ist immer wieder erlebt worden.

U.a. davon künden auch einige Offenbarungen der Religionen, aber es gibt halt auch bei der Begehung der Innenwelten (wobei, bei Licht betrachtet, die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenwelt ohnehin nicht aufrecht zu erhalten ist) verschiedene Stufen und es wird immer so sein, dass nur wenige diese Innenwelten bereisen. Wer dies tut, wird immer vergleichbare Erfahrungen machen und jene werden u.a. von den Mystikern beschrieben, deren Erkenntnisse überliefert sind oder die sie selbst aufgeschrieben haben. Aber, was auch immer man da am Ende liest und glaubt, ist m.E. unwichtig, weil es immer nur geliehene Ansichten sind, es ist und bleibt Glaube.

Besser sind also eigene Erfahrungen und Erkenntnisse und der Lohn ist dann und wann die subjektive Wucht dieser Erfahrungen. Am überzeugendsten präsentiert vielleicht Ramana Maharshi von den populären Mystikern diese Position. Er hatte keinerlei Fragen mehr und machte mit der Erkenntnis, dass es letztlich kein Ich gibt, wirklich ernst.

In diesem Sinne, ist die Mystik ein Weg zur Generierung von Erkenntnissen, die Religion ist Mischung, mit einer ganz anderen Funktion.

Lumen hat geschrieben:Daher habe ich so meine Zweifel, warum Wissenschaften bei dir anscheinend unerfüllbare Kriterien erfüllen müssen, aber Religionen bei dir mit nichts weiter davon kommen, als mit einer hübschen Märchengeschichte.


So ist es doch auch: Religionen erzählen hübsche Märchen.
Sie versammeln viele Menschen um einen zentralen Mythos, der mal, mehr mal weniger bekannt ist und hat eine soziologische Funktion. Allerdings auch eine psychologische. Die reicht vom simplen Trost – oft auch auf der Basis unzureichenden Wissens, nur, die Basis unzureichenden Wissens bei Szientisten ist auch erheblich und ihr „Glück“ besteht auch nur darin, dass sie das nicht selbst erkennen – bis zur Fähigkeit zu echtem Glauben. Die ist dem einen gegeben, dem anderen nicht.
Und sie ist übrigens keine Schwäche, sondern kommt aus einer Quelle mit Moral, Wissenschaft, Kunst und Liebe, psychologisch ist das gut erforscht und beschrieben.

Lumen hat geschrieben:Die Antwort lieferst du ja im Folgenden. Du bist offenbar ein starker Relativist. Genauso wie Darth Nefarius extrem reduktionistisch ist, sodass Begriffe und Konzepte keinen Sinn mehr ergeben, sind bei dir Bewertungen oder Urteile allesamt hinfällig.


Nein, überhaupt nicht.
Ich kann nur das, was Du nicht hinbekommst, ich sehe tatsächlich Grautöne, Unterschiede und kann zwischen tiefschwarzer Religion und grellweißer Wissenschaft auch in der Praxis des Lebens und nicht nur in jedem zehnten phantasierten Exkurs, als mühsam abgerungenes Zugeständnis, unterscheiden.

Lumen hat geschrieben:Mit dieser Sichtweise hat dann Mystizismus bei dir wieder eine Chance, und zwar anscheinend aus rein ästhetischen Gründen. Du bist sozusagen ein Fan von Mystizismus.


Nicht Mystizismus, Mystik. Darauf lasse ich mich auch gerne festnageln.
Mystik ist eine Erfahrungs“wissenschaft“ könnte man sagen, aber ich lege auf den Terminus der Wissenschaftlichkeit keinerlei Wert, für mich ist das keine Auszeichnung, also ist mir die Diskussion darüber herzlich egal. Mystizismus ist, etwas in die Welt hineingeheimnissen zu wollen.
Ich finde es spannender die Geheimnisse zu lösen, es sind ja doch mehr als genug da.

Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Meinst Du wirklich ich sei ein Kreationist?


Ich glaube nicht, aber kann ich nicht wissen.


Nein, bin ich nicht.
Auch die anspruchsvollere Variante des Intelligent Design finde ich relativ anspruchslos.
Meine Begründung dafür ist, dass IDler und Kreationisten eine recht vorhersehbare Instrumentalisierung der Wissenschaft betreiben. Sie beansruchen die Wissenschaft immer dann gerne für sich, wenn es darum geht, dass diese (vermeintlich) etwas belegt, was ihnen in den Kram passt, also die 173. Diskussion um das Turiner Grabtuch usw., aber verweigern sich im weiteren jeder wissenschaftlichen Konzeption. Rosinenpickerei. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.

Lumen hat geschrieben:Du wirst ja die Zahlen und Fakten über den Haufen, wenn es um die Verbreitung des Kreationismus geht.


Nö, ich kann das schon glauben und finde es vergleichsweise erschreckend.
Aber die Tatsache, dass die Zahlen stimmen mögen, bedeutet nicht, dass Du mit empirischen Befragungen logische Fehler ausbügeln kannst, das ist einfach immer falsch, weil es ein Kategorienfehler ist.

Wenn Paul größer als Peter und Peter größer als Maike ist, dann ist das eine logische Figur, aus der zwingend und immer folgt, dass Paul größer als Maike ist.
Herzugehen und alle Familien zu durchsuchen, in denen es Paul und Maike gibt und die dann durchzumessen und auszuwerten ob es nicht auch Familien gibt, in denen Maike größere ist als Paul, ist einfach der falsche Ansatz.
Das habe ich kritisiert und das kritisiere ich noch immer.

Lumen hat geschrieben:Kannst du machen, aber das bescheinigt nur, dass du von der Sache keine Ahnung hast, beziehungsweise dein Radikal-Relativismus dir einen Strich durch die Rechnung macht. So wie die Wahrscheinlichkeit bei gläubigen Christen sehr hoch ist, dass sie an Jesus glauben, so sind amerikanische Evangelikale mit hoher Wahrscheinlichkeit Kreationisten (welcher per Definition religiös ist). Das kommt auch nicht von ungefähr, denn in den USA gibt es biblische Literalisten, Young Earthers und andere, und ganze Stiftungen dazu.


Meine Kritik an dieser Stelle war, dass Du versuchst Vorurteile zu etablieren, was ziemlich schäbig ist.
Du scheinst die Kritik aber nicht zu verstehen, darum noch mal:
Ich leugne nicht, dass es Menschen mit religiöser Einstellung gibt und auch nicht, dass man diese statistisch messen kann. Ich sage nur, dass das nichts über den einzelnen Menschen aussagt.
Die Kritik ist, dass Du Dir, bei der Beurteilung von Menschen, Individuen, denkenden und fühlenden Wesen wie Dir, genau ein Kriterium heraussuchst, nämlich die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft, an dem Du Dich dann – da selbstgewählt, man könnte ja austreten – regelmäßig in gewohnter Weise abarbeitest. Das ist meine Kritik. Eigentlich simpel, aber schwerwiegend, was die Konsequenzen für Dein Menschenbild angeht.
Das wird vermutlich halbwegs differenziert sein, wenn es um Polizeibeamte, BVB Fans und Physiker geht, aber wenn es um das Kriterium „religiös“ geht, rastest Du aus.
Deiner Meinung nach natürlich nicht, da fühlst Du Dich motiviert die bösartigen Verschleierungsstrategien aufzudecken. Hier haben wir im Diskurs einen Dissens.

Lumen hat geschrieben:Das ist ja schön, aber wie man sieht, ein vollkommen sinnfreies Unterfangen. Das einzige, was du hier machst ist deine übliche Verschleierungstaktik. Der Sachverhalt ist nicht mehr wichtig, du hast erfolgreich davon abgelenkt, dafür viel Rauschen erzeugt. Was können wir hier für den Diskurs lernen?


Worum ging es Dir denn? Darum, ob man Religion so definieren kann, wie Du das tust und Du tust es in ähnlicher Weise wie Dennett. Kannst Du machen, warum nicht? Es ist halt nur so:
Wikipedia hat geschrieben: Religionsdefinitionen dienen in der Religionswissenschaft und anderen Kultur- oder Sozialwissenschaften dazu, den Gegenstand „Religion“ zu definieren, das heißt genau zu bestimmen und gegen andere Phänomene abzugrenzen. Es gibt mittlerweile über hundert Religionsdefinitionen, aber bisher hat sich keine als allgemein anerkannt durchsetzen können.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Religionsdefinition


Auch die Diskurshoheit zu beanspruchen – also zu behaupten, dass nur Dein, an Dennetts Definition angelehnter Religionsbegriff der einzig richtige sei –, auch kannst Du tun, es ist halt eine Frage der Zeit, ob er sich durchsetzt, bisher hat sich augenscheinlich weder Deiner noch Dennetts durchgesetzt.
So sind nun mal die Tatsachen. Hast Du da irgendwelche Einwände?

Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Dann kann man angeblich keine Aussagen über Religionen machen (was natürlich nicht geht, wenn man selektiv den Begriff verschwinden lässt).


Ich habe nie behauptet, dass man keine Aussagen über Religionen machen kann, das ist Deine Phantasie.


Ok. Nochmal lesen und kurzen merken, dann kommt:

Vollbreit hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Oben nochmal erklärt. Definition verwackeln, Deutungshoheiten, Ad Hominem (...)


Gut im Einzelnen. Definitionen: „Es gibt keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Definition des Begriffs Religion.“
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Religion

Auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Religionsdefinition


Man kann die Aussage machen, dass es keine Definition gibt? Das es ein buntes Spektrum ist? Das ist ja sensationell. Nun sehe wir eine weitere kleine Ablenkung von der Komik.


Wird sich wohl um einen typischen Fall von religiöser Unterwanderung von Wikipedia handeln.
Du verstehst wirklich den Unterschied nicht? Gut, dann erkläre ich ihn Dir:
Die Frage, ob man Aussagen über Religionen machen kann, bedeutet, ob man (wahre) Aussagen über Religionen machen kann, mehr nicht. Kann man. Tausende. Ein paar beliebige:

Die größte Religionsgemeinschaft sich derzeit die Christen, gefolgt von den Moslems.
In Deutschland gibt es ca. 60% Menschen mit Konfessionszugehörigkeit.
Nicht jeder Gläubige auf dem Papier ist innerlich mit seiner Religion verbunden.
Katholiken glauben oft an die Möglichkeit einer jungfraulichen Empfängnis (dass diese zumindest einmal vorgekommen ist).
Es gibt religiös motivierten Terrorismus.


Das sind alles Aussagen über Religionen, die vermutlich alle stimmen und die man um 1000 weitere ergänzen könnte.
Eine Definition von Religion kann man auch liefern, darum gibt es ja über 100 davon, das ist bereits der empirische Beweis. Es hat sich nur bislang keine durchgesetzt.

D.h. man kann a) Aussagen über Religionen machen und b) Religionen definieren, nur hat sich c) eben keine durchgesetzt.
Ist vermutlich wie bei Definitionen von „Kunst“ oder „Philosophie“.
Aber Du wirst vermutlich keine durchtriebene Weltverschwörung und Vernebelungstaktik der Künstler befürchten, oder?
Zuletzt geändert von Vollbreit am Sa 13. Okt 2012, 12:05, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Vollbreit » Sa 13. Okt 2012, 11:41

Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:„Schaum vor Mund“: Natürlich, Du bist so kühl und gelassen wie ein norwegischer See in einer klaren Winternacht. ;-)


Vielleicht raue norwegische Küste. Aber es ist schon klar, du möchtest deine persönlichen Angriffe gerne noch etwas strecken und besser haften lassen. Mehr ist von einer Flitzpiepe auch nicht zu erwarten. Wundert mich, dass du dich wie eine Mimose anstellst.


Weil ich ein Mähähähädchen bin.

Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Ihr wisst, dass es Religionen gibt, aber ihr weigert euch Standhaft, zu benennen, was ihr denn seht.


Tu ich doch dauernd, im letzten Beitrag erst wieder. Ein buntes und breites Spektrum von… bis...
Wie oft denn noch?


Jetzt die Aussage, dass es keine Definition zu Religion gibt, hübsch eingerahmt. Eine Religion ist irgendwas/alles/bunt/vielfältig/Spektrum sind keine brauchbaren Aussagen. Du brauchst mich nicht für dumm verkaufen. Ein paar Zeilen oben hieß es noch, sie seien nicht definierbar.


Nein, sie ist laut wiki ungefähr 100 mal definiert worden.
Offensichtlich so verschieden, dass sich bisher keine Einigung über die wesentlichen Merkmale der Religion herausdestillieren konnte.

Lumen hat geschrieben:Meine Definitionen und Betrachtungen wurden in den Wind geschossen. Also läuft es auf unkonstruktive Haarspalterei heraus, denn: Ja, pedantisch betrachtet ist "ist ein buntes Spektrum" auch ein Merkmal, aber dann ist es vollkommen klar, dass dieses Merkmal ansonsten jede sonstige Einschätzung behindert.


Du kannst Dich ja an dem allgemeinen Diskurs um den Religionsbegriff nach besten Kräften beteiligen, wenn Dir der Sinn danach steht.
Wir können ja in unserem kleinen Kreis versuchen Merkmale von Religionen herauszuarbeiten, falls ein Interesse besteht, Vorarbeiten sind ja schon gleistet, z.B.:
http://de.wikipedia.org/wiki/Religionsp ... eligion.3F

Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben: Es ist bei euch eine Art Luftspiegelung, die es zwar gibt, aber die sich bei Betrachtung in Nichts auflöst.

Aha, vielleicht auch nur ein blinder Fleck bei Dir?


Nochmal zum mitschreiben, deine eigene Antwort:

Vollbreit hat geschrieben:Gut im Einzelnen. Definitionen: „Es gibt keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Definition des Begriffs Religion.“


Weiter im Text...


Ja, das sagt Wikipedia gleich an mehreren Stellen.
Ist dass denn für Dich ein Anzeichen für die religiöse Unterwanderung von Wikipedia durch religiöse Extremisten, die im Zuge eine Vernebelungstaktik und einer bewussten Desinformation versuchen die Aufklärung über Religion zu sabotieren?

Lumen hat geschrieben:Das ist auch mal wieder Quatsch. Erst war der (wertfreie) Begriff Apologet ein Indiz dafür, wie wütend ich angeblich sei.


Natürlich, der Ton macht die Musik. Wahrscheinlich bin ich auch ganz wertfrei eine „Flitzpiepe“ und „Mimose“ nicht wahr? Eigentor. Wem wirfst Du noch mal ad hominem Argumentationen vor?
Du schaffst es ja kaum Hinweis mal einen nichtentwertenden Beitrag ohne Unterstellungen und Beleidigungen zu schreiben. Das zeugt natürlich von einer übergroßen Gelassenheit.

Lumen hat geschrieben:Da diese Deutung nun doch nicht hinhaut, greifst du dir den nächsten Strohhalm. Nichts hat bei dir Hand und Fuß. Du möchtest irgendwie einen Stich machen, hast aber buchstäblich kein einziges Argument oder irgendetwas zu Hand.


Wenn das Deine Meinung ist, dass ich völlig gehaltlose Texte absondere, ja dann ignorier mich doch einfach, wie ich es mit Darth tue. Klappt prima, der schreibt in meinen Augen völlig gehaltlosen Mist, für den mir meine Lebenszeit zu schade ist.
Stattdessen strampelst Du Dich ab um aufzuzeigen, was ich einerseits für ein lächerlicher Idiot bin, aber andererseits für ein geschickter Verführer. Du hast halt ein emotionales Problem mit mir, also mit Typen, von denen Du denkst, dass es sich um gerissene., religiös motivierte Verführer handelt.

Lumen hat geschrieben:Deine einzige "Munition" sind die Texte, die dir als Antwort gegeben werden, wo du dann auf Suche gehst, was du in deinem Sinne verwenden kannst. Das ist eine vollkommen Windei Nummer hier. Mir tut es fast Leid auf einen unfähigen und wehrlosen einzureden. Man sollte dich einfach fabulieren lassen, da deine Angaben keinerlei Sinn ergeben.


Da schon wieder. Hochaffektiv und geladen bis in die Haarspitzen und Du weißt nicht mal so genau warum. Ich schon. ;-) Ist halt anstrengend mit Kübeln von Hass übergossen zu werden, der aber natürlich keiner ist, das ist ja nur die KHDeschner-Vernebelungstaktik der Apologeten.
Sag Lumen, ist Deine KHDeschner Verneblungstaktik-Vorwärtsverteidigung eigentlich möglicherweise tatsächlich eine Immunisierung? Das ist doch das Gelände in dem Du Dich auskennst. Wer will was verbergen, wem nutzt es, welche bösartige Strategie wird hier gefahren.
Wie kann man seinem Mitmenschen eigentlich konstant so etwas unterstellen, ohne mal selbst drauf zu kommen, wo die Quelle der Aggression liegen könnte? Tja, die Welt ist voller Rätsel.
Was das angeht, meine weniger als Deine.

Lumen hat geschrieben:Aha? Du hast doch noch nie ein Aha-Erlebnis gehabt.


Doch klar.
Ist so was Ähnliches, wie ne Offenbarung, nicht?

Lumen hat geschrieben: Häufigkeiten sind prinzipiell falsch?


Logisch betrachtet, ja.
Das ist die Nummer mit dem Induktionsschluss, auf den sich Atheisten, die statistisch, wenn sie zufällig was von Philosophie verstehen, übrigens überhäufig die empirische Tradition und Hume mögen, gerne berufen.
Russell, auf den Du u.a. abfährst – weil er Atheist ist, nicht weil Du ihn verstanden hast, falls pars pro toto für Dich gilt, was für Deine „Klassenkamerden“ gilt – hält große Stücke auf Hume, aus logsicher Sicht.
Aus dem Auftreten empirischer Ereignisse folgen generell keine logischen Konsequenzen respektive allgemeine Regeln. Die müssen deduktiv aufgestellt werden, in der Regel komplexe Theorien, von denen dann ein Teilstück die empirische Verifikation ist.

Also noch mal: Ja, prinzipiell falsch.

Lumen hat geschrieben:Ich nehme an, dass die Gerichtsfälle, Fakten, Analysen bis in die Geschichte der USA (Evangelikale und biblische Literalismus usw.) auch alles prinzipiell falsch ist, was diese Häufigkeit untermauert.


Alle empirischen Fakten, sind in einer logischen Frage immer falsch.
Darum heißt es prinzipiell falsch.
Die Frage ob die Fakten dabei stimmen, ist unerheblich.

Lumen hat geschrieben:Es ist kein Wunder, dass jemand wie du die Evolutionstheorie ablehnt, denn dein gesunder Menschenverstand ist offensichtlich komplett zerschossen.


Du irrst Dich ein weiteres Mal. Vielleicht nicht, was meinen gesunden Menschenverstand angeht, das mögen andere beurteilen, aber was meine vermeintliche Ablehnung der Evolutionstheorie angeht.
Ich lehne sie gar nicht ab. Das merkst Du halt nicht, weil Du nicht zwischen Kritik an einigen Punkten, wie z.B., dass die ET kaum Prognosen zulässt – ein wichtiges Element der Wissenschaftlichkeit –, ihre idiotische Ausdehnung zum Weltbild – dafür kann die ET selbst nichts – und die Tatsache, dass man nachträglich buchstäblich alles mit ihr rechtfertigen und durch sie erklären kann (könnte ich dann auch anhand von Horoskopen tun) und einer fundamentalen Kritik oder Ablehnung unterscheiden kannst. Für Dich geht dann die sofort die Warnlampe an, oh, da kritisiert jemand die ET, also lohnt er sie ab also ist das ein Religiöser also ein Kreationist aber das gibt er nicht zu also ist er ein besonders gerissener Kreationist. Jo und schon hast Du mich wieder mal verloren und spazierst in jenen Innenwelten umher wo Du auf Misstrauen, Argwohn, Aggression, Taktiererei, Manipulation und so weiter triffst… und glaubst, es seien die Innenwelten der religiösen Fanatiker, die Du da abschreitest.

Lumen hat geschrieben:Wahrscheinlich warst du jahrelang in einem Elfenbeinturm eingesperrt. Da kann man wie bei unserem radikal Haus-Reduktionisten nichts mehr machen.


Immerhin eine versteckte Ehrbezeichnung, Du hättest ja auch Kohlenkeller scheiben können.
Tatsächlich, um diese Spekulation etwas zu dämpfen, bin ich ein halbwegs freundlicher und undogmatischer und einigermaßer normaler Mensch, der Spaß an so etwas wie Philosophie und Weltanschauungen hat.

Lumen hat geschrieben:So noch einen Block, in voller Pracht:



Geht es dir um Semantik? Habe ich den Satz von der falschen Seite auf gesattelt? Ansonsten sollst du garnicht klatschen, denn du wirst beklatscht. Du bist hier ja der Clown. Du hast aber schon verstanden, dass Zölibat ein christliches Konzept ist, aber nicht alle Christen ehelos und enthaltsam leben? Du hast auch verstanden, dass es bei Katholiken eine offizielle Regel ist, während es in anderen christlichen Konfessionen die Regel nicht so strikt (oder garnicht angewendet wird)?

Deshalb kann ich dich nicht mehr ernst nehmen. Man weiß nicht, ob du einen verscheißerst, selbst eine Schraube locker hast, oder ob du ganz hart unter Asperger leidest und daher nicht in der Lage bist, die Bedeutung einer Aussage zu erfassen, wenn sie formell von irgendeinem Kriterium abweicht.


Hm, Du versuchst also nun, die präzise Klärung Deiner Vorgehensweise – ich meine den Fehler von einigen Eigenschaften pars pro toto auf die Klasse aller zu schließen und von dieser dann zurück aufs Individuum – nicht mehr so genau zu nehmen und lieber auf ein alltägliches „Weiß doch jeder, was gemeint ist“ zu rekurrieren, ist es das?

Aber Du willst Dich doch gar nicht in die Horde der Alltagsidioten einreihen, Du bist doch wissenschaftlich ambitioniert, Du weißt es doch besser, Du bist Klein-Dennett. Nun willst Du echt den Stammtisch zum Maß der Dinge machen und jeden einen üblen Pedanten nennen, der es anders sieht?
Du bist doch von der Fraktion knallharte Fakten, kein Gelaber und nun flüchtest Du Dich in Parolen.
Komm klär es auf: Du begehst einen Fehler, wenn Du vom Teil aufs Ganze schließt, wenn Du das nicht weißt, lies es nach:
http://de.wikipedia.org/wiki/Pars_pro_toto

Lumen hat geschrieben:Du könntest auch ein Troll sein.


Natürlich, vielleicht auch der wiedergeborene Christus, vielleicht auch ein Gefängnisinsasse, verurteilt wegen Mord im religiösen Wahn oder Leiter eines Supermarktes oder Theologiestudent oder Putzkraft in einem Großraumbüro oder arbeitsloser Alkoholiker der den ganzen Tag im Netz zubringt.

Lumen hat geschrieben:Aber niemand der noch bei Trost ist, würde einen solchen Affentanz bei der Aussage machen "das Zölibat kommt bei Katholiken eher vor als woanders". Deine Reaktion ist zu stark für eine, wenn überhaupt, minimale Ungenauigkeit.


Klar, das hat mich so richtig in Wallung gebracht, weil ich wie ein Tier um das Zölibat kämpfe, hast Du gut erkannt. Nur die Liebe zum Herrn ist wahre Liebe.

Lumen hat geschrieben:Ich mache mal einen Soft-Ignore. Ich lese dich noch als Comic-Relief, wenn ich Lust habe.


Tu was Du willst, Du bist ein freier Mensch.
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Vollbreit » Sa 13. Okt 2012, 11:52

@ stine:

Gut, akzeptiert, die Mitte, ich sehe das auch so.

@ Zappa:

Zappa hat geschrieben:Wenn ich dann sehe wie selbstgefällig sich kirchliche Würdenträger immer noch zu moralischen Problemen äußeren, dann kommt mir schon die Galle hoch.


Vielleicht ist das aber auch dem Umstand geschuldet, dass es insbesondere in naturalistischen und atheistischen Kreisen die selten dämliche Einstellung gibt, man könne auf Moral generell verzichten.
Wer so bereitwillig das Feld räumt, der darf sich nicht darüber beschweren, wenn andere es selbstgefällig beackern.
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Zappa » Sa 13. Okt 2012, 12:30

Vollbreit hat geschrieben:@ Zappa:

Zappa hat geschrieben:Wenn ich dann sehe wie selbstgefällig sich kirchliche Würdenträger immer noch zu moralischen Problemen äußeren, dann kommt mir schon die Galle hoch.


Vielleicht ist das aber auch dem Umstand geschuldet, dass es insbesondere in naturalistischen und atheistischen Kreisen die selten dämliche Einstellung gibt, man könne auf Moral generell verzichten.
Wer so bereitwillig das Feld räumt, der darf sich nicht darüber beschweren, wenn andere es selbstgefällig beackern.


Ich denke das liegt eher daran, dass diese Leute den Unterschied zwischen Groß- und Kleinschreibung nicht beherrschen :mg:

Im Ernst: Natürlich kann man sich auf philosophischer Ebene darüber unterhalten, ob es die Begriffe mit den Großbuchstaben am Anfang (Wahrheit, Moral, Glaube, Gut, Böse, Gott, Willensfreiheit) wirklich gibt bzw. ob man deren Existenz gut begründen kann. Das es aber Entitäten wir moralischen Empfinden, gute und schlechte Taten, gefühlte Entscheidungsfreiheit etc. gibt kann ja niemand ernsthaft bestreiten. Selbst hier im Forum argumentieren die Apologeten der Moralfreiheit ständig mit stark moralisch getränktem Vokabular. Das es also eine moralische Rede gibt ist Fakt. Auch das es gewisse Entscheidungen und gesellschafftspolitische Debatten über richtige und falsche Verhaltensweisen gibt, kann ja nur albernerweise bestritten und schon gar nicht wegdefiniert werden. Man muss dazu auch eigentlich irgendeine Stellung beziehen (und tut das meiner Meinung nach auch), die Begründungen sind halt immer anderer. Und dabei sind mir diskursabschneidende Letztbegründungen (Gott, Moralfreiheit) immer suspekt.

Für mich ist das ein mäandernder Diskurs, der sich im Idealfall dem Zustand vollkommener Weisheit und Frieden auf Erden sowie der Erkenntnis vollkommener Wahrheit nähert :ohm:
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Vollbreit » Sa 13. Okt 2012, 13:01

Zappa hat geschrieben:Im Ernst: Natürlich kann man sich auf philosophischer Ebene darüber unterhalten, ob es die Begriffe mit den Großbuchstaben am Anfang (Wahrheit, Moral, Glaube, Gut, Böse, Gott, Willensfreiheit) wirklich gibt bzw. ob man deren Existenz gut begründen kann. Das es aber Entitäten wir moralischen Empfinden, gute und schlechte Taten, gefühlte Entscheidungsfreiheit etc. gibt kann ja niemand ernsthaft bestreiten.


Och…
Naja, man sollte es nicht tun.

Zappa hat geschrieben:Selbst hier im Forum argumentieren die Apologeten der Moralfreiheit ständig mit stark moralisch getränktem Vokabular.


Das ist ja nicht moralisch, sondern sie zeigen nur die Fakten auf und wie die Dinge wirklich sind (würden sie entgegnen, die Spaßvögel).

Zappa hat geschrieben:Das es also eine moralische Rede gibt ist Fakt.


Man sollte meinen, dazu könne es keine zwei Meinungen geben, ja.
Gelegentlich wird man eines Besseren belehrt.

Zappa hat geschrieben:Auch das es gewisse Entscheidungen und gesellschafftspolitische Debatten über richtige und falsche Verhaltensweisen gibt, kann ja nur albernerweise bestritten und schon gar nicht wegdefiniert werden.


Ich habe hier schon Albernheiten gelesen.

Zappa hat geschrieben:Man muss dazu auch eigentlich irgendeine Stellung beziehen (und tut das meiner Meinung nach auch), die Begründungen sind halt immer anderer. Und dabei sind mir diskursabschneidende Letztbegründungen (Gott, Moralfreiheit) immer suspekt.


Naja, es gibt auch nicht diskursabschneidende Letztbegründungen, z.B. bei Apel.
Wie auch immer, ich sehe das auch so, dass selber zu denken besser ist, als autoritätshörig in die eine oder andere Richtung zu sein, falls das Selberdenken einen eher postkonventionellen, mehr als gewöhnlichen Charakter annimmt.

Zappa hat geschrieben:Für mich ist das ein mäandernder Diskurs, der sich im Idealfall dem Zustand vollkommener Weisheit und Frieden auf Erden sowie der Erkenntnis vollkommener Wahrheit nähert :ohm:


Was versöhnlich klingt, aber nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass führende Atheisten, Bücher wie „Jenseits von Gut und Böse“ veröffentlichen und es die starke Tendenz in der Atheisten Szene gibt, Moral als willkürlich gesetztes, dummes Zeug anzusehen.

Da verspielt man mehr als man gewinnt, u.a. die Chance zu guter Religionskritik:
Comte-Sponville hat geschrieben: „Soll man aufhören die Wahrheit zu lieben? Das wäre ein schönes Geschenk an den Totalitarismus, man würde sich dadurch praktisch verbieten, ihn zu bekämpfen! Der ideale Untertan des totalitären Regimes, bemerkte Hannah Arendt, sei weder der überzeugte Nazi noch der überzeugte Kommunist, sondern der Mensch, für den der Unterschied zwischen Tatsache und Fiktion, zwischen Wahr und Falsch verschwunden sei. Die Sophistik arbeitet dem Totalitarismus in die Hände: Wenn nichts wahr ist, was kann man dann den Lügen noch entgegensetzen? Wenn es keine Tatsachen gibt, wie kann man dem Totalitarismus dann noch vorwerfen, sie zu verschleiern und zu entstellen, und was kann man dann seiner Propaganda entgegensetzen?“ (André Comte-Sponville, Ermutigung zum unzeitgemäßen Leben, rororo, dt.1996, S.194)


Comte-Sponville hat geschrieben:„Der erste dieser Gründe ist, dass Wahrheitsliebe [...] auch das Eingeständnis bedeutet, dass man sie nie absolut und mit völliger Gewissheit kennt.“ (ebd. S.196)


Comte-Sponville hat geschrieben: „Der zweite Grund hat mehr mit Politik als mit Moral zu tun, und mehr mit den Grenzen des Staates als mit den Grenzen des Wissens. Selbst wenn er Zugang zum Absoluten hätte, wäre damit der Souverän nicht imstande, es irgend jemandem aufzuzwingen: Man kann einen Menschen nicht zwingen anders zu denken, als er denkt, oder für wahr zu halten, was ihm falsch zu sein scheint.“ (ebd. S.197)


Comte-Sponville hat geschrieben:„Der dritte Grund, ist der, den ich zuerst genannt habe; aber er ist vielleicht in unserer Geisteswelt der jüngste und vielleicht der am wenigsten allgemein akzeptierte: Es geht um die Trennung (oder sagen wir, um die gegenseitige Unabhängigkeit) von Wahrheit und Wert, von Wahr und Gut. Wenn die Wahrheit befiehlt, wie Platon, Stalin oder Johannes Paul II. glauben, kann Tugend nur bedeuten, dass man sich ihr unterwirft. Und da die Wahrheit für alle gleich ist, müssen sich auch alle den gleichen Werten, den gleichen Regeln, den gleichen Imperativen unterwerfen: Eine einzige Wahrheit für alle, also auch eine einzige Moral, eine einzige Politik, eine einzige Religion für alle! Außer der Wahrheit kein Heil, außer der Kirche oder außer der Partei keine Wahrheit... Der praktische Dogmatismus, der den Wert als Wahrheit denkt, führt zum ruhigen Gewissen, zur Selbstgefälligkeit, zur Ablehnung oder Verachtung des anderen – zur Intoleranz. All jene, die sich nicht der Wahrheit über dass moralisch Gute und Böse unterwerfen, sagt z.B. Johannes Paul II., also all jene, die sich nicht der durch göttliches Gesetz festgelegten Wahrheit als „allgemeiner und objektiver Richtlinie der Moral“ unterwerfen, leben in der Sünde, und obwohl man sie bedauern und lieben muss, so kann man ihnen doch nicht ihr Recht zugestehen, andere Überzeugung zu sein: Man würde in Subjektivismus, Relativismus oder Skeptizismus verfallen und dadurch vergessen, dass es keine Freiheit außer der Wahrheit oder gegen sie gibt. Da die Wahrheit nicht von uns abhängt, so hängt auch die Moral nicht von uns ab: Die moralische Wahrheit, sagt Johannes Paul II., ist für alle verbindlich und kann nicht von den Kulturen, von der Geschichte oder von irgendeiner Selbstbestimmtheit des Menschen oder der Vernunft abhängen. Welche Wahrheit? Natürlich die „geoffenbarte“, so wie sie die Kirche, und nur sie, überliefert! Da können alle zu Pille und Kondom greifenden katholischen Ehepaare, alle Homosexuellen, alle modernistischen Theologen dagegen sein, es hilft nichts: Die Tatsache, dass gewisse Gläubige entgegen der Lehre des Lehramtes handeln und dass sie irrigerweise ein Verhalten als moralisch gerecht erachten, das ihre Hirten als gegen Gesetz Gottes verstoßend erklärt haben, kann kein gültiger Grund dafür sein, dass man die Wahrheit der von der Kirchen gelehrten moralischen Normen ablehnt. Auch das individuelle oder kollektive Gewissen kann daran nichts ändern: In der Antwort der Kirche wird die Stimme Jesu Christi laut, die Stimme der Wahrheit über Gut und Böse. Die Wahrheit ist für alle verpflichtend, demnach auch für die Religion (da sie die „wahre“ Religion ist), demnach auch für die Moral (da die Moral auf der Wahrheit gründet). Es ist eine Philosophie der russischen Puppen: Man muss der Wahrheit gehorchen, also Gott, also der Kirche, also dem Papst... Atheismus oder Abfall vom Glauben zum Beispiel sind Todsünden, die, wenn sie nicht bereut werden, zu ewiger Verdammnis führen. Womit ich, ganz abgesehen von meinen zahlreichen anderen Verfehlungen, bereits zweimal verdammt wäre... So etwas nennt Johannes Paul II. die bestärkende Gewissheit des christlichen Glaubens. Veritas terror!
Ich will mich bei dieser Enzyklika nicht aufhalten, da sie kaum Bedeutung hat. Da die historischen Umstände (zumindest im Westen und in absehbarer Zeit irgendeinen Rückfall in die Inquisition oder in die moralische Zucht und Ordnung als äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen, müssen die Positionen der Kirche, selbst wenn die intolerant sind, natürlich toleriert werden. Wir haben gesehen, dass einzig die Gefährlichkeit einer Haltung (und nicht die bewiesene Toleranz oder Intoleranz) darüber entscheiden darf, ob sie toleriert werden soll oder nicht: Glücklich unsere Epoche und unser Land, wo selbst die Kirchen nicht mehr gefährlich sind! Die Zeiten sind vorbei, da sie einen Giordano Bruno auf den Scheiterhaufen bringen, Jean Clas aufs Rad flechten oder den Chevalier de la Barre (mit neunzehn Jahren!) enthaupten konnten. Im übrigen habe ich diese Enzyklika nur als Beispiel genommen, um zu zeigen, dass der praktischen Dogmatismus, selbst in abgemilderter Form, noch immer zur Intoleranz führt. Wenn Werte wahr sind, wenn sie Wissen sind, kann man weder über die diskutieren noch sich für sie entscheiden, und der die unseren nicht teilt, der irrt: Er verdient also allenfalls jene Toleranz, die manchmal Unwissenden oder Dummköpfen zugestanden wird. Aber ist das noch Toleranz?“ (ebd. S.198-200)


Wer der expliziten Adressaten dieser Zeilen sind, ist klar zu lesen.
Dass sie auch für jene Naturalisten gelten, die ihre Moral dann – wie auch immer sie sich das vorstellen – aus der Wahrheit der natürlichen Verhältnisse bergen wollen, werden sie ein weiteres Mal nicht erkennen.
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Lumen » Sa 13. Okt 2012, 14:18

Vollbreit, die Definitionslage zu Religion war bereits die Ausgangssituation. Da wir im Diskurs meistens die drei abrahamitischen Religionen, Judentum, Islam, Christentum meinen (und Religionen ähnlichen Designs), ist Dennetts Definition nützlich und allgemeinverständlich. Es sind Religionen mit einem oder mehreren höheren Mächten, ob sie Götter oders anders heissen, und die so beschaffen sind, dass Menschen ihre Gunst gewinnen können. That's it. Das ist der engere Zaun in dem unübersichtlichen Feld. Es gibt offenbar keinen Zweifel daran, dass Götter und Verehrung unter den Begriff Religion fallen. Die offene Frage ist, ob das Phänomen damit sauber erfasst wurde, und da kommt die weiter gefasste Definition ins Spiel. Auch auf diese bin ich hier eingegangen. Meine Sichtweise ist die, dass es in der Tat fliessende Übergänge gibt. Ich bin dort auf "Fankulte" eingegangen und bin der Meinung, dass z.B. Scientology (dessen Gründer ein Sci-Fi Autor war) das auch nochmals gut untermauert. Damit sind deine Einwände zur Definition lange hinfällig, und bin auch nicht "Klein-Dennett". Wenn dir das alles zu unfein ist und zu deinen soziologisch-linksmarxistischen Denkweisen nicht passt, dann bist halt raus aus dem Diskurs.

Die Meinung oder auch Geschmack ist bei Leuten auch selten genau vorgefasst. Wenn jemand vor die Wahl gestellt wird, eine grüne oder eine blaue Tasse zu nehmen, hat jemand ja keine vorgefasste Meinung zu genau dem Sachverhalt. Aber es gibt Tendenzen und Wahrscheinlichkeiten. Lässt man den Versuch tausende Male laufen, kristalliert sich gleichsam die Einstellung heraus. Wenn man Evangelikale zu Thema X befragt, werden diese Leute vielleicht keine vogefasste Meinung haben, aber durch ihr Umfeld und ihre Erziehung kann es eine Tendenz geben, die dann in Häufigkeiten sichtbar wird. In der Praxis gibt es sogenanntes A/B Tests, um ein Beispiel zu nennen.

Desweiteren sehe ich dein Problem mit der Aussage "Zölibat ist bei Katholiken häufiger" nicht und sehe auch kein Pars Pro Toto. Das Zölibat steht ja nicht für Katholiken ein, und die Aussage bedeutet auch nicht "alle Katholiken leben zölibatär" oder gar "es gibt nur katholische Menschen, die zölibatär leben". Wenn mögliche Fehler bei Formulierungen einräume, dann bezieht sich das darauf, dass ich selbst im Forum nicht den Anspruch erhebe, wissenschaftlich korrekt und logisch wasserdicht zu argumentieren. Dass wäre müßig, jeden Satz darauf abzuklopfen. Entweder hat jemand die Fähigkeit, halbwegs mitzdenken, was gemeint ist, oder eben nicht. Wenn es um Spitzfindigkeiten, Maschinenlogik oder Haarspaltereien gehen soll, dann halte ich mich da lieber raus. Ich benutzte dafür auch zu oft rhetorische Firguren und Analogismen. Falls es also einen Fehler dieser Art in der Form gab, ist das nett zu wissen, aber trägt zur Sache auch nicht viel bei. Soweit ich es aber jetzt verstanden habe, ging es dir doch um den Sachverhalt. Also findest du, dass das Zölibat nicht bei katholiken häufiger vorkommt als anderswo. Gedenkst du das mittels Häufigkeiten zu belegen, denen du die Nützlichkeit absprichst?

Wie gesagt, das ist eine Diskussion, wo es wirklich am prinzipiellen hapert. Konzepte und Vorstellungen und auch Erwartungen sind andauernd quantitativ gespeist. In der fernen Zukunft würde ich nach einem Knopf suchen, der die Türe offnet, heute gehe ich davon aus, dass der Türknauf diese Funktion erfüllt. Ich gehe davon aus, dass ich beim Betreten eines Verkehrsmittels, auch in anderen Orten wo ich vorher noch nie war, eine Fahrkarte brauche. Ich erwarte von einer Frau nicht, dass sie, wenn sie zur Toilette muss, mal eben kurz an den Busch gehen kann. Sehe ich eine Frau mit Kopftuch und einen Mann mit einem schwarzen Vollbart, dann gehe ich davon aus, dass die Leute dem Glauben des Islam angehören und so weiter. Umgedreht bedeutet dies, dass die Konstellation Mann mit Bart und Frau mit Kopftuch beim Islam offenbar häufiger vorkommt, als bei anderen Gruppen. Wie gesagt, wenn es kein haarspalterischer Formfehler ist, auf den es für dich ankommt, @vollbreit, gehe ich davon aus, dass du wie bei manchen anderen Kandidaten im Forum offenbar wortwörtlich nicht die gleiche Sprache sprichtst.

Übrigens, Alan Moores Promethea steht neben Joseph Campells A Hero with A Thousand Faces. Ich halte ziemlich viel von dem Zeug und auch von Moores magischem Denken. Es ist aber anders als du denkst, um es kurz zu machen.
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Zappa » Sa 13. Okt 2012, 15:10

@Vollbreit: Ich muss zu meiner Schande gestehen den Autor bislang nicht gekannt zu haben, wird sich aber bald ändern; besonders die Begründung der Unterscheidung von Wahr und Gut finde ich höchst interessant. Diesbezüglich habe auch ich wohl in der Vergangenheit intellektuell geschlampt.
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Vollbreit » Sa 13. Okt 2012, 19:15

@ Lumen:

Lumen hat geschrieben:Vollbreit, die Definitionslage zu Religion war bereits die Ausgangssituation. Da wir im Diskurs meistens die drei abrahamitischen Religionen, Judentum, Islam, Christentum meinen (und Religionen ähnlichen Designs), ist Dennetts Definition nützlich und allgemeinverständlich.


Das mag ja sein.

Lumen hat geschrieben:Es sind Religionen mit einem oder mehreren höheren Mächten, ob sie Götter oders anders heissen, und die so beschaffen sind, dass Menschen ihre Gunst gewinnen können. That's it. Das ist der engere Zaun in dem unübersichtlichen Feld. Es gibt offenbar keinen Zweifel daran, dass Götter und Verehrung unter den Begriff Religion fallen.


Die Frage ist, ob das für eine Definition reicht.
Dann ist der Buddhismus draußen, Voodoo drin, Esoterik vielleicht auch, da würden sicher einige Sturm laufen.

Lumen hat geschrieben:Meine Sichtweise ist die, dass es in der Tat fliessende Übergänge gibt. Ich bin dort auf "Fankulte" eingegangen und bin der Meinung, dass z.B. Scientology (dessen Gründer ein Sci-Fi Autor war) das auch nochmals gut untermauert. Damit sind deine Einwände zur Definition lange hinfällig, und bin auch nicht "Klein-Dennett". Wenn dir das alles zu unfein ist und zu deinen soziologisch-linksmarxistischen Denkweisen nicht passt, dann bist halt raus aus dem Diskurs.


Ach Du lieber Himmel, jetzt bin ich ein Linksmarxist, inzwischen habe ich vom katholischen Demagogen, über den Evangelikalen und den relativistischen Troll schon ein hübsches Sträußchen zusammen.
Mit den fließenden Übergängen, das ist wohl die bessere Idee.

Lumen hat geschrieben:Desweiteren sehe ich dein Problem mit der Aussage "Zölibat ist bei Katholiken häufiger" nicht…


Das ist doch gut, ich habe nämlich überhaupt kein Problem damit.

Lumen hat geschrieben:… und sehe auch kein Pars Pro Toto. Das Zölibat steht ja nicht für Katholiken ein, und die Aussage bedeutet auch nicht "alle Katholiken leben zölibatär" oder gar "es gibt nur katholische Menschen, die zölibatär leben".


Ja, das scheinst Du wirklich nicht zu kapieren und ich erklär’s jetzt auch nicht mehr.

Lumen hat geschrieben:Wie gesagt, das ist eine Diskussion, wo es wirklich am prinzipiellen hapert.


Stimmt. :-)

Lumen hat geschrieben:Wie gesagt, wenn es kein haarspalterischer Formfehler ist, auf den es für dich ankommt, @vollbreit, gehe ich davon aus, dass du wie bei manchen anderen Kandidaten im Forum offenbar wortwörtlich nicht die gleiche Sprache sprichtst.


Ich bin sehr sicher, dass wir nicht die gleiche Sprache sprechen.

Lumen hat geschrieben:Übrigens, Alan Moores Promethea steht neben Joseph Campells A Hero with A Thousand Faces. Ich halte ziemlich viel von dem Zeug und auch von Moores magischem Denken. Es ist aber anders als du denkst, um es kurz zu machen.


Ich glaube Du weißt gar nicht so gut, was ich denke und umgekehrt denke ich wirklich nicht intensiv über Dich nach.


@ Zappa:

Das Buch ist wirklich gut und ein Versäumnis, was man nachholen kann, das Queenkonzert ja leider nicht mehr. Spread your wings and fly away…
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Lumen » So 14. Okt 2012, 17:32

Vollbreit, außer deiner üblichen Selbstdarstellung kann ich im letzten Beitrag keinen Inhalt finden, auf den ich Bezug nehmen könnte. Diese Passage von dem davor klingt allerdings ziemlich relativistisch:

Vollbreit hat geschrieben:
Comte-Sponville hat geschrieben:Und da die Wahrheit für alle gleich ist, müssen sich auch alle den gleichen Werten, den gleichen Regeln, den gleichen Imperativen unterwerfen: Eine einzige Wahrheit für alle, also auch eine einzige Moral, eine einzige Politik, eine einzige Religion für alle! Außer der Wahrheit kein Heil, außer der Kirche oder außer der Partei keine Wahrheit... Der praktische Dogmatismus, der den Wert als Wahrheit denkt, führt zum ruhigen Gewissen, zur Selbstgefälligkeit, zur Ablehnung oder Verachtung des anderen – zur Intoleranz.


Hier wird eine (theoretisch mögliche) Wahrheit mit historischen Behauptungen dieser Wahrheit in eins gesetzt. Anders gesagt, die Tatsache, dass Leute andauernd die eine Wahrheit gefunden haben wollen, damit aber falsch lagen, bedeutet noch lange nicht, dass es keine gibt. Natürlich gibt es sie. Und es gibt graduelle Abstufung von "Wahrheiten" davon ausgehend. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist das Universum kein Supercomputer, dass von Außerirdischen betrieben wird, und wir alle sind nur Simulationen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gibt es keinen biblischen Gott, keine sprechenden Schlangen und auch keine Erbsünden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind Engelserscheinungen oder spirituelle Erfahrungen ein Produkt der Gehirnchemie, zumal sie vollständig reproduzierbar sind (das Heilmittel für deine mystischen Erscheinungen nennt sich DMT oder Ketamin).

Natürlich gibt es die eine Wahrheit, und wir selbst sind durch unsere durch Evolution entstandenen Wahrnehmungsapparate an diese angepasst und selbst ein Teil davon. Wir haben Probleme mit Set-Theorie und unendlichen Regressen, oder Paradoxien, aber die sind Teil unserer Denkweisen, nicht Teil einer mystischen Natur. Bemerkenswert ist eher, dass Menschen die Grenzen ihrer Wahrnehmung und ihrer Denkprozesse mittlerweile ganz gut ausgelotet haben und begonnen haben, sie zu umgehen, soweit das möglich ist. Das stellt uns vor weiteren Paradoxien und Regressen, z.B. kann ein System mit seinen Bestandteilen im Inneren, sich selbst in Gänze (also inkl. der Umrandung) vollständig erfassen? Wie kann ein gesamtes Gebäude, innerhalb dieses Gebäudes vollständig abgebildet werden? (wie kann es in sich selbst hineinpassen?) Als Modell (gedankliches) zum Beispiel, und das bedeutet...
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Nanna » So 14. Okt 2012, 18:05

Ja, aber auf der Baustelle sind wir doch gar nicht?
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Vollbreit » So 14. Okt 2012, 18:28

Lumen hat geschrieben:Vollbreit, außer deiner üblichen Selbstdarstellung kann ich im letzten Beitrag keinen Inhalt finden, auf den ich Bezug nehmen könnte. Diese Passage von dem davor klingt allerdings ziemlich relativistisch:

Vollbreit hat geschrieben:
Comte-Sponville hat geschrieben:Und da die Wahrheit für alle gleich ist, müssen sich auch alle den gleichen Werten, den gleichen Regeln, den gleichen Imperativen unterwerfen: Eine einzige Wahrheit für alle, also auch eine einzige Moral, eine einzige Politik, eine einzige Religion für alle! Außer der Wahrheit kein Heil, außer der Kirche oder außer der Partei keine Wahrheit... Der praktische Dogmatismus, der den Wert als Wahrheit denkt, führt zum ruhigen Gewissen, zur Selbstgefälligkeit, zur Ablehnung oder Verachtung des anderen – zur Intoleranz.


Welcher Wahrheit müssen denn alle folgen?

Lumen hat geschrieben:Hier wird eine (theoretisch mögliche) Wahrheit mit historischen Behauptungen dieser Wahrheit in eins gesetzt. Anders gesagt, die Tatsache, dass Leute andauernd die eine Wahrheit gefunden haben wollen, damit aber falsch lagen, bedeutet noch lange nicht, dass es keine gibt. Natürlich gibt es sie.


Klar. Hängt von der Wahrheitstheorie ab, die man favorisiert.

Lumen hat geschrieben:Und es gibt graduelle Abstufung von "Wahrheiten" davon ausgehend.


Eigentlich nicht.
Ein bisschen wahr ist wie ein bisschen schwanger.
Ein Aussage, die Wahrheit beansprucht, ist entweder wahr oder falsch.

Lumen hat geschrieben:Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist das Universum kein Supercomputer, dass von Außerirdischen betrieben wird, und wir alle sind nur Simulationen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gibt es keinen biblischen Gott, keine sprechenden Schlangen und auch keine Erbsünden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind Engelserscheinungen oder spirituelle Erfahrungen ein Produkt der Gehirnchemie, zumal sie vollständig reproduzierbar sind (das Heilmittel für deine mystischen Erscheinungen nennt sich DMT oder Ketamin).


Ja, das sind die Fragen, die wir eben nicht abschließend beurteilen können. Wir wissen es eben nicht so genau.

Lumen hat geschrieben:Natürlich gibt es die eine Wahrheit, und wir selbst sind durch unsere durch Evolution entstandenen Wahrnehmungsapparate an diese angepasst und selbst ein Teil davon.


Welche ist das?

Lumen hat geschrieben:Wir haben Probleme mit Set-Theorie und unendlichen Regressen, oder Paradoxien, aber die sind Teil unserer Denkweisen, nicht Teil einer mystischen Natur. Bemerkenswert ist eher, dass Menschen die Grenzen ihrer Wahrnehmung und ihrer Denkprozesse mittlerweile ganz gut ausgelotet haben und begonnen haben, sie zu umgehen, soweit das möglich ist. Das stellt uns vor weiteren Paradoxien und Regressen, z.B. kann ein System mit seinen Bestandteilen im Inneren, sich selbst in Gänze (also inkl. der Umrandung) vollständig erfassen? Wie kann ein gesamtes Gebäude, innerhalb dieses Gebäudes vollständig abgebildet werden? (wie kann es in sich selbst hineinpassen?) Als Modell (gedankliches) zum Beispiel, und das bedeutet...


Stimmt, es gibt viele faszinierende Ansätze.
Aber worauf willst Du hinaus?
Zuletzt geändert von Nanna am So 14. Okt 2012, 18:31, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Zitate repariert
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Lumen » So 14. Okt 2012, 19:54

Vollbreit hat geschrieben:Welcher Wahrheit müssen denn alle folgen?


Die Antwort darauf war bereits, dass sie niemand kennt und kennen kann (es gibt sie aber). Von "Befolgen" war garkeine Rede. Netter Trick.

Vollbreit hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Und es gibt graduelle Abstufung von "Wahrheiten" davon ausgehend.


Eigentlich nicht.
Ein bisschen wahr ist wie ein bisschen schwanger.
Ein Aussage, die Wahrheit beansprucht, ist entweder wahr oder falsch.


Stimmt nicht. Bei zweiwertiger Logik vielleicht. Ansonsten erklär doch mal, was du meinst.


Vollbreit hat geschrieben:Ja, das sind die Fragen, die wir eben nicht abschließend beurteilen können. Wir wissen es eben nicht so genau.


Nein, und das war auch nicht die Aussage. Wir können sehr wohl wissen, ob es sprechende Schlangen gab. Schlangen haben keine geeignete Anatomie um zu sprechen, und hatten offenbar auch vor 6.000—10.000 Jahren keine entsprechenden Anatomie.


Vollbreit hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Natürlich gibt es die eine Wahrheit, und wir selbst sind durch unsere durch Evolution entstandenen Wahrnehmungsapparate an diese angepasst und selbst ein Teil davon.


Welche ist das?


Die Wirklichkeit, die Natur, die Realität, wobei das miteinschließt, dass es provisorische Bezeichnungen und ungenaue Definitionen sind. Wie gesagt, wir wissen nicht wie es "wirklich" und "wahrhaftig" ist, nähern uns aber an.


Vollbreit hat geschrieben:Stimmt, es gibt viele faszinierende Ansätze.
Aber worauf willst Du hinaus?


Na, auf die Existenz dieser Wahrheit/Wirklichkeit und den Gründen, warum wir sie nicht vollständig kennen (können), was aber nicht bedeutet, vollständig im Dunkeln zu tappen.Wir haben eine ganz gute Idee davon.
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Vollbreit » So 14. Okt 2012, 22:32

Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Welcher Wahrheit müssen denn alle folgen?


Die Antwort darauf war bereits, dass sie niemand kennt und kennen kann (es gibt sie aber). Von "Befolgen" war garkeine Rede. Netter Trick.


Hm, niemand kennt die Wahrheit, niemand kann sie kennen, es gibt sie aber.
Und woher weißt Du das? Direkter Draht zu Gott?

Das „Befolgen“ ergab sich – fragend, Lumen – aus der Beobachtung, dass Du den Text von Comte-Sponville, in dem er sich dagegen aussprach, Wahrheit und Wert (Moral) in einem Atemzug zu nennen, weil dann jeder, der sich der einen Wahrheit verpflichtet fühlt (oder auf sie verpflichtet wird) einem Wert (einer Moral) folgen müsste, als zu relativistisch ablehntest.

Ich schloss daraus, dass Du, weniger „relativisitsch“ (ich sehe darin keinen Relativismus) der Meinung sein könntest, es gäbe genau eine Wahrheit und die sei, über die (weniger relativistische) Identifizierung von Wahrheit und Wert (Moral) eine, der jeder folgen müsse.

Offenbar bist Du aber anderer Auffassung, an welcher Stelle genau bist Du denn anderer Auffassung?


Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ein Aussage, die Wahrheit beansprucht, ist entweder wahr oder falsch.


Stimmt nicht. Bei zweiwertiger Logik vielleicht. Ansonsten erklär doch mal, was du meinst.


Nun, was ich gesagt habe ist eigentlich klar und eindeutig und bedarf keiner weiteren Erläuterung.

Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ja, das sind die Fragen, die wir eben nicht abschließend beurteilen können. Wir wissen es eben nicht so genau.


Nein, und das war auch nicht die Aussage. Wir können sehr wohl wissen, ob es sprechende Schlangen gab. Schlangen haben keine geeignete Anatomie um zu sprechen, und hatten offenbar auch vor 6.000—10.000 Jahren keine entsprechenden Anatomie.


Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit heißt eben, dass man es nicht weiß.
Das ist so.

Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Natürlich gibt es die eine Wahrheit, und wir selbst sind durch unsere durch Evolution entstandenen Wahrnehmungsapparate an diese angepasst und selbst ein Teil davon.


Welche ist das?


Die Wirklichkeit, die Natur, die Realität, wobei das miteinschließt, dass es provisorische Bezeichnungen und ungenaue Definitionen sind. Wie gesagt, wir wissen nicht wie es "wirklich" und "wahrhaftig" ist, nähern uns aber an.


Was ist Wahrheit für Dich?
Du weigerst Dich immer zu sagen, welche Wahrheitstheorie diejenige ist, die für Dich gilt.
Falls Du darauf hinaus willst, dass alles das was ist wahr genannt wird, weil es ja ist, erklär mir bitte, wie Du mit der Paradoxie umgehst, dass dann auch für eine Lüge gelten muss, dass sie wahr ist, denn auch Lügen gibt es, ebenso wie Käfer, Pyramiden, Flüsse, Nebensätze und Internetforen.

Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Stimmt, es gibt viele faszinierende Ansätze.
Aber worauf willst Du hinaus?


Na, auf die Existenz dieser Wahrheit/Wirklichkeit und den Gründen, warum wir sie nicht vollständig kennen (können), was aber nicht bedeutet, vollständig im Dunkeln zu tappen.Wir haben eine ganz gute Idee davon.


Ja, haben wir.
Wir wissen halt nicht, ob wir beeindruckende 97% aller Rätsel gelösten haben, oder nur 3%.
Vielleicht sind wir auf einer völlig falschen Fährte in vielen Dingen.

Um sich da nicht im Kreis zu drehen, sollte man dort beginnen, wo man sich sicher sein kann und von da aus den Kreis immer größer ziehen. Die bottom up Story, mag sich stimmen oder nicht, das ist hierbei irrelevant, ist dazu völlig ungeeignet, weil sie auf Theorien aufbaut, die bezweifelt werden können.

Wann immer Du Deine Wahrheit auf Empirisches gründest, bist Du verraten und verkauft, weil Du immer a) in Humes Mühle kommst, b) es rückwirkend eben doch sein kann, dass Schlangen sprechen konnten und man nur die Fossilien noch nicht gefunden hat, was in völlig idiotische Diskussionen führt c) ist Empirisches immer unzureichend überhaupt in Theorien zu gelangen, auch in Wahrheitstheorien.

Wenn Du wir schon so ein großes Thema vorknöpfst, solltest Du Dich auch richtig damit beschäftigen.

Mein Statement ist (derzeit):
- Nur Aussagen können Wahrheit beanspruchen und demnach wahr (oder falsch) sein.
- Die besten Wahrheitstheorien sind die, die wir benutzen, eine Mischung aus Korrespondenztheorie und Konsenstheorie, beide haben auch ihre Schwächen.
- Die Grundlage all unserer Wissenschaft und unserer philosophischen Diskurse und unserer Alltagsgespräche ist die zweiwertige Prädikatenlogik, Ausnahmen sind logische oder mathematische Fachsprachen.
- Es gibt Wahrheiten, die man vielleicht ewig oder absolut nennen kann.
Ich weiß nicht wie viele das sind: Sicher sind sie für ein definiertes logisches System mit endlichen Schlussregeln. Eventuell gilt das für Wahrheiten der Mystik. Eventuell kann man von bestimmten Alltagswahrnehmung davon sprechen, dass sie wahr sind: Aus der Tatsache, dass ich mich mit Dir austausche, darf ich schließen, dass ich existiere und so gibt es weitere Evidenzen.
Möglicherweise liegt Apel richtig und es gibt Letztbegründungen: Das wären Aussagen oder Gedanken zu denen jedes vernünftige und zur Reflexion fähig Mensch kommen müsste, nachdem er sich bestimmte Frage vorgelegt hat und zu Ende gedacht hat.

Mehr weiß ich über das Thema nicht.
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon Lumen » Mo 15. Okt 2012, 13:03

Das Problem ist, dass die Wirklichkeit die Häppchen nicht kennt, in die unsere Wahrnehmung sie einteilen möchte. In Wirklichkeit gibt es keine Planeten und auch keine Bäume. Für uns existiert etwas nur dann, wenn wir ein Etikett drangeklebt haben und es damit verarbeitbar wird. Es ist offenbar entweder garnicht oder nur sehr umständlich möglich, den Etikettierungsmechanismus abzustellen, was nach meiner Einschätzung ein Teil der Zen-Tradition ausmacht. Unser Sinne sehen sehr wohl das Kontinuum, dass die Wirklichkeit darstellt, aber wir können bewusst damit nichts anfangen. Hierzu gibt es Studien von Menschen, die durch Krankheit oder Unfall Teile der Funktionsfähigkeit des Gehirns verloren haben. Es gibt dann recht sonderbare Sachen wie als Beispiel, dass die Fähigkeit fehlt, Gesichter zu sehen. Weder sind die Leute blind, noch können sie Gesichter nicht zuordnen. Das heißt, Gesichter sind ihnen nicht einfach nur unbekannt. Sie können sie überhaupt nicht als solche erfassen. Ähnliche Fälle gibt es auch bei Buchstaben-Erkennung. Leute können ohne Probleme sehen, können aber dennoch Buchstaben nicht erkennen. Es sind bloß farbige Flecken für sie. Immerhin sind wir in der Lage diese Schwelle zumindest technisch zu verstehen, denn tradtitionell war genau das die Bruchkante zwischen Mensch und Maschine (eine Kamera kann alles sehen, aber nichts erkennen, wobei erkennen in dem Kontext nicht den Mangel von Wissen anzeigt). Auf der anderen Seite können wir sinnvoller Weise davon ausgehen, dass diese Wirklichkeit vorhanden ist und dass sie für alle Menschen gleich ist. Wir können auch sinnvoller Weise annehmen, dass der Wahrnehmungsapparat bei Menschen im wesentlichen identisch ist, und somit alle Menschen vergleichweise ähnliche Wahrnehmung haben.

Bisweilen gibt es noch den Einwand, dass wir durch Sprache und Kultur eine andere Wirklichkeit sehen. Das ist in begrenztem Maße richtig, sollte aber nicht mit kognitiven Fähigkeiten von Menschen als Spezies vermischt werden. Für uns ist ein Zug ein technisches Gerät, für einen Indianer im 19. Jahrhundet war es aber eher ein belebtes, eisernes Ungetüm. Eine Welt, die von eisernen Lebewesen beherrscht wird, ist eine andere, als eine wo Menschen technische Geräte für sich nutzen und mit dem Auto zur Arbeit fahren. Man muss wissen, was "zur Arbeit fahren" bedeutet, um sich einen Reim daraus zu machen, was da allmorgentlich vorgeht. Für einen gläubigen Katholiken vor 500 Jahren war die Welt voller übernatürlicher Wesen, die meisten davon waren darauf aus, ihm zu schaden. Für den Mönch Richalmus war es selbstverständlich, dass seine Müdigkeit während des Gottesdienstes von Dämonen herrührt, die es in Heerscharen gäbe, und die jedem Menschen (insbesondere Gottesdiener) entgegenarbeiteten. Für einen heutigen Menschen wird sein Zustand als eine Art Statusbalken gesehen, der, wenn er im negativen ist, Müdigkeit bedeutet und durch Kaffee oder Schlaf wieder aufgefüllt werden kann. Richalmus Beobachtungen sind heute witzig zu lesen, aber waren zweifellos 'wahr' für ihn. Im Mittelalter gab es gar Gerichtsprozesse gegen Engerlinge. Richtig gelesen. Insekten wurden von einem Gericht dazu "verurteilt", doch bitte einen Acker zu verlassen. Ein mittelalterlicher Mensch war nicht denkunfähig oder irrational (im Gegenteil), sondern sein Wissen hatte eine bestimmte Beschaffenheit (und bestimmte Grenzen), und somit auch seine Schlussfolgerungen. Wenn Leute denken, dass die Welt an den Strippen höherer Mächte hängt, ist das zunächst eine rationale Leistung, diese höheren Mächte näher zu bestimmen und festzustellen, wie sie sein müssten, damit die Welt, wie sie wahrgenommen wird, sinnvoll erscheint (innerhalb eines solchen Systems ist es auch rational, durch bestimmte Handlungen wie ein Gerichtsurteil, das System zu seinen Gunsten beeinflussen zu wollen). Heute haben wir ein fortgeschrittenes Wissen und das ist sicherlich näher dran an der "Wahrheit", als dämonische Mächte die durch Zauberey ein Acker mit Egerlingen plagen.

Also, lange Rede, kurzer Sinn: nein, sprechende Schlangen gab es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nur in Fabeln und anderen Geschichten. Man kann einen Zug auch heute noch als eine Art eisernes Ungetüm sehen, aber dann hat die Person einfach nur ein anderes Repräsentationssystems (inkl. Sprache), wobei die Wirklichkeit (der Zug ist "wirklich" vorhanden, die im ersten Absatz einzogenen grundlegenden Schwierigkeiten einbezogen) für beide dennoch gleich ist. Ergo, es gibt faktisch gesehen keinen biblischen Gott. Aber man kann als Beispiel das Konzept des Universums mit dem Konzept der Natur als Summe, mit der Idee des Zeitgeists verrühren und dann "Gott" nennen. Diesen Gott gibt es dann irgendwie, aber evidenterweise sind "ihm" dann Kirchen und Gebete egal, entsprechend ist diese Vorstellung so oder so falsch.
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Re: Verlangt Diskurs nach Resultat?

Beitragvon ganimed » Mo 15. Okt 2012, 21:42

Ich hatte die letzten Tage kaum Gelegenheit, online zu gehen, und so hänge ich sehr hinterher. Aber der Schlachtplan, Vollbreit von zwei Seiten gleichzeitig zu beschäftigen, ist sicher so ganz übel nicht. Nein, nur Spaß.

Vollbreit, falls es dich nach all den Tagen noch interessiert:
Vollbreit hat geschrieben:Okay, Du hast keinen Schimmer, worum es mir eigentlich geht, ich dachte Dir wäre die Kritik irgendwie nachvollziehbar.

Das ist glasklare Ausweichretorik. Dein Argument habe ich widerlegt, aber statt das anzuerkennen lamentierst du, eigentlich was anderes gemeint zu haben, dass deine Kritik ja eigentlich im Kern woanders läge, etc. Alles schön und gut. Aber dein Widerspruchsargument ist widerlegt, oder?

Vollbreit hat geschrieben:Zunächst und das ist nicht unwichtig: Nicht 1. Sprache, sondern Sprache oder Perspektive der 1.Person.

Doch, das ist unwichtig. Ein Ablenkungsmanöver mit unwichtigen Details. Was an meiner Gegenargumentation stimmt denn nicht mehr, wenn man statt verkürzend "1.Sprache" schriebe "Sprache oder Perspektive der 1.Person"? Nein, antworte bitte nicht. Das wäre nur ein weiteres Ablenkungsthema.

Dann verfällst du wieder ausgiebig in das Argument, dass Singer gar keine 3.Sprache hat und haben kann, jedenfalls keine genaue. Aber, mein lieber Ablenkungsmanövermeister, das ist gar nicht das Thema. Egal ob es diese Sprache gibt oder nicht, dein Widerspruchsargument funktioniert in beiden Fällen (oder eben in beiden Fällen nicht), denn es ist dafür nur und einzig und allein wichtig, ob Singer das behauptet. Also bitte ich auch hier um das Beenden dieser Ausweichmanöver.

Vollbreit hat geschrieben:Zusammengefasst: Ich werfe Singer nicht vor, dass er die Sprache der 1.Person verwendet, sondern, dass er nicht auf sie verzichten kann und dass es genau das ist, was er leisten müsste.

Ich muss zugeben, hier kommst du doch wieder auf den Punkt. Respekt.
Deine Folgerung, dass er das leisten müsste, ist Quatsch. Folgende Szenarien machen das hoffentlich klar:
1) Singer ist in 1.Sprache groß geworden. Vielleicht ist nicht einmal sein Gehirn anpassungsfähig genug, um die 3.Sprache perfekt lernen zu können und sie im Alltagsgespräch und in jeder Diskussion auch nur annähernd so mühelos anwenden zu können. Vielleicht bräuchte ein Experte drei Tage, um einen Satz in der 3.Sprache zu übersetzen, schriftlich. Und wenn das so wäre, würde es nicht den Aussagen Singers widersprechen, aber ganz klar begründen, wieso Singer nicht einfach so und nur weil du das willst, alle 1:1 in die 3.Sprache übersetzt. Die 1.Sprache wäre verzichtbar, aber nur mit sehr sehr großen Mühen.
2) Vielleicht meint Singer mit "verzichtbar" ja auch "im Prinzip verzichtbar sobald alle Erkenntnisse vorliegen". So würde ich ihn nämlich verstehen. Der Forschungsstand heute lässt erkennen, dass es eine 1:1 Übersetzung gibt, hat sie aber noch nicht komplett freigelegt. "Verzichtbar" also etwa im Sinne von: man wird in 50 Jahren alles in 3.Sprache ausdrücken können.
3) Singer kann alles bereits jetzt in der 3.Sprache ausdrücken und tut dies auch in deinem verlinkten Gespräch. Aber sehr grob und auf einer sehr grundsätzlichen Ebene ohne irgendwelche Details. Aber mit "verzichtbar" könnte auch dies gemeint sein. Statt "wollen" könnte man also immer sagen: "jene neuronalen Prozesse, die dem Wollen aus der 1.Sprache entsprechen". Das ist natürlich nicht besonders informativ. Aber dein Argument zieht jedenfalls auch hier nicht.

Deine Forderung, was Singer angeblich leisten müsste, ist also aus mehreren Gründen unhaltbar. Dein Widerspruchsargument bleibt damit widerlegt.
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